Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexueller Missbrauch von Kindern
Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 6. Mai 2020 (2 StR 543/19) zugrunde liegenden Sachverhalt, fasste in fünf Fällen Mädchen zwischen zehn und dreizehn Jahren im Bus bzw. in der Straßenbahn an. Dabei fasste der Beschuldigte jeweils an die bedeckte Brust der Mädchen, zum Teil streichelte er sie „mehrfach“ oder „einige Zeit“. Im Zuge dessen hatte sich der BGH mit der Frage zu befassen, ob der Beschuldigte den Betroffenen gegenüber einer sexuellen Handlung im Sinne eines sexuellen Missbrauchs von Kindern vornahm. Sexuelle Handlungen sind solche, die im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind. Als erheblich sind solche sexualbezogenen Handlungen zu werten, die nach Art, Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung des im jeweiligen Tatbestand geschützten Rechtsguts besorgen lassen. Bei Tatbeständen, die wie sexueller Missbrauch von Kindern, dem Schutz von Kindern dienen, sind an das Merkmal der Erheblichkeit geringere Anforderungen zu stellen als bei Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung Erwachsener. Allerdings reichen auch hier kurze, flüchtige oder aus anderen Gründen unbedeutende Berührungen, insbesondere auch der bekleideten Brust, grundsätzlich nicht aus. Zur Feststellung der Erheblichkeit bedarf es einer Gesamtbetrachtung aller Umstände im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Handlung für das jeweils betroffene Rechtsgut. Solche wurden durch das Landgericht nicht vorgenommen. Im Zuge dessen hob der BGH die Verurteilung des Beschuldigten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern auf.
Anwalt für Sexualstrafrecht: Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften
In seinem Beschluss vom 5. September 2019 (4 StR 377/19) hatte sich der Bundesgerichtshof damit zu befassen, ob die heimliche Aufnahme von Screenrecords von freiwillig vorgenommenen sexuellen Handlungen ein Sichverschaffen von jugendpornographischen Schriften darstellen kann. Ein Sichverschaffen von jugendpornographischen Schriften ist dann nicht strafbar, wenn die entsprechenden Schriften ausschließlich zum persönlichen Gebrauch mit der Einwilligung der dargestellten Person hergestellt wurden. Der Beschuldigte nahm im Rahmen von Videoanrufen freiwillig vorgenommene sexuelle Handlungen seiner jugendlichen Gesprächspartnerin durch heimliche Screenrecords auf. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte im Zuge dessen wegen Sichverschaffens von jugendpornographischen Schriften strafbar. Es fehlte an einer Einwilligung der Betroffenen als dargestellter Person in den, mit der Anfertigung der Screenrecords verbundenen Herstellungsprozess und der damit verbundenen bildlichen Perpetuierung, ihrer zur einmaligen Betrachtung dargebotenen sexuellen Handlungen.
Anwalt für Sexualstrafrecht: Schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes
Wegen schweren sexuellen Missbrauchs macht sich strafbar, wer über achtzehn Jahre alt ist und mit einem Kind den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Eindringen in den Körper umschreibt besonders nachhaltige Begehungsweisen der Tat. Es ist nicht auf Vaginal-, Anal- oder Oralverkehr beschränkt. Die Handlung muss jedoch dem Beischlaf ähnlich sein. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 14. November 2018 (2 StR 419/18) damit auseinander zu setzten, ob das Einführen eines Fingers in den Mund eines Kindes dem Beischlaf ähnlich ist. Der Beschuldigte verband der betroffenen Minderjährigen die Augen um sie im Rahmen eines „Probier-Spiels“ verschiedene Lebensmittel probieren zu lassen. Der Beschuldigte strich sich Marmelade auf ein Körperteil und steckte es der Betroffenen in den Mund. Das Gericht nahm zu Gunsten des Beschuldigten an, bei dem Körperteil handele es sich um einen Finger. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist das Einführen eines Fingers in den Mund eines Kindes nicht dem Beischlaf ähnlich. Eine solche Handlung besitzt kein mit dem Beischlaf vergleichbares Belastungsgewicht für das geschützte Rechtsgut und es ist kein primäres Geschlechtsorgan an den Handlungen beteiligt.
