Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung
In seinem Beschluss vom 15. Dezember 2020 hat sich der Bundesgerichtshof (3 StR 386/20) mit den Voraussetzungen einer gefährlichen Körperverletzung mittels eines hinterlistigen Überfalls befasst. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt bewaffnete sich der Angeklagte heimlich mit einem Messer und ließ sich von der Geschädigten unter einem falschen Vorwand an eine einsame Stelle fahren, um sie zu töten. Auf der Fahrt verhielt er sich friedfertig, um die Geschädigte in Sicherheit zu wiegen. Nachdem die ahnungslose Geschädigte das Auto nach Aufforderung des Angeklagten angehalten hatte, zog dieser das Messer. Die Absicht, die Geschädigte zu töten, hatte der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt aufgegeben. Er wollte sie nunmehr mit dem Tod bedrohen und hierdurch erreichen, dass sie die Beziehung mit ihm fortführt. Hierzu stach er in Richtung ihres Bauch- und Brustbereichs, wobei er Verletzungen der Geschädigten billigend in Kauf nahm. Die Geschädigte erlitt unter anderem einen Schnitt an der Handinnenfläche, weil sie in Panik in die Klinge griff und diese von sich wegdrückte. Der Bundesgerichtshof stellte in seiner Entscheidung fest, dass es sich hierbei nicht nur um eine Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs handelt, sondern auch mittels eines hinterlistigen Überfalls i.S. d. § 224 Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB). Hinterlistig ist ein Überfall, wenn der Täter planmäßig in einer auf Verdeckung der wahren Absicht berechneten Weise vorgeht, um dem Gegner die Abwehr des nicht erwarteten Angriffs zu erschweren und die Vorbereitung auf seine Verteidigung nach Möglichkeit auszuschließen. Hierfür genügen in der Regel das Entgegentreten mit vorgetäuschter Friedfertigkeit oder ein mit Heimlichkeit beschaffenes Vorgehen. Der Angeklagte täuschte Friedfertigkeit vor und stellte der Geschädigten eine Falle, indem er sie an einen einsamen Ort führte und sie dort unter einem Vorwand anhalten ließ, um sie mit seinem verborgenen Messer zu töten.
Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung, Eventualvorsatz
In dem Beschluss vom 11. August 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 222/21) mit der Frage beschäftigen, wann von einem bedingten Vorsatz auszugehen ist. Im vorliegenden Sachverhalt hat der stark alkoholisierte Angeklagte einen Glassplitter von einer von ihm zuvor zerschlagenen Glasflasche in der Hand. Während einer Auseinandersetzung packte er, mit der Hand in der er das Glas hält, den Geschädigten an den Kragen ohne eine Stichbewegung auszuführen und verursachte bei diesem Schnitte am Hals und Unterarm. Dafür wurde er vom Landgericht Landshut wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Nach einer Revision des Angeklagten wird der Schuldspruch vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Dazu führt er an, dass die Folgen der Alkoholisierung zu wenig erörtert wurden und sich damit beschäftigt werden muss, ob dem Angeklagten in Folge der Alkoholisierung überhaupt klar war, dass seine Handlung zu Verletzungen beim Geschädigten führt. Die ausgeführte Bewegung wird normalerweise ohne eine Messer oder ein ähnliches Werkzeug durchgeführt, sodass nicht klar festzustellen ist, ob der Angeklagte wusste, dass er die Glasscherbe in der Hand hält.
Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung
Mit Beschluss vom 20. Mai 2021 hat der Bundesgerichtshof (6 StR 142/20) festgestellt, dass es einen niedrigen Beweggrund zum Mord i.S.d § 211 Abs. 2 StGB darstellt, wenn der Täter aufgrund eines Ehrenkodex handelt. In dem vorliegenden, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt schlug der Angeklagte den Nebenkläger, woraufhin seine Freunde ihn dabei unterstützten und das mit einem bestehenden Ehrenkodex zwischen ihnen begründeten. Bei der Auseinandersetzung kam es zu Messerstichen und der Nebenkläger überlebte nur knapp. In Folge des Urteils des Landgericht Verden kam es zu keiner Verurteilung wegen niedrigen Beweggründen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hingegen, handelt es sich bei der billigend in Kauf genommenen Tötung eines Menschen jedoch um einen niedrigen Beweggrund, wenn die Täter auf Grund eines Ehrenkodex handeln. Es ist keine verständliche Reaktion und spiegelt die Geringschätzung gegenüber dem Leben des Opfers wider.
Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung
Mit dem Beschluss vom 8. September 2021 hat der Bundesgerichtshof (1 StR 286/21) sich damit auseinandergesetzt, ob es sich um eine Körperverletzung handelt, wenn der Angeklagte den Geschädigten dazu veranlasst, Kokain zu konsumieren. Der Angeklagte wurde vom Landgericht Kempten unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung durch Beibringung eines gesundheitlichen Stoffes gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StGB verurteilt, nachdem er eine andere Person dazu gebracht hat, eine Line Kokain zu ziehen. Der Bundesgerichtshof änderte den Schuldspruch und begründete seine Entscheidung damit, dass keine Gesundheitsschädigung beim Geschädigten festgestellt wurde und Kokain zwar keine weiche Droge ist, gelegentlicher Konsum das körperliche Wohlbefinden jedoch nicht unbedingt beeinträchtigt. Eine Körperverletzung liegt in diesem Fall somit nicht vor.
Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung
In seinem Beschluss vom 16. Dezember 2020 musste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 209/20) damit auseinandersetzen, wann der Vorsatz zur Körperverletzung vorliegt, wenn ein Elternteil sein Baby geschüttelt und diese Handlung zu einem Schütteltrauma geführt hat. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundliegenden Sachverhalt packte der Vater seinem schreienden Säugling an sein Becken und riss ihn nach oben, um ihn an seine Schulter zu legen. In Folge dieser Bewegung fiel der Kopf des Babys nach hinten und knallte dann auf die Schulter des Angeklagten. Das Landgericht Mühlhausen hat ihn dann von dem Vorwurf der Körperverletzung durch fehlenden Vorsatz freigesprochen. In der Revision sah der Bundesgerichtshof diesen als vorliegend an. Zum einen stellt bereits das Hochreißen des Säuglings eine Körperverletzung dar. Außerdem wurde der Vater darüber unterrichtet, den Säugling am Kopf zu stützen. Es ist allgemein bekannt, dass ruckartige Bewegungen von Babys ohne den Kopf zu stützen, schwere Beeinträchtigungen zur Folge haben können, sodass lediglich die Abgrenzung von bedingtem zu direktem Vorsatz relevant ist, nicht jedoch die zu Fahrlässigkeit.
Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung mittels ausgebauter Einwegrasierklinge
In seinem Beschluss vom 10. Februar 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 478/20) damit auseinandersetzen, ob Verletzungshandlungen mit einer Rasierklinge als eine das Leben gefährdende Behandlung gemäß § 224 Nr. 5 StGB gesehen werden können. Im Sachverhalt der Entscheidung des Bundesgerichtshofes hat der Angeklagte im Verlaufe eines Streits einer anderen Person mit einer Einwegrasierklinge in den Gesichts– und Halsbereich geschnitten, wodurch eine oberflächliche Verletzung entstand. Das Landgericht verurteilte ihn dann anschließend wegen gefährlicher Körperverletzung, wogegen er in Revision ging und das Urteil aufgehoben wurde. Das begründete der Bundesgerichtshof damit, dass nicht nur auf die abstrakte Gefährlichkeit, sondern auch auf die konkrete Gefährlichkeit im Einzelfall eingegangen werden muss. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Klinge eines Einwegrasierers nur wenige Millimeter breit ist und es schwer ist, mit dieser in den Fingern haltend, ein Leben zu gefährden. Es kann somit nicht von einer gefährlichen Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung gesprochen werden.
Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung durch Verabreichung von Alkohol
In seinem Beschluss vom 18. Februar 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 437/20) mit der Frage befassen, ob die Verabreichung von Alkohol durch einen Dritten eine Körperverletzung darstellt. Im hiesigen, dem Beschluss des Bundesgerichtshofes zugrunde liegenden Sachverhalt schenkte der Angeklagte einer Fünfzehnjährigen immer wieder Wein nach, was sie auch mitbekam. Im Anschluss schenkte er ihr heimlich – mindestens einmal – Wodka in ihr nichtalkoholisches Getränk. Die Zeugin war am Ende des Abends erheblich betrunken, hatte Schwierigkeiten beim Gehen und bei der Artikulation, und musste sich zuhause übergeben. Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass eine Gesundheitsschädigung i. S. d. § 223 StGB auch in der Herbeiführung eines Rauschzustandes liegen kann, wenn der Rausch etwa zur Bewusstlosigkeit führt oder der Betroffene sich übergeben muss. Allerdings erfüllt das Nachschenken von Wein in das Weinglas der Zeugin den Tatbestand einer Körperverletzung nicht, da der Zeugin insoweit bewusst war, dass sie Alkohol zu sich nahm, weshalb lediglich eine Förderung der eigenverantwortlichen Selbstschädigung durch einen Dritten vorliegt. Diese wird erst dann strafbar, wenn der Dritte aufgrund überlegenen Sachwissens das Risiko besser erfasst als der sich selbst Gefährdende. Zudem sei fraglich, ob das heimliche Zuführen des Wodkas tatsächlich den bereits zuvor eingetretenen, eigenverantwortlich herbeigeführten Rauschzustand der Zeugin maßgebend verstärkte und daher mitursächlich für ihre späteren rauschbedingten Beeinträchtigungen war.
Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung
In seinem Urteil vom 27. September 2001 (4 StR 245/01) setzte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinander, ob eine glühende Zigarette ein gefährliches Werkzeug im Sinne einer gefährlichen Körperverletzung darstellen kann. Wegen gefährlicher Körperverletzung macht sich ein Beschuldigter strafbar, welcher die Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs begeht. Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen. Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, drückte eine Zigarette auf der Brust oder dem Arm des Betroffenen aus. Dieser erlitt hierdurch erhebliche Schmerzen und behielt eine Brandwunde zurück. Nach Auffassung des BGHs verwendete der Beschuldigte die Zigarette als gefährliches Werkzeug und machte sich wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar. Maßgebend ist nicht die eingetretene Verletzungsfolge, sondern die potentielle Gefährlichkeit der konkreten Benutzung des Werkzeugs. Diese potentielle Gefährlichkeit ist, wenn eine Zigarette auf der Haut des Betroffenen ausgedrückt wird, schon im Hinblick auf die nicht sicher absehbaren Folgen gegeben.
Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung
Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26. Mai 2020 (2 StR 434/19) zugrunde liegenden Sachverhalt, war Pflegekraft in einem Altenpflegeheim. Im Rahmen dieser Tätigkeit verabreichte er dem im Endstadium an Lungenkrebs erkrankten Betroffenen Morphin in einer Dosis von 10 mg. Hiermit wollte er dessen Schmerzen lindern. Ärztlich verordnet war lediglich eine Dosis von 5 mg. Er fragte nicht, ob der Betroffene eine Spritze wolle. Erst recht fragte der Beschuldigte nicht, ob der Betroffene eine Spritze mit der doppelten Dosierung wolle. Auch den gesetzlichen Betreuer des Betroffenen befragte der Beschuldigte nicht. Er injizierte sodann dem nicht an Morphin gewöhnten Betroffenen zehn Milligramm Morphin, wodurch dessen Schmerzen gelindert jedoch seine Atmung beeinträchtigt wurde. Das Verhalten des Beschuldigten gab dem BGH Anlass, sich damit auseinanderzusetzen, ob ein in Heilabsicht vorgenommenes Verhalten eine Körperverletzung darstellen kann. Wegen Körperverletzung macht sich ein Beschuldigter strafbar, welcher den Betroffenen an seiner Gesundheit schädigt. Eine Gesundheitsschädigung ist jedes Hervorrufen oder Steigern eines pathologischen Zustandes. Der BGH führte aus, dass ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit als Körperverletzung zu bewerten ist, auch wenn er in heilender Absicht erfolgt. Selbst ein im Einklang mit den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommener Eingriff erfüllt den Straftatbestand. Er kann nur durch wirksam erklärte oder mutmaßliche Einwilligung des Patienten gerechtfertigt werden.
Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung mittels eines Kraftfahrzeugs
Wegen Körperverletzung wird gemäß § 223 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft, wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt. Wer die Körperverletzung beispielsweise mittels eines gefährlichen Werkzeugs begeht, wird gemäß § 224 StGB mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Wann auch ein Kraftfahrzeug als ein solches gefährliches Werkzeug eingesetzt werden kann, beschäftigte auch den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14. Juli 2020 (4 StR 194/20). Vorliegend hatte der Angeklagte in suizidaler Absicht mit einer Geschwindigkeit von rund 125 km/h eine Frontalkollision mit zwei anderen Kraftfahrzeugen herbeigeführt, wodurch drei Insassen verletzt wurden. Der Bundesgerichtshof führte in seiner Entscheidung aus, dass es erforderlich ist, dass die Körperverletzung durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eingetreten ist. Wird ein Kraftfahrzeug als Werkzeug eingesetzt, so müsse die körperliche Misshandlung also bereits durch den Anstoß selbst ausgelöst und die Verletzung auf einen unmittelbaren Kontakt zwischen Fahrzeug und Körper zurückzuführen sein. Verletzungen, die erst durch ein anschließendes Sturzgeschehen oder eine Ausweichbewegung des Tatopfers verursacht worden sind, genügen insoweit nicht. Vorliegend seien die Verletzungen der Insassen der beiden Kraftfahrzeuge aber unmittelbar auf die Frontalkollisionen mit diesen Fahrzeugen zurückzuführen, weshalb eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung keinen rechtlichen Bedenken begegne.