Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Landfriedensbruch

Selbst eine Gruppe von zehn Personen kann eine Menschenmenge im Sinne eines Landfriedensbruchs darstellen. Entscheidend ist, dass besondere Umstände es für Außenstehende unmöglich machen, die Größe der Menge und die von ihr ausgehende Gefahr zu erfassen.

Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 2019 (AK 13 – 14, 16 – 19/19) zugrunde liegenden Sachverhalt, trat mit Dritten in einer Gruppe von mindestens 15 Personen auf. Aus dieser Gruppe heraus kam es zu Gewalttätigkeiten und Bedrohungen gegenüber mehreren Betroffenen. Im Anschluss hieran hatte sich der BGH mit der Frage auseinander zu setzten, ob eine Gruppe von 15 Personen bereits eine Menschenmenge im Sinne eines Landfriedensbruchs darstellt. Eine Menschenmenge im Sinne eines Landfriedensbruchs ist eine nicht notwendigerweise ungezählte, aber doch so große Personenmehrheit, dass die Zahl nicht sofort überschaubar ist. Der zur Menschenmenge gehörende Personenkreis muss so groß sein, dass es auf das Hinzukommen oder Weggehen Einzelner - und zwar aus Sicht der Außenstehenden - nicht mehr ankommt. Wesentlich ist, dass die Personen einen räumlichen Zusammenhang herstellen, so dass bei Außenstehenden die Vorstellung einer Menschenmenge als räumlich verbundenes Ganzes entsteht. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs war die Gruppe des Beschuldigten geeignet eine Menschenmenge darzustellen. Eine Ansammlung von 15 bis 20 Personen kann eine Menschenmenge sein, wobei der Entscheidung keine Festlegung einer Untergrenze zu entnehmen ist. Sogar eine Gruppe von zehn Personen kann ausreichen, wenn besondere Umstände - insbesondere eine auf die räumliche Enge zurückzuführende Unübersichtlichkeit am Tatort - es für den Außenstehenden unmöglich machen, die Größe der Menge und die von ihr ausgehende Gefahr zu erfassen.

Anwalt für Strafrecht: Landfriedensbruch

Um sich an einem Landfriedensbruch zu beteiligen, reicht es aus, wenn ein Beschuldigter in einer gewalttätigen Gruppe mitmarschiert und sich mit dieser zu einer geschlossenen Formation zusammenschließt. 

In seinem Urteil vom 24. Mai 2017 (2 StR 414/16) hatte sich der Bundesgerichtshof damit auseinander zu setzten, inwiefern mitmarschieren und sich eingliedern in eine gewaltbereite Gruppe ausreicht, um sich an der Begehung von Landfriedensbruch zu beteiligen. Wegen Landfriedensbruch macht sich strafbar, wer sich an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder an Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als Täter oder Teilnehmer beteiligt. Als mögliche Beteiligungsform kann bereits psychische Beihilfe ausreichen, sofern sie über eine bloße Anwesenheit am Ort der Gewalttätigkeiten oder Bedrohungen hinausgeht. Die Beschuldigten in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, waren Beteiligte einer „Dritt-Ort-Auseinandersetzung“ zwischen Anhängern zweier Fußballclubs. Die Gruppen hatten sich zuvor zu gewalttätigen Auseinandersetzungen verabredet. Die Beschuldigten reihten sich in eine Formation ihrer Gruppe ein und marschierten mit der Gruppe auf die Gruppe des verfeindeten Fußballvereins zu. Bei Zusammentreffen der Gruppen kam es zu schweren körperlichen Auseinandersetzungen. Nach Auffassung des BGHs machten sich die Beschuldigten wegen Landfriedensbruch strafbar. Die Beschuldigten beteiligten sich an den Gewalttätigkeiten und Bedrohungen aktiv. „Ostensives Mitmarschieren“ auf dem Weg zum Ort der Begehung von Gewalttätigkeiten, reicht aus. Durch Eingliederung in die Formation haben die Beschuldigten erkennbar ihre Solidarität mit gewaltbereiten Gruppenmitgliedern zum Ausdruck gebracht. Dies diente der Förderung der Begehung der verabredeten Gewalttaten und stärkte die Entschlossenheit aller Beteiligten zur Vornahme von Gewalttaten.  

