Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Erpresserischer Menschenraub
In seinem Beschluss vom 3. Februar 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 279/20) damit auseinandersetzen, wann die Voraussetzungen für einen erpresserischen Menschenraub vorliegen. Im vorliegenden Fall wurde der Geschädigte von den Angeklagten, bei denen dieser Schulden hatte, in einer Hütte festgehalten. Nach mehreren Drohungen und Gewalteinwirkungen wurde den Angeklagten vom Geschädigten zugesichert, dass sie in den nächsten Tagen das Geld erhalten werden. Vom Landgericht Darmstadt wurden die Angeklagten anschließend unter anderem wegen erpresserischen Menschenraubs verurteilt, wogegen ihre Revision jedoch Erfolg hatte. Das begründete der Bundesgerichtshof damit, dass der funktional-zeitliche Zusammenhang zwischen der Bemächtigungslage und der beabsichtigten Erpressung es vorsieht, dass das Opfer während der Zwangslage erpresst wird. Die Leistung des Geschädigten erfolgt in diesem Fall jedoch, nachdem die Zwangslage schon beendet ist. Die Zusage zur späteren Geldübergabe reicht nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht aus.
Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung
Wegen räuberischer Erpressung macht sich gemäß § 255 StGB strafbar, wer die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begeht. In seiner Entscheidung vom 27. März 2019 (2 StR 465/18) befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, wann eine Drohung vorliegt. Vorliegend verfügten die zwei Angeklagten über Marihuana, welches sie unter anderem gewinnbringend an den Geschädigten veräußerten. Als dieser den Erlös nicht an die Angeklagten auszahlte, schlug einer der beiden Angeklagten dem Geschädigten ins Gesicht, um ihn zur Auszahlung zu bewegen. Beide Angeklagten nutzen danach die von der Verletzungshandlung ausgehende und fortwirkende Bedrohungswirkung dazu aus, den Geschädigten dazu zu motivieren, sich Geld zu beschaffen. Die Angeklagten wurden noch vor Auszahlung des Geldes von der Polizei erwischt. Dem Bundesgerichtshof zufolge erfordert die räuberische Erpressung einen finalen Zusammenhang zwischen dem Nötigungsmittel und der von dem Opfer vorzunehmenden vermögensschädigenden Handlung. Zwar genüge eine konkludente Drohung, jedoch enthalte das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung für sich genommen noch keine Drohung. Erforderlich sei hierfür vielmehr, dass der Täter die Gefahr für Leib und Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht und aktualisiert aufrechterhält. In dem Verhalten der Angeklagten liege daher eine versuchte räuberische Erpressung, da die Angeklagten im Anschluss an die Körperverletzung die hierdurch konkludent bewirkte Bedrohung des Geschädigten aufrechterhalten und ausgenutzt haben, um diesen zur Beschaffung von Geld zu motivieren.
Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung
Der Bundesgerichtshof setzte sich in einem Urteil vom 08.01. 2020 - 4 StR548/19 - mit der Frage auseinander ob die Nötigung zur Begehung eines Eigentumsdelikts eine Erpressung darstellt.
Der Angeklagte traf auf zwei 13 – Jährige. Er bedrohte sie mit einem Messer und verlangte von ihnen Wertgegenstände für den Angeklagten zu stehlen. Die verängstigten Jungen widersetzten sich zunächst nicht. Schließlich gelang ihnen aber die Flucht vor dem Angeklagten. Das Landgericht Detmold verurteilte den Angeklagten unter anderem wegen versuchter besonders schwerer Erpressung. Dagegen legte der Angeklagte Revision ein.
Nach Auffassung des BGH ist vorliegend eine Erpressung nicht vom Tatplan des Angeklagten erfasst. Der Tatbestand der versuchten Erpressung verlangt, dass, nach dem Tatplan des Täters, das Opfer der Nötigungshandlung einen Vermögensschaden erleidet. Dies ist hier gerade nicht zutreffend, da die Begehung strafbarer Handlungen bei den Nötigungsopfern keinen Vermögensschaden verursacht. Damit schiedet eine Erpressung aus und es verbleibt eine Strafbarkeit wegen versuchter Nötigung. Die Revision hat mithin bezüglich der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung Erfolg.
Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung
Um sich wegen räuberischer Erpressung strafbar zu machen, muss der Beschuldigte den Betroffenen qualifiziert zu einem Handeln, Dulden oder Unterlassen nötigen. Ein erforderliches qualifiziertes Nötigungsmittel stellt eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben dar. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 20. August 2013 (3 StR 192/13) mit der Frage ob, eine Drohung den Hund des Betroffenen zu töten eine Drohung im Sinne einer räuberischen Erpressung darstellt. Der Beschuldigte legte ein Messer und eine Pistole auf den Tisch des Betroffenen und verknüpfte seine unberechtigte Geldforderung mit den Aussagen der Hund des Betroffenen „müsse dran glauben“ und „Sonst erschieße ich deinen Hund“. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs drohte der Beschuldigte in Folge dessen nicht im Sinne einer räuberischen Erpressung. Drohungen mit Gewalt, die sich nicht gegen Personen richten, genügen als solche nicht, mögen sie auch noch so willensbeugend sein.
