Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Besonders schwerer Raub

Für die Feststellung der Schwere der Schuld bei Jugendlichen müssen sämtliche für die Schuldbeurteilung relevanten Umstände einbezogen werden.

Wann die Schwere der Schuld bei Jugendlichen festzustellen ist, hat der Bundesgerichtshof (2 StR 122/23) in seinem Beschluss vom 02. August 2023 entschieden. Im vorliegenden Fall, dem der Beschluss des Bundesgerichtshofes zugrunde liegt, entwendeten die 18-jährige Angeklagte und zwei weitere Personen der 91-jährigen Geschädigten 1.500,00 €. Während der Tat hielten die Angeklagte und eine der weiteren Angeklagten der Geschädigten einen Hammer vor, um ihr Angst zu machen. Zuvor äußerte die 18-jährige Angeklagte gegenüber der anderen Angeklagten Zweifel und innere Ablehnung in Bezug auf die Tat. Das Landgericht Aachen verurteilte sie für die Tat wegen besonders schweren Raubes, verneinte aber die Schwere der Schuld im Sinne des § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG. Der Bundesgerichtshof merkt in seinem Beschluss an, dass die Schwere der Schuld nicht vorrangig anhand des äußeren Unrechtsgehalts der Tat und ihrer Einordnung nach dem allgemeinen Strafrecht bestimmt wird, sondern vor allem die innere Tatseite entscheidend ist. Durch den äußeren Unrechtsgehalt der Tat und das Tatbild können aber Schlüsse auf die innere Haltung gezogen werden. Dass sich die Angeklagte der Tat innerlich ablehnend gezeigt hat, stimmt der Bundesgerichtshof nicht zu, da dies mit den weiteren Urteilsgründen nicht in Einklang steht. Demnach beruht die zögerliche Haltung, die das Landgericht festgestellt hat, vielmehr auf der Furcht vor einer Entdeckung, als der Empathie zu der Geschädigten, wie das Landgericht bei ihren Ausführungen zu schädlichen Neigungen selber ausführt.

Anwalt für Strafrecht: Raub

Für einen Raub muss zwischen des Einsatzes von Gewalt und der Wegnahme eine finale Verknüpfung bestehen.

Ob im vorliegenden Fall ein Raub vorlag, hat der Bundesgerichtshof (4 StR 351/22) in seinem Beschluss vom 9. November 2022 entschieden. Der Angeklagte begab sich mit einer Mitangeklagten zu deren Mutter. Dort verlangten die beiden in einem Streit ein Sparbuch heraus, in dessen Verlauf die Mitangeklagte ihre Mutter mehrere Male schlug und der Angeklagte ihr mit einer täuschend echt aussehenden Pistole drohte und mit dieser auf sie einschlug. Die Geschädigte verneinte weiterhin die Existenz des Sparbuchs, woraufhin sich der Angeklagte dazu entschied, sämtliche andere Gegenstände sowie Geld zu entwenden. Das Landgericht Dortmund verurteilte den Angeklagten dafür wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Das Bundesgerichtshof stellt jedoch fest, dass die Feststellungen eine Verurteilung wegen besonders schweren Raubes nicht tragen, da eine finale Verknüpfung zwischen dem eingesetzten Nötigungsmitteln und der Wegnahme nicht vorliegt. Demnach entschloss sich der Angeklagte erst dazu die anderen Gegenstände zu stehlen, nachdem er bereits aufgehört hatte, auf die Geschädigte mit der Pistole einzuschlagen. Auch eine konkludente Drohung konnte vorliegend nicht festgestellt werden, sodass die Revision des Angeklagten Erfolg hatte.

Anwalt für Strafrecht: Schwerer Raub

Wer einen Raub mit einer Luftpumpe begeht und anderen Personen mit dieser droht, kann sich des schweren Raubes schuldig machen.

Ob die Begehung eines Raubes mittels einer Luftpumpe einen Raub zu einem schweren Raub nach § 250 StGB macht, beantwortete der Bundesgerichtshof (4 StR 61/23) in seinem Beschluss vom 28. März 2023. Nach dem vorliegenden Sachverhalt wollte der Angeklagte der Geschädigten ihre Handtasche wegnehmen, um an das sich darin befindliche Bargeld zu kommen. Um seinen Plan zu verwirklichen, hielt er ihr eine Luftpumpe wie ein Gewähr vor, damit sie es für eine Schusswaffe hält. Sein Vorhaben hatte schließlich Erfolg. Das Landgericht Essen verurteilte ihn dafür wegen schweren Raubes und auch der Bundesgerichtshof hält diesen hier für gegeben. Der Angeklagte hat durch das Vorhalten der Luftpumpe den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB verwirklicht, unter welchen auch Scheinwaffen fallen. Da die Luftpumpe nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht offensichtlich ungefährlich ist, kann ein schwerer Raub ohne rechtliche Bedenken angenommen werden.

