Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Tankbetrug

Ein Tankbetrug ist nur anzunehmen, wenn das Personal diesen auch bemerkt hat, andernfalls ist von einem versuchten Tankbetrug auszugehen.

In seinem Beschluss vom 09. März 2021 beschäftigte sich der Bundesgerichtshof (6 StR 74/21) mit der Frage, wann von einem Tankbetrug und wann von einem versuchten Tankbetrug gesprochen wird. Im vorliegenden Sachverhalt hat der Angeklagte ein Auto betankt und ist anschließend weggefahren, ohne den Preis für die Tankung  zu bezahlen. Dieses Geschehen wurde von keinem der Mitarbeiter bemerkt. Das Landgericht verurteilte ihn anschließend wegen Betrugs, wogegen dieser sich vor dem Bundesgerichtshof wehrte und Erfolg hatte. Der Bundesgerichtshof führte in seiner Entscheidung an, dass der Täter durch Vortäuschen einen Irrtum beim Mitarbeiter der Tankstelle hervorrufen muss, welcher dann zu der schädigenden Vermögenverfügung führt. Die Täuschung des Täters muss folglich zu einem Einverständnis des Beschäftigten führen, den Tankvorgang durchzuführen. Im vorliegenden Fall konnte es jedoch zu keinem Irrtum kommen, da kein Mitarbeiter auf den Tankvorgang aufmerksam wurde. Somit wurde das Urteil vom Bundesgerichtshof zu versuchtem Betrug abgeändert.

Anwalt für Strafrecht: Totschlag

Eine hohe und zudem anschauliche konkrete Lebensgefährlichkeit der Tatausführung stellt auf beiden Vorsatzebenen das wesentliche auf bedingten Tötungsvorsatz hinweisende Beweisanzeichen dar.

In seinem Urteil vom 24. Juni 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 477/20) mit dem bedingten Vorsatz befassen. Im vorliegenden Fall kam es in einem Club zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten. Diese gipfelte darin, dass der Angeklagte den Geschädigten mit einem Klappmesser angriff. Der Angeklagte stach dem Geschädigten in die linke Brusthälfte, wobei er dessen Tod billigend in Kauf nahm, und verletzte ihn dabei lebensgefährlich. Im Anschluss schlug der Angeklagte weiterhin mit seinen Fäusten nach dem Geschädigten, wobei er ihn jedoch nicht traf. Dem Türsteher des Clubs war es möglich, die Auseinandersetzung zu beenden. Als der Angeklagte sah, dass er dem Geschädigten eine blutende Stichverletzung zugefügt hatte, zog er sich zurück. Der Geschädigte überlebte den Angriff. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Der Bundesgerichtshof führte aus, dass vorliegend richtigerweise bedingter Vorsatz vom Landgericht angenommen wurde. Ein bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und ihn zudem billigt oder sich des erstrebten Zieles willen zumindest mit ihm abfindet. Es liegt bei besonders gefährlichen (Gewalt-)Handlungen nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könne zu Tode kommen, und – weil er mit seinem Handeln dennoch fortfährt – einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt. Eine hohe und überdies anschauliche konkrete Lebensgefährlichkeit der Tatausführung stellt somit auf beiden Vorsatzebenen das wesentliche auf bedingten Tötungsvorsatz hinweisende Beweisanzeichen dar. Die Annahme, dass der mit einem Messer in den besonders gefährdeten linken Brust-/Herzbereich des Geschädigten zustechende Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt habe, sei daher nicht zu beanstanden.

Anwalt für Strafrecht: Brandstiftung

In Fällen der Brandstiftung an Jagdhochsitzen kann zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, dass wegen der Größe und der damit einhergehenden Überschaubarkeit der Jagdhochsitze der Angeklagte zum Zeitpunkt der Inbrandsetzung eine Gefährdung von Menschen (nahezu) ausschließen konnte.

