Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Erpresserischer Menschenraub
Wann ein Entführen im Sinne des § 239a Abs. 1 Alt. 1 StGB gegeben ist, hat der Bundesgerichtshof (6 StR 552/23) in seinem Beschluss vom 7. August 2024 entschieden. Die Angeklagten hatten beschlossen, vom Geschädigten 400,00 € zu verlangen. Dafür sagten sie ihm, sie wollen mit ihm mit dem Auto zu McDonalds fahren. Stattdessen fuhren sie irgendwann an die Seite, wo sie die EC-Karte des Geschädigten heraussuchten und ihn unter Drohungen dazu brachten, die PIN zu verraten. Da die Karte bereits abgelaufen war, konnten die Angeklagten jedoch kein Geld abheben. Daher fuhren sie später mit dem Angeklagten zu ihm nachhause, wo sie ihn schlugen, traten und mit einem Pizzaschneider schnitten. Davon erhofften sie sich, zu einem späteren Zeitpunkt unter dem fortwirkenden Eindruck ihrer Drohungen und Gewaltanwendungen Geld von ihm einzutreiben. Das Landgericht Magdeburg verurteilte die Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Es hätte jedoch auch der erpresserischer Menschenraub erörtert werden müssen. Das Merkmal des Entführers im Sinne des § 239a Abs. 1 Alt. 1 StGB ist demnach dann erfüllt, wenn der Täter das Opfer ohne dessen Willen an einen anderen Ort bringt und dessen Schutz- und Verteidigungsmöglichkeiten dadurch in einem Maß einschränkt, dass es seinem ungehemmten Einfluss ausgesetzt ist. Dabei muss die Ortsveränderung nicht gewaltsam bewirkt werden. Auch durch andere Mittel, wie eine List, sind möglich. Auch der Vorwand, mit dem Geschädigten zu McDonalds fahren zu wollen, legt nahe, dass es sich hier um eine mittels List bewirkte Ortsveränderung handelt.
Anwalt für Strafrecht: Erpresserischer Menschenraub
In seinem Beschluss vom 23. Februar 2024 hat der Bundesgerichtshof sich mit dem erpresserischen Menschenraub nach § 239a StGB auseinandergesetzt. Die Angeklagten hielten den Geschädigten mehrere Stunden fest, um von seinen Verwandten Geld zu erpressen. Diese bezahlten jedoch nicht. Nachdem zwei unbekannt gebliebene Männer die Angeklagten aufforderten, den Geschädigten gehen zu lassen, ließen sie diesen frei. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Der Bundesgerichtshof merkt in seinem Beschluss jedoch an, dass es rechtsfehlerhaft ist, eine mögliche Strafmilderung wegen tätiger Reue nach § 239a StGB zu verneinen, da sie den Angeklagten nicht freiwillig haben gehen lassen. Die Vorschrift setzt eine Freiwilligkeit nicht voraus.
Anwalt für Strafrecht: Freiheitsberaubung
In seinem Beschluss vom 28. Januar 2021 hat sich der Bundesgerichtshof (3 StR 279/20) mit der schweren Freiheitsberaubung beschäftigt. In dem hiesigen Sachverhalt kam es zwischen dem Angeklagten und dem Nebenkläger zu einer Auseinandersetzung in der Wohnung des Angeklagten. Dieser sperrte den Nebenkläger daraufhin in seiner Wohnung ein. Nach 2-3 Stunden sprang der Nebenkläger aus dem über 7m hohen Fenster, wodurch dieser sich schwerwiegende Verletzungen zuzog. Der Angeklagte wurde anschließend vom Landgericht Oldenburg wegen Freiheitsberaubung verurteilt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes wurde vorliegend jedoch nicht ausreichend auf die schwere Freiheitsberaubung nach § 239 Abs. 3 Nr. 2 StGB eingegangen. Zwischen der Gesundheitsschädigung und der Tat könnte es einen ursächlichen Zusammenhang geben. Zudem ist die Vorhersehbarkeit des Erfolges bei Fluchtversuchen in der Regel zu bejahen.
Anwalt für Strafrecht: Erpresserischer Menschenraub
In seinem Beschluss vom 3. Februar 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 279/20) damit auseinandersetzen, wann die Voraussetzungen für einen erpresserischen Menschenraub vorliegen. Im vorliegenden Fall wurde der Geschädigte von den Angeklagten, bei denen dieser Schulden hatte, in einer Hütte festgehalten. Nach mehreren Drohungen und Gewalteinwirkungen wurde den Angeklagten vom Geschädigten zugesichert, dass sie in den nächsten Tagen das Geld erhalten werden. Vom Landgericht Darmstadt wurden die Angeklagten anschließend unter anderem wegen erpresserischen Menschenraubs verurteilt, wogegen ihre Revision jedoch Erfolg hatte. Das begründete der Bundesgerichtshof damit, dass der funktional-zeitliche Zusammenhang zwischen der Bemächtigungslage und der beabsichtigten Erpressung es vorsieht, dass das Opfer während der Zwangslage erpresst wird. Die Leistung des Geschädigten erfolgt in diesem Fall jedoch, nachdem die Zwangslage schon beendet ist. Die Zusage zur späteren Geldübergabe reicht nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht aus.
