Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Geiselnahme

Eine Drohung schafft nicht eine, für eine Geiselnahme erforderliche Bemächtigungslage, wenn die Drohung dazu verwendet wird, den Betroffenen in unmittelbarem Zusammenhang an die Drohung zu weiteren Handlungen zu nötigen. Dies ist zum Beispiel dann gegeben, wenn der Beschuldigte den Betroffenen im Zuge der Drohung zu sexuellen Handlungen zwingt.

Für eine Geiselnahme muss der Beschuldigte den Betroffenen in eine Bemächtigungssituation versetzten. Der Bemächtigungssituation muss hierbei eine eigenständige Bedeutung zukommen. Eine solche eigenständige Bedeutung hat diese nicht, wenn der Beschuldigte sich des Betroffenen mittels einer Drohung ermächtigt, um ihn in unmittelbarem Zusammenhang zu weitergehenden Handlungen zu nötigen. In diesem Fall werden die ernötigten Handlungen alleine durch die Drohung durchgesetzt. Der Beschuldigte in dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27. Mai 2014 (2 StR 606/13) drohte der Betroffenen um sie zu sexuellen Handlungen zu zwingen. Als diese fliehen wollte klebte er ihr den Mund mit Klebeband zu, würgte sie und sprach Todesdrohungen aus. Die Drohungen verband der Beschuldigte mit der Aufforderung sexuelle Handlungen vorzunehmen. Dem Bundesgerichtshof stellte sich die Frage, ob hier die für eine Geiselnahme erforderliche Bemächtigungssituation vorlag. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs diente das Würgen und die Drohung dazu, sich der Betroffenen zu bemächtigen um sie in unmittelbarem Anschluss daran zu weitergehenden Handlungen zu nötigen. Somit kam der Bemächtigungssituation keine eigenständige Bedeutung zu und der Beschuldigte machte sich keiner Geiselnahme strafbar.

Anwalt für Strafrecht: Entfall des Ausnutzungsbewusstsein beim heimtückischen Mord

Für das Begehen eines heimtückischen Mordes muss der Beschuldigte ein Ausnutzungsbewusstsein gehabt haben. Dieses kann durch das Zusammenwirken mehrerer schuldmindernder Faktoren entfallen. Entsprechende Faktoren sind enthemmende Alkoholisierung, eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung und das Handeln aufgrund starker Wut- und Rachegefühle.

Einen Mord begeht ein Beschuldigter heimtückisch, wenn er die Arg- und Wehrlosigkeit des Betroffenen bewusst zur Ausführung des tödlichen Angriffs ausnutzt. Hierbei muss der Beschuldigte die Arglosigkeit des Betroffenen wahrgenommen haben und ihm muss bewusst gewesen sein, den durch Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Betroffenen zu überraschen. In seinem Urteil vom 20. August 2014 (1 StR 605/13) befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, wann ein psychischer Ausnahmezustand beim Beschuldigten das Ausnutzungsbewusstsein entfallen lassen kann. Der Beschuldigte und der Betroffene verabredeten sich zu einem Faustkampf ohne Waffen. Nachdem er niedergeschlagen wurde griff der Beschuldigte den arglosen Betroffenen mit Tötungsvorsatz mit einer Waffe an. Hierbei fasste der Beschuldigte den Tatentschluss, von starken Wut- und Rachegefühlen getrieben, spontan. Weiterhin wies der Beschuldigte eine Persönlichkeitsstörung von einem emotional-instabilen Typ auf und seine Anspannung wurde durch enthemmende Alkoholisierung verstärkt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs sind diese Faktoren geeignet das Ausnutzungsbewusstsein des Beschuldigten entfallen zu lassen. Die Persönlichkeitsstörung, die Alkoholisierung und der spontane Tatentschluss aufgrund starker Wut- und Rachegefühle sind für sich genommen nicht geeignet das Ausnutzungsbewusstsein entfallen zu lassen. In ihrem Zusammenwirken ist dies jedoch möglich.

