Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Verbreitung jugendpornografischer Schriften

Die gezielte Versendung eines jugendpornografischen Bildes an ein Kind stellt kein Verbreiten jugendpornografischer Schriften im Sinne des § 184c Abs. 1 StGB dar. Außerdem ist in dem bloßen Zeigen eines solchen Bildes keine Einwirkung auf das Kind im Sinne des § 176 Abs. 4 StGB zu sehen, da es in der Regel an einer psychischen Einflussnahme tiefergehender Art fehlt.

In seinem Beschluss vom 22.01.2015 - 3 StR 490/14 hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Verfahren gegen den Angeklagten wegen Verbreitens jugendpornografischer Schriften und sexuellen Missbrauchs teilweise eingestellt.
Der Angeklagte hatte Bilder mit jugendpornografischem Inhalt gezielt an Einzelpersonen versandt und wurde deshalb unter anderem wegen Verbreitung jugendpornografischer Schriften verurteilt. Die Verbreitung einer Schrift, egal ob es sich um kinder-, jugend-, gewalt- oder tierpornografische Schrift handelt, setzt voraus, dass ihr Inhalt an eine nicht mehr individualisierbare Vielzahl von Personen weitergegeben wird. Entscheidend ist, dass der Personenkreis nicht mehr kontrollierbar ist. Wird der Inhalt hingegen ganz gezielt nur an eine Einzelperson versandt, so liegt grundsätzlich keine Verbreitung im Sinne der Verbreitungstatbestände vor. Wird die Schrift, wie im zu verhandelnden Fall, an ein Kind geschickt, so kommt noch die Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Einwirken auf das Kind nach § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB in Betracht. Beim bloßen Vorzeigen eines Bildes handelt es sich nach Ausführungen des BGH aber in der Regel nicht um ein Einwirken im Sinne des Gesetzes, weil es zu einer psychischen Einflussnahme tiefergehender Art kommen muss.

Anwalt für Strafrecht: Kausalzusammenhang zwischen Tathandlung und Taterfolg

Der Ursachenzusammenhang zwischen Tathandlung und Taterfolg wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Verhalten des Opfers, ein deliktisches oder undeliktisches Verhalten eines Dritten oder eine weitere Handlung des Täters selbst an der Herbeiführung des Erfolgs mitgewirkt hat.

In seinem Urteil vom 03. Dezember 2015 - 4 StR 223/15 hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) ausführlich mit der Kausalität zwischen Tathandlung und Erfolg und ihren subjektiven Voraussetzungen auseinandergesetzt. Anlass war ein mehraktiges Tötungsgeschehen, bei dem der Angeklagte sein Opfer zunächst in Tötungsabsicht mit einer Metallstange niederschlug. Beim Verlassen des Tatorts ging er davon aus, dass sein Opfer sterben würde. Als das Opfer nach seiner Rückkehr entgegen seiner Erwartung noch lebte, schnitt er ihm mit einem Messer den Hals durch, was zum Tod des Opfers führte. Das Landgericht Paderborn verurteilte den Angeklagten daraufhin wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Totschlags. Der BGH hob dieses Urteil mit der Begründung auf, dass ein vollendeter Mord gegeben sei, weil der Schlag mit der Metallstange als ursächliche Handlung für den Todeserfolg gesehen werden müsse.
Zur Begründung führte er aus, dass für den Eintritt des Erfolges grundsätzlich jede Bedingung ursächlich ist, die den Erfolg herbeigeführt hat. Dabei sei nach ständiger Rechtsprechung gleichgültig, ob neben der Tathandlung noch andere Ereignisse zum Erfolgseintritt beigetragen haben. Lediglich in Fällen, in denen ein späteres Ereignis die Fortwirkung der ursprünglichen Bedingung beseitige und seinerseits eine eigenständige Ursachenreihe in Gang setze, werde ein unterbrochener Kausalzusammenhang angenommen. Hat hingegen ein weiteres Verhalten an dem Erfolgseintritt mitgewirkt, so schließe dies den Kausalzusammenhang nicht zwingend aus. Ob es sich dabei um ein Verhalten des Opfers, ein deliktisches oder undeliktisches Verhalten eines Dritten oder um ein Verhalten des Täters selbst handelt, ist nach Ausführungen des BGH ebenso gleichgültig.
Vom Vorsatz umfasst ist diese mitwirkende Handlung nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn es sich lediglich um eine unwesentliche Abweichung vom ursprünglich vorgestellten Geschehensablauf handelt. Eine unwesentliche Abweichung wird angenommen, wenn sie sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt. Um eine solche handelte es sich für den BGH auch in dem zu verhandelnden Fall, da der Umstand, dass der Tod des Opfers unmittelbar durch die im Zuge der Bemühungen um eine Tatverschleierung mit gleicher Angriffsrichtung gegen das wider Erwarten noch nicht verstorbene Opfer geführten Messerstiche bewirkt wurde, sich nach Ansicht des BGH nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit bewegt und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt.

