Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Entziehung der Fahrerlaubnis

Das Fahren von E-Scootern im alkoholischen Zustand kann zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen.

E-Scooter gehören mittlerweile zum Stadtbild. Die Rechtslage bezüglich der Roller ist jedoch oftmals noch unklar. Ob durch das Fahren von E-Scootern im alkoholischen Zustand die Fahrerlaubnis entzogen werden darf, hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (1 Ss 276/22) in seinem Urteil vom 8. Mai 2023 entschieden. Der Angeklagte wurde zuvor vom Amtsgericht Frankfurt am Main wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt, da er betrunken auf einem E-Scooter fuhr. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB lehnte es jedoch ab, wogegen sich die Amtsanwaltschaft in ihrer Revision wendete. Das Oberlandesgericht stellte daraufhin fest, dass eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB auch dann in der Regel erforderlich ist, wenn der Fahrer betrunken einen E-Scooter bedient hat und sich dabei der Trunkenheit im Verkehr strafbar gemacht hat. Zwar gibt es dafür Ausnahmen, jedoch ist es nach Auffassung des Oberlandesgerichtes keine solche Ausnahme, dass es sich lediglich um einen E-Scooter handelte, da Elektrokleinstfahrzeuge als Kraftfahrzeuge gelten. Weiterhin führt das Gericht aus, dass auch die Benutzung eines E-Scooters im betrunkenen Zustand andere Menschen gefährdet und sich somit nicht erschließt, wie dadurch die Regelvermutung des § 69 StGB widerlegt werden könnte.

Anwalt für Strafrecht: Trunkenheit im Verkehr

Eine drogenbedingte Fahrunsicherheit nach dem § 316 StGB kann nicht allein aufgrund des Blutwirkstoffbefundes angenommen werden.

In seinem Beschluss vom 2. August 2022 hat der Bundesgerichtshof (4 StR 231/22) ausgeführt, wann eine drogenbedingte Fahrunsicherheit im Sinne des § 316 StGB vorliegt. Der Angeklagte im hiesigen Fall fuhr mit Cannabis sowie Amphetaminen im Blut, was durch einen Bluttest festgestellt werden konnte. Das Landgericht Gießen verurteilte ihn wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr. Der Bundesgerichtshof wendet jedoch ein, dass der Nachweis einer drogenbedingten Fahrunsicherheit gem. des § 316 StGB nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden kann. Stattdessen bedarf es weiterer aussagekräftiger Beweiszeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Kraftfahrzeugführers soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern.

Anwalt für Strafrecht: Trunkenheit im Verkehr bei einem E-Scooter

Der für die absolute Fahruntüchtigkeit von Kraftfahrzeugen geltende Grenzwert einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 % ist auch beim Fahren von E-Scootern anzuwenden.

Wegen Trunkenheit im Verkehr macht sich gemäß § 316 StGB strafbar, wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Für Kraftfahrzeuge gilt für die Bestimmung der absoluten Fahruntauglichkeit die Promillegrenze von 1,1 %. In dem Beschluss vom 29. November 2019 (26 Qs 51/19) musste sich das Landgericht München damit beschäftigen, ob die Promillegrenze von 1,1 % auch beim Fahren von E-Scootern anzuwenden ist. Vorliegend fuhr der Angeklagte um 21.15 Uhr mit einem E-Scooter, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenuss fahruntüchtig war. Eine um 21.50 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,23 %. Nach Ansicht des Landgerichts München werden E-Scooter von der Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr grundsätzlich als Kfz im Sinne von § 1 Abs. 2 StVG eingestuft. Auch seien E-Scooter wegen ihrer einfachen Handhabung und Gefährdungspotentials nicht wie ein E-Bike oder als spielzeugartiges Gefährt zu behandeln. Wegen ihres Gewichts von ca. 20 bis 25 kg und ihrer möglichen Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h ergebe sich ein erhebliches Verletzungspotential für Dritte, das insoweit mit dem Gefährdungspotential von Mofas vergleichbar sei. Der für die absolute Fahruntüchtigkeit bei Kfz geltende Grenzwert von 1,1 % sei daher auch beim Fahren mit E-Scootern anzuwenden.

Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Fahren ohne Fahrerlaubnis/Trunkenheit im Verkehr

Zwischen Fahren ohne Fahrerlaubnis und Trunkenheit im Verkehr besteht bei kurzer Fahrtunterbrechung Tateinheit.

In seinem Beschluss vom 10. Oktober 2019 (4 StR 96/19) stellte sich dem Bundesgerichthof die Frage, ob bzgl. Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Trunkenheit im Verkehr infolge einer kurzen Unterbrechung der Fahrt eine Zäsur und somit Tatmehrheit vorliegt. Zugunsten des Beschuldigten wirkt es sich aus, wenn zwischen zwei verwirklichten Delikten Tateinheit vorliegt. Im Gegensatz hierzu ist für den Beschuldigten nachteilige Tatmehrheit zwischen zwei Straftatbeständen dann anzunehmen, wenn der Beschuldigte infolge einer Zäsur zu einer erneuten Deliktsverwirklichung ansetzt. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, bewegte sich mit einer BAK von 1,93 Promille und ohne eine Fahrerlaubnis mit einem PKW im Verkehr. Der Beschuldigte parkte nach kurzer Fahrt am Straßenrand. Als der PKW von Polizeibeamten bemerkt wurde und diese den Beschuldigten aufforderten den Motor abzustellen und auszusteigen, fuhr der Beschuldigte erneut los. Das Landgericht verurteilte den Beschuldigten im Anschluss hieran wegen tatmehrheitlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis. Dem schloss sich der Bundesgerichtshof nicht an. Denn sowohl bei dem Fahren ohne Fahrerlaubnis als auch bei dem Vergehen der Trunkenheit im Verkehr handelt es sich um Dauerstraftaten, die durch kurze Fahrtunterbrechungen nicht in selbständige Taten aufgespalten werden. Somit ist lediglich Tateinheit zwischen ununterbrochenem Fahren ohne Fahrerlaubnis und Trunkenheit im Verkehr anzunehmen.

Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Führen eines Fahrzeugs nach Cannabiskonsum

Es ist zulässig, dass der Tatrichter bei der Überschreitung des analytischen THC-Grenzwerts von 1,0 ng/ml, im Blut eines beschuldigten Kraftfahrzeug Fahrers, fahrlässiges Fahren unter Einwirkung berauschender Mittel annimmt. 

Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichthofs vom 14. Februar 2017 (4 StR 422/15) zugrunde liegenden Sachverhalt, fuhr mit einem PKW, wobei er eine Konzentration von 1,5 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) im Blut aufwies. Infolge dessen stand der Beschuldigte unter Wirkung von Cannabis. Das Amtsgericht verurteilte den Beschuldigten wegen fahrlässigen Fahrens unter Einwirkung berauschender Mittel. Im Anschluss daran hatte sich der BGH damit zu befassen, ob es für die Feststellung von Fahrlässigkeit genügt, dass der Tatrichter auf eine, den analytischen Grenzwert überschreitende, THC-Konzentration im Blut des Fahrers abstellt. Ordnungswidrig im Sinne des §24a Abs. 2 und 3 StVG handelt, wer unter Wirkung von Cannabis im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine entsprechende Wirkung liegt vor, wenn im Blut des Fahrers eine mindestens den analytischen Grenzwert erreichende Konzentration des Wirkstoffs THC nachgewiesen wird. Fahrlässig ordnungswidrig handelt der beschuldigte Fahrer nicht nur dann, wenn er die Auswirkungen des konsumierten Cannabis wahrnehmen kann oder zu einer näheren physiologischen oder biochemischen Einordnung der Wirkungen von Cannabis in der Lage ist. Es reicht viel mehr aus, dass der Beschuldigte zu der Erkenntnis gelangen kann, unter der Wirkung einer zumindest den analytischen Grenzwert erreichenden THC-Konzentration im Blut zu stehen. Der Bundesgerichthof bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Dem Tatrichter ist es nicht verwehrt, beim Fehlen gegenläufiger Beweisanzeichen, allein aus der Feststellung einer den analytischen Grenzwert von 1,0 ng/ml THC mindestens erreichenden THC-Konzentration auf fahrlässiges Verhalten des Beschuldigten zu schließen.

Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Trunkenheit im Verkehr bei Rauschmittelkonsum

Eine phänomengebundene Schilderung des Erscheinungsbilds des Beschuldigten als „leicht beeinflusst“, ist kein aussagekräftiges Beweiszeichen für die Fahruntüchtigkeit des Beschuldigten, für eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr.

Für den Nachweis einer Trunkenheit im Verkehr nach dem Konsum von Rauschmitteln, bei welchen es sich nicht um Alkohol handelt, bedarf es neben dem Nachweis der Rauschmittelkonzentration im Blut des Beschuldigten, noch weiterer aussagekräftiger Beweiszeichen. Diese aussagekräftigen Beweiszeichen müssen im Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des fahrenden Beschuldigten soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen. In seinem Beschluss vom 21. Dezember 2011 (4 StR 477/11) befasste sich der Bundesgerichtshof damit, welche Indizien für Trunkenheit im Verkehr nach dem Konsum von Rauschmitteln sprechen. Der Beschuldigte geriet nach dem Konsum von Kokain mit seinem PKW in einen Verkehrsunfall. Eine nach dem Unfall entnommene Blutprobe ergab eine hohe Konzentration von Rauschmitteln im Blut des Beschuldigten. Bei der Blutentnahme schien der Beschuldigte „leicht beeinflusst“ zu sein. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs genügen diese Angaben noch nicht zum Nachweis der Trunkenheit im Verkehr. Neben der gemessenen Rauschmittelkonzentration reicht lediglich eine phänomengebundene Schilderung des Erscheinungsbilds des Beschuldigten als leicht beeinflusst nicht zum Nachweis der Fahruntüchtigkeit des Beschuldigten

Anwalt Verkehrsstrafrecht: Vorsatzausschluss bei Trunkenheitsfahrt mit hoher Blutalkoholkonzentration

Eine Blutalkoholkonzentration, deutlich über dem Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit, ist nicht geeignet den Vorsatz des Beschuldigten bezüglich einer Trunkenheitsfahrt auszuschließen. Der Beschuldigte hat trotz eventuell eintretender Selbstüberschätzung Kenntnis von den konsumierten Alkoholmengen und der Tatsache, dass die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr für ihn untersagt ist.

Für die Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr muss der Beschuldigte Vorsatz bezüglich der Fahruntüchtigkeit gehabt haben. Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn der Beschuldigte seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kannte oder zumindest damit rechnete und sich damit abfand. Entscheidend ist, dass der Beschuldigte eine maßgebliche Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit zumindest für möglich hält und sich mit ihr abfindet oder billigend in Kauf nimmt, dass er den im Verkehr erwarteten Anforderungen nicht mehr genügt. In seinem Urteil vom 9. April 2015 – 4 StR 401/14 hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob weit über den Grenzwerten zur absoluten Fahruntüchtigkeit liegende Blutalkoholkonzentrationen den Vorsatz ausschließen können. Dem liegt die Trunkenheitsfahrt des Beschuldigten zugrunde, welcher einen PKW im öffentlichen Straßenverkehr bewegte. Im Anschluss an die Fahrt wurde dem Beschuldigten Blut abgenommen. Herbei konnte dem Beschuldigten eine BAK von 1,24 Promille nachgewiesen werden. Hiermit lag die BAK des Beschuldigten über dem Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille. Nach Ansicht des Bundesgerichthofs ist diese Tatsache jedoch nicht geeignet den bedingten Vorsatz des Beschuldigten auszuschließen. Es wird angeführt, dass bei weit über den Grenzwerten zur absoluten Fahruntüchtigkeit liegenden Blutalkoholwerten, die Erkenntnis und Kritikfähigkeit des Beschuldigten eingeschränkt ist und somit Vorsatz ausschließender Glaube an die Fahrtüchtigkeit eintritt. Hiergegen wendet der Bundesgerichtshof ein, bei steigender BAK möglicherweise eintretende Selbstüberschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit mindert nicht die Kenntnis von der konsumierten Alkoholmenge und somit die Kenntnis nach geltenden Regeln nicht mehr fahren zu dürfen. Die bei einer hohen BAK erheblich herabgesetzte Steuerungsfähigkeit ändert regelmäßig nichts an der für den Vorsatz allein maßgeblichen Einsicht, dass Fahren in einem entsprechenden Zustand im öffentlichen Verkehr verboten ist. 

