Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Vergewaltigung

Es darf nicht strafmildernd berücksichtigt werden, wenn die Geschädigte als Prostituierte arbeitet und demnach mit bestimmten sexuellen Praktiken gegen Entgelt einverstanden war.

Mit dem Straftatbestand der Vergewaltigung, der im § 177 StGB geregelt ist, musste sich der Bundesgerichtshof (6 StR 303/24) in seinem Beschluss vom 10. Juli 2024 beschäftigen. Der Angeklagte wurde zuvor vom Landgericht Hannover wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt, weil er eine Prostituierte vergewaltigt hatte. Auf die unbegründete Revision des Angeklagten erwidert der Bundesgerichtshof, dass bei einer Verurteilung wegen Vergewaltigung nicht strafmildernd berücksichtigt werden darf, dass die Geschädigte als Prostituierte gearbeitet hat und bereit gewesen ist, bestimmte sexuelle Praktiken gegen Entgelt vorzunehmen. Der Tatbestand erfasst die Vornahme sexueller Handlungen, mit denen sich der Täter über den entgegenstehen Willen des Opfers hinwegsetzt und dadurch das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung verletzt, auch wenn das ohne ein Nötigungsmittel geschieht. Die Gründe, aus welchen das Opfer die sexuellen Handlungen ablehnt, sind dafür unerheblich.

Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch von Kindern

Wenn Aussage gegen Aussage steht, müssen Inkonsistenzen in den Aussagen der Zeugen besonders beachtet werden, wenn das Tatgericht die Zeugenaussagen in Bezug auf andere Tatvorwürfe für glaubhaft erachtet.

Wie mit einer Aussage gegen Aussage Situation umzugehen ist, musste der Bundesgerichtshof (4 StR 380/23) in seinem Beschluss vom 28. Februar 2024 entscheiden. Der Angeklagte wurde zuvor vom Landgericht wegen des sexuellen Missbrauchs an Kindern in drei Fällen verurteilt, wobei seine vermeintlich missbrauchten Enkel von den Missbräuchen berichteten. Die Sache bedarf laut des Beschlusses vom Bundesgerichtshof jedoch neuer Verhandlung und Entscheidung. Demnach müssen in dem Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung nur davon abhängt, welchen Angaben das Gericht folgt, alle Umstände und Überlegungen erkennbar sein, welche die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten beeinflussen können. Besonders zu beachten sind dabei Inkonsistenzen in den Aussagen der Belastungszeugen.

Anwalt für Strafrecht: Vergewaltigung

Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung kann eine andere seelische Störung darstellen, wenn der Täter aus einem unwiderstehlichen Zwang heraus gehandelt hat.

Inwieweit Narzissmus zu einer verminderten Schuldfähigkeit führen kann, erklärte der Bundesgerichtshof (5 StR 322/23) in seinem Beschluss vom 16. Januar 2024. Der Angeklagte vergewaltigte die Angeklagte unter Drohung und Anwendung von Gewalt in seiner Wohnung. Das Landgericht Berlin verurteilte den Angeklagten dafür zu einer Freiheitsstrafe von über 8 Jahren. Dabei schlossen sie sich der Auffassung der Sachverständigen an, dass beim Angeklagten eine narzisstische Persönlichkeitsstörung vorliegt, die eine schwere andere seelische Störung im Sinne des § 20 StGB darstellt. Da dadurch jedoch weder Einsichts- noch Steuerungsfähigkeit eingeschränkt waren, habe die narzisstische Persönlichkeitsstörung nicht zu einer erheblichen Einschränkung seiner Steuerungsfähigkeit geführt. Der Bundesgerichtshof erwidert dem jedoch, dass bei einer schweren anderen seelischen Störung eine Verminderung der Schuldfähigkeit naheliegt und eine gegenteilige Feststellung besonderer Begründung benötigt. Das Landgericht hat vorliegend jedoch keine eigene Prüfung und Bewertung der Ausführungen des Sachverständigen durchgeführt. Das Landgericht hätte die Angaben des Sachverständigen eigenständig überprüfen und seine Entscheidung nachvollziehbar begründen müssen. Daneben müssen außerdem Erwägungen zur tatbezogenen Ausprägung der vom Sachverständigen festgestellten Persönlichkeitsstörung getroffen werden. Insbesondere aufgrund des unspezifischen Störungsbildes der narzisstischen Persönlichkeitsstörung sind Ausführungen diesbezüglich nötig.

Anwalt für Strafrecht: Totschlag, Vergewaltigung, Störung der Totenruhe

Mit der Handhabung der Höchststrafe hat sich der Bundesgerichtshof (3 StR 466/23) in seinem Beschluss vom 20. Februar 2024 auseinandergesetzt. Der Angeklagte vergewaltigte seine Lebensgefährtin, tötete sie dann und verübte anschließend beschimpfenden Unfug am Leichnam. 

