Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Bedingter Tötungsvorsatz

Bei gefährlichen Handlungen liegt es nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könnte zu Tode kommen. Das Vertrauen darauf, dass die Situation glimpflich ausgeht, muss tatsachenbasiert sein.

In seinem Beschluss vom 4. März 2021 hat sich der Bundesgerichtshof (5 StR 509/20) mit der Frage befasst, wann von einem bedingten Tötungsvorsatz auszugehen ist. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt wollte der Angeklagte Betäubungsmittel kaufen, woraufhin es an einem Bahnsteig zum Streit kam. Als das Tatopfer sich umdrehte und losging, stieß der Angeklagte ihm aus vollem Lauf in den Rücken. Daraufhin fiel dieser, wie auch vom Angeklagten beabsichtigt, ins Gleisbett. Kurz darauf wurde er von einer U-Bahn erfasst. Das Landgericht Berlin hatte den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Indessen hatte die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil Erfolg. Diese sah einen bedingten Tötungsvorsatz als gegeben an. Bereits der Stoß in das Gleisbett wurde vom Bundesgerichtshof als gefährliche Handlung eingestuft. Zudem hielt sich der Angeklagte schon länger am Bahnsteig auf und konnte somit erkennen, dass schon über 8 Minuten keine U-Bahn mehr kam. Sein Vertrauen darauf, dass es nicht zu einem tödlichen Ausgang kommen würde, basierte somit eher auf Hoffnung als auf Tatsachen.

Anwalt für Strafrecht: Bedingter Tötungsvorsatz

Bedingter Tötungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich ansieht oder sich mit diesem abfindet. Bei gefährlichen Handlungen ist das naheliegend.

In seinem Beschluss vom 28. April 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 500/20) mit der Frage beschäftigen, wann von einem bedingten Tötungsvorsatz auszugehen ist. Im vorliegenden Sachverhalt schnitt der Angeklagte den Geschädigten mit einem Messer in den Halsbereich, wobei er seine Halsschlagader durchtrennte. Dafür wurde er vom Landgericht unter anderem wegen versuchten Totschlags verurteilt. Seine anschließende Revision vor dem Bundesgerichtshof hatte keinen Erfolg. Der Angeklagte führte besonders gefährliche Handlungen aus, indem er in den Halsbereich des Geschädigten schnitt, dabei habe er nicht darauf vertrauen können, dass er den Geschädigten nicht lebensbedrohlich verletzt. Somit ist von bedingtem Vorsatz auszugehen.

Anwalt für Strafrecht: Totschlag

Eine hohe und zudem anschauliche konkrete Lebensgefährlichkeit der Tatausführung stellt auf beiden Vorsatzebenen das wesentliche auf bedingten Tötungsvorsatz hinweisende Beweisanzeichen dar.

In seinem Urteil vom 24. Juni 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 477/20) mit dem bedingten Vorsatz befassen. Im vorliegenden Fall kam es in einem Club zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten. Diese gipfelte darin, dass der Angeklagte den Geschädigten mit einem Klappmesser angriff. Der Angeklagte stach dem Geschädigten in die linke Brusthälfte, wobei er dessen Tod billigend in Kauf nahm, und verletzte ihn dabei lebensgefährlich. Im Anschluss schlug der Angeklagte weiterhin mit seinen Fäusten nach dem Geschädigten, wobei er ihn jedoch nicht traf. Dem Türsteher des Clubs war es möglich, die Auseinandersetzung zu beenden. Als der Angeklagte sah, dass er dem Geschädigten eine blutende Stichverletzung zugefügt hatte, zog er sich zurück. Der Geschädigte überlebte den Angriff. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Der Bundesgerichtshof führte aus, dass vorliegend richtigerweise bedingter Vorsatz vom Landgericht angenommen wurde. Ein bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und ihn zudem billigt oder sich des erstrebten Zieles willen zumindest mit ihm abfindet. Es liegt bei besonders gefährlichen (Gewalt-)Handlungen nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könne zu Tode kommen, und – weil er mit seinem Handeln dennoch fortfährt – einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt. Eine hohe und überdies anschauliche konkrete Lebensgefährlichkeit der Tatausführung stellt somit auf beiden Vorsatzebenen das wesentliche auf bedingten Tötungsvorsatz hinweisende Beweisanzeichen dar. Die Annahme, dass der mit einem Messer in den besonders gefährdeten linken Brust-/Herzbereich des Geschädigten zustechende Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt habe, sei daher nicht zu beanstanden.