Anwalt für Strafrecht: Fahrerflucht / Trunkenheitsfahrt / Gefährdung des Straßenverkehrs

Kommt es im Rahmen einer Trunkenheitsfahrt zu einem Unfall und begeht man anschließend eine Fahrerflucht, stellen die Trunkenheitsfahrt, die Gefährdung des Straßenverkehrs und die Fahrerflucht eine prozessuale Tat da. Dies hat zur Folge, dass ein Strafklageverbrauch in Bezug auf die Fahrerflucht eintritt, wenn die Trunkenheitsfahrt und die Gefährdung des Straßenverkehrs gegen Auflage eingestellt werden.

Das Kammergericht Berlin hat mit Beschluss vom 30.08.2016 (Aktenzeichen:(3) 161 Ss 146/16 (82/16)) das Verfahren gegen den Angeklagten wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort aufgrund eines Verfahrenshindernisses, dem Verbot der Doppelbestrafung, eingestellt. Dem Beschluss liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

Der Angeklagte wurde zunächst durch das Amtsgericht Tiergarten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs, unerlaubten Entfernens vom Unfallort und Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt. Der Angeklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Im Berufungsverfahren wurde das Verfahren in Bezug auf die Gefährdung des Straßenverkehrs und wegen der Trunkenheitsfahrt gem. § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Der Angeklagte wurde allerdings wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Gegen das Urteil des Landgerichts Berlin legte der Angeklagte Revision ein und erhob eine Verfahrensrüge, welche er mit dem Doppelbestrafungsverbot begründete. Das Doppelbestrafungsverbot verbietet es, dass jemand wegen derselben Tat zweimal bestraft wird. Das Kammergericht in Berlin bestätigte die Ausführungen des Angeklagten und führte diesbezüglich aus, dass durch die Erfüllung der Zahlungsauflage ein Strafklageverbrauch in Bezug auf die gesamte prozessuale Tat gem. § 153a Abs. 1 Satz 5 StPO eingetreten ist.
Strafklageverbrauch bedeutet, dass die Verfolgung des Täters wegen derselben Tat ausgeschlossen ist. Problematisch war in diesem Fall der Tatbegriff. Denn im Strafrecht existieren unterschiedliche Tatbegriffe, welche wegen ihrer praktischen Auswirkungen auseinandergehalten werden müssen. Im prozessualen Sinne ist die "Tat" immer ein vollständiger Lebenssachverhalt. Hingegen ist die "Tat" im materiell-rechtlichen Sinne als "Handlung" zu verstehen, welche einen abtrennbaren Teil aus einem Lebenssachverhalt darstellt. Im Fall des Angeklagten hatte der Alkohol- und Drogenkonsum sowohl Einfluss auf das Unfall- als auch auf das nachfolgende Tatgeschehen (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort), sodass eine prozessuale Tat vorliegt. Da die Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO die gesamte prozessuale Tat erfasst, ist zugleich für die begangene Straftat des unerlaubten Entfernens vom Unfallort Strafklageverbrauch eingetreten, welcher ein Verfahrenshindernis darstellt. Somit war eine Verurteilung des Angeklagten wegen derselben "Tat" unmöglich.

