Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Diebstahl
In seinem Urteil vom 22.02.2012 - 378/11 hatte sich der erste Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit einer Reihe von Einbruchsdiebstählen in Pfarrhäuser, Zahnarztpraxen und andere Objekte zu befassen. Aufgrund der vom Landgericht unberücksichtigt gebliebenen Bewertung der Räume als Wohn- oder Geschäftsräume, sah sich der BGH gezwungen, einige grundlegende Kriterien zum Wohnungseinbruchsdiebstahl bei gemischt, also zugleich Wohn- und Geschäftszwecken, genutzten Gebäuden auszuführen.
Danach liegt ein Wohnungseinbruchsdiebstahl im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB immer dann vor, wenn der Täter nur deshalb in einen privaten Wohnraum einbricht, um von dort ungehindert in die Geschäftsräume zu gelangen und dort zu stehlen.
Folglich kann kein Wohnungseinbruchsdiebstahl angenommen werden, wenn der Täter in einen Geschäftsraum einbricht und es ihm nur darum geht, von dort ohne weitere Hindernisse in den Wohnbereich zu gelangen und dort zu stehlen. Dies gilt allerdings nur, wenn die geschäftlichen Räumlichkeiten vom Wohnbereich völlig getrennt sind.
Dagegen liegt ein Wohnungseinbruchsdiebstahl vor, wenn in einen Raum eingebrochen wird, der zwar ausschließlich beruflich genutzt wird, aber derart in den Wohnbereich integriert ist, dass insgesamt eine geschlossene Einheit vorliegt, wie beispielsweise bei einem Büro eines Rechtsanwalts in dessen Wohnung.
Vergleichbares gilt nach Ausführgen des BGH auch für Einbrüche in Nebenräume, wie Keller oder Garagen. Auch hier kann kein Wohnungseinbruchsdiebstahl angenommen werden, wenn die Räume abgeschlossen oder selbstständig sind. Bricht der Täter allerdings in den Keller eines Einfamilienhauses ein, so stellt dieses einen Wohnungseinbruchsdiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB dar, weil dieser dem Begriff des Wohnens typischerweise zuzuordnen ist.
Anwalt für Strafrecht: Üble Nachrede / Beleidigung
In einer Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 30.04.12 - 161 Ss 80/12 - musste sich das Kammergericht Berlin im Rahmen einer Verurteilung wegen ''Verleumdung'' als Revisionsgericht mit der Frage auseinandersetzen, ob die Formulierung "Alkoholiker" eine Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil darstellt. Werturteile sind unter Berücksichtigung der von Art. 5 GG geschützten Meinungsfreiheit auf etwaiges strafrechtlich relevantes ehrverletzendes Verhalten zu prüfen. Die strafrechtliche Beurteilung von Tatsachenbehauptungen wird grundsätzlich vom Wahrheitsgehalt der Aussage abhängig gemacht. Ein Werturteil kann auch vorliegen, wenn der tatsächliche Gehalt einer Äußerung so substanzarm ist, dass auch ein etwaig erkennbarer Tatsachenkern gegenüber der persönlichen Wertung vollständig in den Hintergrund tritt. Bei der notwendigen Auslegung einer Formulierung darf das Gericht auch nicht einseitig auf die für den Beschuldigten ungünstigste Auslegungsalternative abstellen. Vielmehr sind alternative, nicht völlig abwegige Deutungsmöglichkeiten einer Aussage mit schlüssigen Argumenten auszuschließen, bevor eine Verurteilung wegen ''Beleidigung'' oder ''Verleumdung'' erfolgen kann.
Anwalt für Strafrecht: Straßenverkehrsrecht / Bußgeld / Geschwindigkeitsverstoß
In der Sache wurde einer Autofahrerin eine Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften von 48 km/h vorgeworfen. Es erging ein Bußgeldbescheid mit einer Geldbuße von 170,00 ?, drei Punkten im Verkehrszentralregister und einem Fahrverbot von einem Monat.
