Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Berufsrechtliche Folgen der Bestrafung
In seinem Beschluss vom 15. März 2022 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 497/21) mit den berufsrechtlichen Folgen einer Bestrafung auseinandersetzen. Im hiesigen Fall wurde der Angeklagte, der approbierter Apotheker war, unter anderem wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges und Handeltreiben mit Arzneimitteln verurteilt. Nach Feststellungen des Bundesgerichtshofes müssen mögliche berufsrechtliche Konsequenzen jedoch ausdrücklich erörtert werden, da nach § 46 Abs. 1 S. 2 StGB die Wirkungen zu berücksichtigen sind, die von der Strafe für das zukünftige Leben zu erwarten sind. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei Berücksichtigung der berufsrechtlichen Folgen zu einer milderen Strafe gekommen wäre.
Anwalt für Strafrecht: Strafrahmenverschiebung
Der Bundesgerichtshof (3 StR 487/21) musste sich in seinem Beschluss vom 25. Januar 2022 mit der Strafrahmenverschiebung beschäftigen. Im hiesigen Fall wurde der alkohol- und drogenabhängige Angeklagte unter anderem wegen Körperverletzung verurteilt, wobei seine Steuerungsfähigkeit bei der Begehung durch Alkohol- und Drogenkonsum erheblich eingeschränkt war. Trotz dieses Umstandes wurde ihm eine Strafmilderung in Form einer Strafrahmenverschiebung versagt mit der Begründung, der Alkohol- und Drogenrausch des Angeklagten sei selbstverschuldet gewesen. Der Bundesgerichtshof stellt jedoch fest, dass eine Intoxikation dem Täter dann nicht uneingeschränkt zum Vorwurf gemacht werden kann, wenn dieser alkoholkrank, alkoholüberempfindlich oder drogenabhängig ist.
Anwalt für Strafrecht: Strafzumessung
Im Rahmen der Strafzumessung hat das Gericht zu entscheiden, ob strafmildernde oder straferschwerende Gründe vorliegen. Dabei hat das Gericht die beruflichen Nebenwirkungen einer strafrechtlichen Verurteilung auf das Leben eines Angeklagten jedenfalls dann als bestimmenden Strafzumessungsgrund ausdrücklich anzuführen, wenn dieser durch sie seine berufliche oder wirtschaftliche Basis verliert.
Wird ein Anwalt wegen eines Aussagedelikts verurteilt, ist es wahrscheinlich, dass ihm eine Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft (§§ 113 I, 114 I Nr. 5 BRAO) - mithin also der Verlust seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Basis - droht, da Aussagedelikte einen besonders schweren Verstoß gegen die Kernpflicht anwaltlicher Tätigkeit darstellen.
Will das Gericht einen Anwalt also wegen eines Aussagedelikts verurteilen, muss es sich mit diesem Aspekt im Rahmen seiner Strafzumessung auseinandersetzen und gegebenenfalls strafmildernd berücksichtigen. Dies stellte der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 8. März 2022 (3 StR 398/21) klar. Der Angeklagte, ein Anwalt, war hier wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage in Tateinheit mit Strafvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden, wobei die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Bei der Strafzumessung hatte sich das Landgericht lediglich mit der Frage eines Berufsverbots nach § 70 StGB befasst und dessen Verhängung abgelehnt.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hätte die Vorinstanz aber vor dem Hintergrund des drohenden Ausschlusses aus der Anwaltschaft, auch die erheblichen Auswirkungen einer Verurteilung auf den Berufsweg des Anwalts berücksichtigen müssen.
Anwalt für Strafrecht: Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
In seinem Beschluss vom 17. Februar 2022 hat sich der Bundesgerichtshof (4 StR 380/21) mit der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) beschäftigt. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt zündete der an einer chronifizierten paranoiden Schizophrenie leidende Angeklagte sein Sofa an, weil er es für magisch hielt. Die Erwägungen, mit denen eine Gefährlichkeitsprognose und damit die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt wurden, halten der Prüfung vor dem Bundesgerichtshof nicht stand. Die Brandlegung in einem Mehrfamilienhaus ist eine mit einem gemeingefährlichen Mittel begangene Tat und kann somit als grundsätzlich erhebliche rechtswidrige Tat gewertet werden. Diese sind nämlich insbesondere dann erheblich, wenn sie Zufallsopfer im öffentlichen Raum treffen.
