Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Falsche uneidliche Aussage

Ein Zeuge verletzt seine Wahrheitspflicht, wenn er Tatsachen, die für den Gegenstand der Vernehmung erheblich sind, falsch wiedergibt oder – sofern sie mit der Beweisfrage für ihn erkennbar im Zusammenhang stehen – verschweigt. Eine Aussage im Sinne des § 153 StGB umfasst alle zum Zeitpunkt der Äußerung potenziell erheblichen Tatsachen, die mit der Tat im Sinne des § 264 StPO zusammenhängen oder zusammenhängen können.

In seinem Beschluss vom 23. November 2020 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 172/20) mit der Frage befassen, welche Tatsachen von Zeugen hinsichtlich des Gegenstands ihrer Vernehmung mitgeteilt werden müssen. In dem hiesigen Fall hatte die Angeklagte als Oberstaatsanwältin Ermittlungen gegen eine Tätergruppe wegen Betäubungsmitteldelikten geleitet und Anklage gegen zwei Täter erhoben. Der Tatnachweis stützte sich ausschließlich auf Angaben eines Belastungszeugen, der durch Beamte des Bundeskriminalamtes vernommen worden war. Die Angeklagte wurde in der Hauptverhandlung des LG Leipzig als Zeugin zu den Umständen des Zustandekommens und des Ablaufs dieser Vernehmung vernommen. Hierbei erklärte sie, mit der Vernehmung „nichts zu tun“ gehabt zu haben. Allerdings hatte tatsächlich unmittelbar vor der polizeilichen Vernehmung ein Vorgespräch von ca. 45 Minuten unter Beteiligung der Angeklagten, des Belastungszeugen, seines Verteidigers, Vernehmungsbeamten des BKA und weiterer Polizisten stattgefunden. Die Angeklagte wusste, dass ihre Angaben für die Sachverhaltsaufklärung im Verfahren hinsichtlich Aussagemotivation und Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen von Bedeutung waren. Gleichwohl erwähnte sie das Vorgespräch nicht. Im Strafprozess existiert (anders als im Zivilprozess) eine Begrenzung des Umfangs der Zeugnispflicht auf die im Beweisbeschluss in bestimmter Form bezeichnete Beweisfrage nicht. Gegenstand der Vernehmung zur Sache ist hier allgemein der „Gegenstand der Untersuchung“ nach § 69 Abs. 1 StPO, der dem Zeugen vor seiner Vernehmung zu bezeichnen ist. Eine zum Gegenstand der Vernehmung gehörige, für die Entscheidung erhebliche Tatsache muss mitgeteilt werden, selbst wenn der Zeuge nicht ausdrücklich danach gefragt wird. Er hat von sich aus alles anzugeben, was er in diesem Zusammenhang als wesentlich erkennt. Ein einer förmlichen Vernehmung unmittelbar vorgelagertes Gespräch der Aussageperson mit den Ermittlungsbeamten ist mit der Vernehmung eng verknüpft. Denn aus dem Vorgespräch können sich Rückschlüsse auf Befragungs- und Aussagemotivation ergeben, die für die Belastbarkeit der Vernehmungsergebnisse beachtlich sein können. Entsprechend einem dahingehenden Aufklärungsinteresse ist der Gegenstand der Untersuchung i. S. d. § 69 Abs. 1 StPO ausdrücklich auf Umstände des Zustandekommens und des Ablaufs der Vernehmung erstreckt und als solcher bezeichnet worden. Nach diesen Maßstäben hätte die Angeklagte das Vorgespräch erwähnen müssen.

Anwalt für Strafrecht: Beleidigung

Eine „beleidigungsfreie Sphäre“ setzt voraus, dass die Vertraulichkeit nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls tatsächlich gewährleistet erscheint, die Kommunikation mithin gegen die Wahrnehmung durch Dritte abgeschirmt ist.

