Anwalt für Strafrecht: Stabile Bemächtigungslage beim erpresserischen Menschenraub

Wendet ein Beschuldigter Gewalt zur Herausgabe einer Sache an und die Herausgabe erfolgt durch den Betroffenen in unmittelbarem und engem Zusammenhang zur Gewaltanwendung, so liegt mangels Herstellen einer stabilen Bemächtigungslage kein erpresserischer Menschenraub vor.

Eines erpresserischen Menschenraub macht sich schuldigt, wer sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl zu einer Erpressungshandlung auszunutzen, oder wer die durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt. Hierbei muss der Handelnde die physische Herrschaftsgewalt über das Opfer gewinnen und dadurch eine stabile Bemächtigungslage schaffen, die der Handelnde von vornherein zur Erpressung ausnutzen wollte. Aus der stabilen Bemächtigungslage muss sich eine über die Nötigungshandlung hinaus gehende Drucksituation auf den Betroffenen ergeben. Es bedarf eines sogenannten funktionalen Zusammenhangs. Dieser fehlt, wenn sich der Handelnde des Betroffenen mit Nötigungsmitten ermächtigt, welche gleichzeitig der Erpressung dienen. In seinem Beschluss vom 9. September 2015 – 4 StR 184/15 befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, ob das Herstellen einer stabilen Bemächtigungslage in engem Zusammenhang mit einer Gewaltanwendung erfolgen kann. In der in Frage stehenden Variante des Tathergangs versuchten die Beschuldigten den Betroffenen durch wiederholte Schläge gegen den Kopf zur Herausgabe seiner ec-Karten PIN zu bewegen. Es konnten keine sicheren Feststellungen zum Tathergang getroffen werden, weil der Betroffene aufgrund der Schläge einen fast vollständigen Gedächtnisverlust erlitt. Somit lässt sich nach Aussage des Bundesgerichtshofs nicht ausschließen, dass die Preisgabe des PIN in unmittelbarem, engem Zusammenhang mit der Begründung der Beherrschungssituation durch die Gewaltanwendung erfolgte. Aufgrund des engen, unmittelbaren Zusammengang fehlt es an einer stabilen Bemächtigungslage und die Beschuldigten machen sich nicht des erpresserischen Menschenraubs strafbar.

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