Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Heimtückische Tötung eines Kleinkindes

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass es bei der Tötung eines wenige Wochen oder Monate alten Kleinkindes für die Frage der Heimtücke nicht auf dessen Arg- und Wehrlosigkeit ankommt, da es aufgrund seines Alters noch zu keinerlei Argwohn oder Gegenwehr fähig ist, sondern auf die Arg- und Wehrlosigkeit eines im Hinblick auf das Kind schutzbereiten Dritten. Schutzbereiter Dritter ist jede Person, die den Schutz eines Kleinkindes vor Leib- und Lebensgefahr dauernd oder vorübergehend übernommen hat und diesen im Augenblick der Tat entweder tatsächlich ausübt oder dies deshalb nicht tut, weil sie dem Täter vertraut oder vom Täter ausgeschaltet wurde. Dafür ist es zwar nicht erforderlich, dass der potentiell schutzbereite Dritte "zugegen" ist, er muss den Schutz allerdings wirksam erbringen können, wofür eine gewisse räumliche Nähe notwendig ist.

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 05.08.2014 – 1 StR 340/14 beruht auf folgendem Sachverhalt: Die Angeklagte tötete ihre 6 Monate alte Tochter, während der Vater des Kindes aus freien Stücken die Wohnung verließ, um zu einem Arzt zu gehen. Der Arzt war ca. 2 km von der Wohnung entfernt.

Für die Bejahung des Heimtückemerkmals ist es erforderlich, dass der Täter eine zur Tatzeit beim Opfer bestehende Arg- und Wehrlosigkeit bewusst zur Tat ausnutzt. Arglos ist, wer sich zum Zeitpunkt der Tat keines Angriffs versieht und wehrlos ist derjenige, dessen Verteidigungsfähigkeit aufgehoben oder erheblich eingeschränkt ist. Die Wehrlosigkeit muss Folge der Arglosigkeit sein. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es im Rahmen der Heimtücke bei der Tötung eines wenige Monate alten Kleinkindes nicht auf dessen Arg- und Wehrlosigkeit ankommt, sondern auf die eines im Hinblick auf das Kind schutzbereiten Dritten. Schutzbereiter Dritter ist jede Person, die den Schutz eines Kleinkindes vor Leib- und Lebensgefahr dauernd oder vorübergehend übernommen hat und diesen im Augenblick der Tat entweder tatsächlich ausübt oder dies deshalb nicht tut, weil sie dem Täter vertraut oder vom Täter ausgeschaltet wurde. Die Schutzperson muss zwar nicht „zugegen“ sein, jedoch ist eine gewisse räumliche Nähe zum Tatopfer erforderlich.

Die Schwurgerichtskammer des LG Ravensburg hat die Merkmale bezüglich des schutzbereiten Dritten als erfüllt angesehen und das Merkmal der Heimtücke bejaht. Der Vater sei zur Abwehr von Gefahren gegenüber dem Kleinkind bereit gewesen und habe die Versorgung und den Schutz des Kindes im Vertrauen auf die Angeklagte nur für kurze Zeit an sie abgegeben. Während seiner Abwesenheit hatte er sich keines Angriffs gegen sein Kind versehen und diese Situation habe die Angeklagte bewusst ausgenutzt.

Die Revision der Angeklagten hatte Erfolg. Der BGH lehnt das Merkmal der Heimtücke ab. Es fehle an der erforderlichen räumlichen Nähe zwischen Schutzperson und Tatopfer, da der Vater den räumlichen Bereich des Kleinkindes für eine erhebliche Dauer und in einer erheblichen Entfernung verließ, sodass eine Einwirkungsmöglichkeit auf das Geschehen für ihn nicht mehr möglich war. Er könne somit nicht als schutzbereiter Dritter angesehen werden, solange er sich nicht auf Veranlassung der Angeklagten entfernte.

Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung

Dass das „Abschütteln“ des Opfers von der Motorhaube eines fahrenden PKWs eine abstrakt lebensgefährliche Behandlung darstellt, versteht sich ohne die Feststellung der gefahrenen Geschwindigkeit nicht von selbst.

Wegen gefährlicher Körperverletzung wird zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren verurteilt, wer eine Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begeht, § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Hierfür ist nicht notwendig, dass der Geschädigte tatsächlich in Lebensgefahr gerät, sondern, dass die jeweilige Einwirkung nach den Umständen generell dazu geeignet ist, das Leben des Geschädigten zu gefährden. Der Bundesgerichtshof musste sich in seiner Entscheidung vom 24. März 2020 (4 StR 646/19) mit den Voraussetzungen einer das Leben gefährdenden Behandlung beim „Abschütteln“ einer Person von der Motorhaube beschäftigen. Vorliegend wollte der Angeklagte dem Geschädigten einen „Denkzettel verpassen“. Hierfür näherte er sich mit seinem Auto mit höherem Tempo „als die Laufgeschwindigkeit“ dem Geschädigten, um ihn zu Fall zu bringen. Als der Geschädigte den Angeklagten bemerkte, sprang er hoch und fiel auf die Motorhaube des Pkw, woraufhin der Angeklagte Gas gab, um den Geschädigten abzuschütteln. Hierbei nahm er Verletzungen des Geschädigten zumindest billigend in Kauf. Der Geschädigte stürzte auf den Gehweg, wo er in der unmittelbaren Nähe des Fahrzeugs, das der Angeklagte zum Stillstand abgebremst hatte, zum Liegen kam. Er erlitt eine Vielzahl von Schürfwunden. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs versteht sich das Vorliegen einer abstrakt lebensgefährlichen Behandlung nicht von selbst, da keine Feststellungen zu der gefahrenen Geschwindigkeit des Angeklagten getroffen wurden. Die Tatsache, dass der Angeklagte das Fahrzeug nach dem Abwurf des Geschädigten sogleich zum Stillstand abbremsen konnte, könnte insofern aber dafür sprechen, dass die Anfahr- und Abwurfgeschwindigkeit gering war, was wiederrum eher gegen eine abstrakt lebensgefährliche Behandlung sprechen würde. 

Anwalt für Strafrecht: Vorsatz bei unerheblicher Abweichung vom Kausalverlauf

Ein vollendeter Mord oder Totschlag kann auch dann vorliegen, wenn der Täter das Opfer mit bedingtem Tötungsvorsatz angreift, später die vermeintliche Leiche beseitigt und erst dadurch den Tod verursacht, ohne dabei noch an diese Möglichkeit zu denken.

Dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.04.1960 – 5 StR 77/60 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Angeklagte stopfte dem Opfer zwei Hände voll Sand in den Mund, um es am Schreien zu hindern. Dabei handelte sie mit bedingtem Tötungsvorsatz. Das Opfer verlor daraufhin das Bewusstsein, die Angeklagte ging jedoch davon aus, das Opfer getötet zu haben. Zur Beseitigung der vermeintlichen Leiche warf die Angeklagte das Opfer in eine Jauchegrube. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass das Opfer nicht zuvor erstickt, sondern erst in der Grube ertrunken ist.

Daraus ergibt sich folgendes Problem: Das Tun des Täters besteht aus mehreren Handlungsabschnitten. Der Täter geht aufgrund eines Irrtums davon aus, dass der Erfolg bereits nach dem ersten Abschnitt eingetreten ist, tatsächlich ist er aber erst nach dem zweiten Abschnitt eingetreten. Es stellt sich die Frage, ob in solchen Konstellationen noch von einer vorsätzlichen Tötung ausgegangen werden kann.

Der BGH bejaht dies. Dabei lehnt er jedoch, anders als das Schwurgericht Oldenburg, einen bei der Angeklagten während der gesamten Tat vorliegenden Generaldolus ab. Nähme man solch einen Vorsatz an, würde man behaupten, die Angeklagte handelte auch noch während des zweiten Handlungsabschnitts, wo sie bereits vom Tod des Opfers überzeugt war, mit bedingtem Tötungsvorsatz. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, da der Vorsatz der Angeklagten aufgrund jener Überzeugung während der zweiten Handlung bereits erledigt war.

