Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Verkehrsrecht / Beweisverwertungsverbot einer Blutprobe

Die Unzulässigkeit der Beschlagnahme einer im Zuge einer Behandlung im Krankenhaus entnommenen Blutprobe führe nicht zu einem Beweisverwertungsverbot.

Die durch die Auswertung der Blutprobe gewonnene Erkenntnis - hier die Blutalkoholkonzentration - gehöre nicht zum Kernbereich privater Lebensgestaltung und entstamme auch nicht dem besonders vertraulichen Arzt-Patienten-Gespräch. Sie sei schließlich auch über eine Anordnung nach § 81a StPO zu erzielen.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 21. September 2011 - 3-91/11

Anwalt für Strafrecht: Verkehrsrecht / Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

Die Urteilsgründe müssen im Falle einer Verurteilung nach § 142 StGB wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort mit der gebotenen Klarheit erkennen lassen, dass der Angeklagte die Erheblichkeit des Schadens erkannt hat oder dies für möglich hielt, nicht aber ob er den Schaden hätte erkennen können.

Entscheidend seien die Vorstellungen vom Umfang des Schadens.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 23. März 2012 / Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 3-127/11

Ein völlig belangloser Schaden schließe jedoch bekanntlich den Tatbestand des § 142 StGB aus. Dies gelte auch bei ganz geringfügigen Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität. Geringfügige Hautabschürfungen genügen ebenso wenig wie alsbald vergehende Schmerzen.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 03. Dezember 2012 - 3-160/12

Anwalt für Strafrecht: Verkehrsrecht / Geschwindigkeitsmessung

Die mangelnde Kenntnis der Messwertbildung des Geschwindigkeitsmessgerätes ESO ES 3.0 begründet keine rechtliche Unverwertbarkeit des Messergebnisses. Bestehen keine konkreten Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung, muss das Gericht keine weiteren Ermittlungen zur Funktionsweise anstellen.

Die mangelnde Kenntnis der genauen Funktionsweise des Geschwindigkeitsmessgerätes ESO ES 3.0 begründet keine rechtliche Unverwertbarkeit des Messergebnisses.

Das Gericht ist nicht verpflichtet, aufgrund eines Beweisantrages weitere Ermittlungen zur Funktionsweise dieses Messgerätes anzustellen, wenn keine konkreten Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung bestehen. Es ist dem Betroffenen zumutbar, solche Zweifel konkret darzulegen.

Das Amtsgericht müsse keine weiteren Ermittlungen zur genauen Funktionsweise des Messgerätes anstellen. Die mangelnde Kenntnis der genauen Funktionsweise des Geschwindigkeitsmessgerätes ESO ES 3.0, das eine Bauartzulassung von der Physikalisch-Technische Bundesanstalt erhalten habe, begründe keine rechtliche Unverwertbarkeit des Messergebnisses.

Die genaue Funktionsweise von Messgeräten sei den Gerichten auch in den Bereichen der Kriminaltechnik und der Rechtsmedizin nicht bekannt, ohne dass insoweit jeweils Zweifel an der Verwertbarkeit der Gutachten aufgekommen seien, die auf den von diesen Geräten gelieferten Messergebnissen beruhen. Nach welchem Prinzip das Geschwindigkeitsmessgerät funktioniere, sei bekannt. Bei dem Messverfahren handele es sich um standardisiertes Messverfahren.

Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung können aber nur konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlmessung begründen. Ohne derartige Anhaltspunkte, würde der der Tatrichter die an seine Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen überspannen, wenn er dennoch an der Zuverlässigkeit der Messung zweifle (OLG Koblenz a.a.O. - mit diesem Urteil wurde das vom Betroffenen zitierte Urteil des AG Kaiserslautern vom 14.03.2012 - 6270 Js 9747/11.1 OWi aufgehoben). Solche Anhaltspunkte lagen hier - s.o. - nicht vor.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 29. Januar 2013 - III-1 RBs 2/13

Anwalt für Strafrecht: Verkehrsrecht / Sicherheitsabstand

Kein Beweis mit unscharfem Frontfoto

Ein Foto nach einem Verkehrsverstoß muss deutlich sein, um den Betroffenen zu überführen. Ist das nicht der Fall, muss der Richter detailliert darlegen, warum er den Fahrer dennoch identifizieren konnte. Ein pauschaler Hinweis auf das Bild reicht nicht aus, entschied das Oberlandesgericht Bamberg am 22. Februar 2012 (AZ: 2 Ss OWi 143/12). Damit hob das Gericht eine Entscheidung des Amtsgerichts auf, wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Eine Autofahrerin wurde wegen ungenügenden Sicherheitsabstandes zu einer Geldbuße von 160 Euro verurteilt. Der Richter des Amtsgerichts identifizierte die Frau pauschal anhand eines Frontfotos der Videoüberwachungsanlage. Tatsächlich war die Frau aber nur schwer auf dem Bild zu erkennen: Die Kinnpartie wurde durch Armaturenbrett und Lenkrad verdeckt, die Augenpartie samt der Augenbrauen durch eine große Sonnenbrille. Daher hob das Oberlandesgericht das Urteil wieder auf. Der Richter des Amtsgerichts hätte die auf dem Foto erkennbaren charakteristischen Merkmale benennen und beschreiben müssen, die ihm die Identifizierung ermöglicht hätten. Das Urteil wurde dem Amtsgericht zur erneuten Entscheidung vorgelegt.

