Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch von Kindern

Sexuelle Handlungen an einem Kind im Sinne des § 184 h Nr. 1 StGB liegen vor, wenn diese bereits objektiv eine Sexualbezogenheit erkennen lassen.

Mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 218/22) in seinem Beschluss vom 18. Januar 2023 beschäftigen. Der Angeklagte im hiesigen Fall küsste den geschädigten Jungen für wenige Sekunden auf den Mund und schlug ihm daraufhin mit der flachen Hand auf das Gesäß. Das Landgericht Hamburg nahm einen sexuellen Missbrauch an Kindern gem. § 176 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB an und auch der Bundesgerichtshof bestätigte dies in seinem Beschluss. Demnach mache sich nach § 176 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB strafbar, wer sexuelle Handlungen an einer Person unter 14 Jahren vornimmt. Sexuelle Handlungen nach § 184 h Nr. 1 StGB sind solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind. Der Zusammenhang von dem Kuss und dem Schlag auf den Po lässt vorliegend nach Auffassung des Bundesgerichtshofes die erforderliche Sexualbezogenheit erkennen. Auch die pädophilen Interessen und der Konsum von kinderpornographischen Bild- und Filmmateriellen belegten demnach die sexuelle Motivation der Handlungen des Angeklagten. Außerdem besteht zwischen dem Geschädigten und dem Angeklagten kein Vertrauensverhältnis, das die Handlungen als Ausdruck familiärer oder freundschaftlicher Zuneigung rechtfertigen könnte. Abschließend stellt der Bundesgerichtshof fest, dass die vorgenommenen Handlungen von einiger Erheblichkeit sind, da bei Kindern geringere Anforderungen zu stellen sind und es sich hierbei um keine unbedeutsame Berührung handelte.

Anwalt für Strafrecht: Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern

Die Strafbarkeit von sexuellen Handlungen vor einem Kind gem. § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB ist nach § 184 h Nr. 2 StGB auf solche Handlungen beschränkt, die vom Kind wahrgenommen werden.

Die Strafbarkeit von sexuellen Handlungen vor einem Kind gem. § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB ist nach § 184 h Nr. 2 StGB auf In seinem Beschluss vom 17. Januar 2023 musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 216/22) mit dem schweren sexuellen Missbrauch von Kindern in kinderpornographischer Absicht beschäftigen. Die Angeklagte soll sich auf Anweisung ihres Liebhabers unter anderem vor ihren Kindern einen Massagestab in die Vagina eingeführt und dies gefilmt haben. Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Beschluss fest, dass die Strafbarkeit von sexuellen Handlungen vor einem Kind gem. § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB nach § 184 h Nr. 2 StGB auf solche Handlungen beschränkt ist, die vom Kind wahrgenommen werden. Zudem muss das Kind auch vom Täter in das sexuelle Geschehen mit einbezogen werden. In einigen Fällen liegen demnach dafür keine Anhaltspunkte vor, da die Kinder in den Videos nicht den Anschein machen, als würden sie das Geschehen wahrnehmen. Aus den Videos soll sich weder eine Wahrnehmung der sexuellen Handlungen durch die Kinder noch die handlungsleitende Bedeutung einer solchen Wahrnehmung für die Angeklagte ergeben, sodass der Schuldspruch für die hiesigen Fälle rechtsfehlerhaft ist.

 

Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch eines Schutzbefohlenen

Eine sexuelle Handlung im Sinne des § 184h Nr. 1 StGB kann schon dann gegeben sein, wenn die Tätigkeit allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild einen eindeutigen Sexualbezug aufweist.