Anwalt für Strafrecht: Körperverletzungsvorsatz

Eine Körperverletzung begeht nicht vorsätzlich, wer das für den Vorsatz erforderliche Wissen im Zeitpunkt der Tatbegehung nicht hatte. Dieses Wissen kann dann nicht vorliegen, wenn dem Beschuldigten bei Vornahme der Verletzungshandlung die Gefährlichkeit der Verletzungshandlung nicht bewusst ist, weil er vermindert denkfähig ist und sich in einer Stresssituation befindet.

Für eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung muss der Beschuldigte Vorsatz bezüglich der Körperverletzung gehabt haben. Dieser ist bereits gegeben, wenn der Beschuldigte den Eintritt des tatbestandlichen Verletzungserfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt. Das für den Vorsatz erforderliche Wissen muss im Zeitpunkt der Tathandlung in aktuell wirksamer Weise vorhanden sein, nicht erlangtes oder potentielles Wissen reicht hierfür nicht aus. In seinem Beschluss vom 14. Januar 2015 (5 StR 494/14) befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, inwiefern verminderte kognitive Leistungsfähigkeit geeignet ist, einen Körperverletzungsvorsatz entfallen zu lassen. Der Beschuldigte schüttelte einen zwei Monate alten Säugling, was dessen Tod zur Folge hatte. Deshalb wurde gegen ihn ein Verfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge geführt. Dem Beschuldigten wurde vor dem Schütteln nicht erläutert, welche Folgen dieses für einen Säugling im entsprechenden Alter haben kann. Weiterhin befand er sich während der Verletzungshandlung in einer Stresssituation, weshalb ihm aus den ersten Bewegungen des Kindes nicht die Gefahr eines Körperverletzungserfolges bewusst wurde. Der Beschuldigte verfügt über eine stark verlangsamte und in ihrer Qualität geringe kognitive Leistungsfähigkeit, jedoch war seine Fähigkeit zur Reflektion nicht soweit eingeschränkt, dass er die schweren Folgen nicht vorhersehen konnte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs handelte der Beschuldigte nicht vorsätzlich bezüglich der Körperverletzung. Eine Stresssituation und fehlende Kenntnis über die Folgen eines Schüttelns sind allgemein nicht geeignet den Vorsatz entfallen zu lassen. Angesichts der verminderten Denkfähigkeit des Beschuldigten und der gegeben Stresssituation ist es jedoch möglich und hinzunehmen, dass dem Beschuldigten die Gefährlichkeit seines Handelns in der konkreten Situation nicht bewusst wurde. Die potentielle Reflektionsfähigkeit des Beschuldigten schließt dies nicht aus, denn aus dieser ist nicht zwingend auf ein sofortiges Reflektieren in der Überforderungssituation zu schließen. 

Anwalt für Strafrecht: Holzlatte als gefährliches Werkzeug

Für die Qualifizierung eines Gegenstandes als gefährliches Werkzeug ist die potentielle Gefährlichkeit der konkreten Benutzung des Gegenstandes entscheidend. Bei einer Holzlatte ist dies gegeben, wenn sie aufgrund ihrer Beschaffenheit und Stabilität dazu geeignet ist erhebliche Verletzung zu verursachen und der Beschuldigte mit ihr in Richtung empfindlicher Körperregionen schlägt.

Ein Gefährliches Werkzeug im Zuge eines Raubes ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Dies ist dann gegeben, wenn der Beschuldigte ein generell gefährliches Tatmittel einsetzt oder wenn sich die objektive Gefährlichkeit des eingesetzten Gegenstandes erst aus der konkreten Art seiner Verwendung ergibt, welche geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Der Beschuldigte schlug in dem, dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. März 2015 (4 StR 538/14) zugrunde liegenden Sachverhalt den Betroffenen mit einer Holzlatte. Im Zuge dessen stellte sich dem Bundesgerichtshof die Frage, ob die Verwendung der Holzlatte potentiell gefährlich genug ist, um als gefährliches Werkzeug angesehen zu werden. Der Beschuldigte fügte dem Betroffenen durch den Schlag in dessen Knieregion eine Platzwunde zu. Die Holzlatte war zum Transport von Küchenmöbeln gedacht und zeichnete sich durch eine entsprechende Stabilität aus. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hat der Beschuldigte hier die Latte als ein gefährliches Werkzeug verwendet. Entscheidend ist die potentielle Gefährlichkeit der konkreten Benutzung des Werkzeugs. Aufgrund ihrer Beschaffenheit und Stabilität war die Holzlatte dazu geeignet, erhebliche Verletzungen zu verursachen. Bei Schlägen in die Knieregion kann es zu erheblichen Verletzungen kommen. Weiterhin lag es nahe, dass aufgrund der Einsatzweise der Holzlatte durch den Beschuldigten weitere empfindliche Körperregionen des Betroffenen verletzt werden.