In seinem Urteil vom 08. September 2021 musste der Bundesgerichtshof (6 StR 174/21) beurteilen, ob Jagdhochsitze vom Begriff der Hütte im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) umfasst sind. Es handelt sich bei Hütten im Sinne der Norm um Bauwerke, bei denen an die Größe, Festigkeit und Dauerhaftigkeit geringere Anforderungen gestellt werden als bei Gebäuden, die aber dennoch ein selbstständiges, unbewegliches Ganzes bilden, das eine nicht völlig geringfügige Bodenfläche bedeckt und ausreichend abgeschlossen ist. Hierbei ist eine hinreichende Erdverbundenheit und damit praktizierte Immobilität erforderlich. Die Abgeschlossenheit als Voraussetzung bedarf dabei keine Verschlossenheit oder sonstige den Zutritt beschränkenden Vorrichtungen, sondern eine gegen äußere Einwirkungen genügend schützende dauerhafte und feste Begrenzung. Dabei kann diese abhängig vom Einzelfall auch bei nur zum Teil umschlossenen Räumen gegeben sein. Im vorliegenden Sachverhalt hat sich der Angeklagte aus Wut und Trauer über seine Abweisung aus der Jägerschaft in seinem Wohnort an dieser rächen wollen, indem er u. a. in sechs Fällen überdachte Jagdhochsitze anzündete, die völlig oder teilweise ausbrannten. Bei den hiesigen Jagdhochsitzen handelt es sich um unbewegliche Gebäude mit kleineren Abmessungen und damit um Hütten im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Sie verfügen über eine nicht unbeachtliche Bodenfläche und sind ferner nach oben durch ein Dach sowie nach allen Seiten durch Wände und Türen begrenzt. So können sie jeweils von zumindest zwei Personen betreten werden und zum Aufenthalt genutzt werden. Nebstdem besteht eine hinreichende Erdverbundenheit der Jagdhochsitze, weil sie entweder mittels einer Verankerung oder aufgrund ihres erheblichen Eigengewichts fest mit dem Erdboden verbunden sind. In Fällen der Brandstiftung an Jagdhochsitzen kann zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, dass wegen der Größe und der damit einhergehenden Überschaubarkeit der Jagdhochsitze der Angeklagte zum Zeitpunkt der Inbrandsetzung eine Gefährdung von Menschen (nahezu) ausschließen konnte. Mithin kann ein minder schwerer Fall der Brandstiftung gem. § 306 Abs. 2 StGB angenommen werden.

Anwalt für Strafrecht: Mord aus Heimtücke

Fährt jemand absichtlich auf eine stehende Fahrzeugkolonne auf, kann das Gericht nicht ohne Weiteres seinen Heimtücke-Vorsatz annehmen, wenn er spontan handelte und dabei unter Drogeneinfluss stand. Aufgrund des äußeren Tatgeschehens ließe sich zwar auf den Heimtücke-Vorsatz schließen, liegen jedoch Anhaltspunkte vor, die diesem Eindruck widersprechen, so muss dies in der Entscheidung gewürdigt werden.

In seinem Beschluss vom 21. Juli 2021 musste der Bundesgerichtshof (4 StR 53/21) bewerten, ob das Mordmerkmal der Heimtücke ausschließlich aufgrund des äußeren Tatgeschehens erfüllt sein kann. Im hiesigen Fall fuhr ein unter dem Einfluss von Cannabis stehender Mann spontan mit seinem Lkw in ein Stauende, um so einen aufsehenerregenden Unfall herbeizuführen. Ein Zeuge berichtete, dass der Angeklagte einen „sehr auffälligen“ Blick hatte und auf verbale Ansprache nicht reagierte. Das Landgericht verurteilte den Lkw-Fahrer unter anderem wegen versuchten Mordes aufgrund der Verwirklichung der Mordmerkmale „mit gemeingefährlichen Mitteln“ und „mit Heimtücke“. Gleichwohl soll dies nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht tragfähig belegt worden sein. Das Mordmerkmal der Heimtücke gem. § 211 Abs. 2 StGB setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen. Das Ausnutzungsbewusstsein kann im Einzelfall aus dem objektiven Bild des Tatgeschehens abgeleitet werden, wenn dessen gedankliche Erfassung durch den Täter „auf der Hand liegt“. Der Bundesgerichtshof wies darauf hin, dass aus dem Verhalten des Lkw-Fahrers nicht automatisch auf das Vorliegen eines Ausnutzens der Arg- und Wehrlosigkeit der Insassen in der Fahrzeugkolonne geschlossen werden kann. Aufgrund des Zustands des Lkw-Fahrers könne nicht ohne Weiteres davon auszugehen sein, dass er die Situation der Opfer „mit einem Blick“ erfasst hatte. Aus diesen Gründen hob der Bundesgerichtshof die verhängte Strafe auf und gab der Revision des Angeklagten in Teilen statt.