Anwalt für Strafrecht: Raub

Für eine Mittäterschaft ist nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst notwendig.

Beihilfe oder Mittäter: Mit dieser Frage musste sich der Bundesgerichtshof (6 StR 378/22) in seinem Beschluss vom 23. März 2023 beschäftigen. Der Angeklagte im hiesigen Fall erfuhr, dass eine Bekannte ihr Wohnhaus verkauft hatte und erzählte dies seinem Beifahrer. Dieser fragte daraufhin nach weiteren Informationen und sie beschlossen, das Geld aus dem Hausverkauf an sich zu bringen. Am Tattag fuhren sie mit weiteren Komplizen zum Haus der Geschädigten, wobei der Angeklagte während des Überfalls im Wagen wartete. Für den Überfall gab der Angeklagte seinen Komplizen zuvor eine Dienstjacke der Deutschen Post. Das Landgericht Mönchengladbach verurteilte den Angeklagten daraufhin wegen tateinheitlicher Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub, besonders schweren Raub und besonders schwerer Erpressung. Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Beschluss jedoch fest, dass es sich dabei um eine Mittäterschaft handelt. Zur Tatherrschaft führte der Bundesgerichtshof aus, dass der Angeklagte wesentlichen Einfluss auf das Stattfinden der Tat hatte, da er den Tipp sowie essentielle Informationen lieferte. Zwar war er nicht an der weiteren Tatplanung beteiligt, jedoch stütze sich der Plan auf seiner Bereitschaft, die Dienstjacke der Deutschen Post zur Verfügung zu stellen. Auch seine Fahrdienste waren für den Taterfolg bedeutsame Beiträge. Zuletzt stellte der Bundesgerichtshof klar, dass auch sein Tatinteresse aufgrund hoher Schulden zu berücksichtigen ist.

Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung

Beim Wiedererkennen des Angeklagten durch einen Zeugen darf sich nicht ohne Weiteres auf die subjektive Gewissheit des Zeugen verlassen werden.

Mit der Wiedererkennung eines Angeklagten durch den Zeugen hat sich der Bundesgerichtshof
(6 StR 516/22) in seinem Beschluss vom 8. Februar 2023 auseinandergesetzt. Der Angeklagte wurde unter anderem wegen räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Beweiswürdigung ist in einem Fall jedoch rechtsfehlerhaft. In diesem hat das Landgericht Göttingen seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten maßgeblich darauf gestützt, dass die Nebenklägerin ihn bei einer Wahllichtbildvorlage und dann erneut in der Hauptverhandlung wiedererkannt hat. Jedoch kann der subjektiven Gewissheit der Nebenklägerin bei der Wiedererkennung des Angeklagten, den sie zuvor nicht kannte und nur kurz beobachtete, kein derart großes Gewicht zukommen. Vielmehr hätte das Gericht aufgrund objektiver Kriterien nachprüfen müssen, welche Beweisqualität dieses Wiedererkennen hat.

Anwalt für Strafrecht: Raub

Die Wegnahme beim Raub ist vollzogen, wenn fremder Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist.

In seinem Beschluss vom 4. Mai 2022 musste sich der Bundesgerichtshof (6 StR 628/21) mit der Vollendung der Wegnahme beim Raub beschäftigen. Im hiesigen Fall brachen die Angeklagten in eine Wohnung ein, um Geld und Drogen zu stehlen. Beim Eintreten der Wohnung schlugen sie dem Geschädigten ins Gesicht und suchten die Beute. Einer der Angeklagten konnte jedoch in der Wohnung von Freunden und Familie des Angeklagten gestellt werden und der andere unten im Treppenhaus. Das Landgericht Magdeburg verurteilte die Angeklagten jeweils unter anderem wegen versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. In der Revision führte die Staatsanwaltschaft aus, dass es sich dabei um einen vollendeten Raub und nicht um einen Versuch handelte. Auch der Bundesgerichtshof ist dieser Auffassung. Demnach hatten die als Mittäter handelnden Angeklagten das Gewahrsam an den Sachen des Geschädigten spätestens dann gebrochen und neu begründet, als einer der Angeklagten die Wohnung verlassen hatte und das Treppenhaus hinuntergelaufen war. Dass er das Haus nicht verlassen konnte, hinderte nicht die Vollendung der Tat, sondern nur die Beendigung dieser durch die Sicherung der Beute.

Anwalt für Strafrecht: Raub

Raub und räuberische Erpressung wird nach dem äußeren Erscheinungsbild des vermögensschädigenden Verhaltens des Verletzten abgegrenzt.

