Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Raub
In seinem Beschluss vom 27. August 2024 hat sich der Bundesgerichtshof (5 StR 403/24) mit dem Raub befasst. Der Angeklagte war der Auffassung, dass sein Nachbar Gegenstände aus seinem Kellerabteil geklaut hatte. Daher ging er zu jenem Nachbarn und schlug ihm mehrmals ins Gesicht. Als er aus dem Bad Toilettenpapier holen wollte, entdeckte der Angeklagte ein Fahrrad, welches er mitnahm und verkaufen wollte. Das Landgericht Leipzig würdigte das Verhalten als Raub in Tateinheit mit Körperverletzung. Die Verurteilung wegen Raubes hat jedoch keinen Bestand. Zwar kann eine Drohung auch dann bejaht werden, wenn die vorher mit anderer Zielrichtung vorgenommene Gewalt zum Zeitpunkt der Wegnahme noch andauert. Jedoch ist erforderlich, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt und die Drohung durch ein mindestens konkludentes Verhalten genügend erkennbar macht. Im hiesigen Fall wurden jedoch keine ausreichenden Feststellungen getätigt, die belegen, dass der Angeklagte zum Zwecke der Wegnahme auf den Willen des Geschädigten einwirkte, indem er weitere Gewalttätigkeiten deutlich in Aussicht stellte.
Anwalt für Strafrecht: Computerbetrug
Nachdem das Landgericht Kiel den Angeklagten wegen Computerbetrugs verurteilte, musste der Bundesgerichtshof (5 StR 80/24) in seinem Beschluss vom 14. März 2024 feststellen, ob diese Entscheidung rechtsfehlerhaft ist. Der Angeklagte war Teil einer Bande, die, indem sie sich als falsche Polizeibeamten ausgaben, Senioren um ihr Erspartes brachten. Dafür wurden die Geschädigten dazu veranlasst, ihre Bankkarte sowie Geheimnummer herauszugeben, womit der Angeklagte dann anschließend an Geldautomaten Geldauszahlungen tätigte. Das Landgericht sah darin unter anderem einen Computerbetrug. Dem stimmt der Bundesgerichtshof jedoch nicht zu. Demnach handelt nicht schon derjenige unbefugt im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB, der die Daten entgegen dem Willen des Berechtigten verwendet oder diese Daten rechtswidrig erlangt hat. Vielmehr handelt es sich bei einer derartigen Abhebung am Bankautomaten nur um einen Computerbetrug, wenn auch die Abhebung an einem Bankschalter rechtlich als Betrug gewertet werden würde. Der Angeklagte hat die Karten und Geheimnummern aber hier von den berechtigten Karteninhabern erhalten. Dass die Geschädigten über die Art der Verwendung der Karte getäuscht wurden, macht das Verwenden der Karte nicht zu einem unbefugten Verwenden im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB.
Anwalt für Strafrecht: Mord
Die niedrigen Beweggründe sind eines der im § 211 Abs. 2 StGB genannten Mordmerkmale. Mit diesen hat sich der Bundesgerichtshof (1 StR 92/24) in seinem Beschluss vom 17. April 2024 genauer beschäftigt. Der Angeklagte, dessen Frau sich zuvor von ihm getrennt hatte, war wütend und verletzt, dass diese mit ihrem neuen Freund und dem gemeinsamen Sohn in ihrem zusammen aufgebauten Eigenheim wohnte. Auch darüber, dass sie das größere Auto behielt und er nur den Smart abbekam, war er zunehmend verärgert. Daher entschloss er sich, zuerst die Garage mit dem Auto und anschließend das Haus anzuzünden, wobei ihm der Tod seiner Frau, ihres Partners und seines Sohnes gleichgültig war. Nachdem das Auto ausgebrannt war und er sich schließlich dem Haus widmen wollte, konnte seine Ex-Frau ihn davon abhalten, bis schließlich die Polizei eintraf. Er versuchte sich anschließend zu suizidieren, konnte jedoch von einem Polizisten aufgehalten werden. Das Landgericht Ulm verurteilte den Angeklagten wegen Brandstiftung sowie wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge und mit Körperverletzung sowie wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Bezüglich des versuchten Mordes hat der Bundesgerichtshof jedoch rechtliche Bedenken. Beweggründe sind niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind. Das Gericht hat jedoch die zugrunde gelegten Motive der Wut, Rache und der Vermögensaufteilung nicht hinreichend beweiswürdigend unterlegt. Es wird demnach nicht ersichtlich, weshalb die Motive des Ärgers und der Wut hier auf einer niedrigen Gesinnung beruhen. Insbesondere im Hinblick auf die erörterte Überforderung des Angeklagten und des Suizidversuchs hätte das weiter ausgeführt werden müssen. Nur wenn das zugrundeliegende Motiv seinerseits als niedrig zu bewerten ist, sind niedrige Beweggründe gegeben, führt der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss aus.
Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht
Wann kann eine Hauptverhandlung eröffnet werden? Diese Frage beantwortete der Bundesgerichtshof (StB 29/24) in seinem Beschluss vom 10. Juli 2024. Dem Angeklagten wird von der Generalstaatsanwaltschaft vorgeworfen, sich mitgliedschaftlich an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Arbeiterpartei Kurdistans“ beteiligt zu haben. Das OLG hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Der BGH erwidert, dass für die Eröffnung des Hauptverfahrens keine richterliche Überzeugung vonnöten ist, wie es für die Verurteilung der Fall ist. Vielmehr reicht ein hinreichender Tatverdacht aus. Dieser ist zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist.
Anwalt für Strafrecht: Verfassungsbeschwerde
Wie mit der Strafanzeige gegen zwei Verfassungsrichter umzugehen ist, hat das Bundesverfassungsgericht (2 BvR 475/24) in seinem Beschluss vom 22. Mai 2024 entschieden. Der Beschwerdeführer erstattet Anzeige gegen zwei Verfassungsrichter, da diese an einem Verfahren mitgewirkt haben, bei dem eine frühere Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers abgelehnt wurde. Nachdem kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, verfasste der Beschwerdeführer eine erneute Verfassungsbeschwerde. Bei jenem Verfahren wirkten die Verfassungsrichter, die der Beschwerdeführer angezeigt hatte, mit. Die beiden Richter sind in diesem Verfahren nicht kraft Gesetzes von der Ausübung ihres Richteramts ausgeschlossen, entscheidet das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss. Zwar ist ein Richter nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG grundsätzlich wegen Beteiligung an der Sache von der Ausübung seines Richteramts ausgeschlossen, wenn er von einer Entscheidung in dem Verfahren unmittelbar rechtlich betroffen ist. Das gilt jedoch nicht, wenn der Ausschlussgrund auf ein offensichtlich rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beschwerdeführers zurückgeht. Das schlussfolgert das Gericht aus einer teleologischen Reduktion des § 18 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG.
Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht
Wie zu verfahren ist, wenn der Strafverteidiger selber möglicherweise in die vorgeworfene Straftat involviert ist, musste der Bundesgerichtshof (2 ARs 85/24, 2 AR 231/23) in seinem Beschluss vom 6. Juni 2024 entscheiden. Gegen die Angeklagte wird vor dem Landgericht Dresden ein Strafverfahren unter anderem wegen des Vorwurfs des Ausstellers unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach § 278 Abs. 1 StGB in mehreren Fällen geführt. In einigen der Fälle soll die Angeklagte auch ihrem Strafverteidiger negative Antigen-Schnelltests ärztlich bescheinigt haben, obwohl die Tests nie durchgeführt wurden. Der Rechtsanwalt wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom OLG Dresden als Verteidiger ausgeschlossen, da dieser der Beteiligung an Straftaten der Angeklagten hinreichend verdächtig ist (§ 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO). Auch der Bundesgerichtshof bestätigt dies in seinem Beschluss. Nach § 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO ist ein Verteidiger von der Mitwirkung in einem Verfahren auszuschließen, wenn er dringend oder in einem die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigenden Grade verdächtig ist, dass er an der Tat, die den Gegenstand der Untersuchung bildet, beteiligt ist. Ausreichend ist dafür auch ein hinreichender Tatverdacht.
Anwalt für Strafrecht: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr
In seinem Beschluss vom 7. Mai 2024 setzte sich der Bundesgerichtshof (4 StR 82/24) mit dem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr auseinander. Der Angeklagte warf eine Gehwegplatte auf das fahrende Auto der Geschädigten, was zu einem Sachschaden von 10.000 € führte. Die Zeugin fuhr zurück zum Angeklagten, der ihr daraufhin mit dem Tod drohte. Das Landgericht Darmstadt würdigte dieses Verhalten unter anderem als gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB. Der BGH entgegnet dem jedoch, dass die Tathandlung beim gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr voraussetzt, dass die Tathandlung über die innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus zu einer kritischen Verkehrssituation geführt hat. Die Gefahrverursachung muss sich auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte zurückführen lassen. Im hiesigen Fall wurde durch den Wurf mit der Gehwegplatte zwar in die Sicherheit des Straßenverkehrs eingegriffen, die Zeugin konnte das Auto jedoch weiterhin sicher beherrschen. Daher kann den getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden, dass diese Beschädigung auch auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte zurückzuführen ist.
