Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Eventualvorsatz

Entspricht ein Tötungserfolg nicht dem Handlungsmotiv des Beschuldigten, so kann dies gegen einen Eventualvorsatz bezüglich der Tötung sprechen.

In seinem Urteil vom 28. Juni 2018 setzte sich der Bundesgerichtshof (3 StR 23/18) mit der Frage auseinander, ob es gegen eine Tötung mit Eventualvorsatz spricht, wenn die Tötung nicht dem Motiv des Beschuldigten entspricht. Mit Eventualvorsatz handelt ein Beschuldigter der bedingt vorsätzlich handelt. Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Beschuldigte den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Ziels willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet. Zur Feststellung dessen bedarf es einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstandes des Einzelfalles. Der Beschuldigte drang mit Dritten in das Haus des Betroffenen ein. Geplant war es Wertgegenstände und Geld aus dem Haus zu entwenden. Der Beschuldigte wurde mittels Gewaltanwendung überwältigt. Bei der Durchsuchung des Hauses fanden die Beteiligten einen Waffenschrank, welchen sie nicht öffnen konnten. Um in Erfahrung zu bringen, wie der Waffenschrank zu öffnen ist, wurde der Betroffene weiter von den Beteiligten misshandelt. Hierbei zog der Beschuldigte den Kopf des Betroffenen nach hinten, wobei er dessen Halswirbel durchbrach, was zu dessen Tod führte. Allen Beteiligten war bewusst, dass der Betroffene durch die Gewaltanwendung sterben könnte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs spricht bereits das Motiv für die Gewaltanwendung gegen eine billigende Inkaufnahme des Todes des Betroffenen. Die Gewaltanwendung wurde nur deswegen gesteigert, weil der Beschuldigte alleine hierin eine Möglichkeit gesehen hat, mit Hilfe des Betroffenen den Waffenschrank zu öffnen.

Anwalt für Strafrecht: Aussetzung

Das Aussetzen einer stark alkoholisierten Person bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, kann den Tatbestand der Aussetzung erfüllen. Dem steht es auch nicht entgegen, dass die Person im Hinterhof eines belebten Wohnhauses ausgesetzt wurde.

Der Aussetzung durch Versetzen in eine hilflose Lage macht sich ein Beschuldigter strafbar, wenn er den Betroffenen der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsbeschädigung ohne die Möglichkeit eigener oder fremder Hilfe aussetzt. Kennzeichnend kann hierfür das Fehlen hypothetisch rettungsgeeigneter sachlicher Faktoren und hilfsfähiger sowie generell auch hilfsbereiter Personen sein. Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Urteil vom 12. Juli 2017 (5 StR 134/17) damit auseinander, welche Indizien für und gegen Aussetzung sprechen wenn ein alkoholisierter Betroffener in die Kälte verbracht wird. Die Beschuldigten verbrachten die stark alkoholisierte und spärlich bekleidete Betroffene in den Hinterhof eines belebten Wohnhauses. Zum Zeitpunkt des Verbringens befanden sich die Außentemperaturen um den Gefrierpunkt. Trotz zeitnahen Auffindens näherte sich die Körpertemperatur der Betroffenen schnell der Hypothermiegrenze von 35 Grad Celsius an. Weiterhin bestand die Gefahr, dass die Betroffene erbricht und sich dabei schwere Gesundheitsschäden zuzieht. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs spricht in diesem Fall für eine Aussetzung der Betroffenen durch Versetzen in eine hilflose Lage, dass sie sich aufgrund der Alkoholisierung und der rasch sinkenden Körpertemperatur in einer konkreten Lebens- oder einer schweren Gesundheitsgefahr befand. Dieser Gefahr stand nicht ohne weiteres entgegen, dass die Betroffene an einem Werktag in den Hinterhof eines „belebten“ Wohnhauses verbracht wurde.