Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.
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Anwalt für Strafrecht: Verfassungsbeschwerde
Wie mit der Strafanzeige gegen zwei Verfassungsrichter umzugehen ist, hat das Bundesverfassungsgericht (2 BvR 475/24) in seinem Beschluss vom 22. Mai 2024 entschieden. Der Beschwerdeführer erstattet Anzeige gegen zwei Verfassungsrichter, da diese an einem Verfahren mitgewirkt haben, bei dem eine frühere Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers abgelehnt wurde. Nachdem kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, verfasste der Beschwerdeführer eine erneute Verfassungsbeschwerde. Bei jenem Verfahren wirkten die Verfassungsrichter, die der Beschwerdeführer angezeigt hatte, mit. Die beiden Richter sind in diesem Verfahren nicht kraft Gesetzes von der Ausübung ihres Richteramts ausgeschlossen, entscheidet das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss. Zwar ist ein Richter nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG grundsätzlich wegen Beteiligung an der Sache von der Ausübung seines Richteramts ausgeschlossen, wenn er von einer Entscheidung in dem Verfahren unmittelbar rechtlich betroffen ist. Das gilt jedoch nicht, wenn der Ausschlussgrund auf ein offensichtlich rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beschwerdeführers zurückgeht. Das schlussfolgert das Gericht aus einer teleologischen Reduktion des § 18 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG.
Anwalt für Strafrecht: Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
Mit den Voraussetzungen, die für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) nötig sind, hat sich der Bundesgerichtshof (2 StR 508/23) in seinem Beschluss vom 5. Juni 2024 auseinandergesetzt. Das Landgericht Frankfurt am Main ordnete die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus an, nachdem dieser einen anderen ein Gleisbett gestoßen hatte. Die erheblich verminderte und nicht ausschließbar aufgehobene Steuerungsfähigkeit soll sich aus einem Zusammenspiel der auf Und der latenten Psychose bestehenden psychotischen Gereiztheit und der Alkoholintoxikation ergeben haben. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB darf aber nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstat auf Grund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Grundsätzlich ist das also nicht gegeben, wenn der Ausschluss oder die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit erst durch einen aktuell hinzutretenden Genuss berauschender Mittel, insbesondere von Alkohol, herbeigeführt worden ist. Nur in Ausnahmefällen kommt die Unterbringung nach § 63 StGB dann in Betracht.
Anwalt für Strafrecht: Wohnungsdurchsuchung
Ab wann ist von einer Wohnungsdurchsuchung im Sinne der Strafprozessordnung zu sprechen? Diese Frage musste der Bundesgerichtshof (5 StR 550/23) in seinem Beschluss vom 6. Mai 2024 beantworten. Das Landgericht Berlin hatte den Angeklagten zuvor unter anderem wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt, da dieser in seiner Wohnung knapp 300 g Kokain und mehrere Kilo Marihuana und Haschisch lagerte. Dabei rügte der Angeklagte, dass die bei der Wohnungsdurchsuchung sichergestellten Beweismittel wegen eines Verstoßes gegen den Richtervorbehalt nicht verwertbar seien. Die Ansicht, dass das Hineinleuchten in das Zimmer mit einer Taschenlampe bereits eine Wohnungsdurchsuchung darstellt, teilt der Bundesgerichtshof jedoch nicht. Demnach erfordert eine Durchsuchung gem. § 102 StPO vielmehr das Betreten eines geschützten Raums, das der ziel- und zweckgerichteten Suche nach Personen oder Sachen dient und mit einem entsprechenden Augenschein verbunden ist. Das Leuchten und Hineinschauen in das Zimmer stellt aber bereits kein physisches Eindringen in das Zimmer mit der hiesigen Zwecksetzung dar.