Wer eine andere Person beleidigt, also die Ehre der Person durch Kundgabe der eigenen Missachtung angreift, wird gemäß § 185 Strafgesetzbuch (StGB) mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. In dem Beschluss des Kammergerichts (KG) vom 14. Juli 2020 (4 Ss 43/20) hatte der Angeklagte – ein Polizeimeisteranwärter – in einem Treppenhaus der Polizeiakademie gegenüber seinem Kollegen und Freund bezüglich einer weiblichen Kollegin den folgenden Kommentar abgegeben, den ein Zeuge mitbekam: „Der würd‘ ich geben, der Kahba“. Hiermit hat der Angeklagte in jugendlicher Vulgärsprache zum Ausdruck gebracht, dass er gerne mit „der Kahba“ geschlechtlich verkehren würde, wobei das arabische Wort „Kahba“ auf Deutsch „Schlampe“ oder „Prostituierte“ bedeutet. Das Kammergericht musste sich nun damit auseinandersetzen, ob sich der Angeklagte hinsichtlich der ehrenrührigen Äußerung in einer sog. „beleidigungsfreien Sphäre“ befand, da er den Kommentar gegenüber seinem Freund und Kollegen abgegeben hatte. Hierzu führte das Kammergericht aus, dass es zwar einen Bereich vertraulicher Kommunikation innerhalb besonders ausgestalteter Vertrauensbeziehungen gibt, in der der Äußernde ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Konventionen und ohne Sorge vor staatlicher Sanktionierung kommunizieren darf (= „beleidigungsfreie Sphäre“). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Vertraulichkeit nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls tatsächlich gewährleistet erscheint, die Kommunikation mithin gegen die Wahrnehmung durch Dritte abgeschirmt ist. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Der Angeklagte befand sich in einem Treppenhaus der Polizeiakademie und wusste, dass sich dort noch weitere Personen aufhielten bzw. sich jederzeit in das Treppenhaus begeben konnten. Besondere Maßnahmen, wie z.B. Flüstern, hat er indes nicht ergriffen. Das Kammergericht stellte daher fest, dass der Angeklagte sich zum Zeitpunkt der ehrenrührigen Äußerung nicht in einer beleidigungsfreien Sphäre befand.

Anwalt für Strafrecht: Beleidigung

Im Zuge der Briefkontrolle von Strafgefangenen gilt es zu beachten, dass ihnen innerhalb besonders enger Lebenskreise eine aus den Grundgedanken des Art. 2 Abs. 1 GG (Grundgesetz) folgende beleidigungsfreie Sphäre zusteht.

In dem Beschluss vom 17. März 2021 (2 BvR 194/20) musste sich das Bundesverfassungsgericht mit der grundrechtlich verankerten sog. „beleidigungsfreien Sphäre“ auseinandersetzen. Vorliegend war der Beschwerdeführer in einer Justizvollzugsanstalt inhaftiert gewesen, von wo aus er einen Brief an seine ehemalige Verlobte und Mittäterin schrieb. Der Brief enthielt Äußerungen über seine Vorgesetzten („[…] ich kenne das echte „Arschloch“ noch nicht, über das echt jeder lästert, weil es echt ein Prolet sein soll!“) und über den „[…] scheiß Nazi- und Bullenstaat Bayern“. Der Brief wurde deshalb angehalten, wogegen sich der Beschwerdeführer wendete. Das Bundesverfassungsgericht führte aus, dass es zu den Bedingungen der Persönlichkeitsentfaltung im Rahmen des Art. 2 Abs. 1 GG gehört, dass der Einzelne einen Raum besitzt, in dem er unbeobachtet sich selbst überlassen ist oder mit Personen seines besonderen Vertrauens ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verhaltenserwartungen und ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen verkehren kann. Im Strafrecht werde dem Rechnung getragen, indem bei ehrverletzenden Äußerungen über nicht anwesende Dritte in besonders engen Lebenskreisen eine beleidigungsfreie Sphäre zugestanden wird, wenn die Äußerung Ausdruck des besonderen Vertrauens ist und wenn keine begründete Möglichkeit ihrer Weitergabe besteht. Dieser Schutz der Vertrauenssphäre gehe auch dann nicht verloren, wenn sich der Staat Kenntnis von vertraulich gemachten Äußerungen verschafft. Dies gelte auch für die Briefkontrolle bei Strafgefangenen. Der Grundrechtsschutz wirke sich dabei gerade darin aus, dass der vertrauliche Charakter der Mitteilung trotz der staatlichen Überwachung gewahrt bleibt. Diese Grundsätze hätten bei der Entscheidung, den Brief anzuhalten, berücksichtigt werden müssen.

