Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Strafbefreiender Rücktritt
Um strafbefreiend vom Versuch der Tatbegehung zurückzutreten muss der Beschuldigte freiwillig die weiter Ausführung der Tat aufgeben. Freiwilligkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn der Beschuldigte „Herr seiner Entschlüsse“ geblieben ist und er die Ausführung seines Verbrechensplans noch für möglich hält, er also weder durch eine äußere Zwangslage daran gehindert, noch durch seelischen Druck unfähig geworden ist, die Tat zu vollbringen. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 14. Januar 2020 (2 StR 284/19) mit der Frage, ob ein Rücktritt dann nicht mehr freiwillig ist, wenn der Beschuldigte aus einem verwerflichen Motiv von der Tatausführung Abstand nimmt. Der Beschuldigte hatte sich der Betroffenen, gewaltsam bemächtigt und war im Begriff diese zu treffen. Hierbei traf er auf den in einem Gebüsch schlafenden Betroffenen und entschloss sich diesem dessen Geld zu entwenden. Als dieser aufwachte stach der Beschuldigte mit einem Messer viermal auf den Betroffenen ein, um dessen Gegenwehr im Keim zu ersticken, wobei er dessen Tod zumindest billigend in Kauf nahm. Als der Betroffene floh setzte der Beschuldigte ihm nach und stach ein weiteres Mal auf diesen ein. Im Anschluss hieran ließ der Beschuldigte jedoch von der weiteren Verfolgung ab, weil sein Interesse in erster Linie der Überwachung der Betroffenen galt, welche bei weiterer Verfolgung des Betroffenen nicht mehr möglich gewesen wäre. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs trat der Beschuldigte freiwillig vom Mord des Betroffenen zurück. Dass dem Beschuldigten die Weiterverfolgung des Betroffenen nicht möglich war, ohne die Betroffene, der sein vorrangiges Interesse galt, aus den Augen zu lassen, steht der Freiwilligkeit nicht entgegen. Denn die Freiwilligkeit des Rücktritts wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beschuldigte nicht aus einem sittlich billigenswerten Motiv von weiteren Angriffen auf den Betroffenen absieht, sondern nur deshalb, weil er einen weiteren Betroffenen, nicht entkommen lassen will. Die Abstandnahme von der weiteren Tatausführung erweist sich hier als das Ergebnis einer nüchternen Abwägung, bei der der Beschuldigte Herr seiner Entschlüsse blieb.
Anwalt für Strafrecht: Bestechlichkeit von Mandatsträgern
Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Urteil vom 17. März 2015 (2 StR 281/14) damit auseinander, ob ein Handeln im Auftrag eines Zuwendenden im Sinne der Bestechlichkeit von Mandatsträgern entfällt, wenn der Beschuldigte sich sowieso im Sinne des Zuwendenden verhalten wollte. Wegen Bestechlichkeit von Mandatsträgern gemäß § 108e Absatz 1 StGB macht sich ein Beschuldigter strafbar, wenn er als Mandatsträger einen ungerechtfertigten Vorteil für sich als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag vornehme. Auftrag erfasst jede Handlung, die den Abgeordneten dazu bewegen soll, sich dem Interesse des Auftrags- oder Weisungsgebers zu unterwerfen. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, war Mitglied eines Stadtrates und kam mit einem Dritten überein, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates im Auftrag des Dritten als Gegenleistung für ein versprochenes Honorar abstimmen werde. Der Bundesgerichthof führte im Zuge dessen aus, dass es für das Vorliegen eines Auftrages unerheblich ist, ob sich der Mandatsträger dabei innerlich vorbehält, sein Abstimmungsverhalten nicht durch die Zuwendung beeinflussen zu lassen. Entscheidend sind nicht innere Vorbehalte, sondern der vom Vorsatz umfasste äußere Erklärungswert des Verhaltens. Der Mandatsträger kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass er sich ohnehin im Sinne des Zuwendenden verhalten wollte.
Anwalt für Strafrecht: Erpressung
Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 1. August 2018 (5 StR 30/18) mit der Frage zu befassen, wann das Verlangen von „Standgeld“ gegenüber Prostituierten eine Drohung mit einem empfindlichen Übel darstellt. Die reine Entgegennahme von Zahlungen gegen die Gewährung von Schutz stellt keine Erpressung dar. Die Zahlung stellt nur dann eine Erpressung dar, wenn sie durch Drohung mit einem empfindlichen Übel erzwungen wurde. Ein Übel ist jede vom Betroffenen als nachteilig empfundene Veränderung, in seiner Außenwelt. Empfindlich ist ein solches Übel, wenn es geeignet ist, das vom Beschuldigten bezweckte Verhalten beim Betroffenen zu erreichen. Die Beschuldigten waren im Rotlichtmilieu tätig. Sie verlangten von den Prostituierten in einer Straße und von deren Zuhältern die Zahlung von 120€ pro Frau und Woche. Die betroffenen Frauen und Zuhälter zahlten die „Standgelder“ nur, weil die Beschuldigten vor dem Hintergrund einer allgemeinen, milieuspezifischen Drohkulisse durch ihren Ruf, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatten, dass die Frauen eine Vertreibung vom Straßenstrich, mitunter sogar unter Anwendung von Gewalt zu befürchten haben. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kann alleine das Verlangen von „Standgeld“ die Drohung mit einem empfindlichen Übel darstellen. Es genügt, dass eine entsprechende Drohung konkludent zwischen den Zeilen erfolgt. Die Herstellung und Ausnutzung einer Drohkulisse kann unter den besonderen Verhältnissen des Rotlichtgewerbes genügen.