Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Krediterlangungsbetrug durch Gebrauchen einer verfälschten Urkunde
Mit Beschluss vom 24. Januar 2013, 3 StR 398/12 stellte der BGH klar, dass sich bei mehreren Tatbeteiligten aus den Urteilsgründen ergeben muss, welchem Tatbeteiligten welche konkreten strafrechtlich relevanten Tathandlungen vorgeworfen werden. Beim Krediterlangungsbetrug durch Gebrauchen einer verfälschten oder unechten Urkunde muss insbesondere dargelegt werden, welcher Beteiligte die Urkunde vorgelegt, übergeben oder hinterlegt hat. Nicht ausreichend ist, pauschal mitzuteilen, dass die Angeklagten diese Unterlagen vorgelegt haben. Darüber hinaus muss sich aus den Urteilsgründen ergeben, ob es sich um Kopien oder um Originalurkunden gehandelt hat. Dies ist deshalb notwendig, weil Kopien in der Regel keine Urkunden im Sinne von § 267 StGB darstellen. Kopien können nur Urkunden sein, soweit die Kopien wie ein Original verwendet wurden. Hintergrund der Entscheidung des BGH war, dass die Beschuldigten durch Vorlage von gefälschten Bonitätsprüfungen Kredite bei Banken beantragt haben. Insbesondere wurden durch die Angeklagten Steuerbescheide, Gehalts- und Verdienstabrechnungen, Kontoauszüge sowie Selbstauskünfte eines Mitangeklagten vorgelegt. Die angegriffene Entscheidung des Landgerichts teilte in den Urteilsgründen lediglich mit, dass durch die Angeklagten die Urkunden vorlegt wurden, ohne konkret mitzuteilen, welcher Angeklagte die Urkunden jeweils vorlegt hat. Auch hatte es das Landgericht unterlassen, mitzuteilen, ob es sich um Originalurkunden oder um Kopien gehandelt hat. Deshalb wurde das
Anwalt für Strafrecht: Heimtückischer Mord bei Kleinkindern
Mit Beschluss vom 5. August 2014 – 1 StR 340/14 hat sich der Bundesgerichtshof zu der Frage geäußert, ob ein heimtückischer Mord an einem wenige Wochen alten Kleinkind begangen wurde. Dem Beschluss lag als Sachverhalt zugrunde, dass der Vater des Kindes einen Arztbesuch wahrnahm, für den er eine Strecke von einem Kilometer zurücklegen musste. Daher überließ er die Aufsicht über das Kind der Kindesmutter bzw. der Angeklagten. Während seiner Abwesenheit tötete die Mutter das Kind.
Um das Mordmerkmal der Heimtücke an einem Kleinkind zu erfüllen, muss die auf Arglosigkeit beruhende Wehrlosigkeit eines schutzbereiten Dritten ausgenutzt werden. Unter einem schutzbereiten Dritten ist eine Person verstehen, die den Schutz den Kleinkindes für eine gewisse Zeit übernimmt. Entscheidend ist, dass die Person den Schutz zum Tatzeitpunkt tatsächlich ausgeübt hat.
Zum Merkmal des „schutzbereiten Dritten“ äußerte sich der Bundesgerichtshof vorliegend. Schutzbereit ist jemand nur, wenn er in der Lage ist, Einwirkungen auf das Kleinkind zu unterbinden. Dafür muss der Dritte den Angriff zum einen wahrnehmen. Zum anderen darf er nicht so weit vom Angriff entfernt sein, dass jegliche Abwehrversuche ohnehin zu spät kämen. Ein heimtückischer Mord kann dann nur noch angenommen werden, wenn der Dritte der tatausführenden Person vertraut oder von dieser getäuscht wurde.
Zunächst hat die Angeklagte nicht täuschend auf den Kindesvater in Bezug auf den Arztbesuch eingewirkt. Nach Auffassung des BGH kam es aber entscheidend auf die erhebliche räumliche Trennung zwischen dem Kindesvater und dem Kleinkind an. Da der Kindesvater einen weit entfernten Arzt aufsuchte, war er mithin weder in der Lage, einen Angriff auf sein Kind wahrzunehmen, noch diesen aufgrund der räumlichen Trennung rechtzeitig zu verhindern. Der Vater war zu keiner Abwehrhandlung fähig und war daher nicht mehr als schutzbereiter Dritter anzusehen. Somit war ein heimtückischer Mord an dem Kleinkind auch nicht möglich. Es hat vielmehr eine Verurteilung wegen Totschlags zu erfolgen.
Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung durch lebensgefährdende Behandlung
Im Beschluss vom 31. Juli 2013 (2-StR 38/13) setzte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinander, wann aus einer einfachen Körperverletzung eine gefährliche Körperverletzung wegen lebensgefährlicher Behandlung wird. Der Entscheidung lag zugrunde, dass der Verletzte vom körperlich überlegenen Beschuldigten gegen den Kopf geschlagen und im Anschluss getreten wurde. Im Zuge dessen wurde dem Beschuldigten eine gefährliche Körperverletzung durch eine lebensgefährdende Behandlung vorgeworfen. Für eine lebensgefährdende Behandlung im Zuge einer gefährlichen Körperverletzung kommt es nicht darauf an, ob der Verletze tatsächlich in Lebensgefahr war. Entscheidend ist, ob die Handlung im Einzelfall abstrakt geeignet war, das Leben des Verletzten zu gefährden. Zur Feststellung der Gefährdung stellt der Bundesgerichtshof auf die konkrete Schädlichkeit der Verletzungshandlung am Körper des Betroffenen ab. Feststellungsrelevant sind hierbei zum Beispiel Dauer, Art und Stärke der Verletzungshandlung. Insbesondere die hier vorliegende Einwirkung auf empfindliche und lebensnotwendige Körperregionen, wie den Kopf, kann zu einer abstrakten Lebensgefährdung führen.
Anwalt für Strafrecht: Das letzte Wort des Angeklagten
Nach Schluss der Beweisaufnahme steht dem Angeklagten nach § 258 Abs. 2 StPO das letzte Wort zu. Wird ihm das letzte Wort nicht erteilt, so kann dies zur Aufhebung des Urteils führen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil durch die Äußerung des Angeklagten anders ausgefallen wäre.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 26. April 2017 – 4 StR 645/16 klargestellt, dass bei einer Hauptverhandlung gegen einen jugendlichen Angeklagten dessen Vormund bzw. dessen gesetzlichem Vertreter das letzte Wort erteilt werden muss. Denn nach § 258 Abs. 2 und 3 StPO i.V.m. § 67 Abs. 1 JGG ist den Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertretern in allen Fällen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, in denen der noch nicht volljährige Angeklagte ein Recht darauf hat.
In dem Verfahren gegen die Angeklagte wegen Mordes vor dem Landgericht Bielefeld hatte der Onkel der Angeklagten als ihr Vormund die gesetzliche Vertretung inne, sodass ihm Gelegenheit zur Stellungnahme hätte gegeben werden müssen. Da der BGH nicht ausschließen konnte, dass das Urteil im Falle der Gewährung des letzten Wortes an den Vormund anders ausgefallen wäre, musste der BGH das Urteil des Landgerichts Bielefeld aufheben.
Anwalt für Strafrecht: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 6. April 2017 – 3 StR 5/17 unter anderem seine Rechtsprechung zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gefestigt. Er betonte erneut, dass Mittäter lediglich sein kann, wer eine über den bloßen Transport der Betäubungsmittel hinausgehende Tätigkeit übernimmt, am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll. Untergeordnete Hilfstätigkeiten seien lediglich als Beihilfehandlungen einzustufen.
Die Verurteilung der Angeklagten durch das Landgericht Verden wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge war unter Beachtung dieser Grundsätze rechtsfehlerhaft. Die Angeklagte war lediglich Beifahrerin auf einer Kurierfahrt, von der sie sich versprach, etwas Marihuana für den Eigenkonsum ihres Lebensgefährten zu einem günstigeren Preis erwerben zu können. Später säuberte und verpackte sie die Betäubungsmittel neu. Diese Handlungen stellen nach Ansicht des BGH jedoch lediglich untergeordnete Hilfstätigkeiten dar, da die Angeklagte keinen eigenen Gestaltungsspielraum hatte.
Für die Straferwartung spielt es eine große Rolle, ob die Handlung als Mittäterschaft oder Beihilfe bewertet wird, da die
Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung und Irrtum
Das Notwehrecht gibt den Angegriffenen die Möglichkeit, sich z.B. gegen eine Körperverletzung zur Wehr zu setzen. Endet die Notwehrlage, die Verteidigungshandlung wird jedoch fortgeführt, so kann sowohl eine vorsätzliche Körperverletzung oder ein Tatbestandsirrtum im Sinne des § 16 StGB vorliegen. Ob eine Körperverletzung oder ein Tatbestandsirrtum vorliegt, hängt maßgeblich von der Tätervorstellung ab. Im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. August 2013 – 1 Str 449/13 - hielt der Angegriffene es für erforderlich, die Verteidigungshandlung fortzusetzen. Er befürchtete, dass er anderenfalls erneut durch den Angreifer verletzt werden könnte. Tatsächlich war der Angreifende bereits kampfunfähig und die Notwehrlage somit beendet. Hätte der Verteidigende erkannt, dass die Notwehrlage beendet war, würde eine vorsätzliche Körperverletzung vorliegen. Stellt sich der Verteidiger jedoch vor, die Notwehrsituation besteht weiterhin, da bei Aufgabe der Verteidigungshandlung weitere Angriffe zu befürchten sind, so befindet sich der Verteidigende in einem Irrtum über Tatumstände nach. In diesem Fall entfällt die Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Körperverletzung.
Anwalt für Strafrecht: Diebstahlsbeute und Hehlerei
Bezüglich der Hehlerei wird zwischen dem Absetzen und der Absatzhilfe unterschieden. Absetzen ist der zum Großteil auf Eigenleistung beruhende Verkauf. Absatzhilfe ist das unmittelbare Unterstützen des eigentlichen Verkäufers beim Beuteverkauf.