Anwalt für Strafrecht: Mord aus niedrigen Beweggründen

Eine Beschränkung des Rechtsmittels ist insoweit nur zulässig, wenn die Beschwerdepunkte nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbstständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung des Urteils im Übrigen erforderlich zu machen.

In seinem Urteil vom 30. September 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 170/21) damit auseinandersetzen, ob die Mordmerkmale der niedrigen Beweggründe und der Verdeckungsabsicht im konkreten Fall gleichzeitig angenommen werden können. In dem, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt handelte der Angeklagte mit Marihuana und lagerte 1.406 Gramm dessen zusammen mit einer halbautomatischen Selbstladepistole in seiner Wohnung. Als er bemerkte, dass Polizeibeamte seine Wohnung durchsuchen wollten, bewaffnete er sich mit seiner Pistole und gab auf den ersten in seine Wohnung vorrückenden SEK-Beamten zwei Nahschüsse ab, wovon eine den Beamten tödlich traf. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen, weil die Tat durch einen vom Angeklagten vor der Tat entwickelten Hass auf Polizeibeamte motiviert war. Eine Beschränkung der Revision der Staatsanwaltschaft auf die Frage der besonderen Schwere der Schuld gem. § 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB kommt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht in Betracht, weil sich im vorliegenden Fall die Prüfung des Mordmerkmals der Verdeckungsabsicht nicht von der Prüfung der niedrigen Beweggründe trennen lässt, da diese in Wechselwirkung stehen. Das Tötungsmotiv des Angeklagten sei allein die Zugehörigkeit des Polizeibeamten zu seiner Berufsgruppe, wobei die Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten als bloßer Anlass für die Umsetzung des bereits gefassten Tatentschlusses fungierte und dies insoweit gegen eine Verdeckungsabsicht spreche. Bei einer etwaigen Bejahung der Verdeckungsabsicht würde diese womöglich in Widerspruch mit den der niedrigen Beweggründe zugrundeliegenden Umstände geraten. Nebstdem führte der Bundesgerichtshof aus, dass die Verdeckungsabsicht ohnehin tragfähig vom Landgericht abgelehnt wurde, da der Angeklagte seinen Betäubungsmittelhandel bereits für aufgedeckt hielt. Aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Durchsuchung war dem Angeklagten klar, dass seine illegale Tätigkeit, seine Identität und seine Wohnung als Fundort von Beweismitteln den Ermittlungsbehörden bekannt war; zumal er bereits zuvor mit der Möglichkeit gerechnet hatte, dass die Polizei auf ihn aufmerksam werden und versuchen könnte, seine Wohnung zu durchsuchen. Eine weitergehende verwerfliche Tatmotivation des Angeklagten, etwa aufgrund seines Sympathisierens mit der Reichsbürgerszene und der Leugnung des nationalsozialistischen Holocausts, hat das Schwurgericht nicht festgestellt. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten.

Anwalt für Strafrecht: Zuhälterei

Eine mittäterschaftlich begangene Zuhälterei kann vorliegen, wenn mehrere Täter arbeitsteilig ein „Regime“ errichten, mit dem sie auf eine oder mehrere Prostituierte einen Einfluss im Sinne des § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB ausüben oder diese gemäß § 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB ausbeuten.

