Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Sexualstrafrecht: Öffentliches Zugänglichmachen kinderpornographischer Schriften

Ein öffentliches Zugänglichmachen kinderpornographischer Schriften gem. § 184b StGB kann entfallen, wenn der Beschuldigte den Zugang zu kinderpornographischem Schriften durch Zugangshindernisse schützt. Das reine Erfordernis kinderpornographisches Material auf einem Internetportal zu posten, stellt kein hinreichendes Zugangshindernis dar.

Ein Zugänglichmachen, im Sinne eines öffentlichen Zugänglichmachen kinderpornographischer Schriften, liegt im Zurverfügungstellen einer Plattform, die dem Einstellen von Dateien im Internet dient, wobei die Möglichkeit des Lesezugriffs genügt. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Urteil vom 18. Januar 2012 (2 StR 151/11) damit, inwiefern Zugangsbeschränkungen auf einem Internetportal öffentliches Zugänglichmachen ausschließen können. Der Beschuldigte war Betreiber eines Internetportals für den Austausch kinderpornographischer Schriften gem. § 184b StGB. Es wurde Mitgliedern ermöglicht, kinderpornographisches Material einzusehen und selbst zu posten. Einem Nutzer, welcher kinderpornographisches Material postet, wurden Zugangsberechtigungen zu weiteren Bereichen des Portals mit kinderpornographischen Inhalten eingeräumt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt ein öffentliches Zugänglichmachen dann nicht vor, wenn dieses nur in einer geschlossenen Benutzergruppe mit bestimmten Zugangssicherungen bei zwei oder wenig mehr Personen erfolgt. Eine entsprechende Zugangssicherung liegt nicht vor, wenn das einzige Zugangshindernis das eigene Posten von kinderpornographischen Dateien ist. Hier kann das Zugänglichmachen von kinderpornographischem Material nicht auf einen dem Anbieter des Portals überschaubaren kleinen Personenkreis beschränkt werden. Es handelt sich vielmehr um einen anonymen nicht überschaubaren Benutzerkreis.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Kinderpornografie gem. § 184b StGB

Ein Foto, welches den natürlichen Bewegungsablauf eines Kindes dafür ausnutzt, dessen Geschlechtsteile aufzunehmen, ist keine kinderpornographische Aufnahme im Sinne von § 184 b a.F. StGB

Nicht jede Aufnahme des nackten Körpers oder des Geschlechtsteils eines Kindes ist Kinderpornografie im Sinne von § 184b a.F. StGB. Tatobjekt sind nur pornographische Schriften, die sexuelle Handlungen von oder an Kindern zum Gegenstand haben. Hierzu gehört auch das Posieren eines Kindes in sexualbetonter Körperhaltung, sofern die von dem Kind eingenommene Körperposition einen eindeutigen Sexualbezug aufweist. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 3. Dezember 2014 (4 StR 342/14), mit der Frage, inwiefern natürliche Bewegungsabläufe eines Kindes geeignet sind, ein Posieren in sexualbetonter Körperhaltung darzustellen. Der Beschuldigte fotografierte zwei Kinder dabei, wie sie in einem Planschbecken badeten. Hierbei kamen zwei Fotografien zustande, in welchen das Geschlechtsteil des weiblichen Kindes sichtbar ist. Nach Auffassung Bundesgerichtshofs handelt es sich hierbei nicht um kinderpornographische Aufnahmen, wenn der Beschuldigte für seine Zwecke lediglich den natürlichen Bewegungsablauf des badenden Kindes dafür ausgenutzt hat, um dessen Geschlechtsteil aufzunehmen. Hier mangelt es am eindeutigen Sexualbezug der Handlung der Betroffenen.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexueller Missbrauch von einem Kind

Für die Wahrnehmung von sexuellen Handlungen, beim sexuellen Missbrauch eines Kindes, muss das betroffene Kind bei den entsprechenden Handlungen nicht räumlich anwesend sein. Es genügt bereits, dass das Kind die Handlungen akustisch, zum Beispiel über ein Telefon, wahrnimmt.