Anwalt für Strafrecht: Anstiftung zum Raub
Mit den Voraussetzungen der Anstiftung und des Bestimmens im Sinne des § 26 StGB hat sich der Bundesgerichtshof (5 StR 280/24) in seinem Beschluss vom 4. Juli 2024 auseinandergesetzt. Die Angeklagten beauftragten den gesondert verfolgten Einbrecher und einen unbekannten Dritten, in das Wohnhaus ihrer Eltern einzubrechen und dort Schmuck und Bargeld in Höhe von insgesamt 500.000 € zu klauen. Dafür sei auch die Anwendung von Gewalt in Ordnung, äußerten die Angeklagten gegenüber den Einbrechern. Als es schließlich zum Einbruch kam, konnten die Einbrecher nicht das Ziel der 500.000 € erreichen, bis die Eltern der Angeklagten wach wurden. Daher entschloss sich der gesondert verfolgte Einbrecher mit einem gewalterfahrenen Einbrecher, erneut in das Wohnhaus der Eheleute einzusteigen, um mithilfe eines gewalttätigen Vorgehens den Rest des Geldes zu erbeuten. Dabei wurden Sie jedoch zuvor von den Überwachungskameras entdeckt und anschließend festgenommen. Das Landgericht Kiel verurteilte die Angeklagten wegen Anstiftung zum Wohnungseinbruchdiebstahl in Tateinheit mit versuchter Anstiftung zum Raub. In seinem Beschluss beschäftigte sich der BGH mit der Verurteilung wegen der Anstiftung zum Raub. Bestimmen im Sinne des § 26 StGB meint demnach die Einflussnahme auf den Willen eines anderen, die diesen zu dem im Gesetz beschriebenen Verhalten bringt. Dabei muss die Willensbeeinflussung nicht die alleinige Ursache für das Verhalten des Anderen sein. Es reicht eine Mitursächlichkeit aus. Auch für den im Vorbereitungsstadium steckengebliebenen Raub sollen die Angeklagten das Tatbestandsmerkmal des Bestimmens verwirklicht haben. Der gesondert verfolgte Einbrecher entschied sich aufgrund des Gespräches und des noch nicht vollendeten Jobs dazu, erneut in das Wohnhaus einzubrechen.
Anwalt für Strafrecht: Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
Mit den Voraussetzungen, die für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) nötig sind, hat sich der Bundesgerichtshof (2 StR 508/23) in seinem Beschluss vom 5. Juni 2024 auseinandergesetzt. Das Landgericht Frankfurt am Main ordnete die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus an, nachdem dieser einen anderen ein Gleisbett gestoßen hatte. Die erheblich verminderte und nicht ausschließbar aufgehobene Steuerungsfähigkeit soll sich aus einem Zusammenspiel der auf Und der latenten Psychose bestehenden psychotischen Gereiztheit und der Alkoholintoxikation ergeben haben. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB darf aber nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstat auf Grund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Grundsätzlich ist das also nicht gegeben, wenn der Ausschluss oder die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit erst durch einen aktuell hinzutretenden Genuss berauschender Mittel, insbesondere von Alkohol, herbeigeführt worden ist. Nur in Ausnahmefällen kommt die Unterbringung nach § 63 StGB dann in Betracht.
Anwalt für Strafrecht: Jugendstrafrecht
Wann liegen schädliche Neigungen im Jugendstrafrecht vor? Zu dieser Frage äußerte sich der Bundesgerichtshof (1 StR 30/24) in seinem Beschluss vom 20. Februar 2024. Die Angeklagte wurde zuvor vom Landgericht München wegen Betrugs in acht Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr verurteilt, wobei deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Daneben wurde die Einziehung des Wertes der Taterträge in Höhe von 69.000,00 € angeordnet. Das Landgericht ging bei der Verurteilung der Angeklagten von schädlichen Neigungen nach § 17 Abs. 2 JGG aus, die eine Jugendstrafe im Jugendstrafrecht ermöglichen. Der Bundesgerichtshof entgegnet dem jedoch, dass die Annahme der schädlichen Neigungen hier durchgreifenden Bedenken begegnet. Zuerst zur Definition schädlicher Neigungen: Unter schädlichen Neigungen sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel zu verstehen, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Im hiesigen Fall hat sich das Landgericht jedoch nicht mit der Persönlichkeitsentwicklung der Angeklagten vor der Tatserie beschäftigt. Die schädlichen Neigungen wurden stattdessen allein mit der Begehung der Betrugstaten begründet. Auch wurde dabei nicht erörtert, dass die letzte Tat zum Schluss der Verhandlung ca. 2 Jahre zurücklag und die Angeklagte nicht erneut straffällig wurde.