Grundlage für den Bußgeldbescheid war eine Messung mit dem Gerät Vitronic PoliScan speed, Softwareversion 1.5.5, verwendete Objektive 50mm und 75 mm, Betriebszustand automatisch, Seitenabstand zum Fahrstreifen 208 cm, Aufstellungshöhe 102 cm.
Das Gericht konnte jedoch keine sicheren Feststellungen dahin treffen, dass dieses Gerät die von der Betroffenen gefahrene Geschwindigkeit tatsächlich zutreffend gemessen hat.
Der Fahrzeugführerin konnte somit die Begehung des ihr vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoßes nicht mit einer für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachgewiesen werden. Beim Gericht seien nicht zu überwindende Zweifel an der Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät PoliScan speed entstanden.
Das Amtsgericht Aachen stützte sich hierzu auf das schlüssige und widerspruchsfreie Gutachten eines Sachverständigen. Dieser hatte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass eine Überprüfung von konkreten Messwerten im Rahmen einer nachträglichen Richtigkeitskontrolle beim Gerät PoliScan speed nicht möglich sei. Dies liege daran, dass die Messwerte zwar grundsätzlich vorhanden seien, aber seitens der Herstellerfirma Vitronic aus patentrechtlichen Gründen nicht zur Verfügung gestellt würden. Es gebe ein erhebliches Informationsdefizit zulasten der Sachverständigen, weshalb das Gerät als eine "Black Box" beschrieben werden müsse. Aus diesem Grund sei lediglich eine näherungsweise Feststellung der Geschwindigkeit unter Analyse des Messfotos mit Hilfe des sogenannten "Smear-Effekts" möglich. Hierbei handele es sich nur um eine Pseudoauswertung, die mit einer Analyse der Messdaten nichts zu tun habe. Es komme dabei zu Abweichungen von bis zu 15% zu dem auf dem Messfoto angezeigten Wert.
Das Gericht war auch nicht in der Lage, die Richtigkeit der Messung unter Berücksichtigung von PoliScan speed als standardisiertes Messverfahren zugrundezulegen. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei PoliScan speed nicht um ein standardisiertes Messverfahren.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist unter einem standardisierten Messverfahren ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Der BGH hat in einer früheren Entscheidung ebenfalls zu Geschwindigkeitsmessungen ausgeführt, dass die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden ebenso wie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen - die systemimmanenten Messfehler erfassenden - Toleranzwert gerade den Zweck verfolgen soll, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalles freizustellen. Es entspreche allgemein anerkannter Praxis, dass auch im Bereich technischer Messungen Fehlerquellen nur zu erörtern seien, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung. Technische Messsysteme, deren Bauart von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zur innerstaatlichen Eichung zugelassen sei, würden in diesem Zusammenhang grundsätzlich als standardisierte Messverfahren anerkannt. Zu diesem Themenkomplex muss allerdings angemerkt werden, dass es keine Dogmatik des BGH zum Begriff des standardisierten Messverfahrens gibt. Der Begriff standardisiertes Verfahren ist überhaupt zum ersten Mal im Urteil des BGH vom 29.09.1992, Az.: 1 StR 494/92, aufgetaucht, in dem es um ein daktyloskopisches Gutachten ging. Dort ließ der BGH die Mitteilung des Ergebnisses ausreichen, wenn von keiner Seite Einwände gegen die Tauglichkeit der gesicherten Spur und die Zuverlässigkeit der Begutachtung erhoben würden.
Die Obergerichte, denen als Rechtsbeschwerdegerichte in OWi-Sachen regelmäßig Sachverhalte mit dem Geschwindigkeitsmessgerät PoliScan speed zur Entscheidung vorliegen, beschränken sich nunmehr auf die Feststellung, dass dieses von der PTB zugelassene Messsystem ein standardisiertes sei. Das OLG Düsseldorf hat das in einer Entscheidung dahingehend zusammengefasst, dass die Zulassung durch die PTB stets dazu führe, dass ein Messsystem zu einem standardisierten werde. Dieser durch das OLG Düsseldorf gezogene Schluss ist im Hinblick auf die BGH-Rechtsprechung folgerichtig.
