Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Betrug

Allein die Bereitschaft, durch einen Betrug (abgewandelter Enkel-Trick) erlangtes Geld auf seinem Konto zu empfangen, begründet nicht zwangsläufig eine Mittäterschaft an der Tat

Mit Beschluss vom 19.10.15 - (2) 161 Ss 220/15 (63/15) hat sich das Kammergericht unter Aufhebung eines Urteils des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin zu den Anforderungen an eine mittäterschaftliche Tatbegehung im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB geäußert. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hatte ein Tatbeteiligter dem betagten Geschädigten am Telefon vorgespiegelt, er müsse Geld auf ein Konto überweisen, da ansonsten gerichtliche Konsequenzen drohten (abgewandelter Enkel-Trick). Der Angeklagte hatte sein Konto für den Empfang der Überweisung zur Verfügung gestellt, sich das Geld nach erfolgter Überweisung bei seiner Bank auszahlen lassen und später wohl an andere Tatbeteiligte weitergegeben.
Das Kammergericht wertete den Tatbeitrag des Angeklagten aufgrund der getroffenen Feststellungen zur Tat lediglich als eher untergeordnete Unterstützungshandlung zum Betrug, welche für die Annahme von Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB nicht ausreiche. Da insbesondere auch keine hinreichenden Feststellungen zur inneren Tatseite des Angeklagten getroffen wurden, mithin nicht ohne Weiteres auf einen gemeinsamen Tatplan und eine Beteiligung an der Tatbeute geschlossen werden könne, liege im objektiven Tatbeitrag des Angeklagten im Ergebnis (nur) eine die Haupttat fördernde Beihilfehandlung.

Anwalt für Strafrecht: Einfuhr von Betäubungsmitteln

Bei der Zwischenlandung eines Betäubungsmittel-Kuriers im Inland kommt es für die Strafbarkeit wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln entscheidend darauf an, ob der reisende Kurier eine tatsächliche Verfügungsmacht über das Gepäckstück hat.

In seinem Beschluss vom 18.03.2015 - 3 StR 634/14 hat der Bundesgerichtshof (BGH) erneut klargestellt, dass es für einen Betäubungsmittelkurier, der Betäubungsmittel in seinem Fluggepäck transportiert, für die Strafbarkeit wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln entscheidend auf die tatsächliche Verfügungsmacht über die transportierten Drogen ankommt. Macht das Flugzeug eine Zwischenlandung in der Bundesrepublik Deutschland, so macht sich der Betäubungsmittelkurier nur dann wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar, wenn er weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass er über das Gepäckstück verfügen kann. Rechnet er hingegen nicht damit, dass das Gepäckstück ausgeladen wird und ihm zur Verfügung steht, so kommt lediglich eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Einfuhr von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 4 BtMG in Betracht. Diese tritt aber nach Ansicht des BGH ohnehin hinter der Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zurück, wenn der Kurier als Täter oder Teilnehmer an dem Drogengeschäft mitwirkt. Die fahrlässige Einfuhr sei in diesem Fall lediglich ein unselbstständiger Teilakt des Handeltreibens.

Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht

Das Leugnen der Tat stellt auch dann ein zulässiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten dar, wenn dadurch der Tatverdacht gegen einen Mittäter wesentlich verstärkt wird.

Das Leugnen der Tat darf nicht zu Lasten des Angeklagten bewertet werden. Diesen Grundsatz hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Beschluss vom 22.07.2015 - 1 StR 323/15 noch einmal bestärkt, indem er ein Urteil des Landgerichts Ulm im Strafausspruch aufgehoben hat.
Das Landgericht hatte das Leugnen der Tat als rechtsfeindlich bewertet und das Leugnen des Angeklagten ausdrücklich zu seinen Lasten berücksichtigt. Nach ständiger Rechtsprechung darf ein solches Prozessverhalten aber nur dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn es nicht allein auf der Furcht vor Bestrafung beruht. Dies muss allerdings hinreichend festgestellt werden. Leugnet der Angeklagte die Tat, so stellt dies ein zulässiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten dar, auch wenn durch sein Leugnen der Tatverdacht gegen einen anderen wesentlich verstärkt wird. Demzufolge kann das Leugnen für sich genommen nicht als Begründung einer entsprechenden rechtsfeindlichen Gesinnung herangezogen werden.

