Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Eingehungsbetrug

Der Betroffene erleidet keinen Vermögensschaden im Zuge eines Eingehungsbetrugs, wenn ihm bezüglich der Erbringung seiner vertraglichen Leistungspflicht ein Zurückbehaltungsrecht zusteht und daher nur eine Verpflichtung zur Leistung Zug-um-Zug gegen Leistung des Beschuldigten besteht.

Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Beschluss vom 22. Oktober 2019 (4 StR 37/19) damit auseinander, inwiefern ein Zurückbehaltungsrecht das Vorliegen eines Vermögensschadens in Folge eines Eingehungsbetruges ausschließt. Um sich wegen Betruges strafbar zu machen, muss der Betroffene einen Vermögensschaden erleiden. Im Zuge eines Eingehungsbetruges kann ein Vermögensschaden schon in der Eingehung einer Verbindlichkeit zu sehen sein. Der Beschuldigte sagte dem Betroffenen die Lieferung von 25.000 Solarmodulen zu einem Preis vom 14.756.000 € zu. Hierbei täuschte der Beschuldigte den Betroffenen über seine Lieferwilligkeit und -fähigkeit. Die vereinbarte Lieferung sollte sechs Wochen nach einer Vorauszahlung durch den Betroffenen erfolgen. Nach Auffassung des Landgerichts schädigte der Beschuldigte den Betroffenen in folge dessen bereits bei Eingehung des Vertrages. Dem schloss sich der BGH nicht an. Der Liefertermin ab Anzahlung legt nahe, dass dem Betroffenen im Fall ausbleibender Lieferung ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich der weiteren Zahlung zugestanden hätte. Die Voraussetzungen eines Eingehungsbetrugs liegen aber nicht vor, soweit eine Verpflichtung nur zur Zug-um-Zug-Leistung besteht.

Anwalt für Strafrecht: Besonders schwerer Raub

Für eine schwere körperliche Misshandlung des Betroffenen, im Sinne eines besonders schweren Raubes, es ist nicht erforderlich festzustellen, dass der Betroffene erhebliche Schmerzen erlitt. Ausreichend ist eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Betroffenen.

Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. November 2018 (5 StR 241/18) zugrunde liegenden Sachverhalt, schlug wuchtig ins Gesicht der Geschädigten und trat dieser anschließend gegen den Kopf und Oberkörper, woraufhin die Betroffene ohnmächtig wurde. Im Anschluss hieran wies der Beschuldigte Dritte an, die Wohnung der Betroffenen nach Wertgegenständen zu durchsuchen. Daraufhin versetzte der Beschuldigte der wieder erwachten Betroffenen drei Schläge ins Gesicht, aufgrund derer diese erneut das Bewusstsein verlor. Dem Bundesgerichtshof stelle sich im Anschluss hieran die Frage, ob es für eine schwere körperliche Misshandlung im Sinne eines besonders schweren Raubes, erforderlich ist, festzustellen, ob die Betroffene erhebliche Schmerzen verspürte. Wegen eines besonders schweren Raubes macht sich ein Beschuldigter strafbar, welcher den Betroffenen bei der Begehung körperlich schwer misshandelt. Von einer schweren Misshandlung ist bei einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Betroffenen mit erheblichen Folgen für die Gesundheit oder erheblichen Schmerzen auszugehen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs misshandelte der Beschuldigte die Betroffene schwer. Kopf und Gesicht der Betroffenen waren durch die vorangegangenen Tritte und Schläge bereits beträchtlich vorgeschädigt, unter anderem mit einem Bruch des Stirnbeins. Bei massiven Schlägen in ein solchermaßen malträtiertes Gesicht und dadurch verursachter Bewusstlosigkeit steht eine körperlich schwere Misshandlung außer Zweifel. Es war nicht mehr erforderlich festzustellen, ob die Betroffene auch erhebliche Schmerzen verspürte.

Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung

Eine Drohung den Hund des Betroffenen zu töten stellt, keine qualifizierte Drohung im Sinne einer räuberischen Erpressung dar.

