Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Strafvollzug

Eine Justizvollzugsanstalt muss einem Strafgefangenen auf sein Verlangen Unterwäsche und Socken für einen täglichen Wechsel bereitstellen, um dem vollzuglichen Ziel, dem Betroffenen die Eingliederung in das Leben in Freiheit zu erleichtern, nachzukommen.

In seinem Beschluss vom 14.08.2014 - 1 Vollz (Ws) 365/14 entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm, dass einem Strafgefangenen auf sein Verlangen Unterwäsche und Socken für einen täglichen Wechsel bereitgestellt werden müssen. Die bisherige Praxis in einer westfälischen Justizvollzugsanstalt, dem Betroffenen wöchentlich vier Garnituren Unterwäsche und zwei Paar Socken zu stellen, sah das OLG Hamm als unzureichende Ausstattung mit Anstaltskleidung an, die auch eine unzureichende Körperhygiene zur Folge haben könne. Eine unzureichende Körperhygiene könne wiederum den Wiedereinstieg in das Arbeitsleben und soziale Kontakte mit Mitmenschen erschweren. Dies sei mit Blick auf das vollzugliche Ziel, dem Gefangenen zu helfen, sich nach der Haftentlassung wieder in das Leben in Freiheit einzugliedern, nicht vereinbar.

Insofern sei es geboten, dem Betroffenen mit einem täglichen Kleiderwechsel eine Angleichung an die allgemeinen Lebensverhältnisse zu ermöglichen.

Anwalt für Strafrecht: Bedrohung

Der Ausspruch "Du bist ein toter Mann" führt nicht zu einer tateinheitlichen Verurteilung wegen Bedrohung, wenn ihm neben der Tat kein eigenständiger Unrechtsgehalt mehr zukommt.

In seinem ''Beschluss vom 26. Juni 2014 - 2 StR 110/14'' korrigierte der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil des Landgerichts Erfurt dahingehend, dass der Angeklagte sich nicht des schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit Bedrohung strafbar gemacht hat. Dazu führte er aus, dass der Ausspruch "Du bist ein toter Mann" nicht zu einer eigenständigen Strafbarkeit führen kann, wenn ihr neben der Tat kein eigenständiger Unrechtsgehalt mehr zukommt. Dies war vorliegend der Fall, da der Angeklagte bei dem Diebstahl Gewalt angewandt hatte. Ob der Ausspruch im Kontext des Gesamtgeschehens tatsächlich als eine ernstzunehmende Bedrohung im Sinne des § 241 StGB gesehen werden konnte, konnte somit dahingestellt bleiben.

Anwalt für Strafrecht: Strafaussetzung zur Bewährung

Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten kann auch bei einem nicht vorbestraften Täter, der die Tat bereut und einsieht, nicht zur Bewährung ausgesetzt, sondern vollstreckt werden.

In seinem ''Beschluss vom 26.08.2014 - 3 RVs 55/14'' bestätigte das OLG Hamm die Verurteilung eines Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Obwohl die Strafe unter zwei Jahren liegt, wurde sie nicht zur Bewährung ausgesetzt. Dies sei nach Ansicht des Gerichts zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten.
Der Angeklagte hatte im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit eine Kollision mit einem Radfahrer verursacht, bei der der Radfahrer ums Leben kam. Der Radfahrer war verheiratet und hatte drei Kinder. Obwohl der Angeklagte sozial integriert ist, die Tat bereut und gestanden hat und vorher weder verkehrs- noch strafrechtlich aufgefallen war, setzte das Gericht die Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung aus. Dies sei insbesondere im Hinblick auf die herausragend schweren Folgen für den Getöteten und seine nahen Angehörigen, die das Maß der absoluten Fahruntüchtigkeit weit übersteigende Alkoholisierung des Angeklagten, sowie die festgestellte aggressive Fahrweise in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Tat trotz der zahlreichen mildernden Umstände gerechtfertigt.