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten zur Höchststrafe von 15 Jahren. Der Bundesgerichtshof führt in seinem Beschluss aus, dass Schuldspruch und Einzelstrafaussprüche keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen lassen, jedoch hält die Gesamtfreiheitsstrafe sachlich rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Demnach erschließe sich nicht ohne Begründung, weshalb die Strafkammer trotz strafmildernder Umstände den Angeklagten mit der Höchststrafe bestraft hat. Die Strafe von 15 Jahren hätte demnach näher bzw. überhaupt begründet werden müssen, weshalb die Revision in diesem Punkt erfolgreich ist. Die zugehörigen Feststellungen bleiben jedoch bestehen.

Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen

Sexuelle Handlungen im Sinne des Gesetzes müssen gemäß § 184h Nr. 1 StGB in Hinsicht auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sein.

Der Bundesgerichtshof (2 StR 271/23) befasste sich in seinem Beschluss vom 24. August 2023 mit dem sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen (§ 174 StGB). Der Angeklagte hielt mit dem Auto an, um an der Nebenklägerin, für die er eine Art Vaterersatz war, sexuelle Handlungen vorzunehmen. Er berührte den Oberschenkel der Geschädigten, öffnete seinen Gürtel und versuchte anschließend mit seiner Hand in die Hose der Nebenklägerin zu fassen. Diese lehnte das ab. Aufgrund vorbeifahrender Autos, hörte der Angeklagte mit den Handlungen auf. Das Landgericht Bonn stellte einen sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB fest. Laut Bundesgerichtshof überschreiten die Handlungen jedoch nicht die Erheblichkeitsschwelle des § 184h Nr. 1 StGB, der sexuelle Handlungen im Sinne des Gesetzes definiert. Jedenfalls ist hier aber Tatbestand eines versuchten sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 StGB gegeben, sodass der Senat den Schuldspruch änderte.

Anwalt für Strafrecht: Zuhälterei

Abgaben in Höhe von 50 % der Einnahmen können eine ausbeuterische Zuhälterei nahelegen.

Ausbeuterische Zuhälterei: Mit diesem Thema hat sich der Bundesgerichtshof (3 StR 418/22) in seinem Beschluss vom 24. Januar 2023 auseinandergesetzt. Der Angeklagte wohnte für sechs Monate mit einer Prostituierten, mit der er eine Liebesbeziehung führte, zusammen in einer Mietwohnung. In dieser Zeit erwirtschaftete sie mindestens 97.000,00 €, von denen der Angeklagte mindestens 26.000,00 € für eigene Zwecke benutzte. Nachdem sie sich nach den Prostitutionserlösen erkundete, gab er vor, sie an zu erwarteten Einnahmen zu beteiligen, um sie zu besänftigen. Das Landgericht Düsseldorf würdigte dieses Verhalten als ausbeuterische Zuhälterei im Sinne des § 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Der Bundesgerichtshof erklärte in seinem Beschluss jedoch, dass eine Ausbeutung im Sinne des § 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB voraussetzt, dass dem Opfer in objektiver Hinsicht ein erheblicher Teil der Einnahmen entzogen wird und dies bei ihm zu einer gravierenden Beschränkung der persönlichen und wirtschaftlichen Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit führt, die geeignet ist, die Lösung aus der Prostitution zu erschweren. Die Freundin des Angeklagten hat jedoch etwa 72.000,00 € behalten, was knapp 74 % ihrer Einnahmen entspricht. Auch hätte sie nach den getroffenen Feststellungen die Prostitution jederzeit aufgeben können.

Anwalt für Strafrecht: Sexueller Übergriff nach § 177 Abs. 1 StGB

Geschlechtsverkehr, der heimlich ohne Kondom durchgeführt wurde, stellt einen sexuellen Übergriff dar.

Mit dem sogenannten „Stealthing“ musste sich der Bundesgerichtshof (3 StR 372/22) in seinem Beschluss vom 13. Dezember 2022 beschäftigen. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt wollten der Angeklagte und die Geschädigte einvernehmlichen Oralverkehr haben. Das Kondom, das der Angeklagte aus der Kommode holte, zog dieser jedoch heimlich nicht auf, sondern tat lediglich so. Das Landgericht Düsseldorf verurteilte den Angeklagten dafür wegen sexuellen Übergriffs nach § 177 Abs. 1 StGB. Auch der Bundesgerichtshof bestätigt, dass das Stealthing einen sexuellen Übergriff darstellt. In der Begründung heißt es, dass Geschlechtsverkehr unter Nutzung eines Kondoms und der ohne ein solches unterschiedliche sexuelle Handlungen darstellen und die Geschädigte in der konkreten Situation ungeschützten Geschlechtsverkehr ablehnte. Das war für den Angeklagten nach den näher dargelegten Umständen auch erkennbar.

Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch von Kindern

Sexuelle Handlungen an einem Kind im Sinne des § 184 h Nr. 1 StGB liegen vor, wenn diese bereits objektiv eine Sexualbezogenheit erkennen lassen.

Mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 218/22) in seinem Beschluss vom 18. Januar 2023 beschäftigen. Der Angeklagte im hiesigen Fall küsste den geschädigten Jungen für wenige Sekunden auf den Mund und schlug ihm daraufhin mit der flachen Hand auf das Gesäß. Das Landgericht Hamburg nahm einen sexuellen Missbrauch an Kindern gem. § 176 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB an und auch der Bundesgerichtshof bestätigte dies in seinem Beschluss. Demnach mache sich nach § 176 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB strafbar, wer sexuelle Handlungen an einer Person unter 14 Jahren vornimmt. Sexuelle Handlungen nach § 184 h Nr. 1 StGB sind solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind. Der Zusammenhang von dem Kuss und dem Schlag auf den Po lässt vorliegend nach Auffassung des Bundesgerichtshofes die erforderliche Sexualbezogenheit erkennen. Auch die pädophilen Interessen und der Konsum von kinderpornographischen Bild- und Filmmateriellen belegten demnach die sexuelle Motivation der Handlungen des Angeklagten. Außerdem besteht zwischen dem Geschädigten und dem Angeklagten kein Vertrauensverhältnis, das die Handlungen als Ausdruck familiärer oder freundschaftlicher Zuneigung rechtfertigen könnte. Abschließend stellt der Bundesgerichtshof fest, dass die vorgenommenen Handlungen von einiger Erheblichkeit sind, da bei Kindern geringere Anforderungen zu stellen sind und es sich hierbei um keine unbedeutsame Berührung handelte.

Anwalt für Strafrecht: Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern

Die Strafbarkeit von sexuellen Handlungen vor einem Kind gem. § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB ist nach § 184 h Nr. 2 StGB auf solche Handlungen beschränkt, die vom Kind wahrgenommen werden.

Die Strafbarkeit von sexuellen Handlungen vor einem Kind gem. § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB ist nach § 184 h Nr. 2 StGB auf In seinem Beschluss vom 17. Januar 2023 musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 216/22) mit dem schweren sexuellen Missbrauch von Kindern in kinderpornographischer Absicht beschäftigen. Die Angeklagte soll sich auf Anweisung ihres Liebhabers unter anderem vor ihren Kindern einen Massagestab in die Vagina eingeführt und dies gefilmt haben. Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Beschluss fest, dass die Strafbarkeit von sexuellen Handlungen vor einem Kind gem. § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB nach § 184 h Nr. 2 StGB auf solche Handlungen beschränkt ist, die vom Kind wahrgenommen werden. Zudem muss das Kind auch vom Täter in das sexuelle Geschehen mit einbezogen werden. In einigen Fällen liegen demnach dafür keine Anhaltspunkte vor, da die Kinder in den Videos nicht den Anschein machen, als würden sie das Geschehen wahrnehmen. Aus den Videos soll sich weder eine Wahrnehmung der sexuellen Handlungen durch die Kinder noch die handlungsleitende Bedeutung einer solchen Wahrnehmung für die Angeklagte ergeben, sodass der Schuldspruch für die hiesigen Fälle rechtsfehlerhaft ist.

 

Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch eines Schutzbefohlenen

Eine sexuelle Handlung im Sinne des § 184h Nr. 1 StGB kann schon dann gegeben sein, wenn die Tätigkeit allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild einen eindeutigen Sexualbezug aufweist.

In seinem Beschluss vom 3. Mai 2022 hat sich der Bundesgerichtshof (3 StR 481/21) mit dem Begriff der sexuellen Handlung im Sinne des § 184h Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) auseinandergesetzt. Im hiesigen Fall nahm sich der Angeklagte den Jungen, mit dem er zuvor im Garten gespielt hatte, und legte ihn bäuchlings über sein Knie. Daraufhin drückte er einen Schlauch zwischen die Pobacken des Jungen und spritzte ihm für wenige Sekunden Wasser in den Anus. Nach Auffassung des Landgerichts Bad Kreuznachs lag hier eine sexuelle Handlung nach dem § 184h Nr. 1 StGB vor und es verurteilte den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellen Missbrauchs eines Schutzbefohlenen gemäß §§ 176 Abs. 1, 174 Abs. 1 StGB. Auch nach dem Bundesgerichtshof handelte es sich im vorliegenden Fall um eine sexuelle Handlung im Sinne des § 184h Nr. 1 StGB. Demnach kann der Begriff bereits mit ausschließlich objektiven Kriterien bestimmt werden. Es sei ausreichend, dass die Handlungen aus Sicht eines objektiven Betrachters, der die Umstände des Einzelfalls kennt, eine sexuelle Intention erkennen lassen. Bei Sachlage wie dieser bedarf es einer sexuellen Intention oder Erregung des Angeklagten nicht mehr.