Anwalt für Strafrecht: Mord aus Heimtücke

Fährt jemand absichtlich auf eine stehende Fahrzeugkolonne auf, kann das Gericht nicht ohne Weiteres seinen Heimtücke-Vorsatz annehmen, wenn er spontan handelte und dabei unter Drogeneinfluss stand. Aufgrund des äußeren Tatgeschehens ließe sich zwar auf den Heimtücke-Vorsatz schließen, liegen jedoch Anhaltspunkte vor, die diesem Eindruck widersprechen, so muss dies in der Entscheidung gewürdigt werden.

In seinem Beschluss vom 21. Juli 2021 musste der Bundesgerichtshof (4 StR 53/21) bewerten, ob das Mordmerkmal der Heimtücke ausschließlich aufgrund des äußeren Tatgeschehens erfüllt sein kann. Im hiesigen Fall fuhr ein unter dem Einfluss von Cannabis stehender Mann spontan mit seinem Lkw in ein Stauende, um so einen aufsehenerregenden Unfall herbeizuführen. Ein Zeuge berichtete, dass der Angeklagte einen „sehr auffälligen“ Blick hatte und auf verbale Ansprache nicht reagierte. Das Landgericht verurteilte den Lkw-Fahrer unter anderem wegen versuchten Mordes aufgrund der Verwirklichung der Mordmerkmale „mit gemeingefährlichen Mitteln“ und „mit Heimtücke“. Gleichwohl soll dies nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht tragfähig belegt worden sein. Das Mordmerkmal der Heimtücke gem. § 211 Abs. 2 StGB setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen. Das Ausnutzungsbewusstsein kann im Einzelfall aus dem objektiven Bild des Tatgeschehens abgeleitet werden, wenn dessen gedankliche Erfassung durch den Täter „auf der Hand liegt“. Der Bundesgerichtshof wies darauf hin, dass aus dem Verhalten des Lkw-Fahrers nicht automatisch auf das Vorliegen eines Ausnutzens der Arg- und Wehrlosigkeit der Insassen in der Fahrzeugkolonne geschlossen werden kann. Aufgrund des Zustands des Lkw-Fahrers könne nicht ohne Weiteres davon auszugehen sein, dass er die Situation der Opfer „mit einem Blick“ erfasst hatte. Aus diesen Gründen hob der Bundesgerichtshof die verhängte Strafe auf und gab der Revision des Angeklagten in Teilen statt.

Anwalt für Strafrecht: Mord aus niedrigen Beweggründen

Eine Beschränkung des Rechtsmittels ist insoweit nur zulässig, wenn die Beschwerdepunkte nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbstständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung des Urteils im Übrigen erforderlich zu machen.

In seinem Urteil vom 30. September 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 170/21) damit auseinandersetzen, ob die Mordmerkmale der niedrigen Beweggründe und der Verdeckungsabsicht im konkreten Fall gleichzeitig angenommen werden können. In dem, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt handelte der Angeklagte mit Marihuana und lagerte 1.406 Gramm dessen zusammen mit einer halbautomatischen Selbstladepistole in seiner Wohnung. Als er bemerkte, dass Polizeibeamte seine Wohnung durchsuchen wollten, bewaffnete er sich mit seiner Pistole und gab auf den ersten in seine Wohnung vorrückenden SEK-Beamten zwei Nahschüsse ab, wovon eine den Beamten tödlich traf. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen, weil die Tat durch einen vom Angeklagten vor der Tat entwickelten Hass auf Polizeibeamte motiviert war. Eine Beschränkung der Revision der Staatsanwaltschaft auf die Frage der besonderen Schwere der Schuld gem. § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB kommt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht in Betracht, weil sich im vorliegenden Fall die Prüfung des Mordmerkmals der Verdeckungsabsicht nicht von der Prüfung der niedrigen Beweggründe trennen lässt, da diese in Wechselwirkung stehen. Das Tötungsmotiv des Angeklagten sei allein die Zugehörigkeit des Polizeibeamten zu seiner Berufsgruppe, wobei die Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten als bloßer Anlass für die Umsetzung des bereits gefassten Tatentschlusses fungierte und dies insoweit gegen eine Verdeckungsabsicht spreche. Bei einer etwaigen Bejahung der Verdeckungsabsicht würde diese womöglich in Widerspruch mit den der niedrigen Beweggründe zugrundeliegenden Umstände geraten. Nebstdem führte der Bundesgerichtshof aus, dass die Verdeckungsabsicht ohnehin tragfähig vom Landgericht abgelehnt wurde, da der Angeklagte seinen Betäubungsmittelhandel bereits für aufgedeckt hielt. Aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Durchsuchung war dem Angeklagten klar, dass seine illegale Tätigkeit, seine Identität und seine Wohnung als Fundort von Beweismitteln den Ermittlungsbehörden bekannt war; zumal er bereits zuvor mit der Möglichkeit gerechnet hatte, dass die Polizei auf ihn aufmerksam werden und versuchen könnte, seine Wohnung zu durchsuchen. Eine weitergehende verwerfliche Tatmotivation des Angeklagten, etwa aufgrund seines Sympathisierens mit der Reichsbürgerszene und der Leugnung des nationalsozialistischen Holocausts, hat das Schwurgericht nicht festgestellt. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten.

