Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion

Bei dem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion nach § 308 StGB ist zur Verwirklichung der Qualifikation nach § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB ausreichend, wenn 21 Menschen durch die Sprengstoffexplosion eine Gesundheitsbeschädigung erlitten.

Der Bundesgerichtshof (3 StR 264/21) beschäftigte sich in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2021 mit dem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion. Im hiesigen Sachverhalt zündete der Angeklagte während eines laufenden Bundesligaspiels einen nicht zugelassenen Böller im Innenraum des Stadions. Dieser verursachte Gesundheitsschädigungen bei 21 Menschen, wie etwa Knalltraumata oder Probleme beim Hören. Auch der Bundesgerichtshof sah die Qualifikation des § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB als vorliegend an. Nach dieser muss eine große Zahl von Menschen durch die Explosion an der Gesundheit geschädigt worden sein. Nach verschiedenen Ansichten im Schrifttum liegt die Mindestanzahl an geschädigten Personen bei 3-20 Personen. Die 21 Personen im vorliegenden Sachverhalt fallen somit unter den § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB.

Anwalt für Strafrecht: Totschlag

Vorsätzlicher Totschlag kann auch dann angenommen werden, wenn das konkrete Tatgeschehen nicht bekannt ist und keine Leiche gefunden wurde.

Mit dem Totschlag nach § 212 Strafgesetzbuch (StGB) musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 309/21) in seinem Beschluss vom 4. Mai 2022 beschäftigen. Im hiesigen Sachverhalt tötete der Angeklagte im Flur der gemeinsamen Wohnung die Geschädigte M auf unbekannte Art und Weise. Als die Geschädigte T später in die Wohnung kam, tötete der Angeklagte auch diese auf unbekannte Weise und brachte die Leichen mit dem Auto an einen unbekannten Ort. Das Landgericht München verurteilte ihn dafür wegen Totschlags gem. § 212 StGB, woraufhin seine Revision ohne Erfolg blieb. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes steht der Annahme einer vorsätzlichen Tötung nicht entgegen, dass das Tatgeschehen unbekannt ist. Für eine Tötung reicht jede Art der bewussten und gewollten Verursachung des Todes eines anderen Menschen aus, dabei hat das Landgericht vorliegend rechtsfehlerfrei unter Berücksichtigung der Spuren auf eine vorsätzliche Tötung geschlossen.

Anwalt für Strafrecht: Schwerer Diebstahl

Ein Schlüssel gilt auch dann als „falsch“ im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB), wenn dieser zum Zeitpunkt der Tat keine Widmung des Berechtigten zur Öffnung des Schlosses hat.

In seinem Beschluss vom 12. Oktober 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 219/21) mit dem Wohnungseinbruchdiebstahl gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB auseinandersetzen. Im hiesigen Fall stieg der Angeklagte in eine Wohnung ein und benutzte dafür einen Wohnungsschlüssel, der auf dem Dachboden des Hauses gelagert war, ohne dass die Mieterin der Wohnung von diesem wusste. Das Landgericht Lübeck verurteilte ihn wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls, da der Angeklagte einen „falschen“ Schlüssel im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB benutzte. Auch für den Bundesgerichtshof fällt der vorliegende Schlüssel unter die Formulierung des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Ein Schlüssel ist „falsch“, wenn ihm zum Tatzeitpunkt die Widmung des Berechtigten zur Öffnung des Schlosses fehlt. Zur Öffnung sind nur diejenigen Schlüssel bestimmt, die der Mieterin übergeben und bekannt sind.

Anwalt für Strafrecht: Mord

Arglos ist ein Tatopfer dann, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs nicht mit einem Angriff gegen seine körperliche Unversehrtheit rechnet.