Anwalt für Strafrecht: Beleidigung

Eine mangels Strafantrag nicht verfolgbare Beleidigung kann strafschärfend im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden.

Eine Verurteilung eines Beschuldigten wegen Beleidigung ist nur dann zulässig, wenn bezüglich der Beleidigung ein Strafantrag gestellt wurde. Ein Strafantrag kann innerhalb einer dreimonatigen Antragsfrist gestellt werden und anschließend nicht mehr nachgeholt werden. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 28. November 2018 (3 StR 269/18) mit der Frage zu befassen, ob eine mangels Strafantrag nicht verfolgbare Beleidigung bei der Strafzumessung berücksichtigt werden kann. Das Landgericht verurteilte die Beschuldigte in mehreren Fällen in Tateinheit mit Beleidigung, obwohl ein Strafantraf bezüglich der Beleidigungen nicht vorlag. Nach Auffassung des BGHs entfällt zwar der Schuldspruch bezüglich der tateinheitlich begangenen Beleidigungen, diese dürfen jedoch im Rahmen der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt werden. Eine wegen Fehlens eines rechtzeitig gestellten Strafantrags nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung kann, wenn auch mit geringerem Gewicht, im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden, dies insbesondere dann, wenn sich die wegen Fehlens eines wirksamen Strafantrags nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung als straferschwerende Modalität des zu ahndenden Delikts darstellt.

Anwalt für Strafrecht: Mittelbare Falschbeurkundung

Das Veranlassen der Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten einer nicht existierenden Person im Grundbuch stellt keine mittelbare Falschbeurkundung dar.

Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 21. August 2018 (3 StR 205/18) damit, ob die Veranlassung eines Notars, eine Auflassungsvormerkung zugunsten einer nicht existierenden Person in das Grundbuch eintragen zu lassen, eine mittelbare Falschbeurkundung darstellt. Nicht durch jede in einem öffentlichen Buch enthaltene unrichtige Angabe, die ein Außenstehender durch Täuschung eines gutgläubigen Amtsträgers bewirkt, wird der Tatbestand der mittelbaren Falschbeurkundung verwirklicht. Strafbewehrt beurkundet im Sinne der Strafnorm sind vielmehr nur diejenigen Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, auf die sich der öffentliche Glaube, das heißt die „volle Beweiswirkung für und gegen jedermann“ erstreckt. Der Beschuldigte trat als Bevollmächtigter eines Dritten vor einem Notar auf und veranlasste diesen eine Auflassungsvormerkung zugunsten einer nicht existierenden Person in das Grundbuch eintragen zu lassen. Die Eintragung erfolgte bezüglich eines Grundstücks, welches sich im Eigentum des Dritten befand. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch, zugunsten einer nicht existierenden Person keine mittelbare Falschbeurkundung. Hinsichtlich der Eintragung einer nicht existenten Person im Grundbuch besteht kein öffentlicher Glaube. Die erhöhte Beweiskraft des Grundbuchs erstreckt sich nicht auf die Existenz und Rechtsfähigkeit des Eingetragenen.

Anwalt für Strafrecht: Anstiftung zur Falschaussage Prozessbetrug

Will ein Beschuldigter mittels eines falsch aussagenden Zeugen ein Gericht dazu bewegen, zu seinen Gunsten eine Verfügung vorzunehmen, so besteht Tateinheit zwischen der Anstiftung zur Falschaussage und dem versuchten Prozessbetrug.

Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichthofs vom 12. Juli 2018 zugrunde liegenden Sachverhalt, erwarb einen Dritten, welcher anschließend zugunsten des Beschuldigten vor dem Landgericht aussagte. Ziel des Beschuldigten war es, ein für ihn günstiges Urteil in einem Versicherungsfall zu erwirken. Die Versicherungsleistung ließ der Beschuldigte geltend machen, nachdem er den Diebstahl der Bestuhlung aus seinem PKW vorgetäuscht hatte. Zwischen zwei oder mehreren Straftatbeständen wird Tateinheit angenommen, wenn der Beschuldigte durch ein und dieselbe Handlung alle Straftatbestände verletzt hat. Wird zwischen mehreren Straftatbeständen Tatmehrheit angenommen, so wirkt sich dies zu Ungunsten des Beschuldigten aus. Dem BGH stellte sich nun die Frage, unter welchen Umständen zwischen einer Anstiftung zur Falschaussage und Prozessbetrug Tateinheit vorliegt. Das Landgericht nahm an, dass die Anstiftung des Zeugen zur Falschaussage zu dem versuchten gemeinschaftlichen Prozessbetrug zum Nachteil der Versicherung in Tatmehrheit steht. Dem schloss sich der Bundesgerichtshof nicht an. Nach Auffassung des Bundesgerichthof lag zwischen beiden Delikten Tateinheit vor. Es war Teil des Plans des Beschuldigten das Gericht durch die Falschaussage zur Verfügung über das Vermögen der Versicherungsgesellschaft zu veranlassen. In der Beweisführung mit der Falschaussage selbst liegt die Handlungseinheit begründende Überschneidung der Tathandlungen.

Anwalt für Strafrecht: Beleidigung Notwehr

Beleidigungen, welche einen massiven gegenwärtigen Angriff auf die Ehre des Beschuldigten darstellen, dürfen durch Notwehr unterbunden werden.

Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Urteil vom 17. Mai 2018 (3 StR 622/17) damit auseinander, wann eine Beleidigung eine Notwehrhandlung zulässt. Um eine strafbare Handlung wegen Notwehr rechtfertigen zu können, muss ein gegenwärtiger und rechtswidriger Angriff auf den Beschuldigten vorliegen. Ein Angriff ist jede durch eine menschliche Handlung drohende Verletzung rechtlich geschützter individueller Güter oder Interessen. Ein Angriff ist gegenwärtig, wenn er unmittelbar bevorsteht, stattfindet oder fortdauert. Der Beschuldigte wurde vom Betroffenen „immer wieder“ mittels „massiven“ Beleidigungen provoziert. Diese Beleidigungen erstreckten sich auch auf die Eltern des Beschuldigten. Daraufhin attackierte der Beschuldigte den Betroffenen mit einem Messer. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs handelte der Beschuldigte zur Abwehr eines massiven gegenwärtigen Angriffs auf seine Ehre. Diese darf auf durch Notwehr verteidigt werden. Dies ist dann der Fall, wenn es sich bei den Beleidigungen nicht nur um geringfügige Behelligungen im sozialen Nahbereich, sozial tolerables Verhalten oder eine sonstige Bagatelle handelt.

Anwalt für Strafrecht: Meinungsfreiheit in Abgrenzung zur Schmähkritik

Der Begriff der Schmähkritik (§§ 185, 186 StGB) ist eng definiert, dieser liegt nicht bereits bei überzogener oder ausfälliger Kritik vor. Stattdessen muss die Diffamierung der Person im Vordergrund stehen. Bei Äußerungen in einer die Öffentlichkeit berührende Frage liegen diese Voraussetzungen nur selten vor, vielmehr muss der private Bereich betroffen sein.

Persönliche Meinungen, d.h. vor allem wertende Urteile, die im Rahmen öffentlicher oder politischer Meinungsbildung kundgetan werden, sind von der Meinungsfreiheit geschützt und damit nicht als Beleidigung gemäß § 185 StGB zu bestrafen, soweit es sich hierbei nicht um eine Schmähkritik handelt. Bei einer Schmähkritik handelt es sich um eine Äußerung, bei der die Diffamierung einer Person im Vordergrund steht. Wesentliches Merkmal der Schmähkritik ist eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung. Grundsätzlich muss eine Abwägung des Einzelfalls zwischen den beeinträchtigten Schutzgütern des Ehrverletzten und dem Schutz der Meinungsfreiheit des Äußernden vorgenommen werden.

Das Bundesverfassungsgericht entschied mit Beschluss vom 24. Juli 2013 (Aktenzeichen: 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13), dass der Begriff der Schmähkritik eng zu definieren sei, sodass es sich nicht schon bei überzogener oder ausfälliger Kritik um Schmähkritik handele. Vielmehr müsse eine einzelfallbezogene Abwägung vorgenommen werden und eine Diffamierung der Person hinzutreten.