Anwalt für Strafrecht: Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot
Wer kann wegen eines Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot als Rädelsführer schuldig gesprochen werden? Mit dieser Frage setzte sich der Bundesgerichtshof (3 StR 419/23) in seinem Beschluss vom 5. Februar 2024 auseinander. Die Angeklagten waren in überbleibenden Teilen des durch das Bundesministerium des Innern 2001 verbotenen „Kalifatstaates“ in Deutschland tätig. Alle drei Angeklagten waren in wichtigen Rollen tätig, wobei nur einer der Angeklagten eine deutschlandweite Führungsposition innehatte. Das Landgericht Koblenz verurteilte den Angeklagten wegen des Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot als Rädelsführer. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes machte sich jedoch nur einer der Angeklagten dessen strafbar. Die anderen zwei Angeklagten betätigten sich vielmehr als Mitglieder in der verbotenen Vereinigung im Sinne des § 85 Abs. 2 StGB. Ihre Tätigkeit beschränkte sich vor allem auf die Tätigkeit in einem lokalen Teil der Vereinigung. Rädelsführer ist stattdessen, wer in dem Personenzusammenschluss dadurch eine führende Rolle einnimmt, dass er sich in besonders maßgebender Weise für diesen betätigt. Dabei ist das Gewicht für die Vereinigung entscheidend. Die Tätigkeit ist insbesondere dann maßgebend, wenn sie von Einfluss auf die Führung der Vereinigung im Ganzen oder in wesentlichen Teilen ist.
Anwalt für Strafrecht: Schlägerei
In seinem Beschluss vom 27. März 2024 befasste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 337/23) mit der Schlägerei nach § 231 StGB. Der Angeklagte kam zu einer Auseinandersetzung hinzu und schlug dabei nach Eintreffen um sich. Eine der Personen in der Menschenmenge kippte während der Schlägerei durch eine nicht näher definierbare starke Impulswirkung nach hinten und verletzte sich dabei schwer am Hinterkopf, worauf 7 Operationen folgen mussten. Das Landgericht Aachen verurteilte den Angeklagten wegen Beteiligung an einer Schlägerei gem. § 231 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, deren Vollstreckung zu Bewährung ausgesetzt wurde. Die anschließende Revision des Angeklagten blieb erfolglos. Durch das Vorgehen des Angeklagten löste er eine Schlägerei aus, welche die Ursache für die schwere Verletzung des Nebenklägers ist. Auch ein Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund greift in diesem Fall nicht ein, da der Angeklagte durch das um sich herum schlagen zum einen auch Teilnehmer der Auseinandersetzung in Gefahr brachte, die nur verbal an der Auseinandersetzung teilnahmen und zum anderen stellt das eingesetzte Mittel kein angemessenes Mittel für die hier vorliegende Gefahr dar. Der Zeuge, den der Angeklagte dadurch verteidigen wollte, hätte sich dieser Situation auch problemlos entziehen können.
Anwalt für Strafrecht: Berufsverbot
In seinem Beschluss vom 26. März 2024 äußerte sich der Bundesgerichtshof (4 StR 416/23) zum Berufsverbot gemäß § 70 StGB. Der Angeklagte arbeitete in seiner eigenen orthopädischen Praxis als Arzt. In Ausübung seiner Tätigkeit machte er sich des sexuellen Missbrauchs schuldig und wurde dafür zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Daneben wurde ihm untersagt, den Beruf des Arztes für die Dauer von 5 Jahren auszuüben. Für die Anordnung eines Berufsverbotes wurden jedoch nicht alle maßgeblichen Gesichtspunkte für die Gefährlichkeitsprognose berücksichtigt, wie der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss feststellte. Es hätte einbezogen werden müssen, dass der Angeklagte vorher strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten war und die empfindliche Freiheitsstrafe den Angeklagten bereits nachhaltig beeindrucken könnte.