Weiter Informationen zur Fahrerflucht erhalten Sie unter:

www,strafverteidiger-fahrerflucht.de

Anwalt für Strafrecht: Alkohol am Steuer

Zum Nachweis des Vorsatzes zu einer Trunkenheitsfahrt gem. § 316 StGB muss das Tatgericht genaue Feststellungen zur Fähigkeit der Einsicht des Angeklagten bezüglich seiner Alkoholisierung und des daraus resultierenden Verbotes der Fahrt treffen. Die bloße Bezugnahme auf Warnungen und Hinweise anderer Personen reicht für die Feststellung des Vorsatzes des Täters nicht aus.

Der alkoholkranke Angeklagte war in Berlin mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,24 ? und unter Einfluss von Cannabinoiden mit einem Auto gefahren. Dafür wurde er vom Landgericht Berlin unter anderem wegen vorsätzlicher Trunkenheitsfahrt gem. § 316 StGB verurteilt, wobei das LG von einer verminderten Schuldfähigkeit ausging.
Der BGH hat die Entscheidung des LG mit Urteil vom 09.04.2015 (4 StR 401/14) wegen lückenhafter Beweiswürdigung zum festgestellten Vorsatz aufgehoben. Die Feststellungen des LG zum Vorsatz des Angeklagten bezogen sich lediglich auf die Wahrnehmungen anderer Personen, welche die Alkoholisierung des Angeklagten bemerkt hatten.
In dem Urteil führt der BGH aus, dass Voraussetzung für den Vorsatz zu einer Trunkenheitsfahrt ist, dass der Täter seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und sich damit abfindet. Wann dies der Fall ist, lässt sich nicht anhand eines naturwissenschaftlichen oder medizinischen Erfahrungssatzes sagen. Vielmehr muss der Tatrichter nach einer Gesamtschau aller Umstände vom Vorsatz überzeugt sein. Bei der Prüfung des Vorsatzes ist die BAK des Täters ein gewichtiges Beweisanzeichen. Jedoch bedarf dieses einer Würdigung im Einzelfall. Die Annahme, dass jemand mit einer hohen BAK regelmäßig von seiner Alkoholisierung und der daraus resultierenden Fahruntüchtigkeit weiß, stellt keinen wissenschaftlichen Erfahrungssatz dar, sondern lediglich eine widerlegbare Wahrscheinlichkeitsaussage. Demgegenüber bedeutet eine hohe BAK aber auch nicht zwangsläufig eine beeinträchtigte Wahrnehmung der eigenen Alkoholisierung, welche den Vorsatz zu einer Trunkenheitsfahrt ausschließen könnte. Bei der Überzeugungsbildung des Tatrichters sind auch Umstände wie Trinkverlauf, Trinkende und sonstiges auffälliges Verhalten des Angeklagten zu berücksichtigen.

Anwalt für Strafrecht: Strafaussetzung zur Bewährung

Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten kann auch bei einem nicht vorbestraften Täter, der die Tat bereut und einsieht, nicht zur Bewährung ausgesetzt, sondern vollstreckt werden.

In seinem ''Beschluss vom 26.08.2014 - 3 RVs 55/14'' bestätigte das OLG Hamm die Verurteilung eines Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Obwohl die Strafe unter zwei Jahren liegt, wurde sie nicht zur Bewährung ausgesetzt. Dies sei nach Ansicht des Gerichts zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten.
Der Angeklagte hatte im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit eine Kollision mit einem Radfahrer verursacht, bei der der Radfahrer ums Leben kam. Der Radfahrer war verheiratet und hatte drei Kinder. Obwohl der Angeklagte sozial integriert ist, die Tat bereut und gestanden hat und vorher weder verkehrs- noch strafrechtlich aufgefallen war, setzte das Gericht die Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung aus. Dies sei insbesondere im Hinblick auf die herausragend schweren Folgen für den Getöteten und seine nahen Angehörigen, die das Maß der absoluten Fahruntüchtigkeit weit übersteigende Alkoholisierung des Angeklagten, sowie die festgestellte aggressive Fahrweise in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Tat trotz der zahlreichen mildernden Umstände gerechtfertigt.