Anwalt für Strafrecht: Totschlag im Rahmen eines Kaiserschnitts

Bei einem Kaiserschnitt beginnt die Geburt und damit der Anwendungsbereich der Tötungsdelikte regelmäßig mit der Eröffnung des Uterus zum Zweck der dauerhaften Trennung des Kindes vom Mutterleib.

In dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 11. November 2020 (5 StR 256/20) ging es um einen Fall, in dem die zwei Angeklagten – zwei fachlich versierte Geburtsmediziner – im Rahmen eines Kaiserschnitts nach Öffnung der Gebärmutter und Geburt eines gesunden Zwillings den verbliebenen schwer geschädigten Zwilling durch Injektion von 20 ml Kaliumchloridlösung in die Nabelvene töteten. Hintergrund war, dass bei dem getöteten Zwilling schwere Behinderungen (motorische Störungen, Lähmungen, Spastiken und deutliche kognitive Einschränkungen) zu erwarten gewesen wären und der gewünschte Fetozid vorher nicht hatte durchgeführt werden können. Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil des Landgerichts Berlin, das die beiden Angeklagten jeweils wegen Totschlags verurteilt hatte. In seinem Urteil führte der Bundesgerichtshof aus, dass der getötete Zwilling im Zeitpunkt der tödlichen Einwirkung bereits ein Mensch und nicht mehr eine lediglich von § 218 StGB (Schwangerschaftsabbruch) geschützte Leibesfrucht sei. Die Abgrenzung zwischen den Vorschriften der Tötungsdelikte (§§ 211 ff. StGB) und der des Schwangerschaftsabbruchs (§ 218 StGB) werde seit jeher vom Beginn der Geburt abhängig gemacht. Da bei einem Kaiserschnitt die Eröffnung des Uterus – in vergleichbarer Weise wie beim Beginn einer natürlichen Geburt – ein Abbruch des begonnenen Geburtsvorgangs regelmäßig praktisch nicht mehr in Betracht kommt, liege der Beginn der Geburt beim Kaiserschnitt im ersten Schnitt des Operateurs zur Eröffnung der Bauchdecke. Die Angeklagten haben sich daher durch die Durchführung des Kaiserschnitts zwecks Tötung des im geöffneten Uterus liegenden Zwillings wegen Totschlags strafbar gemacht.

Anwalt für Strafrecht: Versuchter Totschlag

Ohne Feststellungen zur Motivlage kann nicht alleine aufgrund der Gefährlichkeit des Fahrmanövers auf einen Tötungsvorsatz geschlossen werden.

In dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Juni 2021 (4 StR 312/20) musste sich der Bundesgerichtshof damit auseinandersetzen, wann bei einem gefährlichen Fahrmanöver eines Autofahrers ein bedingter Tötungsvorsatz angenommen werden kann. Hintergrund war, dass der Angeklagte mit seinem Auto auf einer Bundesstraße fuhr. Er und ein Motorradfahrer überholten sich mehrfach gegenseitig und bremsten einander aus. Auf der Autobahn wechselte der Angeklagte dann mit mindestens 120 km/h auf die Fahrspur des Motorradfahrers, der sich schräg hinter ihm befand. Dabei kollidierte das Fahrzeug des Angeklagten hinten mit dem Motorradlenker, wodurch der Motorradfahrer mit seinem Motorrad zu Boden ging. Der Motorradfahrer hatte Glück und zog sich bei dem Sturz lediglich zahlreiche Prellungen zu. Gleichwohl verurteilte das Landgericht Cottbus den Angeklagten unter anderem wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Hiergegen wehrte sich der Angeklagte vor dem Bundesgerichtshof und hatte Erfolg: Der Bundesgerichtshof führte in seiner Entscheidung aus, dass vorliegend kein bedingter Tötungsvorsatz des Angeklagten festgestellt werden kann. Bedingter Tötungsvorsatz sei gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handeln erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles Willen zumindest mit dem Eintritt des Todes eines anderen Menschen abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement). Für die Annahme eines solchen bedingten Tötungsvorsatzes sei unerlässlich dazulegen, welchen Verlauf sich der Angeklagte bei seinem Fahrmanöver (Spurwechsel) vorstellte. Unklar sei vorliegend aber, welches Ziel er verfolgte und ob er überhaupt mit einer Kollision gerechnet hat. Alleine aufgrund der Gefährlichkeit des Fahrmanövers könne jedenfalls nicht auf einen Tötungsvorsatz geschlossen werden.

Anwalt für Strafrecht: Niedrige Beweggründe

Im Fall eines Mordes kommen Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind.

In seinem Beschluss vom 11. November 2020 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 124/29) mit der Frage befassen, wann Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht als niedrige Beweggründe zur Tat in Betracht kommen. Im hiesigen Fall tötete der aus dem Irak stammende Angeklagte seine Ex-Freundin durch Messerstiche und Erwürgen, nachdem diese ihm jegliche Hoffnung genommen hatte, dass sie wieder zueinander finden würden. Der Bundesgerichtshof führte hierzu aus, dass Beweggründe zur Tat dann „niedrig“ sind, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, mithin in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und deshalb als besonders verachtenswert erscheinen. Hierbei ist der Maßstab für die Bewertung eines Beweggrundes den Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland zu entnehmen und nicht den Anschauungen einer Volksgruppe, die die sittlichen und rechtlichen Werte dieser Rechtsgemeinschaft nicht anerkennt. Ferner muss in subjektiver Hinsicht hinzukommen, dass der Täter die Umstände, die die Niedrigkeit seiner Beweggründe ausmachen, in ihrer Bedeutung für die Tatausführung ins Bewusstsein aufgenommen hat und diese gedanklich beherrschen und willensmäßig steuern kann. Im vorliegenden Fall tötete der Angeklagte seine Freundin, der er schon in der Vergangenheit mit übersteigertem Besitzdenken begegnete, auch aus Eifersucht und Wut darüber, sie nicht für sich gewinnen zu können. Derartige Beweggründe sind nach einhelliger Auffassung als niedrig einzustufen, wenn sie ihrerseits auf einer niedrigen Gesinnung beruhen. 

Anwalt für Strafrecht: Raub mit Todesfolge – Behandlungsabbruch entsprechend Patientenverfügung

Der qualifikationsspezifische Risikozusammenhang im Sinne des Raubes mit Todesfolge wird nicht dadurch unterbrochen, dass die behandelnden Ärzte mit Blick auf eine wirksame Patientenverfügung in rechtmäßiger Weise von einer Weiterbehandlung des moribunden Raubopfers absehen.