Aus Sicht des rechtssuchenden Bürgers wäre diese Konstruktion hinnehmbar, wenn zumindest die Möglichkeit für gerichtlich bestellte Sachverständige bestünde, die Grundlagen für die Zulassung, insbesondere die exakte Funktionsweise des Messsystems, bei der PTB zu überprüfen, oder aber die Prüfung durch die PTB über jeden Zweifel erhaben wäre.
Ebenso wie die Herstellerfirma des Geräts PoliScan speed gewährt jedoch nach den glaubhaften Angaben des im vorliegenden Prozess bestellten gerichtlichen Sachverständigen auch die PTB keinen Zugang zu den relevanten Daten, ebenfalls mit Verweis auf patentrechtliche Bestimmungen zugunsten der Herstellerfirma. Im Rahmen einer Güterabwägung ist jedoch der Wahrheitsfindung im Bußgeldprozess der Vorrang gegenüber dem Interesse der Herstellerfirma an der Geheimhaltung der technischen Bauweise des Messgeräts einzuräumen. Es ist zwar leicht einsehbar, dass es für die Herstellerfirmen bequemer ist, den unbefugten Nachbau ihrer Geräte durch Geheimhaltung der technischen Spezifikationen als durch die Führung von Patentprozessen zu verhindern. Andererseits werden aufgrund von Messungen mit PoliScan speed bundesweit jährlich tausende Fahrverbote verhängt, die gravierende berufliche Folgen für die Betroffenen haben. Aufgrund der heute von den Arbeitnehmern verlangten Mobilität und der Lage auf dem Arbeitsmarkt ist es der Regelfall, dass bereits ein einmonatiges Fahrverbot zum Verlust des Arbeitsplatzes führt. Dieser Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG lässt sich durch Geheimhaltungsinteressen der Herstellerfirmen nicht rechtfertigen, zumal diese tatsächlich die Möglichkeit haben, gegebenenfalls eintretende Patentrechtsverletzungen gerichtlich geltend zu machen. Eine Firma, die sich darauf spezialisiert, Messgeräte herzustellen, mit denen regelmäßig in die Berufsfreiheit Dritter eingegriffen wird, hat diese Kontrolle durch Gerichte und Sachverständige hinzunehmen. Darüber hinaus erscheint es auch nicht nachvollziehbar, dass gerade die Untersuchung von Geräten und Messdaten durch gerichtlich bestellte und damit zur Verschwiegenheit verpflichtete Sachverständige dazu führen soll, dass Patentverletzungen Vorschub geleistet wird. Sollte tatsächlich jemand ein Interesse am unbefugten Nachbau von PoliScan speed haben, wäre es, anstatt an gerichtliche Sachverständige heranzutreten, analog zum Nachbau von deutschen Kraftfahrzeugen im Ausland für ihn naheliegender, schlicht und einfach einen Satz PoliScan speed zu kaufen und im Ausland nach allen Regeln der Kunst auseinanderzubauen.
All dies könnte natürlich vernachlässigt werden, wenn die Prüfung durch die PTB keine Angriffspunkte böte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Eine nähere Untersuchung der Prüfungsweise der PTB anhand der Prüfung des vorliegenden Geräts PoliScan speed zeigt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Prüfungen der PTB automatisch zu einer Anerkennung als standardisiertes Messverfahren führen.