Anwalt für Strafrecht: Betrug

Wer einen Anspruch geltend macht, bei dem nicht abschließend geklärt ist, ob er tatsächlich besteht oder nicht, macht sich nicht wegen Betruges strafbar.

In seinem Beschluss vom 28.04.2015 - 1 AR 13/15 hat das Landgericht (LG) Düsseldorf entschieden, dass die Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs bei unklarer Rechtslage den Tatbestand des Betruges nach § 263 Abs. 1 StGB nicht erfüllt. Dabei stellte sich das LG zuerst die Frage nach einer möglichen Täuschungshandlung und verneinte die notwendige Vorwerfbarkeit für die aktive Geltendmachung eines Anspruch bei unklarer Rechtslage zumindest für die Fälle, in denen der eingenommene rechtliche Standpunkt des Anspruchsstellers nicht gänzlich fernliegend ist. Das LG Düsseldorf sieht den Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit vielmehr in einem Unterlassen der Offenbarung derjenigen Umstände, die den Bestand des geltend gemachten Anspruchs in Frage stellen könnten. Um sich aber eines Betruges durch Unterlassen strafbar zu machen, müsste eine Garantenstellung des Anspruchsstellers gegeben sein, die eine Rechtspflicht zur Offenbarung mit sich bringt. Diese zu begründen wird aber in den meisten Fällen nicht möglich sein.
Auch in dem zu verhandelnden Fall konnte das Gericht keine Pflicht des Beschuldigten zur Offenbarung ableiten. Der Beschuldigte ist Arzt und hat eine Laborleistung in Rechnung gestellt, obwohl er selbst nicht im Labor anwesend war. Die Frage, ob Ärzte Laborleistungen abrechnen dürfen, auch wenn sie selbst im Labor nicht anwesend waren, ist unter Ärzten schon sehr lange umstritten und dürfte zumindest strafrechtlich mit der Entscheidung des LG Düsseldorf beendet sein.

Anwalt für Strafrecht: Pflichtverteidiger

Wird die Beiordnung eines Pflichtverteidigers wegen dessen angeblich zu spät gestellten Akteneinsichtsgesuchs aufgehoben, so stellt dies eine willkürliche Entscheidung dar, die die Besorgnis der Befangenheit des ablehnenden Richters begründet.

In seinem Urteil vom 23.09.2015 - 2 StR 434/14 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein Richter, der einen Pflichtverteidiger wegen eines angeblich zu spät gestellten Akteneinsichtsgesuchs von seinem Mandat enthebt, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden kann. Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein solches Misstrauen gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Ein Verfahrensfehler führt aber nur dann zu einem Befangenheitsgrund, wenn die Entscheidung unvertretbar ist oder den Anschein der Willkür erweckt.
Dies hat der BGH in einem Fall angenommen, in dem der Vorsitzende Richter den Pflichtverteidiger der Angeklagten wegen mangelnder Zuverlässigkeit entbunden hat. Dem lag zugrunde, dass der Verteidiger wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung einen Antrag auf ergänzende Akteneinsicht gestellt und, nachdem ihm die Akten nicht zugesandt worden waren, die Aussetzung des Verfahrens beantragt hatte. Der BGH sah in der Begründung des Richters, der Verfahrensablauf sei durch das Verhalten des Verteidigers gefährdet worden, einen nur vorgeschobenen Grund, mit dem womöglich das Ziel verfolgt wurde, einen missliebigen, weil unbequemen Verteidiger aus dem Verfahren zu entfernen.

Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung

Entscheidend für die Annahme einer Drohung im Rahmen der räuberischen Erpressung ist neben dem objektiven Vorliegen auch die Vorstellung des Täters, dass seine Drohung zumindest geeignet ist, bei dem Bedrohten Furcht vor der Verwirklichung der Drohung hervorzurufen