Mit dem heimtückischen Mord, speziell mit der Arglosigkeit, musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 491/21) in seinem Beschluss vom 15. Februar 2022 auseinandersetzen. Der Angeklagte im vorliegenden Fall litt an einer paranoiden Schizophrenie und entwickelte die Wahnvorstellung, dass seine von ihm getrennt lebende Ehefrau im Familienkreis gegen ihn intrigiere. Um die aus seiner Sicht drohende Gefahr zu beenden, begab er sich mit einer versteckten Waffe zur Wohnung seiner Ehefrau, in der sich auch sein Bruder und seine Schwägerin aufhielten. Nachdem er mit einem Nachschlüssel die Wohnung betrat, kam es zum Streit und der Angeklagte schoss auf seinen Bruder und seine Schwägerin. Die Ehefrau seines Bruders verstarb. Das Landgericht Bielefeld verurteilte ihn daraufhin wegen Mordes in Tateinheit mit versuchtem Mord und gefährlicher Körperverletzung. Die Revision des Angeklagten hatte Erfolg. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist das Mordmerkmal der Heimtücke vorliegend nicht gegeben. Demnach ist das Opfer selbst dann nicht arglos, wenn es wegen fehlender Kenntnis von der Bewaffnung des Täters die Gefährlichkeit des Angriffs unterschätzt.

Anwalt für Strafrecht: Berufsrechtliche Folgen der Bestrafung

Im Urteil müssen naheliegende berufsrechtliche Folgen der Verurteilung eines approbierten Apothekers ausführlich erörtert werden.

In seinem Beschluss vom 15. März 2022 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 497/21) mit den berufsrechtlichen Folgen einer Bestrafung auseinandersetzen. Im hiesigen Fall wurde der Angeklagte, der approbierter Apotheker war, unter anderem wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges und Handeltreiben mit Arzneimitteln verurteilt. Nach Feststellungen des Bundesgerichtshofes müssen mögliche berufsrechtliche Konsequenzen jedoch ausdrücklich erörtert werden, da nach § 46 Abs. 1 S. 2 StGB die Wirkungen zu berücksichtigen sind, die von der Strafe für das zukünftige Leben zu erwarten sind. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei Berücksichtigung der berufsrechtlichen Folgen zu einer milderen Strafe gekommen wäre.

Anwalt für Strafrecht: Beteiligung an einem Kraftfahrzeugrennen

Bei einem Kraftfahrzeugrennen gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB muss ein Wettbewerb zwischen zwei Kraftfahrzeugführern stattfinden, bei dem es darum geht, eine höhere Geschwindigkeit als der andere Teilnehmer zu erreichen. Um die Qualifikation des
§ 315d Abs. 2 StGB zu erfüllen, muss der Teilnehmer durch sein eigenes Fahrverhalten eine konkrete Gefahr verursacht haben.

In seinem Beschluss vom 11. November 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 511/20) mit der Beteiligung an einem Kraftfahrzeugrennen beschäftigen. Im vorliegenden Sachverhalt entschlossen sich der Angeklagte und ein weiterer Angeklagter konkludent darauf, ein spontanes Kraftfahrzeugrennen durchzuführen. Bei einer undurchsichtigen Stelle kollidierte der weitere Angeklagte mit einem anderen Fahrzeug, wodurch einer der Insassen zu Tode kam. Bevor der Unfall geschah, erkannte der Angeklagte, dass der weitere Angeklagte ihn überholen wollte, beschleunigte sein Fahrzeug aber weiter. Vom Landgericht Arnsberg wurde er daraufhin wegen vorsätzlichen schweren verbotenen Kraftfahrzeugrennens verurteilt. Seine Revision erwies sich als unbegründet. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass es keiner ausdrücklichen Absprache für ein Rennen bedarf, sondern eine konkludente Einigung ausreicht. Außerdem kam es vorliegend zu einem Kräftemessen durch die Motivation der Fahrer, sich übertreffen zu wollen, wodurch der Verlust von Kontrolle in Kauf genommen wird. Zuletzt hat der Angeklagte die konkrete Gefährdung durch sein Fahrverhalten eigenhändig mitverursacht, weshalb auch die Qualifikation des § 315d Abs. 2 StGB vorliegt.

Anwalt für Strafrecht: Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

Die Anzahl von mitgeführten Waffen beim bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln darf strafschärfend berücksichtigt werden. Diese muss der Täter jedoch auch bewusst gebrauchsbereit mit sich führen.

