Anwalt für Strafrecht: Entfall des Ausnutzungsbewusstsein beim heimtückischen Mord

Für das Begehen eines heimtückischen Mordes muss der Beschuldigte ein Ausnutzungsbewusstsein gehabt haben. Dieses kann durch das Zusammenwirken mehrerer schuldmindernder Faktoren entfallen. Entsprechende Faktoren sind enthemmende Alkoholisierung, eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung und das Handeln aufgrund starker Wut- und Rachegefühle.

Einen Mord begeht ein Beschuldigter heimtückisch, wenn er die Arg- und Wehrlosigkeit des Betroffenen bewusst zur Ausführung des tödlichen Angriffs ausnutzt. Hierbei muss der Beschuldigte die Arglosigkeit des Betroffenen wahrgenommen haben und ihm muss bewusst gewesen sein, den durch Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Betroffenen zu überraschen. In seinem Urteil vom 20. August 2014 (1 StR 605/13) befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, wann ein psychischer Ausnahmezustand beim Beschuldigten das Ausnutzungsbewusstsein entfallen lassen kann. Der Beschuldigte und der Betroffene verabredeten sich zu einem Faustkampf ohne Waffen. Nachdem er niedergeschlagen wurde griff der Beschuldigte den arglosen Betroffenen mit Tötungsvorsatz mit einer Waffe an. Hierbei fasste der Beschuldigte den Tatentschluss, von starken Wut- und Rachegefühlen getrieben, spontan. Weiterhin wies der Beschuldigte eine Persönlichkeitsstörung von einem emotional-instabilen Typ auf und seine Anspannung wurde durch enthemmende Alkoholisierung verstärkt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs sind diese Faktoren geeignet das Ausnutzungsbewusstsein des Beschuldigten entfallen zu lassen. Die Persönlichkeitsstörung, die Alkoholisierung und der spontane Tatentschluss aufgrund starker Wut- und Rachegefühle sind für sich genommen nicht geeignet das Ausnutzungsbewusstsein entfallen zu lassen. In ihrem Zusammenwirken ist dies jedoch möglich.

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