Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.
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Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen
Der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen ist bei Betroffenen zwischen 16 und 18 Jahren möglich, wenn die sexuellen Handlungen unter Missbrauch einer, mit einem festgestellten Obhutsverhältnis verbundenen Abhängigkeit des Schutzbefohlenen vorgenommen werden. Ein Missbrauch der Abhängigkeit liegt vor, wenn der Beschuldigte seine Macht und Überlegenheit in einer für den Jugendlichen erkennbar werdenden Weise als Mittel einsetzt, um diesen gefügig zu machen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn für Jugendliche eine Drucksituation besteht. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 11. Juli 2017 (5 StR 112/17) mit der Frage zu befassen, wann in entsprechendes Abhängigkeitsverhältnis vorliegt. Der Beschuldigte war Stiefvater der sechzehnjährigen Betroffenen. Er nahm an ihr wiederholt sexuelle Handlungen vor. Innerhalb der Familie nahm der Beschuldigte in Absprache mit seiner Ehefrau die Vaterrolle wahr. Auf Ablehnung seiner sexuellen Handlungen reagierte der Beschuldigte cholerisch gegenüber dem Stiefkinder und seiner Ehefrau, bis diese seinem Verlangen nachkamen, um den Hausfrieden nicht zu gefährden. Der Beschuldigte belegte eine beherrschende Rolle innerhalb der Familie und lenke diese meist nach seinem Belieben. Seine Handlungen waren von der Betroffenen ungewünscht. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen strafbar. Die Betroffene duldete die sexuellen Handlungen nach ihrem 16 Lebensjahr nur aufgrund der vom Beschuldigten aufgebauten familiären Machtverhältnisse, die ihm eine beherrschende Stellung zuwiesen.
Anwalt für Strafrecht: Nötigung
Die Nötigung eines Dritten durch eine Drohung setzt voraus, dass die Ankündigung einer Straftat den Dritten als Bedrohungsadressaten erreicht. Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Beschluss vom 20. Mai 2017 (4 StR 84/17) mit der Frage auseinander, ob bereits das Hinterlassen einer Drohung auf dem Anrufbeantworter des Betroffenen reicht, um diesen zu erreichen. Der Beschuldigte hinterließ auf dem Anrufbeantworter des Betroffenen zwei Nachrichten mit Todesdrohungen. Der Anrufbeantworter wurde vom Betroffenen jedoch nicht abgehört. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs stellen die Todesdrohungen somit keine Bedrohungen durch den Beschuldigten dar. Die Drohungen hätten den Betroffenen erreichen müssen, dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn Drohungen alleine auf der Mailbox des Betroffenen aufgezeichnet werden. Es hätte einer tatsächlichen Kenntnisnahme des Betroffenen bedurft.
Anwalt für Strafrecht: Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels
Ein Glücksspiel, im Sinne der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels liegt dann vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Vertragsbedingungen nicht wesentlich von den Kenntnissen und der Aufmerksamkeit der Spieler abhängt, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall. Bei Gewinnspielautomaten ist der Anwendungsbereich der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels bereits eröffnet, wenn die betriebenen Automaten nicht zulassungsfähig waren. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 17. Januar 2018 (4 StR 305/17) damit, ob der Tatbestand der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels dann nicht erfüllt ist, wenn ein Glücksspielautomat manipuliert ist aber noch zulassungsfähig wäre. Der Beschuldigte betrieb zugelassene Glücksspielautomaten. Diese manipulierte er mittels einer Software, sodass die Gewinnwahrscheinlichkeit für die Spielenden geringer war. Durch diese Softwareveränderungen entsprachen die Geräte nicht mehr der, durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) erteilten, Bauartzulassung. Der Generalbundesanwalt äußerte sich dahingehend, dass die Automaten noch daraufhin hätten geprüft werden müssen, ob sie trotz der geänderten Software zulassungsfähig gewesen wären. Dann würde unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels entfallen. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs liegt eine unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels bereits dann vor, wenn ein aufgestellter Automat keine Bauartzulassung der PTB besitzt oder abweichend von einer solchen Zulassung betrieben wird. Es ist somit unerheblich ob für die betriebenen Automaten eine Erlaubnis hätte erteilt werden können.