Anwalt für Strafrecht: Missbräuchliche Rechtsbehelfe
Im Mittelpunkt der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (2 Ars 166/21) vom 10. Oktober 2023 standen missbräuchliche Rechtsbehelfe. Der Beschwerdeführer wendete sich mit mehreren Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen verschiedener Gerichte. Diese lagen von ihm erstatten Strafanzeigen, vor allem gegen ihn behandelnde Ärzte, zugrunde. Ein Anfangsverdacht wurde in keinem der Fälle bejaht. Alle Beschwerden wurden als unzulässig befunden. Zudem wurde der Beschwerdeführer durch den Beschluss darauf hingewiesen, dass weitere vergleichbare offensichtlich aussichtslose Anträge in Zukunft nicht mehr förmlich entschieden werden, da es sich dabei um missbräuchliche Rechtsbehelfe handele. Derartige Rechtsbehelfe werden nicht durch die Rechtsschutzgarantie des Art. 2 Abs. 1 i.V. Art. 20 Abs. 3 GG gedeckt.
Anwalt für Strafrecht: Angehöriger eines Heilberufs
Wer als Angehöriger eines Heilberufs nach § 299a StGB behandelt wird, entschied das Landgericht Führt (12 KLs 114 Js 10235/20) in seinem Beschluss vom 3. Mai 2023. Der Angeschuldigten im hiesigen Fall wurde Abrechnungsbetrug zum Nachteil mehrerer Krankenkassen zur Last gelegt. Das Landgericht befasste sich daraufhin mit der Frage, wer als Angehöriger eines Heilberufes im Sinne des § 299a StGB handelt. Das Landgericht Fürth kommt nach Auslegung des § 299a StGB zu dem Ergebnis, dass als Angehöriger eines Heilberufs handelt, wer als solcher auftritt und handelt. Er muss also über keine Ausbildung oder Zulassung verfügen.
Anwalt für Strafrecht: Erkennungsdienstliche Maßnahmen bei Beschuldigten
Nachdem beim Beschuldigten eine Wohnungsdurchsuchung durchgeführt wurde und sein Mobiltelefon mitgenommen wurde, ordnete das Amtsgericht die Abnahme und Nutzung von Fingerabdrücken zur Entsperrung des Mobiltelefons an. Dagegen legte der Beschuldigte Beschwerde ein. Die Maßnahme war jedoch zulässig, führt das Landgericht Ravensburg (2 Qs 9/23) in seinem Beschluss vom 14. Februar 2023 aus. Demnach ist die Abnahme von Fingerabdrücken auch gegen seinen Willen und auch durch eine zwangsweise Durchsetzung nach § 81b Abs. 1 StPO möglich. Außerdem dürfen die daraus resultierenden biometrischen Daten für die Entsperrung des Mobiltelefons genutzt werden.
Anwalt für Strafrecht: Sich-Bereit-Erklären zu einem Verbrechen
Mit dem § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB, der das Sich-Bereit-Erklären zu einem Verbrechen regelt, musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 282/21) in seinem Beschluss vom 17. Februar 2022 beschäftigen. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt bot der an „multiplen Störungen der Sexualpräferenz“ leidende Angeklagte einer Mutter an, ihr Kind grausam zu töten. Als diese nach ein paar Tagen nicht mehr antwortete, fragte er die Mutter dann, ob sie selber Experimente mit ihrer Tochter durchführen möchte und bot ihr dafür Geld an. Das Landgericht Detmold verurteilte den Angeklagten wegen „Sichbereiterklärens zu einem Verbrechen“. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist das Angebot des Angeklagten, die Tochter zu töten, nicht eindeutig ernst gemeint. Bezüglich des Angebotes an die Mutter, dass diese Experimente an der Tochter durchführen soll, kam ein Sachverständiger zu dem Ergebnis, dass die Äußerungen Ausdruck von „Allmachtsfantasien“ seien und somit nicht ernst gemeint waren. Aus dem Urteil erschließt sich jedoch nicht, weshalb vor diesem Hintergrund das vorherige Angebot des Angeklagten, die Tochter selbst zu töten, nach Auffassung des Landgerichts ernst gemeint war.