Um sich wegen räuberischer Erpressung strafbar zu machen, muss der Beschuldigte den Betroffenen qualifiziert zu einem Handeln, Dulden oder Unterlassen nötigen. Ein erforderliches qualifiziertes Nötigungsmittel stellt eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben dar. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 20. August 2013 (3 StR 192/13) mit der Frage ob, eine Drohung den Hund des Betroffenen zu töten eine Drohung im Sinne einer räuberischen Erpressung darstellt. Der Beschuldigte legte ein Messer und eine Pistole auf den Tisch des Betroffenen und verknüpfte seine unberechtigte Geldforderung mit den Aussagen der Hund des Betroffenen „müsse dran glauben“ und „Sonst erschieße ich deinen Hund“. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs drohte der Beschuldigte in Folge dessen nicht im Sinne einer räuberischen Erpressung. Drohungen mit Gewalt, die sich nicht gegen Personen richten, genügen als solche nicht, mögen sie auch noch so willensbeugend sein.

Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Gefährdung des Straßenverkehrs

Eine Panikattacke kann ein geistiger oder körperlicher Mangel im Sinne einer Gefährdung des Straßenverkehrs sein.

In seinem Urteil vom 12. September 2019 (4 StR 146/19) setzte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinander, ob eine Panikattacke ein geistiger oder körperlicher Mangel im Sinne einer Gefährdung des Straßenverkehrs sein kann. Der Begriff des geistigen oder körperlichen Mangels erfasst sämtliche psychopathologischen und körperlichen Defektzustände, die die Gefahr einer Aufhebung der Fahrsicherheit mit sich bringen. Unerheblich ist dabei, ob der Mangel dauerhafter oder nur vorübergehender Natur ist. Auch Anfallsleiden, die zwar außerhalb akuter Phasen keine beeinträchtigenden Wirkungen entfalten, aber die erhebliche Gefahr jederzeit auftretender Anfälle und damit einer plötzlich eintretenden Fahrunsicherheit begründen, werden erfasst. Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, geriet mit seinem PKW in eine Polizeikontrolle. Im Zuge dieser geriet der Beschuldigte, welcher unter einer im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen auftretenden Panikstörung leidet, eine Panikattacke. Der Beschuldigte lief zurück zum Fahrzeug, startete dieses und flüchtete mit überhöhter Geschwindigkeit vor den verfolgenden Polizeibeamten. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs lag es nahe, dass der Beschuldigte im Zuge der Panikattacke unter einem körperlichen oder geistigen Mangel litt. Es lag nahe, dass infolge der festgestellten Panikattacke des Beschuldigten bei seiner Flucht vor der Polizei zumindest seine Risikoeinschätzung im Hinblick auf sein Fahrverhalten erheblich beeinträchtigt und damit seine Gesamtleistungsfähigkeit soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig war, sein Fahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen.

Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung

Ein Hosengürtel kann je nach den Umständen ein gefährliches Werkzeug im Sinne einer gefährlichen Körperverletzung sein, etwa bei Schlägen gegen besonders verletzliche oder empfindliche Körperteile.

Wegen gefährlicher Körperverletzung macht sich ein Beschuldigter strafbar, wenn er diese mittels eines gefährlichen Werkzeugs begeht. Ein Gegenstand ist nur dann ein gefährliches Werkzeug, wenn er sowohl nach seiner Beschaffenheit als auch nach der Art seiner Benutzung geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 3. Dezember 2019 (2 StR 490/19) damit, ob ein Gürtel ein gefährliches Werkzeug darstellt. Der Beschuldigte nutzte einen Hosengürtel als Schlagwerkzeug. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs genügt es nicht, dass ein Hosengürtel grundsätzlich geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen. Je nach den Umständen, etwa bei Schlägen gegen besonders verletzliche oder empfindliche Körperteile, kann ein Gürtel ein gefährliches Werkzeug sein.

Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung

Ein Beschuldigter, welcher sich durch List Zutritt zur Wohnung des Betroffenen verschafft, begeht keine gefährliche Körperverletzung mittels eines hinterlistigen Überfalls, wenn er den Betroffenen später offen angreift. 

In seinem Beschluss vom 18. September 2019 (2 StR 156/19) hatte sich der Bundesgerichtshof damit zu befassen, inwiefern das Eindringen in eine Wohnung mittels List einen hinterlistigen Überfall begründen kann. Wegen gefährlicher Körperverletzung macht sich ein Beschuldigter strafbar, welcher diese mittels eines hinterlistigen Überfalls begeht. Erforderlich ist die Ausnutzung eines Überraschungsmoments durch planmäßiges Verbergen der Verletzungsabsicht, um dadurch dem Betroffenen die Abwehr des nicht erwarteten Angriffs zu erschweren und die Vorbereitung auf seine Verteidigung nach Möglichkeit auszuschließen. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt, befand sich in der Wohnung des Betroffenen. Als weitere Beschuldigte klingelten öffnete der Beschuldigte die Tür. Als der Betroffene nach Hause kam überwältigten die Beschuldigten den Betroffenen und einer der Beschuldigten versetzte dem Betroffenen einen Schlag ins Gesicht. Der Bundesgerichtshof merke in Folge dessen an, dass ein hinterlistiger Überfall dann nicht vorliegt, wenn der Beschuldigte, der sich durch List Zutritt zur Wohnung verschafft hat, den Betroffenen später offen angreift.

Anwalt für Strafrecht: Versuchte unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige

Das bloße Feilbieten von Betäubungsmitteln an Minderjährige stellt noch kein unmittelbares Ansetzen zur unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige dar.

Um sich wegen versuchter unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige strafbar zu machen, muss der Beschuldigte zur Abgabe der Betäubungsmittel unmittelbar ansetzten. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 24. Oktober 2019 (1 StR 441/19) damit zu befassen, inwiefern das Feilbieten von Betäubungsmitteln ein unmittelbares Ansetzten darstellt. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt, bot Minderjährigen wiederholt den Erwerb von Marihuana an. Der 14-jährige Betroffene lehnte den Ankauf des Rauschgifts jedoch nachdrücklich ab. Im Zuge dessen verurteile das Landgericht den Beschuldigten wegen versuchter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige. Der Bundesgerichtshofs schloss sich der Auffassung des Landgerichts nicht an. Der Beschuldigte setzte nicht unmittelbar zur Abgabe des Betäubungsmittels an. Erforderlich ist das Ansetzten zur Verschaffung der tatsächlichen Verfügungsmacht an den Betäubungsmitteln. Daher stellt das bloße Feilbieten von Betäubungsmitteln an Minderjährige noch kein unmittelbares Ansetzen zur gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln dar.

Anwalt für Strafrecht: Schwere Körperverletzung

Eine geistige Krankheit von längerer Dauer im Sinne einer schweren Körperverletzung liegt insbesondere dann nicht nahe, wenn zumindest die teilweise Wiederherstellung des geistigen Ausgangszustands des Betroffenen konkret wahrscheinlich ist. 

In seinem Urteil vom 23. Oktober 2019 (5 StR 677/18) stellte sich dem Bundesgerichtshof die Frage, unter welchen Umständen eine geistige Krankheit im Sinne einer schweren Körperverletzung von längerer Dauer ist. Wegen schwerer Körperverletzung macht sich ein Beschuldigter strafbar, dessen Verletzung des Betroffenen zur Folge hat, dass dieser einer geistigen Krankheit verfällt. Die durch die Körperverletzung verursachte schwere Krankheit muss von längerer Dauer sein. Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, schlug den Betroffenen zu Boden und trat ihm im Anschluss „von oben stampfend auf den Hinterkopf“. In Folge dessen erlitt der Betroffene ein schweres hirnorganisches Psychosyndrom. Der Beschuldigte leidet unter anderem unter Orientierungsstörungen, einer Störung der Aufmerksamkeit, Konzentrations- und Merkfähigkeit, einer Sprachverarbeitungsstörung und einem auffälligen, etwas schwankenden Gangbild. Die Genesung des Betroffenen zeigt jedoch Fortschritte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte nicht wegen schwerer Körperverletzung strafbar. „Längere Dauer“ ist nicht mit Unheilbarkeit gleichzusetzen. Es genügt, wenn die Behebung bzw. nachhaltige Verbesserung des - länger währenden - Krankheitszustands nicht abgesehen werden kann. Es kommt dem Beschuldigten jedoch zugute, dass zumindest die teilweise Wiederherstellung des geistigen Ausgangszustands des Betroffenen konkret wahrscheinlich ist.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes

Wegen besonders schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes macht sich ein Beschuldigter nicht strafbar, dessen Körpersekret in den Körper des Betroffenen eindringen, sofern nach der Vorstellung des Beschuldigten die Sexualbezogenheit seiner Handlungen nicht in dem Eindringen des Körpersekrets liegt.

Wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes macht sich ein Beschuldigter strafbar, wenn er als Person über achtzehn Jahren sexuelle Handlungen an einem Kind vornimmt, die mit dem Eindringen in dessen Körper verbunden sind. Der Begriff des Eindringens beschreibt besonders nachhaltige Begehungsweisen und ist nicht auf den Beischlaf, den Anal- oder den Oralverkehr beschränkt, sondern erfasst auch die Penetration mit anderen Körperteilen oder Gegenständen. Auch eine Penetration mit Körpersekreten kann ein Eindringen sein. In seinem Beschluss vom 15. August 2019 (4 StR 289/19) setzte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinander, welche Anforderungen an die Vorstellung des Beschuldigten bzgl. des Eindringens von Sekreten zu stellen sind. Der Beschuldigte nahm „kopulierende Bewegungen“ mit seinem Penis in der Gesäßspalte der Betroffenen vor. Hierbei drang Ejakulat in den Anus der Betroffenen ein. Es war nicht ersichtlich, ob für den Beschuldigten das Eindringen des Ejakulats von der Sexualbezogenheit seines Verhaltens mitbestimmt war. Im Zuge dessen machte sich der Beschuldigte nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht wegen schweren sexuellen Missbrauchs der Betroffenen strafbar. Ein Eindringen setzt voraus, dass gerade (auch) in dem Eindringen von Körpersekret jedenfalls aus Sicht des Beschuldigten die Sexualbezogenheit des Vorgangs liegt. Dies war bezüglich des Beschuldigten nicht ersichtlich.

Anwalt für Strafrecht: Nötigung

Eine vollendete Nötigung ist nur dann gegeben, wenn das Tatopfer die Anzeige gegenüber der Polizei endgültig oder zumindest vorübergehend unterlassen hat.

In seiner Entscheidung vom 24. November 2009 hat sich der 4. Strafsenat mit der Frage befasst, ob in Fällen, in denen Opfer einer Straftat zusätzlich mit Konsequenzen für den Fall bedroht werden, falls sie wegen der Straftat Anzeige erstatten, eine vollendete Nötigung gem. § 240 StGB vorliegt. Die Nötigung i.S.d. § 240 StGB ist die rechtswidrige Anwendung von Gewalt oder Androhen eines empfindlichen Übels gegenüber einem anderen zwecks Erreichung einer Handlung oder Unterlassung. In dem vorliegenden Fall hatte der Angeklagte gegenüber dem Zeugen aus Anlass der Eintreibung einer unberechtigten Forderung geäußert, er werde ihn in den Kopf schießen, wenn er die Polizei rufen würde. Trotzdem erstattete der Zeuge noch am selben Tag Anzeige bei der Polizei. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshof kam zu dem Entschluss, eine vollendete Nötigung gem. § 240 StGB liege nur vor, wenn das Tatopfer die Anzeige endgültig oder zumindest vorübergehend unterlasse. Deshalb liegt hier keine vollendete, sondern nur eine versuchte Nötigung vor.