Anwalt für Strafrecht: Urkundenfälschung

Für die Annahme des besonders schweren Falles der "gewerbsmäßigen" Urkundenfälschung ist es nicht erforderlich, dass die angestrebten Einnahmen unmittelbar aus der Urkundenfälschung resultieren. Vielmehr genügt für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit bereits, dass die Urkundenfälschung eine notwendige Zwischenstufe für weitere gewinnbringende Handlungen ist.

Mit Beschluss vom 30.06.2015 - 4 StR 190/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine Rechtsprechung zur gewerbsmäßigen Urkundenfälschung bestätigt. Demnach kann eine Gewerbsmäßigkeit als besonders schwerer Fall der Urkundenfälschung im Sinne des § 267 Abs. 3 Nr. 1 StGB bereits dann angenommen werden, wenn sich aus der Urkundenfälschung selbst zwar keine unmittelbaren, aber zumindest mittelbare finanzielle Vorteile ergeben. Voraussetzung dafür ist, dass die Urkundenfälschung dazu dienen soll, durch andere Straftaten Gewinn erzielen zu können, also eine "notwendige Zwischenstufe" zu den gewinnbringenden Taten darstellt.

Anwalt für Strafrecht: Geldwäsche

Als "Gegenstand" der Geldwäsche ist auch ursprünglich legal erworbenes Geld anzusehen, wenn dieses mit einem nicht unerheblichen Teil solcher Gelder vermischt wurde, welche aus rechtswidrigen Taten im Sinne des § 261 Abs. 1 S. 2 StGB stammen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 20.05.2015 - 1 StR 33/15 klargestellt, dass durch Vermischung von "legal" und "illegal" erworbenem Geld auch das ursprünglich legal erworbene Geld zum "Gegenstand" der Geldwäsche im Sinne des § 261 StGB werden kann. Der Angeklagte hatte aus Betrugs- und Untreuetaten Geld erlangt. Um die Herkunft des Geldes zu verschleiern, überwies er dieses mit Hilfe der Mitangeklagten auf das gemeinsame Konto, auf das auch übrige Gelder der beiden Angeklagten eingezahlt wurden. Folglich vermischt sich auf diesem Konto das durch Straftaten erlangte Geld mit dem legal erworbenen Geld. Der Anteil des illegalen Geldes auf dem Konto betrug schließlich über 30 %. Der Angeklagte konnte über das gesamte Giroguthaben verfügen.

Der BGH hat in seinem Beschluss das gesamte Giroguthaben als "Gegenstand" der Geldwäsche, der aus Vortaten "herrührt", angesehen. Zur Begründung verweist er einerseits auf die Gesetzesmaterialien, aus denen sich eindeutig ablesen lasse, dass Vermögensgegenstände, die sowohl aus legalen als auch illegalen Quellen stammen, insgesamt als Gegenstände der Geldwäsche anzusehen seien. Auch sei es gerade Sinn und Zweck des Geldwäschetatbestandes (§ 261 StGB), den Zufluss illegaler Vermögensmassen in den legalen Finanzkreislauf zu verhindern, was ebenfalls für die Auffassung des BGH spricht. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Anteil illegaler Gelder an der gesamten Vermögensmasse nicht völlig unerheblich ist.

Anwalt für Strafrecht: Diebstahl

Allein die vorherige Kenntnis von Diebstählen einer anderen Person und der Wille, diese als gemeinsame Taten anzusehen, begründen keine Mittäterschaft.