In seinem Beschluss vom 29. Januar 2020 musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 87/19) damit auseinandersetzen, wann eine mittäterschaftlich begangene Zuhälterei vorliegt. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Fall war der Angeklagte K als Zuhälter im Bereich der Straßenprostitution tätig. Im Frühjahr 2016 erklärte sich der Angeklagte K bereit, mit dem Mitangeklagten L zusammenzuarbeiten und ihn und seine Lebensgefährtin T „mit auf den Straßenstrich“ zu nehmen, damit diese dort als Prostituierte arbeiten könne. Hierfür verlangte der Angeklagte K eine Beteiligung an den Einnahmen in Höhe von 30 %; später erhöhte der Angeklagte K seine „Umsatzbeteiligung“ auf 50 %. Der Mitangeklagte L akzeptierte dies, kontrollierte seine Lebensgefährtin T während ihrer Tätigkeit als Prostituierte eng und behielt die nicht an den Angeklagten K abgeführten Einnahmen für sich. Nach § 25 Abs. 1 Fall 1 StGB ist unmittelbarer Täter einer Straftat nur, wer alle Tatbestandsmerkmale in eigener Person verwirklicht. Hierbei ist erforderlich, dass der Täter auch selbst die besonderen Beziehungen zu der Prostituierten unterhält. Als Mittäter gem. § 25 Abs. 2 StGB handelt, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen. Eine „Umsatzbeteiligung“ des Angeklagten K vermag für sich genommen eine gemeinschaftliche Ausbeutung gem. § 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB noch nicht zu stützen. Zudem ist eine dirigierende Zuhälterei in einer der Begehungsvarianten des § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB ebenfalls nicht ersichtlich. Denn diese ergeben weder eine auf einem gemeinsamen Tatplan beruhende Mitgestaltung der Prostitutionsausübung der Zeugin T durch den Angeklagten K, noch ein hierauf bezogenes arbeitsteiliges Handeln.

Anwalt für Strafrecht: Aufklärungshilfe

Die Annahme eines wesentlichen Aufklärungserfolgs im Rahmen des § 31 BtMG setzt voraus, dass der Täter die von ihm belastete Person – noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens – so genau bezeichnet hat, dass diese identifiziert und zur Festnahme ausgeschrieben werden könnte.

Im Rahmen des Betäubungsmittelstrafrechts kann das Gericht die Strafe eines Täters unter bestimmten Voraussetzungen mildern. Eine solche Möglichkeit stellt der § 31 BtMG dar, wonach das Gericht die Strafe entweder mildern oder sogar gänzlich von Strafe absehen kann, wenn der Täter durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beitragen hat, dass eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a BtMG (Straftaten im Zusammenhang mit Drogen), die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte oder wenn er sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Straftat die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann. Was eine solche Aufklärungshilfe konkret voraussetzt, beschäftigte den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20. Mai 2021 (6 StR 406/20). Vorliegend hatte der in Schweden lebende Angeklagte eine bislang nicht näher identifizierte Person kennengelernt, die ihm anbot, für einen Kurierlohn von umgerechnet etwa 9.500 € Drogen aus den Niederlanden nach Schweden zu befördern, wo diese gewinnbringend veräußert werden sollte. Dies hatte der Angeklagte dann auch getan, allerdings wurde er kurz nach Überqueren der niederländisch-deutschen Grenze von Zollbeamten einer Kontrolle unterzogen, bei der die Drogen aufgefunden und sichergestellt wurden. Vor der Eröffnung des Hauptverfahrens hat der Angeklagte dann zur Person seines Auftraggebers lediglich angegeben, bei diesem handele es sich um einen „flüchtigen Bekannten“, der früher einmal in einer „Autohalle“ gearbeitet habe, ihm nach einem zufälligen Treffen in Helsingborg die Durchführung der Kurierfahrt angetragen habe und ihm nur mit dem Vornamen „W“ bekannt sei. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs reichen diese Angaben für eine Strafmilderung nicht aus. Die Annahme eines wesentlichen Aufklärungserfolgs setze zwar weder den Erlass eines Haftbefehls gegen die von dem Täter belastete Person noch deren Verurteilung oder Festnahme voraus. Allerdings sei erforderlich, dass der Täter – noch vor Eröffnung des Hauptverfahrens – die von ihm belastete Person so genau bezeichnet hat, dass diese identifiziert und zur Festnahme ausgeschrieben werden könnte. Die Angaben des Angeklagten enthalten lediglich eine unzureichende Täterbeschreibung, die den Anforderungen an einen Aufklärungserfolg im Sinne des § 31 S. 1 Nr. 1 BtMG nicht gerecht wird.