Anwalt für Sexualstrafrecht: Besitz kinderpornographischer Schriften
In seinem Urteil vom 28. März 2018 (2 StR 311/17) befasste sich der Bundesgerichtshof damit, ob ein Beschuldigter noch Besitz an gelöschten kinderpornographischen Dateien gem. § 184b StGB hat, wenn er in der Lage ist, diese wiederherzustellen. Besitz im Sinne des Besitzes kinderpornographischer Schriften ist das Aufrechterhalten des tatsächlichen Herrschaftsverhältnis aufgrund Besitzwillens. Dementsprechend entfällt der Besitz bei vollständig gelöschten Dateien. Dem Beschuldigten wurde durch das Landgericht der Besitz von 115 kinderpornographischen Bildern und einer kinderpornographischen Videodatei zur Last gelegt. Eine nicht näher bestimmbare Anzahl dieser Dateien hatte der Beschuldigte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt gelöscht. Der Beschuldigte war in der Lage, die gelöschten Dateien wiederherzustellen. Im Zuge dessen nahm das Landgericht den Besitz kinderpornographischer Schriften in allen 116 Fällen an. Dem schloss sich der Bundesgerichthof nicht an. Alleine die Feststellung, dass der Beschuldigte über die Kenntnis und Fähigkeit verfügt, die gelöschten Dateien wieder herzustellen, genügt nicht, um den Schuldumfang zu erhöhen. Ein Fortbestehen von Dateien an Speicherorten, die dem durchschnittlichen Computerbesitzer nicht mehr ohne weiteres zugänglich sind, begründen keinen Besitz.
Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexueller Missbrauch von Kindern
Um sich wegen sexuellem Missbrauch eines Kindes strafbar zu machen, reicht es nicht aus, dass das Kind die sexuelle Handlung wahrnimmt und der Beschuldigte dies erkennt. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Beschuldigte das Kind in einer Weise in das sexuelle Geschehen einbezieht und dass für ihn gerade die Wahrnehmung der sexuellen Handlung durch das Kind von Bedeutung ist. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2018 (3 StR 427/18) mit der Fragestellung zu befassen, inwiefern die Vergewaltigung der Mutter in Anwesenheit des Kindes ein sexueller Missbrauch des Kindes darstellt. Der Beschuldigte drang in das Haus seiner ehemaligen Ehefrau ein, um diese mit Gewalt zu Geschlechtsverkehr zu zwingen. Als der 11-jährige betroffene Sohn der Ehefrau darauf aufmerksam wurde und die Polizei informieren wollte, zwang der Beschuldigte die beide in den Keller zu gehen. Hier zwang er die Betroffene zum Geschlechtsverkehr mit ihm und hielt gleichzeitig den Betroffenen davon ab, den Raum zu verlassen. Der Beschuldigte wollte verhindern, dass der Betroffene die Polizei verständigt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte nicht wegen sexuellem Missbrauch des Betroffenen strafbar. Für den Beschuldigten war nicht die Wahrnehmung der sexuellen Handlungen durch den Betroffenen von Bedeutung.
Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch von Kindern
In dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 14. August 2018 (5 StR 192/18) zugrunde liegenden Fall, hatte sich der Bundesgerichtshof damit zu befassen, ob ein Zugänglichmachen darin liegen kann pornographische Inhalte über WhatsApp zu versenden. Der Beschuldigte sandte dem betroffenen Kind unter Nutzung des Messaging-Dienstes WhatsApp pornographische Bilder, um kinderpornographische Nacktfotos von ihm zu erlangen. Ein Beschuldigter kann sich wegen sexuellem Missbrauch eines Kindes strafbar machen, wenn er einem Kind pornographische Inhalte zugänglich macht und so auf dieses einwirkt. Zugänglichmachen erfordert lediglich, dass dem Kind die Möglichkeit des Wahrnehmens der Inhalte eröffnet wird. Durch den BGH musste nun geklärt werden, ob dem Kind durch das Versenden per WhatsApp die pornographischen Inhalte zugänglich gemacht wurden. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs stellt das Versenden pornographischer Inhalte mittels WhatsApp bereits ein Zugänglichmachen dar. Es genügt bereits die Möglichkeit diese Wahrzunehmen. Folglich erfasst Zugänglichmachen auch Konstellationen, in denen Bilddateien im Wege der Informations- und Kommunikationstechnologie übermittelt werden, zumal Inhalte bei WhatsApp nach der Übermittlung sogleich sichtbar sind.
Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexueller Missbrauch eines Kindes
Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Beschluss vom 14. Juni 2018 (3 StR 180/18) damit auseinander, ob ein Film bereits deshalb eine pornographische Darstellung darstellt, weil der als Pornofilm bezeichnet wird. Der Beschuldigte zeigte dem betroffenen Neunjährigen auf einem Laptop einen „Pornofilm“. In diesem Film waren sexuelle Handlungen zwischen einer erwachsenen Frau und einem erwachsenen Mann zu sehen. Hierdurch wollte sich der Beschuldigte sexuell erregen und das Interesse des Kindes in sexueller Richtung anregen. Durch den BGH musste nun geklärt werden, ob der gezeigte Film eine pornographische Darstellung darstellt. Pornographisch, im Sinne des sexuellen Missbrauchs eines Kindes, durch Vorzeigen pornographischer Darstellungen, sind Darstellungen, die sexualbezogene Geschehen vergröbern und ohne Sinnzusammenhang mit anderen Lebensäußerungen zeigen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs stellt ein Film nicht bereits deshalb eine pornographische Darstellung dar, weil er als „Pornofilm“ bezeichnet wird. Eine pornographische Darstellung stellt der Film dar, weil sein Inhalt eine Mehrzahl sexueller Handlungen zwischen zwei Erwachsenen war und er der sexuellen Erregung des Beschuldigten sowie des Betroffenen diente.
Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch eines Kindes
Für eine Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, bedarf es einer sexuellen Handlung. In seinem Urteil vom 29. August 2018 (5 StR 147/18) beschäftigte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine an einem Kind vorgenommene Handlung, eine sexuelle Handlung darstellt.
Der Beschuldigte säuberte den Intimbereich der Betroffenen, obwohl diese zum damaligen Zeitpunkt schon in der Lage war, sich selbst zu säubern. Währenddessen fertigte er Fotoaufnahmen vom entblößten Intimbereich der Betroffenen an.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist eine sexuelle Handlung an einem Kind zum einen daran zu messen, ob das äußere Erscheinungsbild der Tat, die Sexualbezogenheit erkennen lässt. Zum anderen können aber auch ambivalente Tätigkeiten, welche an sich keinen Sexualbezug erkennen lassen, tatbestandsmäßig sein. Dafür ist auf das Urteil eines objektiven Betrachters abzustellen, welcher alle Umstände des Einzelfalles kennt, wozu auch die Zielrichtung des Täters zählt.
Anwalt für Sexualstrafrecht: Öffentliches Zugänglichmachen kinderpornographischer Schriften
Ein Zugänglichmachen, im Sinne eines öffentlichen Zugänglichmachen kinderpornographischer Schriften, liegt im Zurverfügungstellen einer Plattform, die dem Einstellen von Dateien im Internet dient, wobei die Möglichkeit des Lesezugriffs genügt. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Urteil vom 18. Januar 2012 (2 StR 151/11) damit, inwiefern Zugangsbeschränkungen auf einem Internetportal öffentliches Zugänglichmachen ausschließen können. Der Beschuldigte war Betreiber eines Internetportals für den Austausch kinderpornographischer Schriften gem. § 184b StGB. Es wurde Mitgliedern ermöglicht, kinderpornographisches Material einzusehen und selbst zu posten. Einem Nutzer, welcher kinderpornographisches Material postet, wurden Zugangsberechtigungen zu weiteren Bereichen des Portals mit kinderpornographischen Inhalten eingeräumt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt ein öffentliches Zugänglichmachen dann nicht vor, wenn dieses nur in einer geschlossenen Benutzergruppe mit bestimmten Zugangssicherungen bei zwei oder wenig mehr Personen erfolgt. Eine entsprechende Zugangssicherung liegt nicht vor, wenn das einzige Zugangshindernis das eigene Posten von kinderpornographischen Dateien ist. Hier kann das Zugänglichmachen von kinderpornographischem Material nicht auf einen dem Anbieter des Portals überschaubaren kleinen Personenkreis beschränkt werden. Es handelt sich vielmehr um einen anonymen nicht überschaubaren Benutzerkreis.
Anwalt für Sexualstrafrecht: Kinderpornografie gem. § 184b StGB
Nicht jede Aufnahme des nackten Körpers oder des Geschlechtsteils eines Kindes ist Kinderpornografie im Sinne von § 184b a.F. StGB. Tatobjekt sind nur pornographische Schriften, die sexuelle Handlungen von oder an Kindern zum Gegenstand haben. Hierzu gehört auch das Posieren eines Kindes in sexualbetonter Körperhaltung, sofern die von dem Kind eingenommene Körperposition einen eindeutigen Sexualbezug aufweist. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 3. Dezember 2014 (4 StR 342/14), mit der Frage, inwiefern natürliche Bewegungsabläufe eines Kindes geeignet sind, ein Posieren in sexualbetonter Körperhaltung darzustellen. Der Beschuldigte fotografierte zwei Kinder dabei, wie sie in einem Planschbecken badeten. Hierbei kamen zwei Fotografien zustande, in welchen das Geschlechtsteil des weiblichen Kindes sichtbar ist. Nach Auffassung Bundesgerichtshofs handelt es sich hierbei nicht um kinderpornographische Aufnahmen, wenn der Beschuldigte für seine Zwecke lediglich den natürlichen Bewegungsablauf des badenden Kindes dafür ausgenutzt hat, um dessen Geschlechtsteil aufzunehmen. Hier mangelt es am eindeutigen Sexualbezug der Handlung der Betroffenen.