Anwalt für Strafrecht: Raub/Freiheitsberaubung
Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 10. September 2020 (4 StR 14/20) mit der Frage auseinander zu setzten, wann eine Freiheitsberaubung im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter einem Raub zurücktritt. Es wirkt sich zugunsten des Beschuldigten aus, wenn eine verwirklichte Straftat als mitverwirklicht im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter einer anderen Straftat zurücktritt. Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, drang gemeinsam mit einem Dritten in das Haus des Betroffenen ein, um einen Einbruch zu begehen. Als sie den Betroffenen im Wohnzimmer antrafen brachten sie ihn durch einen Schlag auf den Rücken zu Boden. Der Dritte bewachte und fesselte ihn, während dem der Beschuldigte das Haus nach Wertgegenständen durchsuchte. Anschließend ließen sie den gefesselten Betroffenen im Wohnzimmer zurück und verriegelten die Tür zwischen Wohnzimmer und Diele. Im Zuge dessen führte der BGH aus, dass durch das Zurücklassen des Beschuldigten und das Verriegeln der Tür zwischen Diele und Wohnzimmer eine Strafbarkeit wegen Freiheitsberaubung infrage kommt. Eine Freiheitsberaubung tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter einem Raub nur insoweit zurück, als sie das tatbestandsmäßige Mittel zu dessen Begehung ist.
Anwalt für Strafrecht: Freiheitsberaubung durch Unterlassen
Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 4. September 2014 (4 StR 473/13) mit der Frage zu befassen, inwiefern sich ein Polizeibeamter, welcher einen in Gewahrsam befindlichen Betroffenen nicht dem gesetzlichen Richter vorführt, wegen Freiheitsberaubung durch Unterlassen strafbar macht. Als sog. „Beschützergaranten“ obliegt dem verantwortlichen Polizeibeamten eine Erfolgsabwendungspflicht, bezüglich dem Betroffenen in Gewahrsam unverzügliche Vorführung beim zuständigen Richter zu veranlassen bzw. unverzüglich dessen Entscheidung über die Fortdauer des Gewahrsams herbeizuführen. Für eine Strafbarkeit wegen Unterlassen, muss das Unterlassen der tatbestandlichen Handlung jedoch „quasikausal“ für den Eintritt der Freiheitsentziehung gewesen sein. Dies ist dann der Fall, wenn die Freiheitsentziehung beim Hinzudenken der gebotenen Handlung entfiele, ob also die gebotene Handlung die Freiheitsentziehung verhindert hätte. Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, war zum Zeitpunkt der Ingewahrsamnahme des Betroffenen Dienstgruppenleiter und hatte die Verantwortung dafür, dass die zulässige Dauer der Freiheitsentziehung nicht überschritten wird. Der Betroffene wurde nach Ingewahrsamnahme, trotz möglicher Vorführung bei einem Richter, nicht vorgeführt. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs machte sich der Beschuldigte jedoch nicht wegen Freiheitsberaubung durch Unterlassen strafbar. Da die gebotene Handlung des Beschuldigten bei Fortführung des Gewahrsams das Veranlassen der unverzüglichen Vorführung des Betroffenen beim zuständigen Richter bzw. das unverzügliche Herbeiführen von dessen Entscheidung war, entfällt die Kausalität, wenn diese Handlung vorgenommen worden wäre und der Richter den Gewahrsam jedenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angeordnet hätte.
Anwalt für Strafrecht: Freiheitsberaubung
In seinem Beschluss vom 15. August 2018 (2 StR 474/17) stellte sich dem Bundesgerichtshof die Frage, inwiefern das Einschließen eines Betroffenen in eine Zelle, mit der Möglichkeit durch Klopfen die der Zelle zu entkommen ein Einsperren darstellt. Einsperren im Sinne einer Freiheitsberaubung ist das Festhalten des Betroffenen in einem umschlossenen Raum durch äußere Vorrichtungen, so dass der Betroffene objektiv gehindert ist, sich von dem Ort wegzubewegen. An der Unmöglichkeit der Fortbewegung fehlt es, wenn die Fortbewegung nur erschwert ist. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGH zugrunde liegenden Sachverhalt, war Richter auf Probe bei einem Amtsgericht. Um einem Beschuldigten in einer Verhandlung zu einem Geständnis zu bewegen, beschloss der Beschuldigte diesem die Umstände eines Zellenaufenthalts zu verdeutlichen. Der Beschuldigte führte den Betroffenen in Begleitung eines Wachtmeisters in den Gewahrsamsbereich des Amtsgerichts. Der Beschuldigte fragte den Betroffenen, ob er sich die Zelle ansehen wolle. Er sicherte dem Beschuldigten zu, die Tür werde nicht verriegelt und sie werde nach einer Minute oder bei Klopfen des Betroffenen geöffnet. Der völlig verängstigte Beschuldigte willigte ein. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte nicht wegen Freiheitsberaubung strafbar. Dem Betroffenen war durch das Verschließen der Zellentür die Fortbewegung nicht unmöglich gemacht. Er konnte die Zelle nicht ohne Weiteres verlassen, er hatte jedoch die zumutbare Möglichkeit zu klopfen und damit jederzeit den Aufenthalt in der Zelle zu beenden.