Anwalt für Strafrecht: Computerbetrug und Fälschung beweiserheblicher Daten

Wer Online-Tickets der Deutschen Bahn unter Anlegung eines Kundenkontos mit falschen Personen- und Kreditkartendaten sowie mittels einer widerrechtlich erlangten fremden Kreditkarte erwirbt, macht sich grundsätzlich wegen Computerbetrugs gemäß § 263a Abs. 1 StGB und Fälschung beweiserheblicher Daten gemäß § 269 Abs. 1 StGB strafbar.

In dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 6. April 2021 (1 StR 67/21) hatte der Angeklagte in einem Zeitraum von knapp über einem Jahr zahlreiche Online-Tickets der Deutschen Bahn erworben. Hierfür benutzte er widerrechtlich über eine russische Website beschaffte fremde Kreditkartendaten, die zuvor von Dritten erbeutet worden waren. Zunächst legte er bei der Deutschen Bahn verschiedene Kundenkonten mit falschen Personen- und Kreditkartendaten an und erstellte unter der Verwendung von Pseudonymen verschiedene E-Mail-Adressen, über die er später Bestellungen von Einzelfahrkarten und Zeittickets tätigte. Auf diese Weise bestellte er an 331 Tagen insgesamt 1.750 Online-Tickets im Gesamtwert von 244.793,99 €. Der Bundesgerichtshof führte aus, dass der Angeklagte sich daher in 331 Fällen wegen Computerbetrugs (§ 263a Abs. 1 StGB) in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht hat. Der Angeklagte habe bei der Anlage von Kundenkonten jeweils unrichtige beweiserhebliche Daten im Sinne von § 269 StGB gespeichert, die er daraufhin durch die täuschende Verwendung der Konten zu betrügerischen Fahrkartenbestellungen im Datenverarbeitungssystem der Deutschen Bahn verwendete.

Anwalt für Strafrecht: Verbotene Kraftfahrzeugrennen

Die Absicht des Täters, nach seinen Vorstellungen auf einer nicht ganz unerheblichen Wegstrecke, die nach den situativen  Gegebenheiten maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen, muss nicht Endziel oder Hauptbeweggrund des Handelns sein; es reicht vielmehr aus, dass der Täter das Erreichen der situativen Grenzgeschwindigkeit als aus seiner Sicht notwendiges Zwischenziel anstrebt, um ein weiteres Handlungsziel zu erreichen.

In seinem Beschluss vom 17. Februar 2021 hat sich der Bundesgerichtshof (4 StR 225/20) erstmalig mit den sogenannten „Alleinraser“-Fällen befasst. Im hiesigen Fall gab der Angeklagte unter bewusster Missachtung der innerorts geltenden Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h Vollgas, um mit der maximal zu erreichenden Geschwindigkeit die Straße entlang zu fahren. Dabei waren dem Angeklagten andere Verkehrsteilnehmer, dessen Gefährdung er erkannte und zumindest billigend in Kauf nahm, völlig gleichgültig. Der Angeklagte drückte trotz der für ihn unübersichtlichen Rechtskurve das Gaspedal des Fahrzeugs weiterhin durch und erreichte eine Geschwindigkeit von mindestens 163 km/h. Infolge eines entgegenkommenden, abbiegenden Fahrzeugs entschloss sich der Angeklagte unter Aufrechterhaltung einer gerade erst wirksam gewordenen Bremsung dazu, auf die Gegenfahrspur auszuweichen. Da der Angeklagte das Fahrzeug nicht hinreichend kontrollieren konnte, fuhr das Fahrzeug auf einer sich anschließenden Parkplatzausfahrt mit einer Kollisionsgeschwindigkeit von mindestens 90 km/h frontal in die Beifahrerseite eines Pkw. Aufgrund der Kollision erlitten der Fahrer des Pkw und seine auf dem Beifahrersitz sitzende Lebensgefährtin jeweils schwerste Verletzungen, die noch an der Unfallstelle zum Tod der beiden führten. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs. Nach einer Begehungsalternative des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB macht sich strafbar, wer sich im Straßenverkehr als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit, grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Hierbei ist die objektive Tathandlung das Sich-Fortbewegen als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit, womit jede der konkreten Verkehrssituation nach den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht mehr entsprechende Geschwindigkeit gemeint ist. Die Merkmale des grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Verhaltens des Täters beziehen sich auf die objektive Tathandlung, mithin auf das Fahren mit nicht angepasster Geschwindigkeit. Für die Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist daher, dass sich gerade die Fortbewegung des Täters mit nicht angepasster Geschwindigkeit grob verkehrswidrig und rücksichtslos darstellt. Dabei kann sich die grobe Verkehrswidrigkeit allein aus der besonderen Massivität des Geschwindigkeitsverstoßes oder aus begleitenden anderweitigen Verkehrsverstößen ergeben, die in einem inneren Zusammenhang mit der nicht angepassten Geschwindigkeit stehen.