In seinem Beschluss vom 3. Mai 2022 hat sich der Bundesgerichtshof (3 StR 481/21) mit dem Begriff der sexuellen Handlung im Sinne des § 184h Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) auseinandergesetzt. Im hiesigen Fall nahm sich der Angeklagte den Jungen, mit dem er zuvor im Garten gespielt hatte, und legte ihn bäuchlings über sein Knie. Daraufhin drückte er einen Schlauch zwischen die Pobacken des Jungen und spritzte ihm für wenige Sekunden Wasser in den Anus. Nach Auffassung des Landgerichts Bad Kreuznachs lag hier eine sexuelle Handlung nach dem § 184h Nr. 1 StGB vor und es verurteilte den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellen Missbrauchs eines Schutzbefohlenen gemäß §§ 176 Abs. 1, 174 Abs. 1 StGB. Auch nach dem Bundesgerichtshof handelte es sich im vorliegenden Fall um eine sexuelle Handlung im Sinne des § 184h Nr. 1 StGB. Demnach kann der Begriff bereits mit ausschließlich objektiven Kriterien bestimmt werden. Es sei ausreichend, dass die Handlungen aus Sicht eines objektiven Betrachters, der die Umstände des Einzelfalls kennt, eine sexuelle Intention erkennen lassen. Bei Sachlage wie dieser bedarf es einer sexuellen Intention oder Erregung des Angeklagten nicht mehr.

Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen

Der sexuelle Missbrauch des Stiefenkels stellt keinen sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen gemäß § 174 I Nr. 3 StGB dar, wenn es sich um Stiefkinder der eigenen Abkömmlinge handelt.

In seinem Beschluss vom 22. Juni 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 131/21) mit der Frage beschäftigen, wann es sich um einen sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen handelt. Im vorliegenden Sachverhalt, hat der Angeklagte mehrmals seinen Stiefenkel sexuell missbraucht. Der Sohn des Angeklagten ist mit der Mutter des Jugendlichen verheiratet. Nachdem der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen verurteilt wurde, hatte seine Revision beim Bundesgerichtshof Erfolg. Gemäß § 174 I Nr. 3 StGB liegt ein sexueller Missbrauch an Schutzbefohlenen vor, wenn es sich dabei um leibliche oder rechtliche Abkömmlinge des Täters handelt. Der Geschädigte ist weder ein leiblicher Abkömmling, noch ist er ein rechtlicher Abkömmling des Angeklagten und somit auch nicht von dem im § 174 I Nr. 3 StGB geschützten Personenkreis erfasst.

Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch

Auch Patienten, die einen Gynäkologen lediglich zu Vorsorgeuntersuchungen aufsuchen, können diesem im Sinne von § 174c Abs. 1 StGB (Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses) „anvertraut“ sein.

Wer sexuelle Handlungen an einer Person, die wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut ist, unter Missbrauch des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses vornimmt, wird gemäß § 174c Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ob auch bei Vorsorgeuntersuchungen bei einem Frauenarzt ein schützenswertes Vertrauensverhältnis im Sinne des § 174c Abs. 1 StGB besteht, beschäftigte den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 2. Februar 2021 (4 StR 364/19). Vorliegend hatte ein Frauenarzt in dem Behandlungsraum seiner Praxis in 25 Fällen an verschiedenen Patientinnen Untersuchungen des Genitals vorgenommen, wobei er bei vaginalen Tastuntersuchungen auch einen Finger in die Scheide der Patientinnen einführte. Dabei hatte er ohne Kenntnis und Zustimmung der jeweiligen Patientinnen mittels einer versteckten Kamera digitale Bilder und Videoaufnahmen des entblößten Genitalbereichs zu sexuellen Zwecken angefertigt. Der Bundesgerichtshof führte in seiner Entscheidung aus, dass es sich bei den Patientinnen auch dann um Personen handelt, die dem Angeklagten im Sinne des § 174c Abs. 1 StGB wegen einer körperlichen Krankheit zur Beratung, Behandlung oder Betreuung anvertraut waren, wenn dieser lediglich Vorsorgeuntersuchungen vornahm. Auch eine Vorsorgeuntersuchung, die als solche nicht auf die Behandlung einer Gesundheitsstörung gerichtet ist, sondern nur der Früherkennung von Krankheiten dient, erfülle den Tatbestand des § 174c Abs. 1 StGB. Es sei nicht erforderlich, dass tatsächlich eine behandlungsbedürftige Krankheit vorliegt, sofern nur der Betroffene subjektiv eine Behandlungs- oder Beratungsbedürftigkeit empfindet. „Wegen“ einer körperlichen Krankheit vertraue sich einem Arzt zur Beratung, Behandlung oder Betreuung auch derjenige an, der das Vorliegen einer körperlichen Krankheit nur allgemein besorgt. Die von dem Angeklagten vorgenommenen Berührungen und Penetrationen der Genitale seiner Patientinnen waren vorliegend zudem zwar grundsätzlich medizinisch indiziert und ärztlich regelrecht durchgeführt, allerdings wurde der Behandlungs- und Untersuchungscharakter hier durch Sexualbezug überlagert, weshalb die „Behandlungen“ des Angeklagten als sexuelle Handlungen anzusehen seien. Der Angeklagte hat sich wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses strafbar gemacht.