Für Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von einem Kind, durch Vornahme sexueller Handlungen vor einem Kind, muss dieses die sexuellen Handlungen wahrnehmen. Entscheidend für die Wahrnehmung des sexuellen Vorgangs durch den Betroffenen ist nicht dessen räumliche Gegenwart bei der Vornahme der sexuellen Handlungen, sondern dessen Wahrnehmung von dem äußeren Vorgang der sexuellen Handlung. In seinem Beschluss vom 21. Oktober 2014 (1 StR 79/14) sah sich der Bundesgerichtshof mit der Fragestellung konfrontiert, ob es für die Wahrnehmung sexueller Handlungen ausreicht, wenn ein betroffenes Kind mit diesen über einiger Distanz nur akustisch in Kontakt kommt. Der Beschuldigte kontaktierte das betroffene Mädchen telefonisch. Sobald die Betroffene abnahm nahm er sexuelle Handlungen an sich vor, was der Beschuldigte dadurch erkenntlich machte, dass er Geräusche von sich gab. Hierbei wollte er, dass die Betroffene ihm zuhört. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs genügt es für die Strafbarkeit wegen sexuellem Missbrauch von einem Kind, dass dieses die Vornahme sexueller Handlungen akustisch über eine längere Distanz hinweg wahrnimmt. Entscheidend ist alleine die Wahrnehmung des Betroffenen von der sexuellen Handlung. Angesichts moderner Übermittlungsformen ist die erforderliche Wahrnehmung nicht von der Gegenwart des Betroffenen abhängig. Ausreichend sind bereits akustische Vermittlungen.

Anwalt Sexualstrafrecht: Sichverschaffen kinderpornographischer Schriften durch Download

Bezüglich des Sichverschaffens kinderpornographischer Schriften gem. § 184b StGB durch Downloads ist von Tateinheit auszugehen, wenn die Downloads innerhalb einer Sitzung kurz hintereinander erfolgten.

Lädt der Beschuldigte Bilder oder Videos aus dem Internet herunter, so kommt beim „Sichverschaffen“ kinderpornographischer Schriften gem. § 184b StGB eine Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit in Betracht. Diese kann auch vorliegen, wenn mehrere Dateien im Zuge einer Sitzung heruntergeladen werden. In seinem Beschluss vom 10. Juli 2014 – 2 StR 166/14 hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob Tatmehrheit vorliegt, wenn während einer Internetsitzung innerhalb kurzer Zeit, mehrere kinderpornographische Dateien heruntergeladen werden. Dem liegt die Verurteilung des Beschuldigten wegen Erwerbs und Besitz von kinderpornographischen Schriften in 23 Fällen durch das Landgericht zugrunde. Der Beschuldigte hatte im Zuge einer Internetsitzung mehrere Dateien kinderpornographischen Inhalts heruntergeladen. Das Herunterladen der Dateien erfolgte in zeitlich kurz hintereinander erfolgenden Download-Vorgängen. Der Bundesgerichtshof folgte dem Urteil des Landgerichts nicht. Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass der kurz hintereinander erfolgte Download von mehreren kinderpornografischen Dateien in einer Sitzung als eine Tat zu bewerten ist. Diese Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die zu verhängende Strafe. Es liegen somit nicht 23 selbständig abzuurteilende Straftaten vor.

Anwalt für Strafrecht: Verbreitung jugendpornografischer Schriften

Die gezielte Versendung eines jugendpornografischen Bildes an ein Kind stellt kein Verbreiten jugendpornografischer Schriften im Sinne des § 184c Abs. 1 StGB dar. Außerdem ist in dem bloßen Zeigen eines solchen Bildes keine Einwirkung auf das Kind im Sinne des § 176 Abs. 4 StGB zu sehen, da es in der Regel an einer psychischen Einflussnahme tiefergehender Art fehlt.

