Anwalt für Strafrecht: Mordversuch aus Habgier

Die Voraussetzungen des Mordmerkmals der Habgier sind erfüllt, wenn der vermögenslose und nicht krankenversicherte Angeklagte eine schwere Straftat begehen will, um langfristig Unterkunft, Verpflegung und Krankenversorgung in einer Justizvollzugsanstalt zu erhalten.

Wegen Mordes wird gemäß § 211 StGB bestraft, wer einen Menschen aus Habgier tötet. Habgier bedeutet ein Streben nach materiellen Gütern oder Vorteilen, das in seiner Hemmungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit das erträgliche Maß weit übersteigt und das in der Regel durch eine ungehemmte triebhafte Eigensucht bestimmt ist. Voraussetzung hierfür ist, dass sich das Vermögen des Täters objektiv oder zumindest nach seiner Vorstellung durch den Tod des Opfers unmittelbar vermehrt oder dass durch die Tat jedenfalls eine sonst nicht vorhandene Aussicht auf eine Vermögensvermehrung entsteht. In seinem Beschluss vom 19. Mai 2020 (4 StR 140/20) beschäftigte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, ob das Mordmerkmal der Habgier auch dann erfüllt ist, wenn ein Angeklagter eine schwere Straftat begeht, um staatliche Versorgung in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) zu erhalten. Der vermögenslose und nicht krankenversicherte Angeklagte wollte vorliegend langfristig Unterkunft, Verpflegung und Krankenversicherung in einer JVA erhalten, weshalb er mit seinem Fahrzeug mit mindestens 80 km/h gezielt von hinten auf einen Fahrradfahrer auffuhr, um diesen erheblich zu verletzten. Dabei hielt er den Eintritt dessen Todes auch ernsthaft für möglich und nahm ihn billigend in Kauf. Der Geschädigte wurde von seinem Fahrrad geschleudert und erlitt durch den Aufprall schwere Verletzungen. Der Bundesgerichtshof sah die Voraussetzungen für das Mordmerkmal der Habgier als erfüllt an. Dass der erstrebte Vermögensvorteil nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Opfers stammen sollte, sei unerheblich. 

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