So werden in der Literatur zum Beispiel Zweifel angemeldet, ob bei der PTB die Messwerterhebung durch PoliScan speed messtechnisch nachvollzogen werden kann. Die Vorgabe bei der PTB ist, dass jedem gültigen Geschwindigkeitsmesswert des neu zuzulassenden Geräts ein gültiger Wert einer Referenzmessung mit einem anderen Gerät gegenüberzustellen ist. Da jedoch die Referenzanlagen im Gegensatz zu PoliScan speed keine ausgedehnte Messzone, sondern nur kurze Messstrecken sowie Messzeiten überwachen, ist mithilfe der PTB-Referenzquellen eine Überprüfung eventueller Geschwindigkeitsschwankungen im Rahmen einer 25-30m langen Auswertestrecke beim PoliScan speed-Verfahren nicht möglich. Darüber hinaus wird in der Literatur vertreten, dass der auf PoliScan-Fotos eingeblendete Auswerterahmen nicht den Vorgaben der PTB (Ablichtung des Bereichs der Messwertbildung) entspricht, da der Bereich der Messwertbildung bei PoliScan speed deutlich früher stattfindet als der Moment der Auslösung des Fotos. Desweiteren ist nachgewiesen worden, dass der Auswerterahmen in bestimmten Konstellationen, insbesondere im unteren Geschwindigkeitsbereich, sogar auf stehenden Fahrzeugen zu sehen sein kann, wenn das gemessene Fahrzeug plötzlich nach rechts lenkt. Für solche Fälle hätte die PTB einen aufmerksamen Messbetrieb oder eine besondere Beschaffenheit der Messstelle vorschreiben müssen, was nicht geschehen sei. Die Zuordnung des Auswerterahmens ist auch bei mehreren durchs Bild fahrenden Fahrzeugen ein Problem. Dies führte dazu, dass sich das OLG Karlsruhe mit der Krücke behalf, jedenfalls bei Erfassung lediglich eines Fahrzeuges funktioniere das Gerät einwandfrei. Wie prüft aber das OLG Karlsruhe, ob nicht ein Fahrzeug die Messung verursacht hat, welches im Bild nicht mehr zu sehen ist?
Auch im Hinblick auf die im vorliegenden Fall verwendete Softwareversion 1.5.5. erscheinen Bedenken angebracht. Diese Version wurde vom Hersteller von PoliScan speed als Nachfolgerin der Versionen 1.5.3 und 1.5.4 in Umlauf gebracht, nachdem dort Probleme mit einer verzögerten Kameraauslösung aufgetreten waren. Diese führten dazu, dass es in 1-2% der Fälle zu Bildauslösungen mit Verzögerungen von 0,1 bis 0,15 Sekunden kam. Die Einführung der neuen Version geschah, obwohl der Hersteller nicht feststellen konnte, unter welchen Bedingungen der genannte Fehler auftrat. Es ist anzumerken, dass vor Einführung der neuen Version nahezu bei allen Geräten die beschriebenen Kamerafehlfunktionen aufgetreten sind. Diese Probleme wurden von der Herstellerfirma Vitronic erkannt und führten zur Entwicklung der neuen Version 1.5.5, allerdings ohne alle Betreiber der Anlagen über die Fehlfunktionen zu informieren, sodass es weiter zu Messungen mit den fehlerhaften Versionen kam. In diesem Zusammenhang muss hinterfragt werden, ob die PTB ihrer Aufgabe bei der Überwachung der Zulassung der Geräte tatsächlich nachgekommen ist. Auch für die im vorliegenden Fall verwendete Version 1.5.5 sind Hinweise vorhanden, dass es zu verzögerten Fotoauslösungen kommen kann. Der Fehler konnte daher nicht behoben, sondern lediglich die Auswirkungen durch eine Überwachung des Zeitpunkts des Belichtungssignals der Kameraeinheit eingegrenzt werden. Da diese Überwachung jedoch nicht funktionierte, hat auch die neue Softwareversion keine wesentlichen Verbesserungen mit sich gebracht. Darüber hinaus erstaunt, wenn bei Bekanntwerden von Fehlern einer alten Software zwar die neue Software durch die PTB zugelassen, die alte aber bis zur nächsten Eichung (die über ein Jahr später liegen kann) weiter benutzt werden darf.