Anwalt für Strafrecht: Falsche uneidliche Aussage

Ein Zeuge verletzt seine Wahrheitspflicht, wenn er Tatsachen, die für den Gegenstand der Vernehmung erheblich sind, falsch wiedergibt oder – sofern sie mit der Beweisfrage für ihn erkennbar im Zusammenhang stehen – verschweigt. Eine Aussage im Sinne des § 153 StGB umfasst alle zum Zeitpunkt der Äußerung potenziell erheblichen Tatsachen, die mit der Tat im Sinne des § 264 StPO zusammenhängen oder zusammenhängen können.

In seinem Beschluss vom 23. November 2020 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 172/20) mit der Frage befassen, welche Tatsachen von Zeugen hinsichtlich des Gegenstands ihrer Vernehmung mitgeteilt werden müssen. In dem hiesigen Fall hatte die Angeklagte als Oberstaatsanwältin Ermittlungen gegen eine Tätergruppe wegen Betäubungsmitteldelikten geleitet und Anklage gegen zwei Täter erhoben. Der Tatnachweis stützte sich ausschließlich auf Angaben eines Belastungszeugen, der durch Beamte des Bundeskriminalamtes vernommen worden war. Die Angeklagte wurde in der Hauptverhandlung des LG Leipzig als Zeugin zu den Umständen des Zustandekommens und des Ablaufs dieser Vernehmung vernommen. Hierbei erklärte sie, mit der Vernehmung „nichts zu tun“ gehabt zu haben. Allerdings hatte tatsächlich unmittelbar vor der polizeilichen Vernehmung ein Vorgespräch von ca. 45 Minuten unter Beteiligung der Angeklagten, des Belastungszeugen, seines Verteidigers, Vernehmungsbeamten des BKA und weiterer Polizisten stattgefunden. Die Angeklagte wusste, dass ihre Angaben für die Sachverhaltsaufklärung im Verfahren hinsichtlich Aussagemotivation und Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen von Bedeutung waren. Gleichwohl erwähnte sie das Vorgespräch nicht. Im Strafprozess existiert (anders als im Zivilprozess) eine Begrenzung des Umfangs der Zeugnispflicht auf die im Beweisbeschluss in bestimmter Form bezeichnete Beweisfrage nicht. Gegenstand der Vernehmung zur Sache ist hier allgemein der „Gegenstand der Untersuchung“ nach § 69 Abs. 1 StPO, der dem Zeugen vor seiner Vernehmung zu bezeichnen ist. Eine zum Gegenstand der Vernehmung gehörige, für die Entscheidung erhebliche Tatsache muss mitgeteilt werden, selbst wenn der Zeuge nicht ausdrücklich danach gefragt wird. Er hat von sich aus alles anzugeben, was er in diesem Zusammenhang als wesentlich erkennt. Ein einer förmlichen Vernehmung unmittelbar vorgelagertes Gespräch der Aussageperson mit den Ermittlungsbeamten ist mit der Vernehmung eng verknüpft. Denn aus dem Vorgespräch können sich Rückschlüsse auf Befragungs- und Aussagemotivation ergeben, die für die Belastbarkeit der Vernehmungsergebnisse beachtlich sein können. Entsprechend einem dahingehenden Aufklärungsinteresse ist der Gegenstand der Untersuchung i. S. d. § 69 Abs. 1 StPO ausdrücklich auf Umstände des Zustandekommens und des Ablaufs der Vernehmung erstreckt und als solcher bezeichnet worden. Nach diesen Maßstäben hätte die Angeklagte das Vorgespräch erwähnen müssen.