Stattdessen begründet der BGH die vollendete Tötung damit, dass die Angeklagte bei der ersten Handlung mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte und dadurch den Tod des Opfers zumindest mittelbar verursachte. Denn aufgrund dessen Bewusstseinsverlusts hielt die Angeklagte das Opfer für tot und warf es in die Grube. Zu diesem Vorgang, der den Tod unmittelbar bewirkte, wäre es ohne die frühere Handlung nicht gekommen, weshalb sie als erfolgsursächlich angesehen werden muss. Die Angeklagte hat den Erfolg somit mit bedingtem Tötungsvorsatz herbeigeführt, auch wenn er auf eine andere Weise eingetreten ist, als sie es für möglich gehalten hatte. Diese Abweichung vom vorgestellten Ursachenablauf ist aber nur gering und rechtlich ohne Bedeutung.

Anwalt für Strafrecht: Mord - Habgier

Habgierig handelt ein Beschuldigter, welcher die Tötung allein auf eine langfristige Versorgung durch eine staatliche Einrichtung ausrichtet. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn der Beschuldigte mit der Tötung eine Inhaftierung und die damit einhergehenden staatlichen Leistungen erlangen möchte.

Wegen Mordes macht sich ein Beschuldigter strafbar, welcher aus Habgier einen anderen Menschen tötet. Habgier bedeutet ein Streben nach materiellen Gütern oder Vorteilen, das in seiner Hemmungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit das erträgliche Maß weit übersteigt und das in der Regel durch eine ungehemmte triebhafte Eigensucht bestimmt ist. Voraussetzung hierfür ist, dass sich das Vermögen des Beschuldigten objektiv oder zumindest nach seiner Vorstellung durch den Tod des Betroffenen unmittelbar vermehrt oder dass durch die Tat jedenfalls eine sonst nicht vorhandene Aussicht auf eine Vermögensvermehrung entsteht. In seinem Beschluss vom 19. Mai 2020 (4 StR 140/20) hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob ein Beschuldigter habgierig handelt, welcher mit der Tötung eine Inhaftierung und die mit dieser verbundenen staatlichen Leistungen anstrebt. Der Beschuldigte fuhr mit bedingtem Tötungsvorsatz von hinten mit einem Auto auf den Betroffenen auf. Der vermögenslose und nicht krankenversicherte Beschuldigte beabsichtigte eine schwere Straftat zu begehen, um langfristig Unterkunft, Verpflegung und Krankenversorgung in einer Justizvollzugsanstalt zu erhalten. Nach Auffassung des BGHs handelte der Beschuldigte im Zuge dessen habgierig. Habgierig handelt ein Beschuldigter, welcher die Tötung allein auf eine langfristige Versorgung durch eine staatliche Einrichtung und damit auf eine Verbesserung seiner Vermögenslage im Sinne eines rücksichtslosen Gewinnstrebens ausrichtet. Für die Annahme einer Tötung aus Habgier ist unerheblich, dass der erstrebte Vermögensvorteil nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Betroffenen stammen sollte. Ebenso steht einem Mordversuch aus Habgier nicht entgegen, dass der Beschuldigte eine staatliche Versorgung auch auf legale Weise durch Beantragung von Sozialleistungen hätte erreichen können.

Anwalt für Strafrecht: Bestechlichkeit

Der Tatbestand der Bestechlichkeit gemäß § 332 StGB ist erfüllt, wenn ein Beamter, der zumindest die Möglichkeit der Einflussnahme hat, eine Karriereförderung gegen sexuelle Gunstgewährung in Aussicht stellt, obwohl die konkrete Art der Förderung im Unbestimmten bleibt.

