Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Freiheitsberaubung

Ein Beschuldigter macht sich wegen Freiheitsberaubung strafbar, wenn er eine bereits bestehende Freiheitsberaubung aufrechterhält. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beschuldigte sich an der Bewachung des Betroffenen beteiligt und wenn er diesen regelmäßig wieder einschließt.

Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Urteil vom 23. August 2018 (3 StR 149/18) mit der Frage auseinander, ob sich ein Beschuldigter wegen Freiheitsberaubung strafbar macht, wenn er den Betroffenen nicht eingesperrt hat, ihn jedoch bewacht. Tatbestandsmäßig im Sinne einer der Freiheitsberaubung ist ein Verhalten, dass einen Menschen daran hindert, seinen gegenwärtigen Aufenthaltshort zu verlassen. Dies kann durch Einsperren oder die Freiheitsberaubung erfolgen. Ein Einsperren ist gegeben, wenn die Fortbewegungsmöglichkeit des Betroffenen dadurch aufgehoben wird, dass er in einen umschlossenen Raum verbracht wird, der über äußere Vorrichtungen verfügt, welche ein Verlasen des Raumes verhindern. Eine Freiheitsentziehung beginnt mit Eintritt des Freiheitsentzugs und endet, wenn der Betroffene seine Fortbewegungsfreiheit zurückerlangt und erfasst somit auch Verhalten, welche die Freiheitsentziehung aufrechterhält. Der Beschuldigte war bei Bekannten zu Besuch. Diese hielten den Betroffenen über einen längeren Zeitraum in einem Zimmer gefangen. Der Beschuldigte sympathisierte hiermit und entschloss sich die Bekannten zu unterstützten. Der Beschuldigte stellte sich für mindestens sieben Tage als Bewacher des Betroffenen zur Verfügung. Er versorgte den Betroffenen mit Lebensmitteln und schloss ihn nach Ausführungen zum Sanitärbereich wieder ein. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte wegen schwerer Freiheitsberaubung strafbar. Der Beschuldigte hielt die Freiheitsentziehung aufrecht, indem er sich an der Bewachung des Betroffenen beteiligte und diesen nach Ausführungen zum Sanitärbereich wieder einschloss.

Anwalt für Strafrecht: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist lex speciales zur Nötigung. Nach dem lex speciales Grundsatz, tritt ein Straftatbestand hinter einen anderen, zugunsten des Beschuldigten zurück, wenn der Straftatbestand alle Tatbestandsmerkmale des anderen enthält und außerdem noch einen weiteren Aspekt des strafbaren Verhaltens beschreibt. 

Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 4. April 2017 (1 StR 70/17) mit der Frage zu befassen, inwiefern Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte lex speciales zur Nötigung ist. Der Beschuldigte hinderte durch den Einsatz eines Schreckschussrevolvers einen Polizeibeamten und einen Amtstierarzt daran, sein Grundstück zu betreten. Die Betroffenen wollten auf dem Grundstück Nachschau bezüglich etwaiger Tierhaltung vornehmen. Das Landgericht verurteilte den Beschuldigten im Anschluss daran, wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit versuchter Nötigung. Der Bundesgerichtshof schloss sich dem nicht an. Nach Auffassung des BGHs erfüllt jedes Widerstandleisten zugleich den Zweck, den betroffenen Beamten zu einer Duldung oder Unterlassung zu nötigen. Deshalb tritt die Nötigung hinter das Widerstandleisten im Rahmen der Konkurrenz zurück. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist als lex specialis allein anzuwenden. Der Beschuldigte machte sich nicht wegen Nötigung strafbar.

Anwalt für Strafrecht: Tateinheit Sachbeschädigung Wohnungseinbruchsdiebstahl

Eine bei einem Wohnungseinbruchsdiebstahl verursachte Sachbeschädigung steht in Tateinheit mit dem Einbruchsdiebstahl.