Es ist derzeit so, dass ein Gerät zur PTB geschickt wird, mit einem Stempel der PTB aufgrund eines wie auch immer gearteten Prüfungsverfahrens zurückkommt und sodann aufgrund des PTB-Gütesiegels für den Einsatz als standardisiertes Messsystem zur Verfügung steht. In diesem Stadium eröffnen sich keinerlei Rechtsschutzmöglichkeiten für den Bürger, da er durch die die Herstellerfirma begünstigende Zulassung nicht unmittelbar drittbetroffen ist. Bei einer Messung durch das Messgerät wird ihm dann durch die Obergerichte entgegnet, dass das Gerät zugelassen sei und deshalb keine Überprüfungsmöglichkeiten bestünden. Diese Argumentation ist jedoch nicht schlüssig, da es aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten, insbesondere unter dem Blickwinkel des Gewaltenteilungsprinzips, nicht hinnehmbar ist, dass Gerichte ohne die Möglichkeit eigener Überprüfung Bescheide und Genehmigungen von Behörden als unumstößlich hinnehmen. In diesem Zusammenhang mutet es skurril an, dass mit der Begründung, eine Behörde habe die Unfehlbarkeit des Messgerätes festgestellt, die Bußgeldbescheide von anderen Behörden, die mit diesem Messgerät arbeiten, ebenfalls faktisch unangreifbar werden.
Aus praktischer Sicht sei angemerkt, dass durch die Offenlegung der Messdaten durch die Herstellerfirma oder die PTB sicherlich keine Gutachtenflut und Kostenexplosion auftreten würde. Funktioniert das Gerät einwandfrei und lässt sich dies durch die Messdaten nachweisen, wird dies durch Gutachten bestätigt werden. Die Zuverlässigkeit des Gerätes wäre dann früher oder später aufgrund dieser konkreten Gutachten allgemein bekannt, sodass dann tatsächlich auf das Gerät als standardisiertes Messverfahren verwiesen werden kann und keine weiteren Gutachten mehr erforderlich sind. Darüber hinaus würde der PTB, die in ihrem Bereich über ein deutschlandweites Monopol verfügt, sicherlich ein gewisses Maß an gerichtlicher Kontrolle nicht schaden, allein schon um die Transparenz ihrer Prüfungen zu gewährleisten.
Amtsgericht Aachen, Urteil vom 10.12.2012 - Az.: 444 OWi-606 Js 31/12-93/12
Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung
Das Oberlandesgericht Hamburg stellte mit Beschluss vom 5.4.2012 - Aktenzeichen 3-14/12 unter anderem fest, dass es sich bei einer Kamera nicht zwingend um ein gefährliches Werkzeug handelt.
Ein gefährliches Werkzeug ist ein Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach Art der Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche ''Körperverletzungen'' zuzufügen. Dabei kommt es nach Ausführungen des Gerichts entscheidend auf die Erheblichkeit der Verletzungen an, die der Täter durch den Einsatz des Werkzeuges verursacht hat oder verursachen wollte.
Im zu verhandelnden Fall hatte der Angeklagte mit flacher Hand gegen die Kamera eines Pressefotografen geschlagen, um weitere Bildaufnahmen zu verhindern. Dadurch, dass die Kamera gegen das Gesicht des Fotografen gedrückt wurde, erlitt dieser Schmerzen im Oberkiefer und Kopfschmerzen, die allerdings nicht behandelt werden mussten und nach wenigen Tagen wieder verschwunden waren.
Diese Verletzungen stufte das Oberlandesgericht als vergleichsweise gering ein. Auch hätten sie durch einen Schlag mit der bloßen Hand in das Gesicht herbeigeführt werden können. Außerdem habe das Landgericht nicht hinreichend belegt, dass der Angeklagte durch den Schlag tatsächlich erhebliche Verletzungen verursachen wollte. Auf dieser Grundlage sei lediglich eine Verurteilung wegen einfacher ''Körperverletzung'' möglich gewesen. Die Strafe einer ''gefährlichen Körperverletzung'' beträgt Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Im Gegensatz hierzu sieht das Gesetz für eine einfache Körperverletzung lediglich Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor.