Anwalt für Strafrecht: Raub/Räuberische Erpressung
Der Bundesgerichthof befasste sich in seinem Urteil vom 17. Juli 2019 (637/18) damit, ob der Finalzusammenhang dann entfällt, wenn ein Beschuldigter deutlich weniger Geld erbeutet als eigentlich vorgesehen. Die Strafbarkeit wegen Raubes oder räuberischer Erpressung setzt einen finalen Zusammenhang zwischen Gewalt bzw. qualifizierter Drohung und Wegnahme bzw. Hingabe der Sache voraus. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn der Beschuldigte den Raub-/Erpressungsvorsatz erst nach Abschluss dieser Handlung fasst. Unter bestimmten Umständen entfällt der Finalzusammenhang, wenn der Beschuldigte einen bestimmten Gegenstand erbeuten will und es im weiteren Verlauf zur Wegnahme oder Herausgabe einer ganz anderen Sache kommt. Die Beschuldigten, in dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, beabsichtigten einen Tresor samt dessen angeblichen Inhalt von 300.000 – 600.000 € Bargeld zu entwenden. Im Zuge des gewaltsamen Eindringens in das Haus der Betroffenen durch die Beschuldigten, händigte die Betroffene den Beschuldigten 50 € aus ihrem Geldbeutel aus. Nach dem erfolglosen Aufsuchen des Tresors verließen die Beschuldigten das Haus wieder mitsamt der 50 €. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs lag ein Finalzusammenhang zwischen dem gewaltsamen Eindringen der Beschuldigten und der Wegnahme der 50 € vor. Der Raubvorsatz der Beschuldigten bestand von Anfang an und bezog sich auf Geld. Es stellt daher eine lediglich unerhebliche Abweichung vom Tatplan dar und hält sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung und aus Tätersicht Voraussehbaren, dass der Beschuldigte lediglich 50 € mitnahm.
Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung
Der Beschuldigte in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 20.08.2013 – 3 StR 192/13 zugrundeliegenden Sachverhalt hatte nach Hervorzeigen eines Messers und einer Pistole die Zahlung Geld gefordert, andernfalls werde er den Hund des Bedrohten erschießen. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Verhalten keine Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben festgestellt. Die Rechtsprechung kann solche qualifizierten Nötigungsmittel nur annehmen, wenn die Drohung mit Gewalt gegen Personen gerichtet ist. Nicht ausreichend ist das Inaussichtstellen von Gewalt gegen Tiere, selbst wenn diese eine willensbeugende Wirkung erzeugt. Vielmehr muss dem Bedrohten im Rahmen der räuberischen Erpressung eine Leibes- oder Lebensgefahr deutlich in Aussicht gestellt werden. Die Drohung, bei ausbleibender Zahlung den Hund zu töten, genügt nicht als ein solches qualifiziertes Nötigungsmittel.
Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung
In seinem Beschluss vom 12.12.2012 – 5 StR 574/12 hat der Bundesgerichtshof bestätigt, dass nur bewegliche Gegenstände von den gefährlichen Werkzeugen im Rahmen der räuberischen Erpressung erfasst werden. Dies wird insbesondere auch damit begründet, dass gefährliche Werkzeuge nach dem Wortlaut der Vorschrift „bei sich geführt“ werden können. Bei dem im Sachverhalt in Frage stehenden Gerät handelte es sich um einen Industriemüll-Häcksler, der für das Schreddern von Industriemüll vorgesehen und groß genug war um einen Menschen darin aufnehmen zu können. Die Beschuldigten in dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatten im Rahmen einer räuberischen Erpressung die Herausgabe von Geld gefordert, andernfalls würde der Geschädigte in dem für das Schreddern von Industriemüll vorgesehenen Gerät landen. Der Bundesgerichtshof verneinte hier die Eigenschaft eines gefährlichen Werkzeuges. Die Gefährlichkeit des Industrie-Häckslers entspringt nicht aus der erforderlichen Bewegung gegen einen Menschen oder eines Menschen gegen das Gerät, sondern vielmehr durch den Verarbeitungsvorgang selbst.