Der Bundesgerichtshof (2 StR 498/20) hat sich in seinem Beschluss vom 28. April 2021 mit dem bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auseinandergesetzt. Im hiesigen Fall wurde der Angeklagte unter anderem wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Die Revision des Angeklagten hatte Erfolg. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht ohne eine fehlerhafte Erwägung einen minder schweren Fall angenommen hätte. Die Feststellung, dass der Angeklagte vier Butterflymesser mit sich führte und sich das strafschärfend auswirkt, ist unbedenklich. Jedoch wurde zum Nachteil des Angeklagten aufgeführt, dass sich im unmittelbaren Umfeld der Betäubungsmittel weitere Waffen befanden, auf die der Angeklagte ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung Zugriff hatte. Gleichwohl fehlt es an der subjektiven Zweckbestimmung. Der Angeklagte müsste die Gegenstände auch bewusst mit sich geführt haben, was vorliegend nicht einschlägig war. Ihm fehlt somit das aktuelle Bewusstsein, bewaffnet zu sein.

Anwalt für Strafrecht: Einfuhr von Betäubungsmitteln

Eine Mitfahrt in einem Kurierfahrzeug mit Kenntnis des Transportes von Betäubungsmitteln begründet keine Strafbarkeit.

In seinem Beschluss vom 23. September 2021 hat sich der Bundesgerichtshof (3 StR 285/21) mit der Tatbeteiligung an einer Kurierfahrt bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln beschäftigt. In dem, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt fuhr der Angeklagte als Beifahrer in einem Fahrzeug mit, dass mehrere Kilo Betäubungsmittel transportiere, wovon der Angeklagte wusste. Das Landgericht Krefeld verurteilte ihn dafür wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt eine Strafbarkeit des Angeklagten jedoch nicht vor. Der Angeklagte hatte zwar Kenntnis von den Betäubungsmitteln, es ergibt sich aber nicht, dass dieser einen Tatbeitrag leistete. Für eine Tatbeteiligung bedarf es stets eines Tatbeitrages, sodass eine bloße Mitfahrt keine Strafbarkeit begründet.

Anwalt für Strafrecht: Notwehr

In einer Notwehrlage kann das Abwehrmittel gewählt werden, welches die Gefahr endgültig beendigt.

In seinem Beschluss vom 23. September 2021 hat sich der Bundesgerichtshof (1 StR 321/21) mit der Notwehr beschäftigt. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt kam es in einer Gaststätte zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten, bei der diese aufeinander einschlugen. Im Verlaufe dieser fixierte der Geschädigte den Angeklagten auf dem Boden, woraufhin der Angeklagte einen spitzen Gegenstand griff und diesen zwei Mal in den Oberkörper des auf ihm sitzenden Geschädigten stach. Das Landgericht Stuttgart verurteilte ihn daraufhin wegen gefährlicher Körperverletzung. Der Bundesgerichtshof sah vorliegend jedoch Anlass zur Prüfung der Notwehr. Der Angegriffene kann das Abwehrmittel wählen, welches die Gefahr endgültig beseitigt, auch der Einsatz eines Messers kann gerechtfertigt sein. Es ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Angeklagte sich durch die Fixierung auf dem Boden in einer aussichtslosen Lage befand.

Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung

Nicht jede Drohung mit einer Körperverletzung ist ausreichend für eine räuberische Erpressung.

In seinem Beschluss vom 9. März 2022 hat sich der Bundesgerichtshof (1 StR 469/21) mit der räuberischen Erpressung beschäftigt. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt betrat der Angeklagte eine fremde Wohnung, um Wertgegenstände zu stehlen und damit seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Als die Geschädigte ins Zimmer kam, hielt der Angeklagte einen langen, dünnen Gegenstand hoch und legte seine Finger auf die Lippen. Daraufhin wollte er Geld von der Angeklagten haben. Das Landgericht Stuttgart verurteilte ihn dafür unter anderem wegen räuberischer Erpressung. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist diese vorliegend jedoch lückenhaft festgestellt worden. Die qualifizierte Drohung, die für die räuberische Erpressung vorausgesetzt wird, erfordert eine gewisse Schwere des in Aussicht gestellten Angriffs auf die körperliche Unversehrtheit. Eine Ankündigung mit unwesentlichen Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit reicht hingegen nicht aus.