OLG Bamberg, 22.02.2012 - Az.: 2 Ss OWi 401/12 -

Anwalt für Strafrecht: Widerstand / Körperverletzung

Der Tatbestand des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte gem. § 113 Abs. 3 StGB ist nicht erfüllt, wenn Polizeibeamte dem Betroffenen falsch belehren und die Diensthandlung dadurch rechtwidrig i. S. d. § 113 Abs. 3 S. 1 StGB ist.

Mit Beschluss vom 23.07.2012 - 31 Ss 27/12 - hob das OLG Celle die Verurteilung eines Angeklagten wegen ''Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte'' und einer vorsätzliche ''Körperverletzung'' auf.
Der Angeklagte wurde von zwei Polizeibeamten wegen des Verdachts einer ''Trunkeinheitsfahrt'' angehalten. Allerdings belehrten die Polizeibeamten den Angeklagten nicht über den konkreten Verdacht einer Verkehrsstraftat, sondern eröffneten gegenüber diesen lediglich die Durchführung einer allgemeinen Verkehrskontrolle. Auf die Frage des Angeklagten nach der Berechtigung ihres Vorgehens, wurde diesem erklärt, dass die Polizeibeamten jederzeit das Recht hätten, eine allgemeine Fahrzeugkontrolle i. S. d. § 36 Abs. 5 StVO durchzuführen. Der Angeklagte setze sich daraufhin mit Beschimpfung und körperlicher Gewalt zur Wehr. Es kam zu einer Rangelei beim sich ein Polizeibeamter körperliche Schmerzen zuzog. Daraufhin brachte ein Polizeibeamter den Angeklagten zu Boden, wo er diesen dann wegen des Verdachts der Straftaten der Beleidigung und des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte belehrte.

Das OLG Celle machte in seinem Beschluss deutlich, dass der Tatbestand des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte gem. § 113 Abs. 3 StGB als objektive Bedingung der Strafbarkeit voraus setzt, dass die maßgebliche Diensthandlung der ein Widerstand entgegengesetzt wird, rechtmäßig ist. Wird die Rechtmäßigkeit einer Diensthandlung nicht bewiesen, so stellt die Diensthandlung einen rechtswidrigen Angriff da, gegen den der Betroffene grundsätzlich ein Notwehrrecht besitzt (BGHSt 4, 163). Dies erfasst auch eine hiermit in Zusammenhang stehende Körperverletzung (OLG Hamm, GA 73, 245).
Der Entscheidung zufolge haben die tätig gewordenen Polizeibeamten den Betroffen im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle zur Herausgabe seiner Fahrzeugpapiere aufgefordert. Über die den konkreten Verdacht einer Verkehrsstraftat oder eine Ordnungswidrigkeit wurde der Betroffen jedoch nicht belehrt. Weiterhin wurde dem Betroffen auf seine Frage nach der Berechtigung ihres Vorgehens erklärt, dass die Polizeibeamten jederzeit das Recht hätten, eine Fahrzeugkontrolle i. S. d. § 36 Abs. 5 StVO durchzuführen und die Verkehrstauglichkeit des Fahrers zu überprüfen. Allerdings besteht für die allgemeine Verkehrskontrolle kein Raum, wenn das Anhalten eines Verkehrsteilnehmers wegen des konkreten Verdachts einer Verkehrsstraftat oder Verkehrsordnungswidrigkeit erfolgt ist (BGH NStZ 1984, 270).

Zwar wurde der Betroffenen hier auch über den Tatvorwurf des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und der vorsätzlichen Körperverletzung belehrt, jedoch nicht über den konkreten Verdacht der Trunkenheitsfahrt, einer Ordnungswidrigkeit oder zu mindestens eines Versuchs der Trunkenheitsfahrt. Dies führt zum Fehlen der Rechtmäßigkeit der maßgeblichen Diensthandlung der Polizeibeamten und berechtigte den Betroffen damit zur Ausübung seines Notwehrrechts. Damit sprach das Gericht den Anklagten vom Vorwurf der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und der vorsätzlichen Körperverletzung frei.