In seinem Beschluss vom 17. März 2020 musste sich der Bundesgerichtshof (3 StR 574/19) mit der Frage befassen, ob der qualifikationsspezifische Risikozusammenhang im Sinne des § 251 StGB durch das Eingreifen von Ärzten unterbrochen werden kann. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt beraubte der Angeklagte dem 84-jährigen Opfer ihrer Handtasche, wobei das Opfer das Gleichgewicht verlor und ungebremst mit dem Kopf auf das Pflaster aufschlug. Hierbei erlitt das Opfer u. a. ein Schädel-Hirn-Trauma mit einer massiven subduralen Blutung. Der Gesundheitszustand des Opfers verschlechterte sich nach einer Operation und trotz weiterer Behandlungsversuche zunehmend. Daraufhin beschlossen die behandelnden Ärzte zusammen mit den Angehörigen in Übereinstimmung mit einer entsprechenden Patientenverfügung, das Opfer nur noch palliativ weiter zu behandeln. Das Opfer verstarb 13 Tage nach der Tat. Der geforderte Risikozusammenhang i. S. d. § 251 StGB kann unterbrochen werden, wenn die tödliche Folge erst durch das Eingreifen eines Dritten oder ein eigenverantwortliches Handeln des Opfers selbst herbeigeführt wurde. Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass die Anwendung des § 251 StGB immer dann ausgeschlossen ist, wenn die tödliche Folge nicht unmittelbar durch die im Rahmen der Nötigung eingesetzten Gewalt, sondern erst durch das Hinzutreten weiterer Umstände herbeigeführt wird. § 251 StGB verlangt als erfolgsqualifiziertes Delikt eine jedenfalls fahrlässige Herbeiführung der schweren Folge. Damit muss deren Eintritt – neben den entsprechenden subjektiven Anforderungen an die „Leichtfertigkeit“ – objektiv voraussehbar, also nach der Lebenserfahrung erwartbar sein. Im vorliegenden Fall setzte der Angeklagte mit der zur Wegnahme der Handtasche angewendeten Gewalt insoweit das Risiko für den tödlichen Ausgang, da dies zum Sturz und der zum Tode führenden Körperverletzung führte. Das Opfer einer Gewalttat, das ärztliche Hilfe nicht in Anspruch nimmt, setzt keine neue Ursache für ein solches Versterben, sondern wirkt nur dem vom Täter gesetzten tödlichen Risiko nicht entgegen. Der Tod des Verstorbenen ist mithin unmittelbar auf die Körperverletzungshandlung des Angeklagten zurückzuführen und nicht nur durch einen autonomen, mit diesem Geschehen lediglich durch Kausalität verbundenen Willensbildungsprozess beeinflusst. Dementsprechend unterbricht das Verhalten der Ärzte, die wegen des Vorliegens einer Patientenverfügung dem Willen der Patientin folgend in rechtmäßiger Weise auf eine Weiterbehandlung verzichten, den Risikozusammenhang nicht. Zudem entspricht es einem vom Schutzzweck des § 251 StGB unterfallenden typischen Verlauf, dass ein durch eine Nötigungshandlung schwer Verletzter auf lebensverlängernde Maßnahmen im Rahmen einer Patientenverfügung verzichtet.

Anwalt für Strafrecht: Tötungsvorsatz in Polizeifluchtfällen

Unter Umständen kann auch ein starker Fluchtwille des Angeklagten ein ausschlaggebendes Indiz für die Annahme darstellen, dass er auch den Tod anderer Personen als mögliche Folge seines Handelns in Kauf genommen hat.

In seiner Entscheidung vom 24. März 2021 (4 StR 142/20) musste sich der Bundesgerichtshof mit dem Tötungsvorsatz in den sog. Polizeifluchtfällen auseinandersetzen. Vorliegend hatten der Angeklagte und seine zwei Mittäter einen Transporter aufgebrochen und daraus diverse Koffer mit Werkzeug entwendet. Dabei waren sie von zivilen Polizeibeamten beobachtet worden, weshalb der Angeklagte und seine Mittäter sich mit dem Fahrzeug des Angeklagten auf die Flucht begaben. Im Laufe dieser Flucht fuhr der Angeklagte mit Vollgas auf eine Kreuzung, wo er eine Fußgängerin erfasste und tödlich verletzte. Anschließend prallte er gegen ein parkendes Auto, wobei der Beifahrer des Angeklagten tödliche Verletzungen erlitt. Der BGH führt aus, dass die Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes in zwei Fällen durch das Landgericht Berlin revisionsrechtlicher Überprüfung standhält. Dem Angeklagten sei sowohl die hohe Gefährlichkeit seines Handelns als auch das Risiko für tödliche Verletzungen anderer Personen bewusst gewesen. Das Vorgehen des Angeklagten bei dem Versuch seiner Festnahme wie auch seine anschließende Flucht lassen auf ein außerordentliches Maß an Gleichgültigkeit gegenüber den Interessen anderer schließen. Hierbei stellt insbesondere der starke Fluchtwille des Angeklagten ein ausschlaggebendes Indiz für die Annahme dar, der Angeklagte habe auch den Tod anderer als mögliche Folge seines Handelns in Kauf genommen.