In seinem Beschluss vom 22.01.2015 - 3 StR 490/14 hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Verfahren gegen den Angeklagten wegen Verbreitens jugendpornografischer Schriften und sexuellen Missbrauchs teilweise eingestellt.
Der Angeklagte hatte Bilder mit jugendpornografischem Inhalt gezielt an Einzelpersonen versandt und wurde deshalb unter anderem wegen Verbreitung jugendpornografischer Schriften verurteilt. Die Verbreitung einer Schrift, egal ob es sich um kinder-, jugend-, gewalt- oder tierpornografische Schrift handelt, setzt voraus, dass ihr Inhalt an eine nicht mehr individualisierbare Vielzahl von Personen weitergegeben wird. Entscheidend ist, dass der Personenkreis nicht mehr kontrollierbar ist. Wird der Inhalt hingegen ganz gezielt nur an eine Einzelperson versandt, so liegt grundsätzlich keine Verbreitung im Sinne der Verbreitungstatbestände vor. Wird die Schrift, wie im zu verhandelnden Fall, an ein Kind geschickt, so kommt noch die Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Einwirken auf das Kind nach § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB in Betracht. Beim bloßen Vorzeigen eines Bildes handelt es sich nach Ausführungen des BGH aber in der Regel nicht um ein Einwirken im Sinne des Gesetzes, weil es zu einer psychischen Einflussnahme tiefergehender Art kommen muss.

Anwalt für Strafrecht: Kinderpornografie

Auch Bilder, auf denen das Geschlechtsteil des Kindes vollständig zu sehen ist, stellen nicht zwangsläufig kinderpornographische Schriften im Sinne des § 184b StGB dar. Voraussetzung dafür ist, dass das Bild eine Körperposition des Kindes mit objektiv eindeutigem Sexualbezug zeigt.

Mit Beschluss vom 03.12.2014 (4 StR 342/14) hat der BGH ein Urteil des Landgerichts Essen zu erneuter Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das LG hatte einen Mann wegen Besitzverschaffens von kinderpornographischen Schriften verurteilt, weil dieser Bilder von einem siebenjährigen Kind in einem Planschbecken machte und später versendete. Auf den Bildern war das Kind nackt beim Baden zu sehen, wobei auch das Geschlechtsteil vollständig zu sehen war.
Der BGH wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass zwar auch sogenannte Posingbilder kinderpornographische Schriften im Sinne des § 184b StGB darstellen können, dafür müsse aber von dem Kind eine Körperposition eingenommen werden, die allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild einen eindeutigen Sexualbezug aufweist, beispielsweise weil das Geschlechtsteil bewusst "zur Schau gestellt" wird. Dies ist aber bei Bildern vom Baden in einem Planschbecken nicht unbedingt der Fall, sofern diese Handlungen sich aus dem Badevorgang ergeben und eben keinen objektiv eindeutigen Sexualbezug aufweisen. Dies gilt selbst dann, wenn die natürliche Körperposition des nackten Kindes für Bildaufnahmen zu pornographischen Zwecken ausgenutzt wird.

Anwalt für Strafrecht: Kinderpornografie

Das Herunterladen von kinderpornografischen Dateien bei einem sogenannten Filesharing-Client wie beispielsweise Emule erfüllt nicht den Tatbestand des Verbreitens, sondern den des Öffentlichmachens von kinderpornografischen Schriften gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB.

In seinem Beschluss vom 12.11.2013 - 3 StR 322/13 stellte der Bundesgerichtshof (BGH) klar, dass das Herunterladen von Dateien mit einem sogenannten Filesharing-Client wie Emule den Tatbestand des öffentlichen Zugänglichmachens von kinderpornografischen Schriften erfüllt. Ein öffentliches Zugänglichmachen ist bereits schon dann zu bejahen, wenn dem Adressaten die Möglichkeit des Zugriffs eröffnet wird.

Dies ist nach Ansicht des BGH bei einem Filesharing-Client der Fall, da die Dateien beim Herunterladen gleichzeitig anderen Nutzern zur Verfügung gestellt werden. Ob aber tatsächlich auf sie zugegriffen wurde, spielt im Gegensatz zur Tatalternative des Verbreitens von kinderpornografischen Schriften, bei der ein tatsächlicher Lesezugriff erforderlich ist, keine Rolle. Für das Verbreiten muss hingegen die übertragene Datei entweder auf einem permanenten Medium gespeichert oder im Arbeitsspeicher des Rechners angekommen sein, was zumindest für die letzten Alternative einen tatsächlichen Zugriff erfordert.