Anwalt für Strafrecht: Drogenstrafrecht / Btm
Mit Beschluss vom 14.08.2012 - 3 StR 274/12 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass bei bloßer Vermittlung und Begleitung eines fremden Umsatzgeschäfts keine Täterschaft, sondern lediglich Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vorliegt. Denn dem Gericht zufolge ist Mittäter ausschließlich derjenige, der nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Beitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Vermittelt und begleitet der Täter jedoch nur fremde Umsatzgeschäfte, so stelle dies keine ausreichend gewichtige Aktivität des Täters dar.
Damit wurde die Verurteilung des Angeklagten vor dem Landgericht Bückeburg wegen täterschaftlichem Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verworfen, da der Angeklagte nach Ansicht des BGH keinen eigenen Einfluss auf die Tat hatte. Er konnte weder Menge noch Preis für den Weiterkauf bestimmen und wirkte nur an der Tat mit, um eine vergleichsweise geringe Entlohnung zu erhalten und sich als Vermittler bekannt zu machen. Dies begründe an sich noch keine ausreichend gewichtigen Aktivitäten, die eine Täterschaft des Angeklagten hätten begründen können.
Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht
Nach § 252 StPO darf die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, nicht verlesen werden. Nach einem aktuellen Beschluss des BGH vom 23.10.2012 - 1 StR 137/12 unterliegen auch Tonbandaufnahmen, die der zeugnisverweigerungsberechtigte Zeuge der Polizei in einer früheren Vernehmung übergeben hat, diesem Verwertungsverbot.
In dem zu verhandelnden Fall war der Bruder der Angeklagten freiwillig bei der Polizei erschienen und hatte dort ein von ihm heimlich aufgenommenes Tonband übergeben, auf dem sich die Angeklagte belastende Äußerungen befanden. In der Hauptverhandlung berief er sich dann auf sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO und widersprach der Verwertung der polizeilichen Vernehmung. Die in die deutsche Sprache übersetzte Verschriftung des Tonbandes wurde vom Landgericht Mannheim dennoch mit der Begründung verlesen, dass das Tonband kein Bestandteil der Vernehmung und im Gegensatz zu einem Schriftstück nicht unmittelbar wahrnehmbar ist.
Auf die Revision der Verteidigung stellte der BGH fest, dass die vorgenommene Verwertung und Verschriftung des vom Zeugen übergebenen Tonbandes das Beweisverwertungsverbot des § 252 StPO verletzt. Zur Begründung führte er an, dass sich das Verbot nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen auch auf Schriftstücke erstreckt und es auf das die Beweisinformation enthaltene Speichermedium grundsätzlich nicht ankommen kann. Folglich müsse auch für die Tonbandaufzeichnung ein Verwertungsverbot gelten. Dass der Inhalt der Aufzeichnung nicht unmittelbar wahrnehmbar sei, kann nach Ansicht des BGH keine andere Behandlung rechtfertigen, da dies beispielsweise auch auf ein in einer fremden Sprache verfasstes Schriftstück zutrifft. Außerdem stelle die eigene Initiative des Zeugen keine Spontanäußerung außerhalb der Vernehmung dar, da die Niederschrift der Vernehmung von der Polizei explizit als einstündige Zeugenvernehmung gekennzeichnet wurde. Weil der BGH jedoch ausschließen konnte, dass das Urteil des Landgerichts auf diesem Rechtsfehler beruht, wurde es nicht aufgehoben und die Revision der Verteidigung als unbegründet verworfen.
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=179619789e0a2de0b7175d34aaf5ea7c&nr=62058&pos=0&anz=1
Anwalt für Strafrecht: Pflichtverteidiger
Ein Beschuldigter ist vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers durch das Gericht aufzufordern, innerhalb einer bestimmten Frist einen Verteidiger zu benennen. Hierdurch soll der verfassungsrechtliche Anspruch gewahrt werden, durch einen ''Verteidiger'' als ''Pflichtverteidiger'' vertreten zu werden, zu dem ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht.