Anwalt für Strafrecht: Freiheitsberaubung

Einer Freiheitsberaubung verwirklicht der Beschuldigte, wenn er die Bewegungsfreiheit des Betroffenen vollständig aufhebt. Es genügt nicht, dem Betroffenen lediglich zu verbieten, einen Ort ohne Begleitung zu verlassen.

Für Strafbarkeit wegen Freiheitsberaubung muss der Beschuldigte den Betroffenen des Gebrauchs seiner persönlichen Freiheit berauben. Hierfür muss der Beschuldigte die Fähigkeit des Betroffenen beseitigen, sich nach seinem Willen fortzubewegen und ihn daran hindern, seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort zu verlassen. Dies setzt voraus, dass die Fortbewegungsfreiheit des Betroffenen vollständig aufgehoben wird. Im Rahmen dessen sah sich der Bundesgerichthof in seinem Beschluss vom 22. Januar 2015 (3 StR 410/14) mit der Frage konfrontiert, ob ein Verbot, einen Ort ohne die Begleitung einer anderen Person zu verlassen, bereits vom Tatbestand der Freiheitsberaubung erfasst ist. Der Beschuldigte in dem zugrundeliegenden Sachverhalt brachte seine Tochter ins Ausland. Hier untersagte er ihr, das Haus ohne Begleitung älterer Familienmitglieder zu verlassen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist hierin keine Freiheitsberaubung zu sehen. Durch das Verbot, das Haus nicht ohne Begleitung Dritter zu verlassen, wurde die Bewegungsfreiheit der Betroffenen nicht vollständig aufgehoben. Aufgrund dessen liegt hierin keine Verwirklichung des Tatbestands der Freiheitsberaubung.

Anwalt für Strafrecht: Schwere Körperverletzung durch Unbrauchbarmachen eines Körperglieds

Wird das Körperglied eines Betroffenen durch eine Körperverletzung beeinträchtigt, so ist es nur unter strengen Voraussetzungen als dauerhaft nicht mehr zu gebrauchen, im Sinne einer schweren Körperverletzung, zu betrachten. Eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung des Körperglieds genügt hierfür nicht.

Der Beschuldigte macht sich einer schweren Körperverletzung strafbar, wenn der Betroffene wegen der Handlung des Beschuldigten ein wichtiges Glied auf Dauer nicht mehr gebrauchen kann. Auf Dauer nicht mehr zu gebrauchen ist ein Körperglied, wenn es weitgehend unbrauchbar geworden ist und von daher die wesentlichen tatsächlichen Wirkungen denen eines physischen Verlustes des Körpergliedes entsprechen. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 15. Januar 2014 (4 StR 509/13) damit, in welchem Grad ein Körperglied beeinträchtigt sein muss, um als nicht mehr zu gebrauchen angesehen zu werden. In dem, dem Beschluss zugrunde liegenden Sachverhalt schoss der Beschuldigte den Betroffenen aus nächster Nähe ins rechte Knie. Durch den Schuss wurde das rechte Knie des Betroffenen dauerhaft geschädigt. Es besteht ein Muskeldefizit, eine Beugehemmung und Instabilität beim aufrechten Stehen. Wegen der Verletzung wird dem Betroffene nicht mehr dauerhafte und schwere, sondern nur noch sitzende Tätigkeit möglich sein. Nach Aussage des Bundesgerichtshofs ist das Knie des Betroffenen nicht, als auf Dauer nicht mehr zu gebrauchen zu betrachten. Der Zustand seines Knies stellt eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung für den Betroffenen dar. Diese erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung ist jedoch kein Funktionsverlust, welcher mit dem physischen Verlust des Körpergliedes gleichzustellen wäre. Der Tatbestand der schweren Körperverletzung ist nicht erfüllt.