Für die Verwirklichung von sowohl dem Absetzen als auch der Absatzhilfe genügt es nicht, sich um den Beuteverkauf zu bemühen oder diesen vorzubereiten. Selbst wenn die Bemühungen geeignet waren, einen Verkauf einzuleiten und somit dazu, die rechtwidrige Vermögenslage aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen. Nach Auffassung des BGH in seiner Entscheidung vom 14.05.2013 – 3 Str 69/13 - liegt die vollendete Hehlerei erst zu dem Zeitpunkt vor, an welchem die Beute tatsächlich verkauft wurde. In allen anderen Fällen kommt lediglich eine Versuchsstrafbarkeit in Betracht.
Anwalt für Strafrecht: Schwerer Raub
In seinem Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 4 StR 351/14 hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinandergesetzt, worauf es ankommt, um eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei einem Raub zu verwenden.
Um eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug beim Raub gem. § 250 StGB zu verwenden, muss der Geschädigte hiermit bedroht werden. Durch die Nutzung einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs muss das Opfer in eine qualifizierte Zwangslage versetzt worden sein.
Im vorliegenden Fall entschied der Bundesgerichtshof, dass es maßgeblich darauf ankommt, dass die bedrohte Person die Waffe oder das gefährliche Werkzeug als solche auch wahrnimmt. Der Geschädigte hatte einen Gegenstand in der Hand des Täters erkannt. Identifizieren konnte der Geschädigte den Gegenstand jedoch nicht. Deshalb schied nach Auffassung des BGH aus, dass durch den Einsatz des Gegenstandes der Geschädigte in eine qualifizierte Zwangslage versetzt worden sei. Eine Verurteilung wegen schweren Raubs mit einer Mindeststrafe von fünf Jahren konnte somit nicht erfolgen. Vielmehr lag lediglich eine räuberische Erpressung vor.
Anwalt für Strafrecht: Urkundenfälschung - § 267 StGB
In seinem Beschluss vom 3. Mai 2012 – 2 StR 446/11 musste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinandersetzen, ob eins dem Tatplan entsprechendes mehrfaches Gebrauchen einer gefälschten Urkunde eine Strafbarkeit der Urkundenfälschung nach § 267 StGB in mehreren Fällen darstellt.
Im zu entscheidenden Fall hatte der Angeklagte unechte Urkunden hergestellt. Diese gefälschten Dokumente wurden dann vom Mitangeklagten mehrfach für verschiedene Betrugs- und Untreuestraftaten verwendet.
Der Bundesgerichtshof sah darin jedoch kein gesondert verfolgbares Tatunrecht des Angeklagten. Eine strafbare Teilnahme des Fälschers an dem von einem anderen vorgenommenen Gebrauchmachen derselben Urkunde kommt nicht in Betracht. Insoweit liegt eine deliktische Einheit vor, in der die Beihilfehandlung aufgeht. Insofern der Angeklagte im übrigen Beihilfe zum (versuchten) Betrug leistet, ist nur eine Beihilfe im Rechtsinne gegeben.
Anwalt für Strafrecht: Schwere Körperverletzung iSd, § 226 StGB
In seinem Beschluss vom 15. Januar 2014 – 4 StR 509/13 hat der Bundesgerichtshof untersucht, ab wann jemand ein „wichtiges Glied“ im Sinne der schweren Körperverletzung nach
§ 226 Abs. 1 StGB dauernd nicht mehr gebrauchen kann.
Um ein „wichtiges Glied“ dauernd nicht mehr gebrauchen zu können, muss eine erhebliche Anzahl an Funktionen dieses Körperglieds ausfallen, sodass es weitgehend unbrauchbar wird. Im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung ist dabei maßgeblich, dass der Funktionsausfall des Körperglieds von der faktischen Wirkung her einem physischen Verlust entspricht.
Im zu entscheidenden Fall wurde dem Geschädigten aus etwa einem Meter Entfernung mit einer Pumpgun ins rechte Knie geschossen. Durch diese vorsätzliche Körperverletzung wurden bei dem Geschädigten dauerhaft eine Beugehemmung des rechten Knies von 60 Grad, ein Muskeldefizit sowie eine Instabilität hervorgerufen. Es konnte ferner festgestellt werden, dass der Geschädigte aufgrund einer mit hoher Wahrscheinlichkeit auftretenden Arthrose im rechten Knie mit einer Knieprothese zu rechnen haben wird. Hinzukommen eine Erwerbsminderung von etwa dreißig Prozent und die Unmöglichkeit schweren körperlichen Belastungen nachgehen zu können.
Trotz dieser körperlichen Leiden konnte der Bundesgerichtshof nicht erkennen, dass die faktischen Wirkungen dieser Beschwerden einem physischen Verlust des Körperglieds entsprechen. Die strengen Anforderungen der schweren Körperverletzung gemäß § 226 Abs. 1 StGB sind mithin nicht erfüllt worden. Jedoch wurde eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 StGB verwirklicht.