Wegen Bestechlichkeit wird gemäß § 332 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer als Amtsträger einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde. In seiner Entscheidung vom 7. April 2020 (6 StR 52/20) musste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinandersetzen, ob der Tatbestand der Bestechlichkeit auch dann erfüllt ist, wenn ein Beamter, der zumindest die Möglichkeit der Einflussnahme hat, eine Karriereförderung gegen sexuelle Gunstgewährung in Aussicht stellt, obwohl die konkrete Art der Förderung im Unbestimmten bleibt. Vorliegend war ein Leiter einer Polizeiinspektion wegen Bestechlichkeit verurteilt worden, nachdem er eine Bewerberin unter anderem fragte, ob sie sich „hochschlafen“ oder „nach oben schlafen“ würde, was er auf ihre überraschte Reaktion dahingehend konkretisierte, ob sie dies „dafür“, also für eine Karriere in seiner Polizeiinspektion, tun würde. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Verurteilung und führte aus, dass es sich bei der durch den Angeklagten zum Gegenstand der Unrechtsvereinbarung erhobene Einflussnahme auf das berufliche Fortkommen der Bewerberin um eine pflichtwidrige Diensthandlung handelt. Auch zeichne die der Äußerung des Angeklagten innewohnende günstige Mitwirkung bei künftigen Stellenbesetzungen innerhalb der von ihm geleiteten Dienststelle die Richtung eindeutig vor, in die der Angeklagte für die Gewährung von Geschlechtsverkehr tätig werden wollte. Dass die konkrete Art der Förderung nicht weiter konkretisiert war, ist unerheblich.

Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung

Grundsätzlich erleidet ein Betroffener einen Vermögensnachteil im Sinne einer räuberischen Erpressung, wenn der Beschuldigte Zugang zu dessen Konto mittels EC-Karte und PIN erlangt. Die ist nicht der Fall, wenn das Konto nicht gedeckt ist.

Strafbarkeit des Beschuldigten wegen räuberischer Erpressung setzt voraus, dass der Betroffene einen Vermögensnachteil erleidet. Auch eine bloße Vermögensgefährdung kann einen Vermögensnachteil begründen. Dabei kommt es aber entscheidend darauf an, ob im Einzelfall durch die Verfügung das Vermögen konkret gefährdet, also mit wirtschaftlichen Nachteilen ernstlich zu rechnen ist. In seinem Beschluss vom 19. Mai 2020 (6 StR 85/20) setzte sich der Bundesgerichtshof damit auseinander, ob ein Betroffener einen Vermögensnachteil erleidet, wenn der Beschuldigte Zugang auf dessen EC-Karte und PIN erlangt. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, verlangte vom Betroffenen, am Automaten Geld abzuheben. Hierbei drohte ihm der Beschuldigte mit einer Schreckschusspistole. Das Abheben von Geld gelang dem Betroffenen jedoch mangels ausreichender Deckung des Kontos nicht. Daraufhin zwang der Beschuldigte ihn unter Drohung mit der Schreckschusspistole, die EC-Karte auszuhändigen und die PIN zu nennen. Nach Auffassung des BGHs erlitt der Betroffene vorliegend keinen Vermögensnachteil. Durch die Kenntnis der geheimen Zugangsdaten zu einem Bankkonto ist das Vermögen des Betroffenen grundsätzlich beeinträchtigt, wenn sich der Beschuldigte zudem im Besitz der zugehörigen Bankkarte befindet und ihm deshalb die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf den Auszahlungsanspruch des Berechtigten gegenüber der die Karte akzeptierenden Bank eröffnet ist. Voraussetzung für die Zufügung eines Vermögensnachteils ist jedoch, dass mit wirtschaftlichen Nachteilen für das Vermögen des Genötigten bzw. des betroffenen Bankinstituts ernstlich zu rechnen ist. Mit wirtschaftlichen Nachteilen für das Vermögen des Betroffenen ist jedoch dann nicht ernstlich zu rechnen, wenn das Konto nicht gedeckt ist.