Anwalt für Strafrecht: Tötungsvorsatz

Psychische Ausnahmesituationen oder Störungen können dazu führen, dass der Beschuldigte die von seinem Handeln ausgehende Lebensgefahr nicht erkennt und einen bedingten Tötungsvorsatz entfallen lassen. Entsprechende Indizien gegen einen bedingten Tötungsvorsatz sind mitunter das Handeln aus Wut, das sofortige Betätigen eines Notrufs und das Vorliegen einer psychischen Beeinträchtigung.

Bedingten Tötungsvorsatz hat der Beschuldigte, wenn er den Eintritt des Todes als mögliche, nicht gänzlich fernliegende Folge seines Handelns erkennt und dies billigend in Kauf nimmt. Bei dem Beschuldigten müssen ein Wissens- und ein Willenselement vorliegen. Die Beurteilung ob diese vorliegen erfolgt auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Tatumstände. Hierbei ist insbesondere die konkrete Angriffsweise, die psychische Verfassung und Motivation des Beschuldigten bei Tatbegehung einzubeziehen. Der Bundesgerichthof hatte sich in seinem Urteil vom 14. August 2014 – 4 StR 163/14 damit zu befassen, welche Indizien gegen einen bedingten Tötungsvorsatz des Beschuldigten sprechen können. In dem, dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt verletzte der Beschuldigte den Betroffenen mit mehreren Messerstichen in der Kopfregion lebensgefährlich. Der Beschuldigte handelte aus Wut und sah von weiteren Tathandlungen ab, als er die Folgen seines Handelns erkannte. Im Anschluss daran tätigte der Beschuldigte den Notruf. Weiterhin litt der Beschuldigte unter einer Anpassungsstörung. Nach Aussage des Bundesgerichtshofs sprechen das Handeln aus Wut, das Betätigen des Notrufs und die Anpassungsstörung gegen einen bedingten Vorsatz des Beschuldigten. Grund hierfür ist, dass entsprechende Psychische Ausnahmesituationen oder Störungen insbesondere dazu führen, dass der Beschuldigte die von seinem Handeln ausgehende Lebensgefahr für den Betroffenen unzutreffend beurteilt.

Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung mit einer Waffe

Eine Körperverletzung ist nicht mit einer Waffe begangen, wenn die Verletzungen nur infolge mittelbarer Folgen der Waffenbenutzung eintreten.

Eine Körperverletzung mittels einer Waffe begeht, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes Tatmittel eine Körperverletzung beibringt. In seinem Beschluss vom 16. Juli 2015 – 4 StR 117/15 befasste sich der Bundesgerichtshof damit, ob das mittelbare Verletzen eines Betroffenen durch Folgen einer Waffenanwendung noch eine Körperverletzung mit einer Waffe darstellt. Dem liegt ein Sachverhalt zugrunde, in welchem der Beschuldigte auf den Betroffenen schoss. Das abgeschossene Projektil zerstörte eine Glasscheibe, deren Splitter den Betroffenen verletzten. Nach Aussage des Bundesgerichtshofs wurde der Betroffene hier nicht mittels der Schusswaffe verletzt. Dies liegt daran, dass die Verletzung durch das Zersplittern der Scheibe und somit erst als Folge der Waffenanwendung eintrat.

Anwalt für Strafrecht: Stabile Bemächtigungslage beim erpresserischen Menschenraub

Wendet ein Beschuldigter Gewalt zur Herausgabe einer Sache an und die Herausgabe erfolgt durch den Betroffenen in unmittelbarem und engem Zusammenhang zur Gewaltanwendung, so liegt mangels Herstellen einer stabilen Bemächtigungslage kein erpresserischer Menschenraub vor.