Anwalt für Strafrecht: Ausnutzung einer Zwangslage bei sexuellem Missbrauch eines Jugendlichen

Die bei einem sexuellen Missbrauch eines Jugendlichen erforderliche „Zwangslage“ ist anzunehmen bei bedrängenden Umständen von Gewicht, denen in spezifischer Weise die Gefahr anhaftet, sexuellen Übergriffen gegenüber einem Jugendlichen in einer Weise Vorschub zu leisten, dass sich der Jugendliche ihnen nicht ohne weiteres entziehen kann.

In seinem Beschluss vom 16. Juni 2020 musste sich der Bundesgerichtshof (6 StR 82/20) mit der Frage befassen, wann die nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 StGB erforderliche „Zwangslage“ bei einem sexuellen Übergriff gegenüber einem Jugendlichen vorliegt. Im hiesigen Fall lud der Angeklagte den geistig behinderten Jugendlichen, der leidenschaftlicher Sammler von Schrott und Pfandflaschen war, in zwei Fällen unter dem Vorwand zu sich nach Hause ein, ihm seine Pfandflaschen zu übergeben. Hier forderte der Angeklagte den Jugendlichen auf, sich auszuziehen und berührte ihn im Intimbereich. In einem Fall führte er an ihm den Oralverkehr durch. Im zweiten Fall versuchte der Angeklagte, Analverkehr mit dem Jugendlichen durchzuführen, was jedoch scheiterte, weil der Jugendliche Widerstand zeigte. Der Angeklagte machte sich wegen sexuellen Missbrauchs eines Jugendlichen in zwei Fällen strafbar, indem er bewusst eine Zwangslage des Jugendlichen oder auch dessen ihm gegenüber fehlenden Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung zu sexuellen Handlungen ausnutzte. Die nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 StGB erforderliche „Zwangslage“ setzt eine ernste persönliche oder wirtschaftliche Bedrängnis des Opfers voraus. Hierfür sind gravierende, das Maß des für Personen im Alter und in der Situation des Jugendlichen Üblichen deutlich übersteigende Gegebenheiten erforderlich, die geeignet sind, dessen Entscheidungsmöglichkeiten gerade über sein sexuelles Verhalten einzuschränken. Der Gesetzgeber hatte als typische Fälle der Zwangslage die „Notsituation“ drogenabhängiger oder von zu Hause fortgelaufener Jugendlicher im Blick. Dem kann die Situation eines geistig behinderten, die Straße zur Aufbesserung seines Taschengelds ohne Aufsicht „leidenschaftlich“ nach Schrott und Altglas durchstreifenden und dabei in eine fremde Wohnung gelockten Minderjährigen entsprechen. Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte den Jugendlichen in der Absicht in seine Wohnung gelockt, „sich die Unbedarftheit des Jungen zunutze zu machen und sexuelle Handlungen an ihm vorzunehmen“, was für eine bewusste Ausnutzung einer Zwangslage spricht.

Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch von Jugendlichen

Nach § 182 Abs. 3 Nr. 1 StGB wird wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen bestraft, wer – als Person über 21 Jahren – eine Person unter 16 Jahren dadurch missbraucht, dass er sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder von ihr an sich vornehmen lässt und dabei die ihm gegenüber fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt.

Mit Beschluss vom 18. November 2020 hat der Bundesgerichtshof (4 StR 422/19) festgestellt, dass sich das vorausgesetzte Fehlen der Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung i. S. d. § 182 Abs. 3 Nr. 1 StGB dem Täter gegenüber nicht schon allein aus dem Umstand ergibt, dass die betroffene jugendliche Person unter sechszehn Jahren alt ist, sondern der konkreten Feststellung im Einzelfall bedarf. In dem vorliegenden, dem Beschluss des Bundesgerichtshofes zugrunde liegenden Sachverhalt nahm der Jugendliche Kontakt zu dem Angeklagten auf und begann eine sexuelle Beziehung mit ihm. Im Verlauf weniger Monate kam es in vier Fällen zu sexuellen Handlungen zwischen dem Jugendlichen und dem Angeklagten. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs an einem Jugendlichen. Allerdings sei nach Auffassung des Bundesgerichtshofes wertend zu beurteilen, ob der Jugendliche im Zeitpunkt der Tatbegehung nach seiner geistigen und seelischen Entwicklung reif genug war, die Bedeutung und Tragweite der konkreten sexuellen Handlung für seine Person angemessen zu erfassen und sein Handeln in Bezug auf den (erwachsenen) Täter danach auszurichten. Dies sei dann zweifelhaft, wenn das jugendliche Opfer – etwa durch Retardierung im intellektuellen Bereich oder durch ausgeprägte soziale Fehlentwicklungen bedingt – einen bedeutenden Mangel an Urteilsvermögen aufweist. Die Fähigkeit zur sexuellen Autonomie gegenüber dem Täter könne im Einzelfall auch fehlen, wenn die Beziehung zwischen ihm und dem Jugendlichen auf eine sexuelle Beherrschung angelegt ist oder der Täter sich – durch dominantes oder manipulatives Auftreten – unlauterer Mittel der Willensbeeinflussung bedient. Die Art und Weise, wie der Jugendliche im hiesigen Fall die Beziehung zu dem Angeklagten angebahnt hat, und sein bestimmendes Auftreten bei den sexuellen Kontakten, würde sich nicht ohne Weiteres als Ausdruck von Unreife oder Unkenntnis im Umgang mit der eigenen Sexualität deuten lassen.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexueller Missbrauch von Jugendlichen

Einem Betroffenen mangelt es nicht bereits an der Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung, im Sinne des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen durch eine Person über 21 Jahren, wenn er unter 16 Jahren alt ist.

Wegen sexuellen Missbrauchs Missbrauch von Jugendlichen durch einen Person über 21 Jahren macht sich eine Beschuldigter im entsprechenden Alter strafbar, wenn er eine Person unter sechzehn Jahren dadurch missbraucht, dass er sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt und dabei die dem Betroffenen fehlende Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt. Im Zuge dessen setzte sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 10. Juli 2020 (1 StR 221/20) mit der Frage auseinander, ob fehlende Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung bei einem 15-jährigen Betroffenen immer vorliegt. Der fast 20 Jahre ältere Beschuldigte verleitet die 15-jährige Betroffene wiederholt dazu sich mit ihm zu treffen. Hierbei kam es wiederholt zur Vornahme sexueller Handlungen des Beschuldigten an der Betroffenen. Das Landgericht verurteilte den Beschuldigten im Anschluss hieran wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen. Hierbei verwies das Landgericht unter anderem darauf, dass sie Betroffene aus altersbedingter Unreife nicht in der Lage gewesen sei, sich dem Beschuldigten zu widersetzten. Hiergegen wandte sich der BGH. Das vom Tatbestand vorausgesetzte Fehlen der Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung dem Beschuldigten gegenüber ergibt sich nicht schon aus dem Umstand allein, dass die betroffene jugendliche Person unter 16 Jahre alt ist. Einschränkungen der Selbstbestimmungsfähigkeit sind in dieser Altersstufe zwar möglich, werden aber, anders als bei Kindern unter 14 Jahren, vom Gesetz nicht als zwingend gegeben vorausgesetzt. Insoweit bedarf es für des Feststellung des Fehlens der Selbstbestimmungsfähigkeit konkreter Feststellungen.

