Anwalt für Strafrecht: Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs

Bei dem Schlafraum einer Kindertagesstätte handelt es sich unabhängig von einem Sichtschutz um einen gegen Einblick besonders geschützten Raum im Sinne von § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen).

Wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen wird gemäß § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt. In dem Beschluss vom 4. Juni 2020 (515 Qs 39/20) musste sich das Landgericht Berlin mit der Frage auseinandersetzen, ob es sich auch bei dem Schlafraum einer Kindertagesstätte um einen „gegen Einblicke besonders geschützten Raum“ handelt. Hintergrund war, dass der Beschuldigte vom Gehweg aus mit seinem Mobiltelefon durch ein geöffnetes Fenster in den Schlafraum einer Kindertagesstätte fotografierte, in dem mehrere nur noch mit Unterwäsche bekleidete Kinder gerade ihren Mittagsschlaf antreten sollten. In seinem Beschluss stellte das Landgericht fest, dass es sich auch bei der Kindertagesstätte (unabhängig von einem Sichtschutz) um einen gegen Einblick besonders geschützten Raum handelt. Mit der Schaffung von § 201a StGB habe der Gesetzgeber die Intimsphäre auch mit den Mitteln des Strafrechts gegen unbefugte Bildaufnahmen schützen wollen, den Strafschutz dabei aber auf den „letzten Rückzugsbereich“ des Einzelnen beschränkt. Mit diesem Schutzzweck sei es nicht zu vereinbaren, die Verwirklichung des Tatbestands davon abhängig zu machen, ob der Raum, in dem sich der Geschädigte aufhält, objektiv über einen Sichtschutz verfügt. Vielmehr komme es entscheidend darauf an, ob sich der Geschädigte an einem Rückzugsort aufhält, an dem er seine Intimsphäre vor unbefugten Bildaufnahmen geschützt wähnt. Dies sei bei Kleinkindern in Kindertagesstätten der Fall.

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