Anwalt für Strafrecht: Sexualstrafrecht / Missbrauch von Jugendlichen

Der Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen gemäß § 182 Abs. 3 StGB steht nicht entgegen, dass sich das Opfer gegen die sexuellen Übergriffe des Täters sträubt und diesen bittet, damit aufzuhören. Denn einer einverständlich vorgenommenen sexuellen Handlung bedarf es nicht.

In seinem ''Beschluss vom 24.07.2014 - 3 StR 286/14'' setzte sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage auseinander, ob zur Erfüllung des Tatbestandes des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen erforderlich ist, dass das Opfer einen entgegenstehenden Willen hat oder nicht. In der Literatur wird teilweise gefordert, dass das Merkmal des Ausnutzens nur durch einverständlich vorgenommene sexuelle Handlungen erfüllt werden kann. Der BGH hält eine solch einschränkende Auslegung der Vorschrift jedoch nicht für richtig. Vielmehr sei ein Ausnutzen auch gegeben, wenn das jugendliche Opfer seinen noch unterentwickelten entgegenstehenden Willen nicht verwirklichen oder aufgrund der Dominanz des Täters nicht durchsetzen könne. Insofern sei nicht erforderlich, dass der Jugendliche infolge seiner fehlenden Selbstbestimmung überhaupt keinen entgegenstehenden Willen entwickeln könne. Auch das Überspielen des zwar gebildeten, aber infolge von Reifemängeln nicht durchsetzbaren Willens, stelle eine Fremdbestimmung im Sinne des § 182 Abs. 3 StGB dar.

Anwalt für Strafrecht: Geldfälschung

Wer mit Falschgeld bezahlt macht sich nur dann einer Geldfälschung nach § 146 StGB strafbar, wenn er das Falschgeld selbst nachgemacht oder verfälscht oder es sich in der Absicht verschafft hat, es als echt in den Verkehr zu bringen.

Mit seinem ''Beschluss vom 22.7.2014 - 3 StR 314/14 korrigierte der Bundesgerichtshof (BGH)'' ein Urteil des Landgerichts Koblenz dahingehend, dass sich der Angeklagte nicht der Geldfälschung, sondern lediglich des Inverkehrbringens von Falschgeld gemäß § 147 StGB schuldig gemacht hat. Der Angeklagte hatte mit einem gefälschten 20-Euro-Schein Getränke in einer Bar bezahlt und sich das Wechselgeld herausgeben lassen.

Da es keine Anhaltspunkte dafür gab, dass der Angeklagte die Scheine selbst hergestellt hat, hielt die Verurteilung wegen Geldfälschung gemäß § 146 Abs. 1 StGB rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn der bloße Besitz von Falschgeld erfüllt nach den Ausführungen des BGH nicht das Merkmal des Sich-Verschaffens. Dieses umschreibe vielmehr einen über den reinen Besitz hinausgehenden Erwerbsvorgang, in dem der Täter eigene Verfügungsgewalt über das Falschgeld begründen müsse. In jedem Fall müsse jedoch eine Verurteilung wegen Geldfälschung zumindest Feststellungen darüber enthalten, dass der Angeklagte bei der Erlangung der Verfügungsgewalt über das Falschgeld die Absicht hatte, es als echt in den Verkehr zu bringen. Das Landgericht hatte jedoch weder Feststellung dazu getroffen hat, wie und wann der Angeklagte das Falschgeld erlangt hatte weder hatte es Ausführungen zur Absicht des Angeklagten gemacht, sodass lediglich eine Verurteilung wegen des Inverkehrbringens von Falschgeld gemäß § 147 StGB in Betracht kam.

Anwalt für Strafrecht: Nötigung

Der Tatbestand der vollendeten Nötigung ist nicht erfüllt, wenn das Opfer nicht aufgrund der eingesetzten Gewalt, sondern aus Angst vor dem flüchtigen Täter von dessen Verfolgung ablässt.