Anwalt für Strafrecht: Freiheitsberaubung
Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Urteil vom 23. August 2018 (3 StR 149/18) mit der Frage auseinander, ob sich ein Beschuldigter wegen Freiheitsberaubung strafbar macht, wenn er den Betroffenen nicht eingesperrt hat, ihn jedoch bewacht. Tatbestandsmäßig im Sinne einer der Freiheitsberaubung ist ein Verhalten, dass einen Menschen daran hindert, seinen gegenwärtigen Aufenthaltshort zu verlassen. Dies kann durch Einsperren oder die Freiheitsberaubung erfolgen. Ein Einsperren ist gegeben, wenn die Fortbewegungsmöglichkeit des Betroffenen dadurch aufgehoben wird, dass er in einen umschlossenen Raum verbracht wird, der über äußere Vorrichtungen verfügt, welche ein Verlasen des Raumes verhindern. Eine Freiheitsentziehung beginnt mit Eintritt des Freiheitsentzugs und endet, wenn der Betroffene seine Fortbewegungsfreiheit zurückerlangt und erfasst somit auch Verhalten, welche die Freiheitsentziehung aufrechterhält. Der Beschuldigte war bei Bekannten zu Besuch. Diese hielten den Betroffenen über einen längeren Zeitraum in einem Zimmer gefangen. Der Beschuldigte sympathisierte hiermit und entschloss sich die Bekannten zu unterstützten. Der Beschuldigte stellte sich für mindestens sieben Tage als Bewacher des Betroffenen zur Verfügung. Er versorgte den Betroffenen mit Lebensmitteln und schloss ihn nach Ausführungen zum Sanitärbereich wieder ein. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte wegen schwerer Freiheitsberaubung strafbar. Der Beschuldigte hielt die Freiheitsentziehung aufrecht, indem er sich an der Bewachung des Betroffenen beteiligte und diesen nach Ausführungen zum Sanitärbereich wieder einschloss.
Anwalt für Strafrecht: Geiselnahme
Für eine Geiselnahme muss der Beschuldigte den Betroffenen in eine Bemächtigungssituation versetzten. Der Bemächtigungssituation muss hierbei eine eigenständige Bedeutung zukommen. Eine solche eigenständige Bedeutung hat diese nicht, wenn der Beschuldigte sich des Betroffenen mittels einer Drohung ermächtigt, um ihn in unmittelbarem Zusammenhang zu weitergehenden Handlungen zu nötigen. In diesem Fall werden die ernötigten Handlungen alleine durch die Drohung durchgesetzt. Der Beschuldigte in dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27. Mai 2014 (2 StR 606/13) drohte der Betroffenen um sie zu sexuellen Handlungen zu zwingen. Als diese fliehen wollte klebte er ihr den Mund mit Klebeband zu, würgte sie und sprach Todesdrohungen aus. Die Drohungen verband der Beschuldigte mit der Aufforderung sexuelle Handlungen vorzunehmen. Dem Bundesgerichtshof stellte sich die Frage, ob hier die für eine Geiselnahme erforderliche Bemächtigungssituation vorlag. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs diente das Würgen und die Drohung dazu, sich der Betroffenen zu bemächtigen um sie in unmittelbarem Anschluss daran zu weitergehenden Handlungen zu nötigen. Somit kam der Bemächtigungssituation keine eigenständige Bedeutung zu und der Beschuldigte machte sich keiner Geiselnahme strafbar.
Anwalt für Strafrecht: Freiheitsberaubung
Für Strafbarkeit wegen Freiheitsberaubung muss der Beschuldigte den Betroffenen des Gebrauchs seiner persönlichen Freiheit berauben. Hierfür muss der Beschuldigte die Fähigkeit des Betroffenen beseitigen, sich nach seinem Willen fortzubewegen und ihn daran hindern, seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort zu verlassen. Dies setzt voraus, dass die Fortbewegungsfreiheit des Betroffenen vollständig aufgehoben wird. Im Rahmen dessen sah sich der Bundesgerichthof in seinem Beschluss vom 22. Januar 2015 (3 StR 410/14) mit der Frage konfrontiert, ob ein Verbot, einen Ort ohne die Begleitung einer anderen Person zu verlassen, bereits vom Tatbestand der Freiheitsberaubung erfasst ist. Der Beschuldigte in dem zugrundeliegenden Sachverhalt brachte seine Tochter ins Ausland. Hier untersagte er ihr, das Haus ohne Begleitung älterer Familienmitglieder zu verlassen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist hierin keine Freiheitsberaubung zu sehen. Durch das Verbot, das Haus nicht ohne Begleitung Dritter zu verlassen, wurde die Bewegungsfreiheit der Betroffenen nicht vollständig aufgehoben. Aufgrund dessen liegt hierin keine Verwirklichung des Tatbestands der Freiheitsberaubung.