Anwalt für Strafrecht: Besonders schwerer Fall des Betruges

Wegen einem besonders schweren Fall des Betruges durch Herbeiführung eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes macht sich ein Beschuldigter nur strafbar, wenn der Vermögensverlust tatsächlich eingetreten ist. Es genügt nicht, dass der Beschuldigte einen solchen herbeiführen wollte.

Das Landgericht in dem, dem Beschluss des Bundesgerichthofs vom 10. Juni 2020 (5 StR 194/20) zugrunde liegenden Sachverhalt, verurteilte den Beschuldigten wegen einem versuchten besonders schweren Fall des Betruges. Dies erfolgte, da der Beschuldigte bei der Tatbegehung vorhatte einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeizuführen. Ein Regelbeispiel, welches einen besonders schweren Fall des Betruges begründet verwirklicht ein Beschuldigter, welcher durch den Betrug einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt. Im Zuge hatte sich der Bundesgerichtshof damit zu befassen, ob es für die Begründung eines besonders schweren Falls ausreicht, wenn der Beschuldigte den Vermögensverlust lediglich herbeiführen wollte. Nach Auffassung des BGHs ist dies nicht der Fall und dieser hob die Verurteilung des Beschuldigten wegen Betruges in einem besonders schweren Fall auf. Das den besonders schweren Fall des Betruges begründende Regelbeispiel kommt nur zur Anwendung, wenn der Vermögensverlust tatsächlich eingetreten ist.

Anwalt für Strafrecht: Versuchter Diebstahl

Für den Versuchsbeginn beim Diebstahl reicht regelmäßig ein Angriff auf einen gewahrsamssichernden Schutzmechanismus aus, wenn sich für den Fall von dessen Überwindung der Beschuldigte nach seinem Tatplan ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute vorstellt.

In seinem Beschluss vom 26. Mai 2020 (5 StR 55/20) setzte der Bundesgerichthof sich damit auseinander, ob ein Beschuldigter bei einem Angriff auf Schutzmechanismen bereits zu einem Diebstahl unmittelbar ansetzt. Unmittelbares Ansetzten im Sinne des Versuchs eines Delikts setzt voraus, dass der Beschuldigte subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht’s los“ überschritten hat und Handlungen einleitet, welche nach dem Plan des Beschuldigten bei ungestörtem Fortgang ohne Zäsur und ohne wesentliche weiter Zwischenschritte unmittelbar in die Verwirklichung des Tatbestandes münden und somit aus der Sicht des Beschuldigten das Angriffsobjekt schon konkret gefährdet erscheint. Die Beschuldigten in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, schlugen mit einem Hammer auf die Scheibe des verglasten Verkaufsraums einer geschlossenen Tankstelle ein, um aus dieser Stehlenswertes zu entwenden. Da die Scheibe aus Sicherheitsglas bestand gelang es ihnen nicht eine Öffnung für einen Einstieg in das Gebäude herzustellen und die Beschuldigten gaben ihr Vorhaben auf. Nach Auffassung des BGHs setzten die Beschuldigten unmittelbar zur Verwirklichung des Diebstahls an. Für den Versuchsbeginn beim Diebstahl reicht regelmäßig ein Angriff auf einen gewahrsamssichernden Schutzmechanismus aus, wenn sich für den Fall von dessen Überwindung der Beschuldigte nach seinem Tatplan ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute vorstellt.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexueller Missbrauch von Kindern

Eine Handlung ist in der Regel dann keine sexuelle Handlung im Sinne eines sexuellen Missbrauchs von Kindern, wenn sie als kurze, flüchtige oder aus anderen Gründen unbedeutende Berührungen, insbesondere auch der bekleideten Brust, nicht hinreichend erheblich ist.

Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 6. Mai 2020 (2 StR 543/19) zugrunde liegenden Sachverhalt, fasste in fünf Fällen Mädchen zwischen zehn und dreizehn Jahren im Bus bzw. in der Straßenbahn an. Dabei fasste der Beschuldigte jeweils an die bedeckte Brust der Mädchen, zum Teil streichelte er sie „mehrfach“ oder „einige Zeit“. Im Zuge dessen hatte sich der BGH mit der Frage zu befassen, ob der Beschuldigte den Betroffenen gegenüber einer sexuellen Handlung im Sinne eines sexuellen Missbrauchs von Kindern vornahm. Sexuelle Handlungen sind solche, die im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind. Als erheblich sind solche sexualbezogenen Handlungen zu werten, die nach Art, Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung des im jeweiligen Tatbestand geschützten Rechtsguts besorgen lassen. Bei Tatbeständen, die wie sexueller Missbrauch von Kindern, dem Schutz von Kindern dienen, sind an das Merkmal der Erheblichkeit geringere Anforderungen zu stellen als bei Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung Erwachsener. Allerdings reichen auch hier kurze, flüchtige oder aus anderen Gründen unbedeutende Berührungen, insbesondere auch der bekleideten Brust, grundsätzlich nicht aus. Zur Feststellung der Erheblichkeit bedarf es einer Gesamtbetrachtung aller Umstände im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Handlung für das jeweils betroffene Rechtsgut. Solche wurden durch das Landgericht nicht vorgenommen. Im Zuge dessen hob der BGH die Verurteilung des Beschuldigten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern auf.

Anwalt für Strafrecht: Besonders schwerer räuberischer Diebstahl

Ein gefährliches Werkzeug wird im Sinne eines besonders schweren räuberischen Diebstahls zum Zweck einer Drohung auch dann verwendet, wenn der Beschuldigte dem Betroffenen dessen Einsatz lediglich akustisch mitteilt und der Beschuldigte infolge dessen in eine Zwangslage gerät.

Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Beschluss vom 8. April 2020 (3 StR 5/20) damit auseinander, ob ein Beschuldiger ein gefährliches Werkzeug im Sinne eines besonders schweren räuberischen Diebstahls verwendet, wenn er dem Betroffenen lediglich mitteilt, dass er dieses gegenüber ihm anwenden werde. Wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls macht sich ein Beschuldigter strafbar, welcher beim räuberischen Diebstahl ein gefährliches Werkzeug verwendet. Verwenden umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Ein Verwenden liegt vor, wenn der Beschuldigte ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Ausübung von Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht, um die Sicherung einer fremden beweglichen Sache zu ermöglichen. Im Fall der Drohung muss der Betroffene das Nötigungsmittel und die Androhung seines Einsatzes wahrnehmen. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, stieg nachts in ein Haus ein und entwendete diverse Wertgegenstände. Eine Bewohnerin des Hauses erwachte. Um seine Flucht zu ermöglichen und die Beute zu sichern rief der Beschuldigte der Betroffenen zu er habe ein Messer. Die Betroffene konnte das Messer aufgrund der Dunkelheit nicht erkennen hegte jedoch keine Zweifel daran, dass der Beschuldigte ein solches in der Hand hielt und sie deshalb in Leib- und Lebensgefahr geriete, sollte sie versuchen, ihn aufzuhalten. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs machte sich der Beschuldigte wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls strafbar. Der Annahme vollendeten Verwendens steht nicht entgegen, dass die Bewohnerin das Messer in der Dunkelheit nicht erkennen konnte. Denn sie vernahm die Drohung mit dessen Einsatz akustisch. Das reicht aus; das optische Vorzeigen ist nur eine von mehreren Möglichkeiten des Beschuldigten, den Betroffenen auf sein gefährliches Werkzeug aufmerksam zu machen und ihn damit zu bedrohen. Auf welche Weise oder durch welchen Körpersinn er seinem Gegenüber die Bewaffnung vermittelt, ist für die Herbeiführung der qualifizierten Zwangslage im Sinne des besonders schweren räuberische Diebstahls nicht entscheidend.