Anwalt für Strafrecht: Verstoß BtMG durch Besitz von Betäubungsmitteln
Besitz, im Sinne des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, setzt ein tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis und Besitzwillen voraus. Die den Besitz von Betäubungsmitteln begründende tatsächliche Verfügungsmacht über das Rauschgift hat es dem Beschuldigten zu ermöglichen, mit den Betäubungsmitteln nach Belieben zu verfahren. In seinem Urteil vom 8. November 2016 (1 StR 492/15) befasste sich der Bundesgerichtshof damit, ob eine tatsächliche Verfügungsmacht über Betäubungsmittel besteht, wenn ein Dritter dem Beschuldigten Zugang zu seinen Betäubungsmittel verwehrt. Dem Beschuldigten stand ein Anteil an einem Betäubungsmittelvorrat zu. Dieser Vorrat wurde von einem Dritten in seinem Anwesen, an einem dem Beschuldigten nicht bekannten Ort, verwahrt. Der Beschuldigte war für Zugang zu seinem Anteil auf die Anwesenheit und Kooperation des Dritten angewiesen. Dieser musste ihm entweder Zugang zu seinem Haus und dem Anteil gewähren oder ihm diesen aushändigen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs war der Beschuldigte nicht im Besitz des Anteils am Betäubungsmittelvorrat. Der Beschuldigte hatte keinen ungehinderten Zugang zu diesem und somit keine sichere Zugriffsmöglichkeit.
Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Gefährdung des Straßenverkehrs
Anders als bei Alkohol kann der Nachweis einer rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit, im Sinne einer Gefährdung des Straßenverkehrs, nicht alleine durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden. Es bedarf neben dem Blutwirkstoffbefund noch weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass der Beschuldigte nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei schwieriger Verkehrslage, sicher zu steuern. Der Bundesgerichtshof sah sich in seinem Beschluss vom 31. Januar 2017 (4 StR 597/16) mit der Frage konfrontiert, welche aussagekräftigen Beweiszeichen nach Rauschmittelkonsum Fahrunsicherheit belegen können. Der Beschuldigte befand sich nach dem Konsum von Amphetaminen und Cannabis auf der Flucht vor der Polizei. Er fuhr mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit durch eine Stadt, fuhr in falscher Richtung durch einen Einbahnstraße und stieß bei einem Einparkversuch frontal gegen ein anderes Auto. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kann auch aus der Fahrweise auf eine relative Fahruntüchtigkeit geschlossen werden. Befand sich der Beschuldigte auf der Flucht muss dies in die Beurteilung des Indizwertes seines Fahrverhaltens einbezogen werden. Hierbei darf jedoch in einer deutlich unsicheren, waghalsigen und fehlerhaften Fahrweise ein Beweisanzeichen für eine rauschmittebedingte Fahruntüchtigkeit gesehen werden.
Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch eines Kindes
Für eine Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, bedarf es einer sexuellen Handlung. In seinem Urteil vom 29. August 2018 (5 StR 147/18) beschäftigte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine an einem Kind vorgenommene Handlung, eine sexuelle Handlung darstellt.
Der Beschuldigte säuberte den Intimbereich der Betroffenen, obwohl diese zum damaligen Zeitpunkt schon in der Lage war, sich selbst zu säubern. Währenddessen fertigte er Fotoaufnahmen vom entblößten Intimbereich der Betroffenen an.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist eine sexuelle Handlung an einem Kind zum einen daran zu messen, ob das äußere Erscheinungsbild der Tat, die Sexualbezogenheit erkennen lässt. Zum anderen können aber auch ambivalente Tätigkeiten, welche an sich keinen Sexualbezug erkennen lassen, tatbestandsmäßig sein. Dafür ist auf das Urteil eines objektiven Betrachters abzustellen, welcher alle Umstände des Einzelfalles kennt, wozu auch die Zielrichtung des Täters zählt.
Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexuelle Nötigung
Bei der sexuellen Nötigung gem. § 177 StGB muss der Beschuldigte eine sexuelle Handlung vornehmen. Eine sexuelle Handlung ist eine Handlung, welche in Bezug auf das geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit ist. In seinem Beschluss vom 4. April 2017 (3 StR 524/16) stellte sich dem Bundesgerichtshof die Frage, ob ein Zungenkuss eine sexuelle Handlung von einiger Erheblichkeit darstellen kann. Der Beschuldigte versuchte die Betroffene zu küssen und ihr dabei die Zunge in den Mund zu stecken. Dies wurde durch die Betroffene durch zusammenpressen ihrer Lippen verhindert. Die Betroffene war Angestellte der Frau des Beschuldigten und befand sich in keiner sexuellen Beziehung zu diesem. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs stellte der versuchte Zungenkuss, mit Blick auf die Umstände des Einzelfalls, eine sexuelle Handlung von einiger Erheblichkeit dar. Hierfür spricht, dass die Betroffene in keiner sexuellen Beziehung zum Beschuldigten stand, von diesem wirtschaftlich abhängig war und dass der Beschuldigte versuchte mit seiner Zunge in den Mund der Betroffenen einzudringen.
Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung
Mittels eines gefährlichen Werkzeugs begeht der Beschuldigte eine gefährliche Körperverletzung, wenn das Werkzeug unmittelbar auf den Körper des Betroffenen einwirkt. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 22. März 2017 (3 StR 475/16) damit zu befassen, inwiefern ein Gegenstand, welcher zur Verstärkung von Schlägen in die Hand genommen wird, ein Gefährliches Werkzeug darstellt. Der Beschuldigte schlug wiederholt auf den Betroffenen ein. Hierbei nahm er ein Feuerzeug in die Hand, um seine Schläge zu verstärken. Das Landgericht verurteilte den Beschuldigten wegen gefährlicher Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs erfolgte die Körperverletzung nicht mittels eines gefährlichen Werkzeugs. Es wurde nicht festgestellt, dass der Beschuldigte den Körper des Betroffenen mit dem Feuerzeug berührt hat. Deshalb war die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung rechtsfehlerhaft.
Fachanwalt für Strafrecht: Ablehnung eines Schöffen wegen Befangenheit
Richter und Schöffen können wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters bzw. Schöffen zu rechtfertigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH liegt ein solcher Grund vor, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die erforderliche Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit störend beeinflussen kann. Maßstab für die Beurteilung ist dabei ein vernünftiger bzw. ein verständiger Angeklagter.
In seinem Beschluss vom 6. März 2018 – 3 StR 559/17 hat der Bundesgerichtshof bestätigt, dass das Misstrauen ein Schöffe begründet ist, wenn der Schöffe in einer Hauptverhandlung bei der Verlesung einer schriftlichen Einlassung des Angeklagten äußert, ob er den „Quatsch“ glaube, den er „hier“ erzähle. Es handele sich nicht um eine hinnehmbare bloße Unmutsäußerung des Richters, da die Form der Äußerung grob unsachlich gewesen sei und der Schöffe mit seiner Bemerkung deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass er der Einlassung des Angeklagten nicht nur nicht folgen werde, sondern sie für vollkommen unsinnig halte.
Das Landgericht Potsdam hatte das Ablehnungsgesuch des Angeklagten zuvor als unbegründet abgelehnt. Das Urteil des Landgerichts, in dem der Angeklagte unter anderem wegen Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt wurde, hob der Bundesgerichtshof auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Potsdam.
Fachanwalt für Strafrecht: Notwendige Verteidigung
Im Strafrecht gibt es keine Prozesskostenhilfe, sondern nur das Institut der notwendigen Verteidigung. Die notwendige Verteidigung greift jedoch nur in den von § 140 StPO genannten Fällen, insbesondere bei einer zu erwartenden Freiheitsstrafe von einem Jahr, dem Vollzug der Untersuchungshaft sowie Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage.
Das Landgericht Karlsruhe hat in einem aktuellen Beschluss vom 12. März 2018 – 3 Qs 16/18 entschieden, dass eine schwierige Sachlage auch bestehen kann, wenn der Angeklagte der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist, sämtliche in dem Verfahren zu erwartenden Zeugen und Geschädigte Polizeibeamte sind und weitere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen. Bei dieser Beweislage könne eine sachgerechte Verteidigung nur durch Kenntnis des gesamten Akteninhaltes gewährleistet werden, insbesondere um eventuelle Widersprüche in den Angaben der Belastungszeugen aufzuzeigen. Da eine umfassende Akteneinsicht aber nur dem Verteidiger gewährt wird, der dann den Akteninhalt mit seinem Mandanten bespricht, ging das Landgericht Karlsruhe hier von einem Fall der notwendigen Verteidigung aus und erklärte die Beschwerde des Angeklagten gegen die Ablehnung der Bestellung eines Pflichtverteidigers für begründet.