Anwalt für Strafrecht: Drogeneinfuhr

Bestellt der Käufer Drogen im Ausland und bleibt es dabei dem Verkäufer und den von ihm beauftragten Kurieren überlassen, wie die bestellten Betäubungsmittel nach Deutschland gelangen, scheidet eine Strafbarkeit des Käufers wegen einer mittäterschaftlichen Einfuhr von Btm regelmäßig aus.

Mit Beschluss vom 25.9.2012 hob der 4. Strafsenat des BGH (4 StR 137/12) die Verurteilung eines Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangener unerlaubter ''Einfuhr von Betäubungsmitteln'' auf.
Der Angeklagte hatte bei einem auf Mallorca lebenden Drogenhändler ''Kokain'' bestellt und von diesem insgesamt 1065 Gramm Kokain erhalten. Die Einfuhr des Kokains nach Deutschland organisierte der Drogenhändler selbst und bediente sich dabei anderen Drogenkurieren. Obwohl das Kokain in Deutschland auf Anweisung des Angeklagten übernommen wurde, sah der BGH darin keine täterschaftliche Einfuhr.
Diese scheide regelmäßig aus, wenn sich der Käufer darauf beschränkt, ''Betäubungsmittel'' im Ausland zu bestellen und es dem Verkäufer und den von ihm beauftragten Kurieren überlassen bleibt, wie die bestellten Drogen nach Deutschland gelangen. In diesen Konstellationen sei der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und das Vorhandensein von Tatherrschaft, nicht im erforderlichen Umfang gegeben. Denn Tatherrschaft würde voraussetzen, dass die Durchführung und der Ausgang der Einfuhr von Betäubungsmitteln maßgeblich vom Willen des Angeklagten abhängen. Dies war im vorliegenden Fall allerdings nicht erfüllt, da der Angeklagte lediglich eine Übernahme in Deutschland angewiesen hat. Das Verbringen des Rauschgifts über die deutsche Grenze war hingegen nicht Teil des vereinbarten Gesamtkonzepts.

Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung mit Todesfolge

Wird ein Brechmitteleinsatz zum Auffinden von Drogen fortgesetzt, obwohl das Opfer sich in einem körperlich kritischen Zustand befindet, so ist der Todeseintritt für einen erfahrenen Facharzt vorhersehbar und erfüllt damit den Tatbestand einer Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 227 StGB.

In seinem Urteil vom 20.06.2012 - 5 StR 536/11 hob der BGH den zweiten Freispruch eines vor dem ''Landgericht Bremen'' Angeklagten Arztes im Hinblick auf den tödlichen Einsatz von Brechmitteln bei einem mutmaßlichen ''Drogenkurier'' erneut auf. Das Opfer war Anfang 2005 in Polizeigewahrsam gestorben, nachdem ihm der Arzt trotz seines kritischen Gesundheitszustandes gewaltsam Brechmittel eingeflößt hatte, um angeblich verschlucktes ''Kokain'' zu sichern. Das Opfer brach bei dieser Prozedur zusammen, fiel ins Koma und starb daraufhin im Krankenhaus. Das Landgericht Bremen sprach den Angeklagten in zwei Prozessen vom Vorwurf der ''Körperverletzung mit Todesfolge'' frei.
Diese Entscheidung kassierte der BGH nun erneut und machte deutlich, dass der Angeklagte den Todeseintritt des Opfers hätte erkennen können und müssen. Dazu führte er aus, dass die Fortsetzung des Brechmitteleinsatzes aufgrund des Risikos von erneuten Komplikationen nicht durch § 81a StPO gedeckt war und demnach eine rechtswidrige ''Körperverletzungshandlung'' darstellt. Außerdem habe der Arzt, durch die Fortführung des Brechmitteleinsatzes trotz Verschlechterung des Gesundheitszustandes beim Opfer nach der ersten Phase, seine Sorgfaltspflicht verletzt. In dieser Situation hätte er den Todeseintritt des Opfers nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten als Arzt vorhersehen müssen, auch wenn die Todesursache durch viele Faktoren ausgelöst wurde. Denn auch mit Komplikationen aufgrund nicht auf den ersten Blick erkennbarer Vorschädigungen müsse der fachkundige Arzt bei einem so gearteten Zwangseingriff stets rechnen.
Der Rechtsstreit um den tödlichen Brechmitteleinsatz geht damit in die dritte Runde, die erneut vor einer anderen Schwurgerichtskammer des Landgerichts Bremen verhandelt werden muss.

Anwalt für Strafrecht: Diebstahl

Ein gewerbsmäßiger Diebstahl nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB liegt auch dann vor, wenn es dem Täter nicht auf eine Gewinnerzielung durch Verwertung der gestohlenen Gegenstände ankommt, sondern er die Beute der Familie schenken möchte.