Der Begriff der schutzlosen Lage ist rein objektiv zu bestimmen. Einer subjektiven Zwangswirkung der Schutzlosigkeit auf das Tatopfer bedarf es nicht.

In seiner Entscheidung vom 2. Juli 2020 (4 StR 678/19) musste sich der Bundesgerichtshof der Frage widmen, wann ein Opfer sich in einer „schutzlosen Lage“ im Sinne des § 177 StGB befindet. Insbesondere musste sich der Bundesgerichtshof dazu äußern, ob der Begriff der „schutzlosen Lage“ rein objektiv zu bestimmen ist oder es einer subjektiven Zwangswirkung der Schutzlosigkeit auf das Tatopfer bedarf, das Opfer also wissen muss, dass es sich in einer schutzlosen Lage befindet. Hintergrund der Entscheidung war ein Fall, in dem ein Mann zwei Mädchen sexuell missbraucht hatte. Hierfür hatte er das eine Kind unter einem Vorwand in ein leerstehendes Gebäude gelockt, das andere Kind wurde von ihm überrumpelt und unter der Drohung der Tötung in eine Ruine geführt. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs reicht es aus, dass sich das Opfer dem überlegenen Täter allein gegenübersieht und auf fremde Hilfe nicht rechnen kann. Der Tatbestand solle Fälle erfassen, in denen das Opfer starr vor Angst ist und nur deshalb auf Widerstand verzichtet, weil es in einer hilflosen Lage ist und dieser gegen den überlegenen Täter aussichtslos erscheint. Der Begriff der schutzlosen Lage ist folglich objektiv zu bestimmen.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexueller Missbrauch von Kindern

Eine Handlung ist in der Regel dann keine sexuelle Handlung im Sinne eines sexuellen Missbrauchs von Kindern, wenn sie als kurze, flüchtige oder aus anderen Gründen unbedeutende Berührungen, insbesondere auch der bekleideten Brust, nicht hinreichend erheblich ist.

Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 6. Mai 2020 (2 StR 543/19) zugrunde liegenden Sachverhalt, fasste in fünf Fällen Mädchen zwischen zehn und dreizehn Jahren im Bus bzw. in der Straßenbahn an. Dabei fasste der Beschuldigte jeweils an die bedeckte Brust der Mädchen, zum Teil streichelte er sie „mehrfach“ oder „einige Zeit“. Im Zuge dessen hatte sich der BGH mit der Frage zu befassen, ob der Beschuldigte den Betroffenen gegenüber einer sexuellen Handlung im Sinne eines sexuellen Missbrauchs von Kindern vornahm. Sexuelle Handlungen sind solche, die im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind. Als erheblich sind solche sexualbezogenen Handlungen zu werten, die nach Art, Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung des im jeweiligen Tatbestand geschützten Rechtsguts besorgen lassen. Bei Tatbeständen, die wie sexueller Missbrauch von Kindern, dem Schutz von Kindern dienen, sind an das Merkmal der Erheblichkeit geringere Anforderungen zu stellen als bei Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung Erwachsener. Allerdings reichen auch hier kurze, flüchtige oder aus anderen Gründen unbedeutende Berührungen, insbesondere auch der bekleideten Brust, grundsätzlich nicht aus. Zur Feststellung der Erheblichkeit bedarf es einer Gesamtbetrachtung aller Umstände im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Handlung für das jeweils betroffene Rechtsgut. Solche wurden durch das Landgericht nicht vorgenommen. Im Zuge dessen hob der BGH die Verurteilung des Beschuldigten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern auf.