In der Regel wird ein Beschuldiger schriftlich aufgefordert, einen ''Verteidiger'' zu benennen. Nach Auffassung des Landgerichts Bochum in einer Entscheidung vom 07.03.12 - 7 Qs 3/12 - handelt es sich bei der Aufforderung, einen Verteidiger zu benennen, um eine gerichtliche Entscheidung gem. § 35 Abs. 2 StPO. Entscheidungen gem. § 35 Abs. 2 StPO sind einem Beschuldigten förmlich zuzustellen. Wird die Aufforderung, einen ''Pflichtverteidiger'' zu benennen, mittels einfachen Briefes übersandt, und lässt sich der Zugang des Schreibens nicht nachweisen, ist die Bestellung des vom Gericht ausgewählten Pflichtverteidigers aufzuheben und der Verteidiger des Beschuldigten als Pflichtverteidiger beizuordnen.
Anwalt für Strafrecht: Drogen / Verkehrsrecht
Ist ein Urteil erst einmal rechtskräftig, so entfaltet es eine Sperrwirkung, den Strafklageverbrauch. Das bedeutet, dass der Verurteilte nicht noch einmal wegen derselben Tat verfolgt werden darf. Dass dieser fundamentale Grundsatz unserer Verfassung nicht immer konsequent ernst genommen wird, musste der Bundesgerichtshof (BGH) in dem Verfahren 3 StR 109/12 feststellen.
Der Angeklagte hatte ca. 317g ''Marihuana'' erworben, die er hälftig zum Weiterverkauf bestimmt und in einem Wald versteckt gehalten hatte. In der Tatnacht holte er die ''Drogen'' ab und geriet kurz darauf in eine Polizeikontrolle, bei der er festgenommen wurde. In der Fahrertür seines Autos wurde ein Messer mit einer Klingenlänge von 12 cm gefunden, das er während der Autofahrt griffbereit mit sich geführt hatte. Außerdem wies das Ergebnis der dem Angeklagten entnommenen Blutprobe eine ''Blutalkoholkonzentration'' von 1,43 ? und Hinweise auf ''Cannabiskonsum'' auf.
Aufgrund dieses Vorfalls erließ das Amtsgericht Neuss ''Strafbefehl'' gegen den Angeklagten und verurteilte ihn wegen ''Trunkenheit am Steuer'' gemäß § 316 StGB zu einer Geldstrafe. Zusätzlich eröffnete das Landgericht Düsseldorf ein Verfahren wegen ''bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln'' in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG und verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und 10 Monaten.
In der gegen das Urteil des Landgerichts gerichteten Revision des Angeklagten stellte der BGH das Verfahren ein, da zwischenzeitlich das endgültige Verfahrenshindernis des Strafklageverbrauchs eingetreten ist.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Autofahrt des Angeklagten gerade dem Transport der ''Betäubungsmittel'' gedient hat und das Mitführen der Betäubungsmittel deshalb in einem inneren Beziehungszusammenhang zum Fahrvorgang gesehen werden muss. Damit handele es sich bei dem Besitz und dem beabsichtigten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht um einen selbstständigen Teilakt, sondern um eine einheitlichen Tatvorgang, der nicht hätte gesondert betrachtet werden dürfen.
Anwalt für Strafrecht: Drogen / Btm
Im vorliegenden Fall hatten die Anklagten auf einem Dachboden eine ''Cannabisplantage'' angelegt, um damit ihren Eigenbedarf an ''Marihuana'' abzudecken und Überschüsse gewinnbringend zu verkaufen. Als die gesamte Plantage und Teile der technischen Ausrüstung entwendet wurden, installierte einer von ihnen eine Selbstschussanlage. Das Landgericht sprach die Angeklagten lediglich wegen ''unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln'' in nicht geringer Menge gem. § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG schuldig. Den Tatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gem. § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG hielt das Landgericht für nicht erfüllt an, da die am Tatort angebrachte Schusswaffe wegen ihrer Befestigung nicht ohne Weiteres zum Einsatz habe kommen können und somit nicht vom Wortlaut dieser Norm umfasst sei.