In seinem Beschluss vom 29.09.2015 - 3 StR 336/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine Entscheidung des Landgerichts Mainz aufgehoben, durch die der Angeklagte wegen gemeinschaftlich begangenen besonders schweren Diebstahls verurteilt wurde. Der Angeklagte lagerte Beute, die der Mitangeklagte jeweils allein in einem Baumarkt entwendet hatte, bei sich zuhause und versuchte diese über Ebay zu verkaufen.
Der BGH beanstandete die Entscheidung mit der Begründung, dass allein die vorherige Kenntnis des Angeklagten von den Taten des Mitangeklagten und sein Wille, diese Taten als gemeinsame anzusehen, eine Mittäterschaft nicht begründen können. Zwar erfordert Mittäterschaft nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst. Auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt, kann ausreichend sein. Die Lagerung und Verwertung der Beute stellen jedoch nach Ansicht des BGH allenfalls Beteiligungshandlungen an den Diebstahlstaten des Mitangeklagten dar. Auf eine Tatherrschaft oder den Willen der Täterschaft könne dabei nicht geschlossen werden, da der Mitangeklagte die Taten allein und ohne Einfluss des Angeklagten begangen hatte.

Anwalt für Strafrecht: Erteilung eines Fahrverbots

Wer innerhalb eines Zeitraums von unter drei Jahren mehrere einfache Verkehrsverstöße begeht, kann mit einem einmonatigen Fahrverbot belegt werden.

Nach einem aktuellen Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 17.09.2015 - 1 RBs 138/15 kann nicht nur bei Verkehrsstraftaten, sondern auch bei einfachen Ordnungswidrigkeiten ein Fahrverbot erteilt werden. Dies gilt allerdings nur, wenn mehrere einfache Ordnungswidrigkeiten innerhalb eines kürzeren Zeitraums begangen werden und sich dadurch die mangelnde rechtstreue Gesinnung des Betroffenen zeigt. Wann dies der Fall ist, soll von den Gerichten anhand der Anzahl der Vorverstöße, ihrem zeitlichen Abstand und ihrem Schweregrad beurteilt werden.
Das OLG Hamm hat damit die Rechtsbeschwerde eines Betroffenen zurückgewiesen, dem ein einmonatiges Fahrverbot erteilt wurde. Er hatte drei Handyverstöße begangen und zweimal die zulässige Höchstgeschwindigkeit mit jeweils 22 km/h überschritten. Das Fahrverbot führt dazu, dass für die angeordnete Zeit ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr nicht geführt werden darf. Im Gegensatz zur Entziehung der Fahrerlaubnis bleibt bei einem Fahrverbot die Fahrerlaubnis selbst aber bestehen. Der Führerschein muss in dieser Zeit jedoch abgegeben werden.

Anwalt für Strafrecht: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

Wer als Kurier für den Transport von Betäubungsmitteln sorgt, macht sich in der Regel nicht wegen mittäterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar. Hier kommt lediglich eine Beihilfe in Betracht.

In seinem Beschluss vom 09.09.2015 - 4 StR 347/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) erneut über die Einordnung der Beteiligung des Kuriers an einem Drogengeschäft entschieden.
Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BGH ist bei der Beurteilung der Rolle des Kuriers der jeweils konkrete Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt zu bewerten. Beschränkt sich die Tathandlung auf den bloßen Transport von Drogen zwischen den selbstständig handelnden Lieferanten und Abnehmern, ohne dass der Kurier das Geschäft insgesamt maßgeblich mitgestalten kann, so liegt in der Regel lediglich eine Beihilfe vor. Mittäterschaftliches Handeltreiben liegt erst dann vor, wenn der Kurier erhebliche, über den Transport hinausgehende Tätigkeiten vornimmt. Dazu gehört etwa eine unmittelbare Beteiligung am An- und Verkauf des Rauschgiftes oder am Gewinn.
Im zu verhandelnden Fall beschränkte sich die Mitwirkung der Angeklagten auf die Anwesenheit beim Einbau der Drogen in den von ihr zur Verfügung gestellten Pkw und den eigenhändigen Transport an einen nicht näher genannten Abnehmer. Da sie das Geschäft an sich jedoch nicht maßgeblich mitgestalten konnte, kam eine Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht in Betracht.