Anwalt für Strafrecht: Rücktritt
In seinem Beschluss vom 24. November 2021 hat sich der Bundesgerichtshof (4 StR 345/21) mit den Voraussetzungen des Rücktritts befasst. In dem hiesigen Sachverhalt hatte der Angeklagte den Entschluss gefasst, seinen Nachbarn zu überfallen. Hierbei führte er ein Messer bei sich, welches er ausschließlich als Drohmittel einsetzen wollte. Sodann klingelte der Angeklagte maskiert an der Haustür des Geschädigten. Nachdem dieser die Tür geöffnete hatte, griff er nach dem Messer und zugleich nach der Maskierung des Angeklagten. Dabei sagte er: „Ich kenne dich! Hier gibt es nichts zu holen!“ Im Anschluss flüchtete der Angeklagte. Das Landgericht hat einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch des besonders schweren Raubes verneint. Der Versuch sei fehlgeschlagen. Indessen führte der Bundesgerichtshof an, dass diese Entscheidung nicht tragfähig sei. Ein Fehlschlag des Versuchs ist gegeben, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Maßgeblich dafür ist nicht der ursprüngliche Tatplan, dem je nach Fallgestaltung jedoch Indizwirkung für den Erkenntnishorizont des Täters zukommen kann, sondern dessen Vorstellung nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung. So liegt der Fehlschlag eines Versuchs nicht bereits darin, dass der Täter die Vorstellung hat, er müsse von seinem Tatplan abweichen, um den Erfolg herbeizuführen. Hält er die Vollendung der Tat im unmittelbaren Handlungsfortgang noch für möglich, wenn auch mit anderen Mitteln, so ist der Verzicht auf ein Weiterhandeln als freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch zu bewerten.
Anwalt für Strafrecht: Rücktritt
In seinem Beschluss vom 7. Oktober 2021 hat sich der Bundesgerichtshof (1 StR 315/21) genauer mit dem Rücktritt beschäftigt. Im vorliegenden Sachverhalt kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem Vater seiner Lebensgefährtin, woraufhin sie die Polizei rief. Als der Nebenkläger sich umdrehen wollte, um in die Wohnung zu gehen, stach der Angeklagte mehrmals auf den Nebenkläger ein und verletzte ihn lebensbedrohlich. Daraufhin entfernte sich der Angeklagte vom Unfallort und seine Lebensgefährtin rief erneut die Polizei an. Als sich der Angeklagte im Auto befand, rief auch er die Polizei und verriet nach rund anderthalb Minuten, dass der Nebenkläger verletzt sei. Vom Landgericht Mannheim wurde er anschließend unter anderem wegen versuchten Mordes verurteilt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist in diesem Fall der Rücktritt genauer zu klären, weshalb dieser das Urteil aufhob und an ein anderes Gericht zurückverwies. Es sei nicht erforderlich unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung die sicherste und schnellste zu wählen. Ausreichend ist es stattdessen, eine neue, erfolgsabwendende Kausalkette in Gang zu setzen. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass die Polizei erst aufgrund des Anrufs des Angeklagten kam.
Anwalt für Strafrecht: Mittäterschaftliche Tatbeteiligung
Im Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 29. Juli 2021 (1 StR 83/21) musste sich dieser mit der mittäterschaftlichen Tatbeteiligung auseinandersetzen. Der Angeklagte beteiligte sich am Betrug von meist älteren Menschen. Dabei gab sich die Bande als Polizei aus, um an das Vermögen der Menschen zu kommen. Da sie aus der Türkei arbeiteten, brauchten sie Leute, die vor Ort das Geld abholten, was der Angeklagte für 1.000-5.000 € tat. Dafür wurde er vom Landgericht Augsburg wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs verurteilt. Vor dem Bundesgerichtshof hielt diese Entscheidung jedoch nicht stand. Das Zusammenschließen zu einer Bande bedeutet nicht zwingend, dass jeder auch Mittäter ist. Nach ihrer Auffassung muss bei jedem Täter für jede einzelne Tat festgestellt werden, ob es sich um einen Mittäter, Anstifter oder Gehilfen handelt.