Eines erpresserischen Menschenraub macht sich schuldigt, wer sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl zu einer Erpressungshandlung auszunutzen, oder wer die durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt. Hierbei muss der Handelnde die physische Herrschaftsgewalt über das Opfer gewinnen und dadurch eine stabile Bemächtigungslage schaffen, die der Handelnde von vornherein zur Erpressung ausnutzen wollte. Aus der stabilen Bemächtigungslage muss sich eine über die Nötigungshandlung hinaus gehende Drucksituation auf den Betroffenen ergeben. Es bedarf eines sogenannten funktionalen Zusammenhangs. Dieser fehlt, wenn sich der Handelnde des Betroffenen mit Nötigungsmitten ermächtigt, welche gleichzeitig der Erpressung dienen. In seinem Beschluss vom 9. September 2015 – 4 StR 184/15 befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, ob das Herstellen einer stabilen Bemächtigungslage in engem Zusammenhang mit einer Gewaltanwendung erfolgen kann. In der in Frage stehenden Variante des Tathergangs versuchten die Beschuldigten den Betroffenen durch wiederholte Schläge gegen den Kopf zur Herausgabe seiner ec-Karten PIN zu bewegen. Es konnten keine sicheren Feststellungen zum Tathergang getroffen werden, weil der Betroffene aufgrund der Schläge einen fast vollständigen Gedächtnisverlust erlitt. Somit lässt sich nach Aussage des Bundesgerichtshofs nicht ausschließen, dass die Preisgabe des PIN in unmittelbarem, engem Zusammenhang mit der Begründung der Beherrschungssituation durch die Gewaltanwendung erfolgte. Aufgrund des engen, unmittelbaren Zusammengang fehlt es an einer stabilen Bemächtigungslage und die Beschuldigten machen sich nicht des erpresserischen Menschenraubs strafbar.

Anwalt für Strafrecht: Versuchte gefährliche Körperverletzung mittels PKW

Provoziert ein PKW-Fahrer einen Zweiradfahrer durch riskantes Fahrverhalten und der Betroffene kann Verletzungen durch einen Sturz nur knapp abwenden, so kann eine versuchte gefährliche Körperverletzung vorliegen. Diese liegt nicht vor, wenn der Vorsatz des Beschuldigten sich nicht darauf bezog, dass sich der Betroffene verletzt indem er angefahren oder überrollt wird.

Für Strafbarkeit wegen der Begehung einer versuchten gefährlichen Körperverletzung mit einem PKW im Straßenverkehr, muss der Beschuldigte Vorsatz gehabt haben. Ein solcher Vorsatz ist gegeben, wenn der Beschuldigte sich zumindest mit der Möglichkeit abgefunden hat, dass der Betroffene angefahren oder überfahren wird und unmittelbar hierdurch eine Körperverletzung erleidet. Bei Verletzungen in Folge von Ausweichbewegungen oder einem Sturz liegt keine versuchte gefährliche Körperverletzung vor. In seinem Beschluss vom 4. November 2014 – 4 StR 200/14 hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob ein entsprechender Vorsatz vorliegt, wenn der Beschuldigte den Betroffenen durch seinen Fahrstil provozieren wollte. Im vorliegenden Fall beschloss der Beschuldigte den betroffenen Rollerfahrer zu provozieren, indem er ihn überholte und ohne zu Blinken vor ihm einscherte. Hierbei stieß der Beschuldigte mit seinem PKW gegen den Motorroller. Der Betroffene konnte den Sturz nur mit großer Mühe verhindern. Nach Aussage des Bundesgerichtshofs liegt hierin keine versuchte gefährliche Körperverletzung. Zwar nahm der Beschuldigte erhebliche Verletzungen des Betroffenen billigend in Kauf, jedoch bezog sich sein Vorsatz auf einen Sturz und die durch diesen ausgelösten Verletzungen. Es ließ sich nicht belegen, dass der Beschuldigte, im Sinne einer versuchten gefährlichen Körperverletzung, Vorsatz darauf hatte, dass der Betroffene angefahren oder überfahren wird.