Anwalt für Strafrecht: Totschlag

Eine hohe und zudem anschauliche konkrete Lebensgefährlichkeit der Tatausführung stellt auf beiden Vorsatzebenen das wesentliche auf bedingten Tötungsvorsatz hinweisende Beweisanzeichen dar.

In seinem Urteil vom 24. Juni 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 477/20) mit dem bedingten Vorsatz befassen. Im vorliegenden Fall kam es in einem Club zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten. Diese gipfelte darin, dass der Angeklagte den Geschädigten mit einem Klappmesser angriff. Der Angeklagte stach dem Geschädigten in die linke Brusthälfte, wobei er dessen Tod billigend in Kauf nahm, und verletzte ihn dabei lebensgefährlich. Im Anschluss schlug der Angeklagte weiterhin mit seinen Fäusten nach dem Geschädigten, wobei er ihn jedoch nicht traf. Dem Türsteher des Clubs war es möglich, die Auseinandersetzung zu beenden. Als der Angeklagte sah, dass er dem Geschädigten eine blutende Stichverletzung zugefügt hatte, zog er sich zurück. Der Geschädigte überlebte den Angriff. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Der Bundesgerichtshof führte aus, dass vorliegend richtigerweise bedingter Vorsatz vom Landgericht angenommen wurde. Ein bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und ihn zudem billigt oder sich des erstrebten Zieles willen zumindest mit ihm abfindet. Es liegt bei besonders gefährlichen (Gewalt-)Handlungen nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könne zu Tode kommen, und – weil er mit seinem Handeln dennoch fortfährt – einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt. Eine hohe und überdies anschauliche konkrete Lebensgefährlichkeit der Tatausführung stellt somit auf beiden Vorsatzebenen das wesentliche auf bedingten Tötungsvorsatz hinweisende Beweisanzeichen dar. Die Annahme, dass der mit einem Messer in den besonders gefährdeten linken Brust-/Herzbereich des Geschädigten zustechende Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt habe, sei daher nicht zu beanstanden.

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