Für die Annahme einer Drohung im Rahmen der räuberischen Erpressung gem. §§ 253, 255 StGB kommt es neben dem objektiven Vorliegen einer Drohung entscheidend auf die Vorstellung des Täters an. Dieser muss subjektiv davon ausgehen, dass seine Drohung zumindest geeignet ist, bei dem Bedrohten Furcht vor ihrer Verwirklichung hervorzurufen, was bei diesem zu einer Beeinträchtigung der Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung führt. Nicht ausreichend ist allein die Feststellung, dass der Bedrohte subjektiv davon ausgeht, es liege objektiv eine Drohung vor. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 09.09.2015 - 4 StR 335/15. Der Angeklagte war vom Landgericht Kaiserslautern wegen räuberischer Erpressung verurteilt worden, weil er einem Taxifahrer die Hand auf die Schulter gelegt hatte und gleichzeitig Geld forderte, mit dem er später flüchtete. Der Taxifahrer ging davon aus, dass der Angeklagte ihn mit einem Messer bedrohte, weil er zuvor ein Klickgeräusch vernommen hatte. Der BGH hob das Urteil auf, weil das Landgericht keine Feststellungen zur inneren Tatseite des Angeklagten getroffen hatte, sondern lediglich auf die Wahrnehmung des Taxifahrers abstellte. Zwar komme hier objektiv eine Drohung in Betracht, jedoch bedarf es für eine Verurteilung auch entsprechende Feststellungen zur Vorstellung des Täters, er setze die Drohung final zur Erlangung des Vermögensvorteils ein. Zudem hat das Landgericht nicht festgestellt, dass tatsächlich ein Messer eingesetzt wurde bzw. ob das Klickgeräusch überhaupt tatsächlich vom Täter stammte.

Anwalt für Strafrecht: Raub

Verlangt ein Freier vor der Durchführung des Oralverkehrs gewaltsam sein bereits gezahltes Geld von der Prostituierten zurück, so erfüllt dies mangels rechtswidriger Zueignung nicht zwingend den Tatbestand des Raubes.

In seinem Beschluss vom 21.07.2015 - 3 StR 104/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit der Prostitution weiter geführt. Nach dieser Rechtsprechung und § 1 des Prostitutionsgesetzes (ProstG) hat eine Prostituierte erst nach Vornahme der sexuellen Handlung einen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Geldbetrages. Ein Anspruch auf Vorkasse besteht hingegen nicht. Nach Ansicht des BGH führt dies aber nicht dazu, dass sich ein Freier, der die Dienstleistungen nach Vorkasse doch nicht mehr in Anspruch nehmen möchte, zwingend wegen Raubes strafbar macht, wenn er das Geld gewaltsam zurückfordert. Denn nach Ansicht des BGH weiß ein Freier in der Regel nicht, dass ein Anspruch der Prostituierten auf Vorleistung nicht besteht. Nimmt er der Prostituierten das Geld vor der Vollziehung der sexuellen Handlung wieder weg, so fehlt es an der Rechtswidrigkeit der Zueignung, wenn er davon ausgeht, einen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes zu haben. Nur wer weiß, dass die Prostituierte keinen Anspruch auf Vorleistung hat, kann sich demzufolge wegen Raubes strafbar machen.

Anwalt für Strafrecht: Untersuchungshaft

Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist bei erheblichen Verfahrensverzögerungen nach Verkündung des auf Freiheitsstrafe von 18 Monaten lautenden Urteils angesichts einer bisherigen Untersuchungshaftdauer von 14 Monaten nicht verhältnismäßig

Das Kammergericht in Berlin hat mit Beschluss vom 03.11.2015 - 3 Ws 532/15 - 141 AR 499/15 der Beschwerde eines Angeklagten stattgegeben und damit die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft aufgehoben. Das Kammergericht begründet seinen Beschluss mit einer detaillierten Schilderung des Verfahrensganges, der von erheblichen Verfahrensverzögerungen geprägt ist, die die Fortdauer der Untersuchungshaft letztlich unverhältnismäßig werden lassen. So wurde der Angeklagte, der bereits seit August 2014 in Untersuchungshaft war, vom Landgericht Berlin sechs Monate später, nämlich im Februar 2015 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Anschließend kam es zu Fehlern bei der Fertigung des Sitzungsprotokolls und aufgrund dessen auch bei der Zustellung des Urteils. Erst im Oktober 2015 bemerkte die für die Vollstreckung des Urteils zuständige Staatsanwaltschaft die Unvollständigkeit des Protokolls.
Unter dem Gesamteindruck dieses schleppenden Verfahrensganges erklärt das Kammergericht die angeordnete Fortdauer der inzwischen 14 Monate währenden Untersuchungshaft für unverhältnismäßig. Sowohl das Grundrecht der Freiheit der Person sowie das Recht auf ein faires und beschleunigtes Verfahren seien nicht hinreichend beachtet worden. Bereits mehrere Einzelvorgänge in dem Verfahren verstießen nach Ansicht des Kammergerichts gegen das Beschleunigungsgebot. Insbesondere aber der Umstand, dass eine Vorlage an den Bundesgerichtshof als Revisionsgericht nunmehr frühestens im Dezember 2015 zu erwarten war und dann ein Großteil der verhängten Strafe bereits verbüßt sein würde, stellten die Haftfortdauer in ein zu beseitigendes Missverhältnis.