Der Bundesgerichthof beantwortete in seinem Beschluss vom 27. November 2018 (2 StR 481/17) die Frage, ob die bei einem Wohnungseinbruchsdiebstahl verwirklichte Sachbeschädigung mit dem Einbruchsdiebstahl in Tateinheit steht. Von Tateinheit zwischen zwei Delikten ist grundsätzlich dann auszugehen, wenn dieselbe Handlung mehrere Gesetze verletzt. Dies ist jedoch in Fällen sogenannter unechter Konkurrenz nicht gegeben. Diese kann in Form der Konsumtion dann vorliegen, wenn der Unrechtsgehalt einer strafbaren Handlung durch einen anderen anwendbaren Straftatbestand bereits erschöpfend erfasst ist. Beim Vorliegen von Konkurrenz entfällt ein Straftatbestand zugunsten des Beschuldigten. Die Beschuldigten drangen über einen längeren Zeitraum in mehrere Häuser und Wohnungen, sowie in einem Fall in die Sakristei einer Kirche ein. Hierbei verursachten sie durch das gewaltsame Eindringen Sachschäden in unterschiedlichem Ausmaß. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs steht der vollendete Wohnungseinbruchsdiebstahl zu einer zugleich begangenen Sachbeschädigung stets im Verhältnis der Tateinheit. Die Sachbeschädigung tritt nicht im Wege der Gesetzeseinheit in Form der Konsumtion hinter den Wohnungseinbruchsdiebstahl zurück, unabhängig davon, in welchem Verhältnis der verursachte Schaden zu dem Wert der Diebesbeute steht. Ein Grund hierfür ist, dass eine Einbruchstat nicht regelmäßig oder typischerweise mit einer Sachbeschädigung einhergeht. Vielmehr genügt es, dass der Beschuldigte Schließvorrichtungen oder andere Zugangshindernisse unter Aufwendung nicht unerheblicher Kraftaufwendungen überwindet.  

Anwalt für Strafrecht: Verstoß BtMG / Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

Ein Beschuldigter führt eine Waffe grundsätzlich schon im Sinne eines bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln mit sich, wenn sich die Waffe in dem Raum befindet, in welchem Handel getrieben wird. Doch selbst dann muss sich das Gericht damit befassen, welche Maßnahmen und welcher Zeitaufwand erforderlich ist, damit der Beschuldigte auf die Waffe zugreifen kann.

Der Bundesgerichthof beantwortete in seinem Beschluss vom 27. November 2018 (2 StR 481/17) die Frage, ob die bei einem Wohnungseinbruchsdiebstahl verwirklichte Sachbeschädigung mit dem Einbruchsdiebstahl in Tateinheit steht. Von Tateinheit zwischen zwei Delikten ist grundsätzlich dann auszugehen, wenn dieselbe Handlung mehrere Gesetze verletzt. Dies ist jedoch in Fällen sogenannter unechter Konkurrenz nicht gegeben. Diese kann in Form der Konsumtion dann vorliegen, wenn der Unrechtsgehalt einer strafbaren Handlung durch einen anderen anwendbaren Straftatbestand bereits erschöpfend erfasst ist. Beim Vorliegen von Konkurrenz entfällt ein Straftatbestand zugunsten des Beschuldigten. Die Beschuldigten drangen über einen längeren Zeitraum in mehrere Häuser und Wohnungen, sowie in einem Fall in die Sakristei einer Kirche ein. Hierbei verursachten sie durch das gewaltsame Eindringen Sachschäden in unterschiedlichem Ausmaß. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs steht der vollendete Wohnungseinbruchsdiebstahl zu einer zugleich begangenen Sachbeschädigung stets im Verhältnis der Tateinheit. Die Sachbeschädigung tritt nicht im Wege der Gesetzeseinheit in Form der Konsumtion hinter den Wohnungseinbruchsdiebstahl zurück, unabhängig davon, in welchem Verhältnis der verursachte Schaden zu dem Wert der Diebesbeute steht. Ein Grund hierfür ist, dass eine Einbruchstat nicht regelmäßig oder typischerweise mit einer Sachbeschädigung einhergeht. Vielmehr genügt es, dass der Beschuldigte Schließvorrichtungen oder andere Zugangshindernisse unter Aufwendung nicht unerheblicher Kraftaufwendungen überwindet.  

Anwalt für Strafrecht: Versuchter schwerer Bandendiebstahl

Das Klingeln an einer Wohnungstür begründet regelmäßig noch kein unmittelbares Ansetzen zum Versuch des Wohnungseinbruchsdiebstahl. Der Versuch einer strafbaren Handlung liegt vor, wenn der Beschuldigte nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Dies ist bereits dann der Fall, wenn der Beschuldigte Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden. Somit erstreckt sich das Versuchsstadium auf Handlungen, die im ungestörten Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Der Bundesgerichthof setzte sich in seinem Beschluss vom 8. Mai 2018 (5 StR 108/18) mit der Frage auseinander, ob ein versuchter Diebstahl vorliegt, wenn eine Bande, welche eine Wohnung vom Wohnungsinhaber unbemerkt durchsuchen will an der Haustür der Wohnung klingelt. Die Beschuldigten kamen überein, sich der Wohnungsschlüssel älterer Menschen bemächtigen zu wollen, um damit in deren Wohnungen einzudringen. In diesen wollten die Beschuldigten Geld und Wertgegenstände entwenden. Die Beschuldigten klingelten zu diesem Zweck beim Betroffenen, welcher die Tür nur bis zur vorgelegten Sicherheitskette öffnete. Der Beschuldigte wurde skeptisch und schloss die Tür wieder. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs begründet das Klingeln an der Wohnungstür regelmäßig noch kein unmittelbares Ansetzen zum Versuch. Vielmehr bilden das erforderliche Betreten der Wohnung und das Ablenken des Wohnungsinhabers noch wesentliche Zwischenakte, die der Annahme des Versuchsbeginns entgegenstehen.