Für die Strafbarkeit wegen vollendeter Nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB kommt es entscheidend darauf an, dass das Opfer aufgrund der Druckwirkung des Nötigungsmittels die vom Täter angestrebte Handlung vorgenommen oder zumindest mit ihrer Ausführung begonnen hat. Dies führte der ''BGH in seinem Beschluss vom 30.7.2014 - 4 StR 270/14'' aus, bei dem er ein Urteil des Landgerichts dahingehend berichtigte, dass der Angeklagte sich nicht wegen einer vollendeten, sondern lediglich wegen versuchter Nötigung strafbar gemacht hat.

Der Angeklagte hatte einen Ladendiebstahl begangen und wurde daraufhin von dem Geschädigten verfolgt und festgehalten. Er konnte sich jedoch befreien und verließ zunächst das Lokal. Als er plötzlich wieder dort auftauchte, schlug er dem Geschädigten eine Flasche an den Kopf, um diesen von einer weiteren Verfolgung abzuhalten. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Geschädigte aber aus Angst vor dem Angeklagten schon von dessen Verfolgung abgesehen. Da der Geschädigte seinen Entschluss nicht unter der Einwirkung des Schlages, sondern schon vorher gefasst hatte, kam insofern nur eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen versuchter Nötigung in Betracht. Denn der Schlag mit der Flasche war darauf gerichtet, dem Geschädigten ein Verhalten (hier Unterlassen der Verfolgung) abzuzwingen, das über das Erdulden der Körperverletzung hinausging.

Anwalt für Strafrecht: Fehlschlag des Versuchs

Versucht der Täter bei seinem Opfer mittels eines Elektroschockers einen Stromschlag auszulösen und gelingt ihm dies aus technischen Gründen nicht, so liegt insbesondere dann kein Fehlschlag des Versuchs der gefährlichen Körperverletzung vor, wenn der Täter den Verletzungserfolg noch mit anderen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln (hier Pfefferspray) herbeiführen kann.

In seinem ''Beschluss vom 6.5.2014 - 3 StR 134/14'' hob der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil des Landgerichts Kleve auf, durch das der Angeklagte unter anderem wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt wurde. Dem lag ein Wohnungseinbruchsdiebstahl des Angeklagten zugrunde, bei dem er sein Opfer versuchte mit einem Elektroschocker zu verletzen, was ihm jedoch aufgrund des in dem Gerät fehlenden Sicherheitsstiftes nicht gelang. Das Landgericht nahm einen Fehlschlag des Versuchs mit der Folge an, dass dem Angeklagten der Rücktritt vom Versuch verwehrt blieb.

Der BGH bewertete dies als rechtsfehlerhaft. Dem Angeklagten sei es zwar aus technischen Gründen nicht gelungen, einen Stromstoß auszulösen. Daraus folge aber nicht zwingend der Fehlschlag des Versuchs, da der Angeklagte ersichtlich noch nicht alles getan habe, um den Körperverletzungserfolg herbeizuführen. Insbesondere trug er bei dem Einbruchsdiebstahl ein Pfefferspray dabei, mit dem er den Körperverletzungserfolg des Opfers hätte herbeiführen können. Dass der Angeklagte aus irgendwelchen Gründen daran gehindert war dieses einzusetzen, belege das Urteil des Landgerichts jedoch nicht. Insofern liege kein Fehlschlag des Versuchs vor.

Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht / Zeugnisverweigerungsrecht

Von dem Umstand, dass Eltern zu dem Alibi ihres angeklagten Sohnes zunächst schweigen und erst später eine entlastende Aussage hierzu machen, darf das Gericht nicht auf den Wahrheitsgehalt der Aussage schließen.

In seinem ''Beschluss vom 20.3.2014 - 3 StR 353/13'' hob der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil des Landgerichts Stralsund auf, durch das der Angeklagter unter anderem wegen Brandstiftung verurteilt wurde. Grundlage der Verurteilung war ein von den Eltern des Angeklagten eingebrachtes Alibi, das das Landgericht aufgrund des Aussageverhaltens der Eltern als Falschaussage bewertete.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es jeglicher Lebenserfahrung widerspräche, wenn Eltern einen entlastenden Umstand gegenüber den Strafverfolgungsbehörden verschweigen und ihren Sohn dadurch über sechs Monate in Untersuchungshaft verbringen lassen würden.