Anwalt für Strafrecht: Betrug

Allein die Bereitschaft, durch einen Betrug (abgewandelter Enkel-Trick) erlangtes Geld auf seinem Konto zu empfangen, begründet nicht zwangsläufig eine Mittäterschaft an der Tat

Mit Beschluss vom 19.10.15 - (2) 161 Ss 220/15 (63/15) hat sich das Kammergericht unter Aufhebung eines Urteils des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin zu den Anforderungen an eine mittäterschaftliche Tatbegehung im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB geäußert. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hatte ein Tatbeteiligter dem betagten Geschädigten am Telefon vorgespiegelt, er müsse Geld auf ein Konto überweisen, da ansonsten gerichtliche Konsequenzen drohten (abgewandelter Enkel-Trick). Der Angeklagte hatte sein Konto für den Empfang der Überweisung zur Verfügung gestellt, sich das Geld nach erfolgter Überweisung bei seiner Bank auszahlen lassen und später wohl an andere Tatbeteiligte weitergegeben.
Das Kammergericht wertete den Tatbeitrag des Angeklagten aufgrund der getroffenen Feststellungen zur Tat lediglich als eher untergeordnete Unterstützungshandlung zum Betrug, welche für die Annahme von Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB nicht ausreiche. Da insbesondere auch keine hinreichenden Feststellungen zur inneren Tatseite des Angeklagten getroffen wurden, mithin nicht ohne Weiteres auf einen gemeinsamen Tatplan und eine Beteiligung an der Tatbeute geschlossen werden könne, liege im objektiven Tatbeitrag des Angeklagten im Ergebnis (nur) eine die Haupttat fördernde Beihilfehandlung.

Anwalt für Strafrecht: Einfuhr von Betäubungsmitteln

Bei der Zwischenlandung eines Betäubungsmittel-Kuriers im Inland kommt es für die Strafbarkeit wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln entscheidend darauf an, ob der reisende Kurier eine tatsächliche Verfügungsmacht über das Gepäckstück hat.

In seinem Beschluss vom 18.03.2015 - 3 StR 634/14 hat der Bundesgerichtshof (BGH) erneut klargestellt, dass es für einen Betäubungsmittelkurier, der Betäubungsmittel in seinem Fluggepäck transportiert, für die Strafbarkeit wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln entscheidend auf die tatsächliche Verfügungsmacht über die transportierten Drogen ankommt. Macht das Flugzeug eine Zwischenlandung in der Bundesrepublik Deutschland, so macht sich der Betäubungsmittelkurier nur dann wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar, wenn er weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass er über das Gepäckstück verfügen kann. Rechnet er hingegen nicht damit, dass das Gepäckstück ausgeladen wird und ihm zur Verfügung steht, so kommt lediglich eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Einfuhr von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 4 BtMG in Betracht. Diese tritt aber nach Ansicht des BGH ohnehin hinter der Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zurück, wenn der Kurier als Täter oder Teilnehmer an dem Drogengeschäft mitwirkt. Die fahrlässige Einfuhr sei in diesem Fall lediglich ein unselbstständiger Teilakt des Handeltreibens.

Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht

Das Leugnen der Tat stellt auch dann ein zulässiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten dar, wenn dadurch der Tatverdacht gegen einen Mittäter wesentlich verstärkt wird.

Das Leugnen der Tat darf nicht zu Lasten des Angeklagten bewertet werden. Diesen Grundsatz hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Beschluss vom 22.07.2015 - 1 StR 323/15 noch einmal bestärkt, indem er ein Urteil des Landgerichts Ulm im Strafausspruch aufgehoben hat.
Das Landgericht hatte das Leugnen der Tat als rechtsfeindlich bewertet und das Leugnen des Angeklagten ausdrücklich zu seinen Lasten berücksichtigt. Nach ständiger Rechtsprechung darf ein solches Prozessverhalten aber nur dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn es nicht allein auf der Furcht vor Bestrafung beruht. Dies muss allerdings hinreichend festgestellt werden. Leugnet der Angeklagte die Tat, so stellt dies ein zulässiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten dar, auch wenn durch sein Leugnen der Tatverdacht gegen einen anderen wesentlich verstärkt wird. Demzufolge kann das Leugnen für sich genommen nicht als Begründung einer entsprechenden rechtsfeindlichen Gesinnung herangezogen werden.