In dem Verfahren 4 StR 435/07 - bestätigte der BGH zunächst die Auslegung des Landgerichts. Auch der BGH ist der Auffassung, dass eine festeingebaute Selbstschussanlage nicht unter den Begriff "Bei sich führen einer Schusswaffe" subsumiert werden kann.
Der Begriff des Mit- oder Beisichführens einer Waffe, bezieht sich auf bewegliche Gegenstände, nicht aber auch solche, die - etwa in einer Selbstschussanlage - fest installiert sind. Das Tatbestandsmerkmal "mit sich führen" des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gem. § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG wäre also nur dann erfüllt, wenn der Täter das Tatmittel bewusst griffbereit bei sich hatte, um diese jederzeit einsetzen zu können. Der BGH bejahte dann aber für den Angeklagten ein Handeltreiben mit Btm unter mit sich führen einer Schusswaffe, der die zunächst bewegliche Waffe in Selbstschussanlage eingebaut hat. Zu diesem Zeitpunkt war die Waffe beweglich und dieser Angeklagte konnte zu diesem Zeitpunkt jederzeit auf die Waffe zugreifen. Das Strafmaß für das Handeltreiben mit Drogen in nicht geringer Menge unter mit sich führen einer Schusswaffe beträgt Freiheitsstrafe von mindestens 5 bis 15 Jahre.
Anwalt für Strafrecht: Drogenstrafrecht
Um als Gehilfe einer Haupttat nach § 27 Abs. 1 StGB bestraft zu werden, reicht das bloße Billigen der Tat oder die schlichte Anwesenheit am Tatort nicht aus. Vielmehr muss der Haupttäter in seinem Tatentschluss oder der Bereitschaft zur Tatausführung bestärkt werden.
Diese Regel zur Beihilfe wurde in dem Verfahren 3 StR 178/12 vom BGH in einem Verfahren wegen ''Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz'' (BtMG) bestätigt. Dem Beschluss lag eine Entscheidung des Landgerichts Wuppertal zugrunde, in der die dort Angeklagte unter anderem wegen Beihilfe zur ''Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge'' zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden ist. Nach den Feststellungen des Landgerichts begleitete die Angeklagte einen Freund bis zur niederländischen Grenze, die dieser dann alleine zu Fuß passierte. In den Niederlanden angekommen, erwarb der Haupttäter 130 Gramm eines Heroingemischs. Anschließend rief er die Angeklagte, die auf deutscher Seite auf ihn wartete, an, um zu erfahren, ob sich Bedienstete des deutschen Zolls in der Nähe befänden. Zwar fasste sie in diesem Moment den Entschluss ihn vor Bediensteten des Zolls zu warnen, musste aber keine dementsprechende Warnung aussprechen, da sich niemand in der Nähe befand.
Nach Ansicht des BGH durfte anhand dieser Feststellungen nicht darauf geschlossen werden, dass die Angeklagte die ''Einfuhr von Betäubungsmitteln'' mittels aktiven Tuns gefördert hat, da das Schweigen auf die Frage, ob sich Bedienstete des Zolls in der Nähe befinden, keine aktive Hilfeleistung darstellt. Dass sie dabei um das Tun des Haupttäters wusste und es billigte, genüge, genau wie die bloße Begleitung des Haupttäters, nicht schon für die Annahme einer Beihilfe. Vielmehr ist die Billigung der Tat nach den Ausführungen des BGH nur dann als Hilfeleistung zu werten, wenn sie gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seinem Tatentschluss oder in seiner Bereitschaft, ihn weiter zu verfolgen, bestärkt wird. Auch eine Strafbarkeit durch Unterlassen verneinte der BGH, da keine rechtliche Pflicht der Angeklagten begründet werden konnte, die Einfuhr des Heroingemischs zu unterbinden.
Unter diesen Gesichtspunkten muss sich das Landgericht Wuppertal nun erneut mit der Verhandlung und Entscheidung zur Sache befassen.