Anwalt für Strafrecht: Räuberischer Diebstahl

Eine Nötigungshandlung beim Räuberischen Diebstahl gem. § 252 StGB kann auch noch vorliegen, wenn der Täter erst einige Zeit nach der Tat Gewalt gegen eine Person anwendet, die ihn zwar nicht auf frischer Tat betroffen, aber verfolgt hat (sog. Nacheile)

Der Angeklagte hatte gemeinsam mit anderen Beteiligten einen Geldautomaten aufgebrochen und fast 75.000 ? gestohlen. Polizeibeamte hatten die Tat von Anfang an beobachtet, waren jedoch nicht sofort eingeschritten. Erst nach einer ca. 30 minütigen Verfolgung versuchten Beamte eines Sondereinsatzkommandos, das an der Observation nicht beteiligt war, die Diebe festzunehmen. Um sich der Festnahme zu widersetzen, durchbrachen die Täter mit ihrem Auto die Umstellung der SEK-Beamten, wodurch sich ein Beamter eine Knieprellung zuzog.
Mit Beschluss vom 04.08.2015 - 3 StR 112/15 hat der BGH entschieden, dass in diesem Fall ein (besonders schwerer) räuberischer Diebstahl gem. §§ 252, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB vorliegt. Ein solcher setzt voraus, dass jemand bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen wird und dann Gewalt verübt oder Drohungen anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten. Zwar war die Tat bei der Festnahme durch das SEK nicht mehr wirklich "frisch" i.S.d. § 252 StGB. Jedoch waren die Diebe bereits durch die observierenden Polizeibeamten tatbestandlich auf frischer Tat betroffen. Dass sich die Nötigungshandlung (gewaltsames Zufahren mit dem Auto) dann erst später gegen einen SEK-Beamten richtete, der die Täter wiederum nicht selbst auf frischer Tat betroffen hatte, ist unschädlich. Ausreichend ist nach Ansicht des BGH nämlich, dass die Nötigungshandlung eine Folge des Betroffenseins ist, also in einem Zusammenhang dazu steht. Und dies ist im Rahmen der sogenannten Nacheile, also der sich an die Tatbegehung unmittelbar anschließenden ununterbrochenen Verfolgung, der Fall.

Anwalt für Strafrecht: gefährliche Körperverletzung

Entsteht der Körperverletzungserfolg bei einem Schuss auf das im Auto sitzende Opfer erst durch das Zersplittern der Scheibe und damit nicht durch eine unmittelbare Folge des Schusses, so liegt keine gefährliche Körperverletzung "mittels" der eingesetzten Waffe vor.

In seinem Beschluss vom 16.07.2015 - 4 StR 117/15 hat der Bundesgerichtshof erneut über die Auslegung des Wortes "mittels" einer Waffe im Rahmen der gefährlichen Körperverletzung entschieden. Eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB liegt vor, wenn der Körperverletzungserfolg mittels einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs verursacht wird. Zwischen dem Einsatz der Waffe und der Verletzung des Opfers muss demnach ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Ein solcher besteht nach ständiger Rechtsprechung nur, wenn dem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes Tatmittel eine Körperverletzung beigebracht wird. Ist die Verletzung keine direkte Folge des Einsatzes der Waffe, so besteht der unmittelbare Zusammenhang nicht.
So liegt nach der aktuellen Entscheidung des BGH keine gefährliche Körperverletzung mittels einer Waffe vor, wenn auf eine im Auto sitzende Person geschossen und diese erst durch das Zersplittern der Scheibe verletzt wird. In diesem Fall ist die Körperverletzung nicht durch den Schuss, sondern durch das Zersplittern der Scheibe eingetreten.