Anwalt für Strafrecht: Vorsatz
In seinem Beschluss vom 29. Juli 2021 musste der Bundesgerichtshof (4 StR 156/21) das Vorliegen eines Vorsatzes beurteilen. Im hiesigen Fall fuhr der Angeklagte, nachdem er sich einem Festnahmeversuch entzogen hatte, auf dem Standstreifen der Autobahn mit starker Beschleunigung auf vier ihm zu Fuß entgegenlaufende Polizeibeamte zu, die sich nur durch reaktionsschnelles Ausweichen in Sicherheit bringen konnten. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten u.a. wegen tateinheitlich begangenen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte nach § 114 Abs. 1 und § 113 Abs. 1 StGB. Gleichwohl führte der Bundesgerichtshof an, dass es im vorliegenden Fall an einem vorsätzlichen Handeln des Angeklagten fehlt. Die Verwirklichung des Tatbestands muss stets in subjektiver Hinsicht von einem die Tatumstände umfassenden Vorsatz des Täters getragen werden. Dies ist anzunehmen, wenn der Vorsatz zu einem Zeitpunkt vorliegt, in welchem der Täter noch einen für die Tatbestandsverwirklichung kausalen Tatbeitrag leistet. Es fehlt dagegen an einer vorsätzlichen Begehung der Tat, wenn der Vorsatz erst gefasst wird, wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung nicht mehr vermeiden kann. Da der Angeklagte die vier Polizeibeamten im hiesigen Fall nicht ausschließbar erst zu einem Zeitpunkt wahrnahm, als er auf sie nicht mehr reagieren konnte, handelte er beim Zufahren auf die Beamten nicht vorsätzlich. Insofern scheidet eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen tateinheitlich begangenen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte nach § 114 Abs. 1 und § 113 Abs. 1 StGB aus.
Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung, Eventualvorsatz
In dem Beschluss vom 11. August 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 222/21) mit der Frage beschäftigen, wann von einem bedingten Vorsatz auszugehen ist. Im vorliegenden Sachverhalt hat der stark alkoholisierte Angeklagte einen Glassplitter von einer von ihm zuvor zerschlagenen Glasflasche in der Hand. Während einer Auseinandersetzung packte er, mit der Hand in der er das Glas hält, den Geschädigten an den Kragen ohne eine Stichbewegung auszuführen und verursachte bei diesem Schnitte am Hals und Unterarm. Dafür wurde er vom Landgericht Landshut wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Nach einer Revision des Angeklagten wird der Schuldspruch vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Dazu führt er an, dass die Folgen der Alkoholisierung zu wenig erörtert wurden und sich damit beschäftigt werden muss, ob dem Angeklagten in Folge der Alkoholisierung überhaupt klar war, dass seine Handlung zu Verletzungen beim Geschädigten führt. Die ausgeführte Bewegung wird normalerweise ohne eine Messer oder ein ähnliches Werkzeug durchgeführt, sodass nicht klar festzustellen ist, ob der Angeklagte wusste, dass er die Glasscherbe in der Hand hält.
Anwalt für Strafrecht: Schuldfähigkeit
In seinem Beschluss vom 10. Juni 2021 musste der Bundesgerichtshof (2 StR 104/21) die Schuldfähigkeit bei einer Alkoholtat beurteilen. Im vorliegenden Fall hatte das Landgericht den Angeklagten, der bei Tatbegehung alkoholisiert gewesen war, wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Nebstdem hat es ihn in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten hat das Landgericht verneint. Es begründete seine Entscheidung damit, dass der Angeklagte trotz hoher Blutalkoholkonzentration (maximal ca. 2,8 ‰) ausreichend entscheidungs- und steuerungsfähig gewesen sei. Gleichwohl tragen diese Erwägungen nach Auffassung des Bundesgerichtshofes den Ausschluss einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht. Zum einen führte der Bundesgerichtshof aus, dass die rückgerechnete Blutalkoholkonzentration tatsächlich bei 3,12 ‰ läge. Zudem belegen die vom Landgericht angeführten Umstände nur, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht vollständig aufgehoben war. Indessen ist aus ihnen nicht mit genügender Sicherheit abzuleiten, dass eine Steuerungsfähigkeit nicht erheblich vermindert gewesen ist. Schließlich habe das Landgericht verkannt, dass bei hoher Alkoholgewöhnung das äußere Leistungsverhalten und die innere Steuerungsfähigkeit weit auseinanderfallen können. So können selbst bei hochgradiger Alkoholisierung grobmotorische Fähigkeiten erhalten geblieben sein. Eine alkoholische Beeinflussung mit der Folge erheblich verminderter Schuldfähigkeit ist weder zwingend noch regelmäßig von schweren, ins Auge fallenden Ausfallerscheinungen begleitet. Mithin wurde die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.