Der BGH beanstandete diese Würdigung als rechtsfehlerhaft, da die Eltern eines Angeklagten gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO nicht zur Aussage verpflichtet sind. Der unbefangene Gebrauch dieses Schweigerechts werde nicht gewährleistet, wenn der verweigerungsberechtigte Zeuge die Prüfung und Bewertung seines Aussageverhaltens befürchten müsse. Nach Ansicht des BGH dürfen demnach weder aus der durchgehenden noch aus der nur anfänglichen Zeugnisverweigerung nachteilige Schlüsse für den Angeklagten gezogen werden.

Anwalt für Strafrecht: Geiselnahme

Für die Strafbarkeit wegen Geiselnahme nach § 239b StGB ist es nicht ausreichend, dass die Drohung mit dem Tod gleichzeitig dazu dient, sich des Opfers zu bemächtigen und es zu weiteren Handlungen zu nötigen.

In seinem ''Beschluss vom 27.5.2014 - 2 StR 606/13'' beschäftigte sich der Bundesgerichtshof (BGH) unter anderem mit den Voraussetzungen der Geiselnahme nach § 239b StGB. Der Angeklagte hatte die Geschädigte in seine Wohnung gelockt und ihr bei dem Versuch, die Wohnung zu verlassen, mit dem Tode gedroht, falls sie nicht mitmache. Sodann zwang er sie sexuelle Handlungen an ihm vorzunehmen.

Unter Beachtung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Auslegung des § 239b StGB im Zwei-Personen-Verhältnis erfüllt dieses Verhalten nach Ansicht des BGH jedoch nicht den Tatbestand der Geiselnahme. Vielmehr komme der erforderlichen Bemächtigungssituation nicht die vorausgesetzte eigenständige Bedeutung zu, wenn die Drohung mit dem Tod gleichzeitig dazu diene sich des Opfers zu bemächtigen und es zu weiteren Handlungen zu nötigen. Die abgenötigten Handlungen würden in diesem Fall ausschließlich durch die Drohung durchgesetzt, ohne dass es entscheidend auf die Bedeutung der Bemächtigungssituation ankäme. Dass vor dieser Drohung durch ein etwaiges Verschließen der Tür bereits eine stabile Bemächtigungslage bestanden habe, sei aufgrund des ohne erkennbare Zwischenschritte aufeinanderfolgenden Tatablaufs nicht anzunehmen.

Anwalt für Strafrecht: Mord

Fühlt sich ein Vater von seinem schreienden Säugling gestört und versetzt ihm daraufhin zwei kräftige und für den Säugling tödliche Faustschläge auf den Oberkörper, so stellt dies einen Mord aus niedrigen Beweggründen dar.

Mit seinem ''Beschluss vom 8. Juli 2014 - 2 StR 195/14'' hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Verurteilung eines Vaters wegen Mord aus niedrigen Beweggründen zu einer lebenslangen Haftstrafe bestätigt. Der damals 24-jährige Vater fühlte sich durch das Schreien seines Sohnes bei dem Versuch, ungestört eine DVD anzusehen, gestört. Nachdem die Beruhigungsversuche des Angeklagten gescheitert waren und sich der Säugling zudem auf dem T-Shirt des Angeklagten erbrochen hatte, wurde dieser wütend. Er versetzte dem Kind zwei kräftige Faustschläge auf den Oberkörper, die zu Zerreißungen an Herz und Leber führten. Dies stellt nach der nun vom BGH bestätigten Ansicht des Landgerichts einen Mord aus niedrigen Beweggründen dar, da das Verhalten des Angeklagten von einem besonders krassen Missverhältnis zwischen Anlass und Tathandlung geprägt ist.