Das Bundesverfassungsgericht sah in der strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers wegen übler Nachrede gemäß § 186 StGB eine Verletzung der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S.1 GG).

Dem lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer gegenüber über eine Behörde äußerte, dass bewusst und absichtlich vorliegende Fakten ignoriert werden würden. Laut dem Bundesverfassungsgericht handele es sich bei den Begriffen „absichtlich“ und „bewusst“ um wertende Elemente, sodass die Äußerung von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Der Begriff der Schmähkritik dürfe gerade nicht überdehnt werden, sodass der Schutz der Meinungsfreiheit hierdurch verkürzt werde.

 

Anwalt für Strafrecht: Beleidigung

Die Bezeichnung einer Person als "alter Mann" stellt für sich genommen keine Beleidigung dar, da sie der so bezeichneten Person nicht den sozialen Geltungswert abspricht.

Das Amtsgericht Dortmund hatte den Angeklagten wegen Beleidigung verurteilt, weil er einen 59-jährigen Mann als "alten Mann" bezeichnet hatte. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hob diese Verurteilung in seinem Beschluss vom 26. September 2016 - 1 RVs 67/16 auf, da die Äußerung des Angeklagten - auch mit Blick auf das tatsächliche Lebensalter des Mannes - keine Herabwürdigung darstelle.

Eine Beleidigung nach § 185 StGB ist der Angriff auf die Ehre einer Person durch Kundgabe eigener Missachtung, wobei maßgebend ist, wie ein verständiger Dritter die Äußerung versteht. Eine Äußerung, die nach dem allgemeinen Verständnis wertneutral ist, kann in der Regel nicht als Beleidigung angesehen werden. Bei der Äußerung des Angeklagten sah das OLG Hamm keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Mann sein personaler oder sozialer Geltungswert abgesprochen und seine Minderwertigkeit zum Ausdruck gebracht wird. Insbesondere sei nicht belegt worden, dass die Äußerung besonders abwertend oder abfällig war.

Anwalt für Strafrecht: Beleidigung

Die Bezeichnung einer Staatsanwältin als "durchgeknallte, widerwärtige, boshafte, dümmliche und geisteskranke Staatsanwältin" erfüllt nicht zwingend den Tatbestand einer Beleidigung. Vielmehr muss eine Abwägung im Einzelfall getroffen werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 29.06.2016 - 1 BvR 2646/15 eine Entscheidung des Kammergerichts aufgehoben, das die Verurteilung des Angeklagten wegen Beleidigung durch das Landgericht Berlin in der Revision bestätigt hatte. Der angeklagte Rechtsanwalt hatte in einem Telefongespräch mit einem Journalisten die einen seiner Fälle betreuende Staatsanwältin als "durchgeknallte, widerwärtige, boshafte, dümmliche und geisteskranke Staatsanwältin" bezeichnet, weil sie gegen seinen Mandanten Untersuchungshaft beantragt hatte.
Von den Gerichten wurde diese Äußerung als Schmähkritik, bei der nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern allein die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, eingeordnet. Liegt Schmähkritik vor, so muss das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG ohne eine Abwägung im Einzelfall hinter dem Persönlichkeitsrecht des Beleidigten zurücktreten, sodass eine strafbare Beleidigung vorliegt. Das Bundesverfassungsgericht betonte aber, dass eine Schmähung nur gegeben ist, wenn ihr ehrbeeinträchtigender Gehalt von vornherein außerhalb jedes in einer Sachauseinandersetzung wurzelnden Verwendungskontextes steht. Die sei aber nicht der Fall, da es in dem Kontext, in dem der Rechtsanwalt in seiner Eigenschaft als Strafverteidiger zu dem Ermittlungsverfahren gegen seinen Mandanten und dessen Inhaftierung befragt wurde, zumindest möglich sei, dass sich seine Äußerung auf das dienstliche Verhalten der Staatsanwältin bezogen habe. Das Landgericht Berlin darf sich also nun erneut mit dem Fall befassen und muss dabei eine genaue Abwägung zwischen der Schwere der Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch die Äußerung einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch ihr Verbot andererseits vornehmen.