Anwalt für Strafrecht: Landfriedensbruch

Für einen Landfriedensbruch muss sich ein Beschuldigter mit vereinten Kräften aus einer Menge heraus an Gewalttätigkeiten beteiligen. Eine räumliche Trennung des Beschuldigten von der Menge steht dem nicht entgegen, wenn die Menge aus welcher er sich gelöst hat und die von der Menge getragene gewaltbereite Grundstimmung weiterhin Basis für das gewalttätige Handeln des Beschuldigten ist.

Des Landfriedensbruchs macht sich ein Beschuldigter strafbar, wenn er sich an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen beteiligt, welche aus einer Menschenmenge mit vereinten Kräften heraus begangen werden. Entscheidend dafür, ob eine Gewalttätigkeit als Einzelner oder mit vereinten Kräften aus einer Menge heraus begangen wird ist, ob die Gewalttätigkeit von der, in der gewaltbereiten Menge vorhandenen, Grundstimmung und zustimmenden Haltung getragen wird. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 9. Oktober 2013 (2 StR 119/13) damit zu befassen, ob eine Gewalttätigkeit noch mit vereinten Kräften aus einer Menge heraus begangen wird, wenn der Beschuldigte von der gewalttätigen Menge räumlich getrennt ist. Der Beschuldigte war Teilnehmer einer Demonstration mit gewaltbereiten Demonstranten. Durch Polizeikräfte wurde die zuvor kompakte Demonstration in Kleingruppen gespalten. Zumindest eine Kleingruppe ging weiterhin gewaltsam gegen Polizeibeamte vor. Der Beschuldigte löste sich aus der, von der Polizei zurückgedrängten, Demonstrantenmasse und attackierte Polizeibeamte mit einem Messer. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs handelte der Beschuldigte weiterhin mit vereinten Kräften aus einer gewaltbereiten Menge heraus. Die Menge aus welcher sich der Beschuldigte gelöst hatte war weiterhin die Basis für dessen Messerangriffe. Die Messerangriffe waren, entsprechend der Grundstimmung der zurückgedrängten gewaltbereiten Demonstranten, Teil der von dieser Gruppe ausgehenden Gewalttätigkeiten.

Anwalt für Strafrecht: Störung der Totenruhe

Der Störung der Totenruhe macht sich der Beschuldigte strafbar, wenn er unberechtigt die eingeäscherten Rückstände eines Verstorbenen entwendet. Auch Goldzähne sind Bestandteil dieser eingeäscherten Rückstände.

Wegen Störung der Totenruhe macht sich strafbar, wer unberechtigt Teile eines verstorbenen Menschen oder dessen Asche wegnimmt. Bei Asche handelt es sich um alle nach der Einäscherung verbleibenden Rückstände, auch die vormals mit einem Körper fest verbundenen festen Bestandteile. In seinem Beschluss vom 30. Juni 2015 (5 StR 71/15) sah sich der Bundesgerichtshof mit dem Entwenden von Zahngold nach der Einäscherung eines Verstorbenen konfrontiert. Im Zuge dessen stellte sich die Frage, ob Zahngold Bestandteil der Asche im Sinne einer Störung der Totenruhe ist. Der Beschuldigte war Hilfsbediensteter in einem Krematorium. Im Rahmen seiner Tätigkeit entwendete er, nach der Verbrennung von Toten, Zahngoldreste aus dem Verbrennungskasten. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs ist Zahngold Bestandteil der Asche und somit machte sich der Beschuldigte der Störung der Totenruhe strafbar. Die Störung der Totenruhe schützt die sterbliche Hülle des Toten und deren Überreste in ihrer Gesamtheit. Zum Körper des Menschen gehören auch künstliche Körperteile, die Körperfunktionen des Trägers übernehmen und nicht ohne Verletzung der körperlichen Integrität entfernt werden können. Hierzu zählt auch Zahngold.