In der Entscheidung 240 Ds - 1660 Js 47360/11 vom 6.6.2012 verurteilte das Amtsgericht Kassel eine 44-jährige Frau wegen dreifachen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten auf Bewährung. Die Angeklagte hatte wiederholt Taschen und andere Bekleidungsstücke aus einem Modekaufhaus mitgenommen, um diese ihrer mittellosen Familie in Kamerun zu schenken.
Dabei handelte es sich nach Ausführungen des Amtsgerichts um einen gewerbsmäßigen Diebstahl, der immer dann vorliegt, wenn der Täter sich aus der wiederholten Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und gewisser Dauer verschaffen will, ohne dass er daraus ein kriminelles Gewerbe zu machen braucht. Einer Weiterveräußerungsabsicht des Täters bedürfe es hierfür nicht. Ferner komme es nicht darauf an, ob der Täter durch den Verkauf der gestohlenen Gegenstände einen Gewinn erzielt.
Da die Angeklagte sich die Bekleidungsstücke zum Verkaufspreis als Geschenk für die Familie nicht hätte leisten können, hat sie sich Aufwendungen in erheblichem Umfang erspart und sich somit eines gewerbsmäßigen Diebstahls strafbar gemacht.

Anwalt für Strafrecht: Drogenfahrt

Keine Ordnungswidrigkeit wegen des Führens eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter Drogeneinfluss, wenn bei einem Erstkonsument der Konsumzeitpunkt schon längere Zeit zurückliegt, da hierbei in der Regel das Bewusstsein schwindet, dass der Drogenkonsum noch Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit haben könnte.

In seinem Beschluss vom 9.12.2011 führt das Kammergericht aus, dass keine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG wegen einer fahrlässigen Drogenfahrt vorliegen muss, wenn der Betroffene fahrlässig unter dem Einfluss von Drogen ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt hat, der Konsumzeitpunkt aber schon längere Zeit zurückliegt. In diesen Fällen schwinde in der Regel das Bewusstsein, dass der Drogenkonsum noch Auswirkungen auf die Fahrfähigkeiten haben könnte.
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Betroffene die Grenzen des Erstkonsums überschritten habe und deshalb als Gelegenheits- oder Dauerkonsument gelte. Denn sei der Konsum von Betäubungsmitteln so in den Lebensstil und das Lebenskonzept des Betroffenen eingepasst, dass der Betroffene lediglich die positiven Auswirkungen des Konsums erleben will, so dürfe er auch nach einer größeren Zeitspanne nicht ohne weiteres von einem vollständigen Abbau des Betäubungsmittels unter den analytischen Grenzwert des § 24a Abs. 2 StVG rechnen.

Anwalt für Strafrecht: Beleidigung

Wird jemand allein aufgrund seiner Hautfarbe von der Polizei gebeten sich auszuweisen, so kann ein Vergleich des Polizeiverhaltens mit "SS-Methoden" von der Meinungsfreiheit gerechtfertigt sein und stellt demnach keine Beleidigung gem. § 185 StGB dar.

In dem Verfahren 2 Ss 329/11 vom 20.03.2012 sprach das Oberlandesgericht Frankfurt einen Angeklagten frei, der auf die Aufforderung der Polizei, sich im Regionalexpress auszuweisen, geäußert hatte, dass ihn dies an SS-Methoden erinnere. Die Nachfrage des Beamten, ob der Angeklagte ihn beleidigen oder als Nazi beschimpfen wolle, verneinte er.
Nach Ansicht des Gerichts kann die Äußerung des Angeklagten als ''Beleidigung'' im Sinne des § 185 StGB eingeordnet werden, da sie bei objektiver Bewertung nur so verstanden werden kann, als würde der Angeklagte das Vorgehen der Polizisten mit den Methoden im NS-Staat vergleichen und daher auch die handelnden Beamten selbst in die Nähe von SS-Mitgliedern rücken. Da sich die Kritik des Angeklagten jedoch in erster Linie gegen die gezielte Auswahl seiner Person aufgrund der Hautfarbe richtete und er dies jedenfalls subjektiv als Diskriminierung empfand, durfte er das polizeiliche Vorgehen unter dem Schutz der Meinungsfreiheit einer kritischen Würdigung unterziehen. Auch wenn die Wortwahl stark polemisiert war, nahm das Gericht nach einer Abwägung des Ehrschutzes und der Meinungsfreiheit eine Wahrnehmung berechtigter Interessen seitens des Angeklagten, also den Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB an. Die Grenze der zulässigen Meinungsäußerung sei nicht überschritten, was sich vor allem in der deutlichen Distanzierung des Angeklagten von einer persönlichen Herabsetzung auf die Nachfrage des Beamten, gezeigt habe.