Anwalt für Strafrecht: Beihilfe versuchter Totschlag

Bloße Anwesenheit des Beschuldigten an einem Tatort reicht für psychische Beihilfe noch nicht aus. Es muss durch das Gericht vielmehr festgestellt werden, inwiefern der Beschuldigte den Tatentschluss des Täters bestärkt oder ihm ein Gefühl der Sicherheit bei der Tatausführung verschafft hat.

In seinem Beschluss vom 19. Dezember 2018 (1 StR 597/18) hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinander zu setzen, unter welchen Umständen die bloße Anwesenheit des Beschuldigten bei der Haupttat eine Beihilfe zu dieser darstellen kann. Wegen Beihilfe macht sich ein Beschuldigter strafbar, wenn er einem Dritten bei der Begehung einer Straftat Hilfe leistet. Hilfeleisten meint jeden Tatbeitrag, welcher die Haupttat ermöglicht oder erleichtert oder die vom Haupttäter begangene Rechtsgutsverletzung verstärkt. Physische Beihilfe kann hierbei dadurch erfolgen, dass der Beschuldigte den Täter bei der Haupttat motivierend bestärkt. Der Beschuldigte steuerte ein Fahrzeug, mit welchem er einen Dritten von einem Parkplatz fuhr. Der Dritte hatte den Betroffenen zuvor auf dem Parkplatz schwer misshandelt und ihn anschließend dünn bekleidet, bei 10 Grad Celsius und ohne Möglichkeit Hilfe zu rufen, in der Nacht in einen Wald gezogen. Der Beschuldigte erkannte, dass die Behandlung des Betroffenen durch den Dritten lebensgefährlich war. Das Landgericht verurteilte den Beschuldigten im Anschluss daran, wegen Beihilfe zum versuchten Totschlag. Der Bundesgerichthof war jedoch der Auffassung, dass sich aus den Feststellungen des Landgerichts nicht ergab, dass der Beschuldigte das Verhalten des Dritten in irgendeiner Form aktiv gefördert hat. Die bloße Anwesenheit am Tatort reicht für psychische Beihilfe nicht aus. Es bedarf konkreterer Feststellungen durch das Landgericht, inwiefern der Beschuldigte den Tatentschluss des Dritten bestärkt oder ihn bei der Tatausführung unterstützt hat, indem er ihm durch seine Anwesenheit ein Gefühl der Sicherheit bei der Tatausführung verschafft hat.

Anwalt für Strafrecht: Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

Der für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erforderlich Hang des Beschuldigten, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, kann nicht alleine mit der Begründung abgelehnt werden, dass der Beschuldigte nicht von Rauschmitteln abhängig ist.

Um eine Unterbringung des Beschuldigten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen, muss das Gericht beim Beschuldigten einen Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, feststellen. Für einen Hang reicht eine eingewurzelte auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren aus. Diese Neigung muss noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 10. Dezember 2018 (5 StR 427/18) mit der Frage zu befassen, ob es ausreicht, dass das Gericht auf eine fehlende Drogenabhängigkeit abstellt, um einen Hang abzulehnen. Die Beschuldigten konsumierten wiederholt Rauschmittel und Alkohol. Sie beschlossen den Betroffenen auszurauben, mit welchem sie sich verabredet hatten, um diesem Betäubungsmittel zu verkaufen. Am Wochenende vor dem Treffen mit dem Betroffenen hatten sich die Beschuldigten bereits „reichlich Amphetamin und Cannabis zugeführt“. Vor dem Treffen konsumierten sie erneut Cannabis und Amphetamin. Das Landgericht lehnte die Anordnung der Unterbringung der Beschuldigten in einer Entziehungsanstalt ab, da eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, mithin ein Hang, bei keinem der Beschuldigten festzustellen war. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hätte ein Hang der Beschuldigten nicht alleine unter Hinweis auf die fehlende Drogenabhängigkeit verneint werden dürfen. Angesichts des festgestellten Konsumverhaltens der Beschuldigten, die auch schon seit Jahren Umgang mit Betäubungsmitteln hatten, war das Vorliegen eines Hangs nicht von vornherein ausgeschlossen.   

Anwalt für Strafrecht: Untreue

Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen, zum Beispiel im Rahmen eines Kaufvertrags, genügen grundsätzlich nicht, um eine Vermögensbetreuungsflicht im Sinne der Untreue zu begründen.

Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Beschluss vom 4. Dezember 2018 (2 StR 421/18) mit der Frage auseinander, ob allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen im Rahmen eines Kaufvertrags ausreichen, um eine Vermögensbetreuungspflicht zu begründen. Um sich wegen Untreue strafbar zu machen, muss der Beschuldigte eine Vermögensbetreuungspflicht innegehabt haben. Eine Vermögensbetreuungspflicht setzt voraus, dass der Beschuldigte gegenüber dem Geschädigten eine inhaltlich besonders herausgehobene, nicht nur beiläufige Pflicht zur Wahrnehmung von dessen Vermögensinteressen innehat, die über die für jedermann geltende Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflicht und die allgemeine Pflicht, auf die Vermögensinteressen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, hinausgeht. Der Beschuldigte nahm Anzahlungen für den Kauf von Wohnmobilen an seine Gesellschaft an. Dies geschah im Rahmen verbindlicher Bestellungen von Wohnmobilen durch die Käufer. Der Beschuldigte trennte die Anzahlungen nicht von anderen Firmengeldern, obwohl die Gesellschaft nicht jederzeit willens und der Lage war, die Anzahlungen bei nicht Zustandekommen der Kaufverträge zurückzuzahlen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs reichen allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen, insbesondere aus Austauschverhältnissen, nicht aus, um eine Vermögensbetreuungspflicht zu begründen. Dies gilt auch dann, wenn sich hieraus Rücksichts- und Sorgfaltspflichten ergeben. Kaufverträge begründen, wenn sie nicht aufgrund einer besonderen Vertragsgestaltung zugleich Elemente der Geschäftsbesorgung enthalten, keine Treuepflichten im Sinne einer Vermögensbetreuungspflicht.

Anwalt für Strafrecht: Beihilfe

Auch berufstypische Handlungen, wie etwa Beratungs- oder Unterstützungshandlungen von Rechtsanwälten, können eine strafbare Beihilfe darstellen.

In seinem Beschluss vom 21. November 2016 (1 StR 112/16) befasste sich der Bundesgerichthof mit der Frage, ob berufstypische Handlungen eine Hilfeleistung darstellen können. Als Hilfeleistung, im Sinne der Beihilfe, ist grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolgs durch den Haupttäter objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss. Bezüglich der Hilfeleistung genügt schon die Unterstützung bei einer vorbereitenden Handlung. Dies kann grundsätzlich auch schon durch äußerlich neutrale Handlungen geschehen. Die Beschuldigte war Anwältin einer Unternehmerin. Die Unternehmerin machte sich wegen Steuerhinterziehung strafbar. Die Beschuldigte hatte Kenntnis von den Tätigkeiten der Beschuldigten, führte jedoch ihre anwaltliche Tätigkeit weiter aus. Insbesondere schlug die Beschuldigte Maßnahmen vor, um Verdachtsmomente bezüglich der Steuerhinterziehung zu beseitigen und empfahl die Fortsetzung des Handelns der Unternehmerin. Die Aktivitäten der Beschuldigten waren dem Bereich der allgemeinen Anwaltstätigkeit zuzuordnen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs können auch berufstypische Handlungen, wie etwa Beratungs- oder Unterstützungshandlungen von Rechtsanwälten, eine strafbare Beihilfe darstellen. Weder Alltagshandlungen noch berufstypische Handlungen sind in jedem Fall neutral, denn nahezu jede Handlung kann in einen strafbaren Kontext gestellt werden.  

Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Urkundenfälschung Überführungskennzeichen

Ein Überführungskennzeichen ("rotes Nummernschild") stellt in Verbindung mit einem Fahrzeug keine Urkunde im Sinne einer Urkundenfälschung dar.

Bringt ein Beschuldigter gestohlene amtliche Kennzeichen mit dem Vorsatz an einem Fahrzeug an, das Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu nutzen, so stellt der Gebrauch des Fahrzeugs eine Urkundenfälschung dar. Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Beschluss vom 15. Februar 2017 (4 StR 629/16) damit auseinander, ob ein an einem Fahrzeug angebrachtes Überführungskennzeichen („rotes Nummernschild“) eine Urkunde darstellt. Der Beschuldigte brachte an einem Fahrzeug ein Überführungskennzeichen an. Das Landgericht verurteilte den Beschuldigten im Anschluss daran wegen Urkundenfälschung. Der Bundesgerichthof schloss sich dem nicht an. Nach Auffassung des BGHs stellt ein Überführungskennzeichen selbst bei einer festen Verbindung mit einem Fahrzeug keine Urkunde dar. Dies liegt daran, dass Überführungskennzeichen, anders als herkömmliche Kennzeichen, nicht mit einem Stempel der Zulassungsstelle versehen sind. Somit stellen Überführungskennzeichen keine amtlichen Kennzeichen dar. Der Beschuldigte machte sich nicht wegen Urkundenfälschung strafbar.