Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Falsche uneidliche Aussage
In seinem Beschluss vom 23. November 2020 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 172/20) mit der Frage befassen, welche Tatsachen von Zeugen hinsichtlich des Gegenstands ihrer Vernehmung mitgeteilt werden müssen. In dem hiesigen Fall hatte die Angeklagte als Oberstaatsanwältin Ermittlungen gegen eine Tätergruppe wegen Betäubungsmitteldelikten geleitet und Anklage gegen zwei Täter erhoben. Der Tatnachweis stützte sich ausschließlich auf Angaben eines Belastungszeugen, der durch Beamte des Bundeskriminalamtes vernommen worden war. Die Angeklagte wurde in der Hauptverhandlung des LG Leipzig als Zeugin zu den Umständen des Zustandekommens und des Ablaufs dieser Vernehmung vernommen. Hierbei erklärte sie, mit der Vernehmung „nichts zu tun“ gehabt zu haben. Allerdings hatte tatsächlich unmittelbar vor der polizeilichen Vernehmung ein Vorgespräch von ca. 45 Minuten unter Beteiligung der Angeklagten, des Belastungszeugen, seines Verteidigers, Vernehmungsbeamten des BKA und weiterer Polizisten stattgefunden. Die Angeklagte wusste, dass ihre Angaben für die Sachverhaltsaufklärung im Verfahren hinsichtlich Aussagemotivation und Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen von Bedeutung waren. Gleichwohl erwähnte sie das Vorgespräch nicht. Im Strafprozess existiert (anders als im Zivilprozess) eine Begrenzung des Umfangs der Zeugnispflicht auf die im Beweisbeschluss in bestimmter Form bezeichnete Beweisfrage nicht. Gegenstand der Vernehmung zur Sache ist hier allgemein der „Gegenstand der Untersuchung“ nach § 69 Abs. 1 StPO, der dem Zeugen vor seiner Vernehmung zu bezeichnen ist. Eine zum Gegenstand der Vernehmung gehörige, für die Entscheidung erhebliche Tatsache muss mitgeteilt werden, selbst wenn der Zeuge nicht ausdrücklich danach gefragt wird. Er hat von sich aus alles anzugeben, was er in diesem Zusammenhang als wesentlich erkennt. Ein einer förmlichen Vernehmung unmittelbar vorgelagertes Gespräch der Aussageperson mit den Ermittlungsbeamten ist mit der Vernehmung eng verknüpft. Denn aus dem Vorgespräch können sich Rückschlüsse auf Befragungs- und Aussagemotivation ergeben, die für die Belastbarkeit der Vernehmungsergebnisse beachtlich sein können. Entsprechend einem dahingehenden Aufklärungsinteresse ist der Gegenstand der Untersuchung i. S. d. § 69 Abs. 1 StPO ausdrücklich auf Umstände des Zustandekommens und des Ablaufs der Vernehmung erstreckt und als solcher bezeichnet worden. Nach diesen Maßstäben hätte die Angeklagte das Vorgespräch erwähnen müssen.
Anwalt für Strafrecht: Mittelbare Falschbeurkundung
Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 21. August 2018 (3 StR 205/18) damit, ob die Veranlassung eines Notars, eine Auflassungsvormerkung zugunsten einer nicht existierenden Person in das Grundbuch eintragen zu lassen, eine mittelbare Falschbeurkundung darstellt. Nicht durch jede in einem öffentlichen Buch enthaltene unrichtige Angabe, die ein Außenstehender durch Täuschung eines gutgläubigen Amtsträgers bewirkt, wird der Tatbestand der mittelbaren Falschbeurkundung verwirklicht. Strafbewehrt beurkundet im Sinne der Strafnorm sind vielmehr nur diejenigen Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, auf die sich der öffentliche Glaube, das heißt die „volle Beweiswirkung für und gegen jedermann“ erstreckt. Der Beschuldigte trat als Bevollmächtigter eines Dritten vor einem Notar auf und veranlasste diesen eine Auflassungsvormerkung zugunsten einer nicht existierenden Person in das Grundbuch eintragen zu lassen. Die Eintragung erfolgte bezüglich eines Grundstücks, welches sich im Eigentum des Dritten befand. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch, zugunsten einer nicht existierenden Person keine mittelbare Falschbeurkundung. Hinsichtlich der Eintragung einer nicht existenten Person im Grundbuch besteht kein öffentlicher Glaube. Die erhöhte Beweiskraft des Grundbuchs erstreckt sich nicht auf die Existenz und Rechtsfähigkeit des Eingetragenen.
Anwalt für Strafrecht: Anstiftung zur Falschaussage Prozessbetrug
Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichthofs vom 12. Juli 2018 zugrunde liegenden Sachverhalt, erwarb einen Dritten, welcher anschließend zugunsten des Beschuldigten vor dem Landgericht aussagte. Ziel des Beschuldigten war es, ein für ihn günstiges Urteil in einem Versicherungsfall zu erwirken. Die Versicherungsleistung ließ der Beschuldigte geltend machen, nachdem er den Diebstahl der Bestuhlung aus seinem PKW vorgetäuscht hatte. Zwischen zwei oder mehreren Straftatbeständen wird Tateinheit angenommen, wenn der Beschuldigte durch ein und dieselbe Handlung alle Straftatbestände verletzt hat. Wird zwischen mehreren Straftatbeständen Tatmehrheit angenommen, so wirkt sich dies zu Ungunsten des Beschuldigten aus. Dem BGH stellte sich nun die Frage, unter welchen Umständen zwischen einer Anstiftung zur Falschaussage und Prozessbetrug Tateinheit vorliegt. Das Landgericht nahm an, dass die Anstiftung des Zeugen zur Falschaussage zu dem versuchten gemeinschaftlichen Prozessbetrug zum Nachteil der Versicherung in Tatmehrheit steht. Dem schloss sich der Bundesgerichtshof nicht an. Nach Auffassung des Bundesgerichthof lag zwischen beiden Delikten Tateinheit vor. Es war Teil des Plans des Beschuldigten das Gericht durch die Falschaussage zur Verfügung über das Vermögen der Versicherungsgesellschaft zu veranlassen. In der Beweisführung mit der Falschaussage selbst liegt die Handlungseinheit begründende Überschneidung der Tathandlungen.
Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht / Zeugnisverweigerungsrecht
In seinem ''Beschluss vom 20.3.2014 - 3 StR 353/13'' hob der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil des Landgerichts Stralsund auf, durch das der Angeklagter unter anderem wegen Brandstiftung verurteilt wurde. Grundlage der Verurteilung war ein von den Eltern des Angeklagten eingebrachtes Alibi, das das Landgericht aufgrund des Aussageverhaltens der Eltern als Falschaussage bewertete.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es jeglicher Lebenserfahrung widerspräche, wenn Eltern einen entlastenden Umstand gegenüber den Strafverfolgungsbehörden verschweigen und ihren Sohn dadurch über sechs Monate in Untersuchungshaft verbringen lassen würden.
Der BGH beanstandete diese Würdigung als rechtsfehlerhaft, da die Eltern eines Angeklagten gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO nicht zur Aussage verpflichtet sind. Der unbefangene Gebrauch dieses Schweigerechts werde nicht gewährleistet, wenn der verweigerungsberechtigte Zeuge die Prüfung und Bewertung seines Aussageverhaltens befürchten müsse. Nach Ansicht des BGH dürfen demnach weder aus der durchgehenden noch aus der nur anfänglichen Zeugnisverweigerung nachteilige Schlüsse für den Angeklagten gezogen werden.