Mit der Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung musste sich der Bundesgerichtshof (6 StR 44/23) in seinem Beschluss vom 22. Februar 2023 auseinandersetzen. Die Angeklagten führten mehrere Überfälle durch. In einem Fall entnahm einer der Angeklagten Bargeld aus der Kasse einer Spielothek, die von einem Mitarbeiter entriegelt wurde, nachdem er vom anderen Angeklagten mit einer Waffe bedroht wurde. Bei einem weiteren Überfall an einer Tankstelle forderte einer der Angeklagten unter Vorhalt einer Schusswaffe die Herausgabe des Geldes. Die Mitarbeiterin der Tankstelle stellte daraufhin die Schublade mit Bargeld auf den Tresen. Das Landgericht Braunschweig wertete diese Fälle als besonders schwere räuberische Erpressung. Der Bundesgerichtshof sieht darin jedoch einen Raub. Demzufolge liegt ein Raub vor, wenn der Geschädigte gezwungen wird, die Wegnahme durch den Täter zu dulden. Wird er jedoch zur Vornahme einer vermögensschädigenden Handlung genötigt, ist eine räuberische Erpressung anzunehmen. Im vorliegenden Fall hat das mit den Waffen erzwungene Verhalten der Mitarbeiter nur eine Gewahrsamslockerung und keine Gewahrsamsübertragung zur Folge. Lediglich die Möglichkeit zur anschließenden Wegnahme wurde durch das Verhalten ermöglicht, sodass von einem Raub in beiden Fällen auszugehen ist.

Anwalt für Strafrecht: Schwerer Raub

Die Benutzung einer Scheinwaffe begründet keinen minder schweren Fall des schweren Raubes.

In seinem Urteil vom 20. Juli 2022 hat sich der Bundesgerichtshof (2 StR 34/22) mit der Benutzung einer Scheinwaffe im Kontext eines schweren Raubes befasst. Der Angeklagte im hiesigen Fall befand sich in einer angespannten finanziellen Lage und lockte Freier mit der Aussicht auf seine Lebensgefährtin, die sich als Prostituierte ausgab, an entlegene Orte. Mit einer Scheinwaffe bedrohte er diese dann, um an die vereinbarte Entlohnung von 300,00 € zu kommen. Das Landgericht Gießen sah darin lediglich einen minder schweren Fall des schweren Raubes, da der Angeklagte keine echte Waffe benutzte. Die Revision der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof sah darin keinen minder schweren Fall, sodass die Strafzumessung hier einen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler aufweist. Die Strafkammer durfte demnach nicht bei der Prüfung des minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB auf die Scheinwaffe abstellen, da für diese Fälle der § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB geschaffen wurde, der auch vorliegt, wenn der Täter eines Raubes eine nicht funktionsfähige Waffe mit sich führt.

Anwalt für Strafrecht: Besonders schwerer Raub

Zweifel aufgrund von abstrakt-theoretischen Erwägungen reichen für einen Freispruch nicht aus.

Im Beschluss des Bundesgerichtshofes (6 StR 109/22) hat sich dieser mit DNA-Spuren und der Frage beschäftigt, wann diese zu einer Verurteilung führen können. Im vorliegenden Fall wurde dem Angeklagten vorgeworfen, mit dem Mitangeklagten einen besonders schweren Raub begangen zu haben. An dem für die Tat benutztem Messer sowie an der Einrichtung der Geschädigten wurden DNA-Spuren des Angeklagten festgestellt. Die Geschädigte konnte den Angeklagten jedoch nicht als Täter wiedererkennen. Nach dem Landgericht Saarbrücken kann aus den DNA-Spuren allein nicht auf die Täterschaft des Angeklagten geschlossen werden, da es auch möglich sei, dass die Spuren auf dem Messer bereits davor auf diesem waren und die Spuren auf der Einrichtung durch eine „Sekundarübertragung“ verursacht wurden. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes sind dem Tatgericht jedoch im hiesigen Fall Rechtsfehler unterlaufen. Demnach dürfen Zweifel aufgrund von abstrakt-theoretischen Möglichkeiten keinen Freispruch begründen. Aufgrund der heutigen Standardisierung der molekulargenetischen Untersuchungen kann die gesicherte DNA-Spur für die Überzeugungsbildung des Tatrichters ausreichen.

Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung

Nicht jede Drohung mit einer Körperverletzung ist ausreichend für eine räuberische Erpressung.

In seinem Beschluss vom 9. März 2022 hat sich der Bundesgerichtshof (1 StR 469/21) mit der räuberischen Erpressung beschäftigt. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt betrat der Angeklagte eine fremde Wohnung, um Wertgegenstände zu stehlen und damit seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Als die Geschädigte ins Zimmer kam, hielt der Angeklagte einen langen, dünnen Gegenstand hoch und legte seine Finger auf die Lippen. Daraufhin wollte er Geld von der Angeklagten haben. Das Landgericht Stuttgart verurteilte ihn dafür unter anderem wegen räuberischer Erpressung. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist diese vorliegend jedoch lückenhaft festgestellt worden. Die qualifizierte Drohung, die für die räuberische Erpressung vorausgesetzt wird, erfordert eine gewisse Schwere des in Aussicht gestellten Angriffs auf die körperliche Unversehrtheit. Eine Ankündigung mit unwesentlichen Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit reicht hingegen nicht aus.