Anwalt für Strafrecht: räuberische Erpressung
Für die Verwirklichung einer räuberischen Erpressung durch den Beschuldigten muss eine finale Verknüpfung zwischen dem Nötigungsmittel und der vermögensschädigenden Handlung des Betroffenen vorliegen. Der Bundesgerichtshof hatte sich im Zuge dessen in seinem Beschluss vom 27. März 2014 (3 StR 103/14) mit der Verurteilung des Beschuldigten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung durch das Landgericht zu befassen. Hierbei kam die Frage auf, inwiefern eine sofortige Flucht nach Vornahme einer Nötigungshandlung, den Finalzusammenhang bei der räuberischen Erpressung entfallen lassen kann. Der Beschuldigte stach unvermittelt mit einem Messer auf den Betroffenen ein. Anschließend ergriff der Beschuldigte die Flucht. Mit dem Zustechen verband der Beschuldigte eine Aufforderung an den Betroffenen seine Schulden beim Beschuldigten zurückzuzahlen. Der Bundesgerichthof lehnte in seinem Beschluss, entgegen den Annahmen des Landgerichts, einen Finalzusammenhang ab. Zwar verband der Beschuldigte das Zustechen mit einer Zahlungsaufforderung, jedoch lässt die im Anschluss erfolgende Flucht annehmen, dass der Beschuldigte den Betroffenen nicht in Angst vor weiteren körperlichen Misshandlungen versetzten und hierdurch zur Zahlung veranlassen wollte.
Anwalt für Strafrecht: Drohung bei einer räuberischen Erpressung
Mit Beschluss vom 04. Dezember 2013 – 4 StR 422/13 setzt sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinander, wann eine Drohung im Sinne der räuberischen Erpressung vorliegt. Der Beschuldigte hatte gedroht, jemanden abzustechen. Dabei hielt er ein Messer in den Händen. Diese Aussage stellte er in den Raum, ohne dabei eine der anwesenden Personen konkret anzusprechen. Anschließend forderte der Beschuldigte von seiner Mutter Geld, ohne die Drohung zu wiederholen.
Grundsätzlich ist eine Drohung das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Täter Einfluss hat oder vorgibt Einfluss zu haben. Eine Drohung kann sich nicht nur aus klaren und eindeutigen Worten ergeben, sondern auch aus unbestimmten und versteckten Andeutungen. Dabei muss sich die Drohung – auch bei harmlosen Äußerungen in Gestalt von Mitteilungen, Ratschlägen, Mahnung etc. – aus den Umständen ergeben. Entscheidend ist, dass eine seelische Einwirkung in Form eines hinreichend erkennbaren Übels bei dem Bedrohten stattgefunden hat, die dazu geeignet ist, dessen Willen zu beugen.
Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass für eine Drohung eine konkrete Person angesprochen bzw. bedroht werden muss. Nicht ausreichend ist, eine drohende Aussage gegenüber einer Personengruppe in den Raum zu stellen. Die vorherige Aussage des Beschuldigten jemanden abzustechen, wirke nicht mehr fort. Daher kann in der Forderungen gegenüber der Mutter keine Drohung gesehen werden kann. Es fehlen Tatsachen, die belegen, dass die Mutter dem Sohn deshalb Geld gegeben hat, weil er vorher gedroht hatte, jemanden abzustechen. Auch fehle ein entsprechender Vorsatz bei dem Beschuldigten. Ein Vorsatz liegt nicht schon dann vor, weil der Beschuldigte hofft, seine vorherigen Handlungen wirken auch bei der späteren Forderungen nach Geld nach. Dafür ist vielmehr das „Ausnutzen eines Klimas der Gewalt“ notwendig. Dies konnte hier jedoch nicht festgestellt werden.
Anwalt für Strafrecht: Schwerer Raub / Räuberische Erpressung
Wer bei einem Raub oder einer räuberischen Erpressung eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug bei sich führt, muss nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter drei Jahren rechnen. Doch wann ist das Merkmal des Beisichführens überhaupt verwirklicht? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich dazu in seiner Entscheidung vom 5. Oktober 2016 - 3 StR 328/16 dahingehend geäußert, dass das Merkmal auch dann vorliegen soll, wenn sich das Werkzeug nur in räumlicher Nähe des Beteiligten befindet und dieser es zum Tatort mitgebracht hat oder es zu irgendeinem Zeitpunkt bis zur Tatbeendigung noch ergreift.
Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass kein Beisichführen vorliegt, wenn ein gefährliches Werkzeug lediglich am Tatort vorgefunden und unangetastet gelassen wird, auch wenn das Bewusstsein besteht, dass das Werkzeug funktionsbereit zur Verfügung steht. Grundsätzlich erfordert das Beisichführen eines gefährlichen Werkzeugs nach ständiger Rechtsprechung zwar nicht, dass der Beteiligte es in der Hand hält oder am Körper trägt. Allerdings reicht es aus, wenn das Werkzeug sich in Griffweite befindet oder er sich jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen kann.