Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Wohnungsdurchsuchung

Eine Durchsuchung gem. § 102 StPO fordert das Betreten eines geschützten Raums, das der ziel- und zweckgerichteten Suche nach Personen oder Sachen dient und mit einem entsprechenden Augenschein verbunden ist.

Ab wann ist von einer Wohnungsdurchsuchung im Sinne der Strafprozessordnung zu sprechen? Diese Frage musste der Bundesgerichtshof (5 StR 550/23) in seinem Beschluss vom 6. Mai 2024 beantworten. Das Landgericht Berlin hatte den Angeklagten zuvor unter anderem wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt, da dieser in seiner Wohnung knapp 300 g Kokain und mehrere Kilo Marihuana und Haschisch lagerte. Dabei rügte der Angeklagte, dass die bei der Wohnungsdurchsuchung sichergestellten Beweismittel wegen eines Verstoßes gegen den Richtervorbehalt nicht verwertbar seien. Die Ansicht, dass das Hineinleuchten in das Zimmer mit einer Taschenlampe bereits eine Wohnungsdurchsuchung darstellt, teilt der Bundesgerichtshof jedoch nicht. Demnach erfordert eine Durchsuchung gem. § 102 StPO vielmehr das Betreten eines geschützten Raums, das der ziel- und zweckgerichteten Suche nach Personen oder Sachen dient und mit einem entsprechenden Augenschein verbunden ist. Das Leuchten und Hineinschauen in das Zimmer stellt aber bereits kein physisches Eindringen in das Zimmer mit der hiesigen Zwecksetzung dar.

Anwalt für Strafrecht: Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot

Rädelsführer ist, wer in dem Personenzusammenschluss dadurch eine führende Rolle einnimmt, dass er sich in besonders maßgebender Weise für diesen betätigt.

Wer kann wegen eines Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot als Rädelsführer schuldig gesprochen werden? Mit dieser Frage setzte sich der Bundesgerichtshof (3 StR 419/23) in seinem Beschluss vom 5. Februar 2024 auseinander. Die Angeklagten waren in überbleibenden Teilen des durch das Bundesministerium des Innern 2001 verbotenen „Kalifatstaates“ in Deutschland tätig. Alle drei Angeklagten waren in wichtigen Rollen tätig, wobei nur einer der Angeklagten eine deutschlandweite Führungsposition innehatte. Das Landgericht Koblenz verurteilte den Angeklagten wegen des Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot als Rädelsführer. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes machte sich jedoch nur einer der Angeklagten dessen strafbar. Die anderen zwei Angeklagten betätigten sich vielmehr als Mitglieder in der verbotenen Vereinigung im Sinne des § 85 Abs. 2 StGB. Ihre Tätigkeit beschränkte sich vor allem auf die Tätigkeit in einem lokalen Teil der Vereinigung. Rädelsführer ist stattdessen, wer in dem Personenzusammenschluss dadurch eine führende Rolle einnimmt, dass er sich in besonders maßgebender Weise für diesen betätigt. Dabei ist das Gewicht für die Vereinigung entscheidend. Die Tätigkeit ist insbesondere dann maßgebend, wenn sie von Einfluss auf die Führung der Vereinigung im Ganzen oder in wesentlichen Teilen ist. 

Anwalt für Strafrecht: Schlägerei

„Wer sich an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt, wird schon wegen dieser Beteiligung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 226) verursacht worden ist.“ (§ 231 Abs. 1 StGB)

In seinem Beschluss vom 27. März 2024 befasste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 337/23) mit der Schlägerei nach § 231 StGB. Der Angeklagte kam zu einer Auseinandersetzung hinzu und schlug dabei nach Eintreffen um sich. Eine der Personen in der Menschenmenge kippte während der Schlägerei durch eine nicht näher definierbare starke Impulswirkung nach hinten und verletzte sich dabei schwer am Hinterkopf, worauf 7 Operationen folgen mussten. Das Landgericht Aachen verurteilte den Angeklagten wegen Beteiligung an einer Schlägerei gem. § 231 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, deren Vollstreckung zu Bewährung ausgesetzt wurde. Die anschließende Revision des Angeklagten blieb erfolglos. Durch das Vorgehen des Angeklagten löste er eine Schlägerei aus, welche die Ursache für die schwere Verletzung des Nebenklägers ist. Auch ein Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund greift in diesem Fall nicht ein, da der Angeklagte durch das um sich herum schlagen zum einen auch Teilnehmer der Auseinandersetzung in Gefahr brachte, die nur verbal an der Auseinandersetzung teilnahmen und zum anderen stellt das eingesetzte Mittel kein angemessenes Mittel für die hier vorliegende Gefahr dar. Der Zeuge, den der Angeklagte dadurch verteidigen wollte, hätte sich dieser Situation auch problemlos entziehen können.

Anwalt für Strafrecht: Berufsverbot

Gemäß § 70 Abs. 1 StGB kann ein Berufsverbot angeordnet werden, wenn jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Missbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt wurde.

In seinem Beschluss vom 26. März 2024 äußerte sich der Bundesgerichtshof (4 StR 416/23) zum Berufsverbot gemäß § 70 StGB. Der Angeklagte arbeitete in seiner eigenen orthopädischen Praxis als Arzt. In Ausübung seiner Tätigkeit machte er sich des sexuellen Missbrauchs schuldig und wurde dafür zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Daneben wurde ihm untersagt, den Beruf des Arztes für die Dauer von 5 Jahren auszuüben. Für die Anordnung eines Berufsverbotes wurden jedoch nicht alle maßgeblichen Gesichtspunkte für die Gefährlichkeitsprognose berücksichtigt, wie der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss feststellte. Es hätte einbezogen werden müssen, dass der Angeklagte vorher strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten war und die empfindliche Freiheitsstrafe den Angeklagten bereits nachhaltig beeindrucken könnte.

Anwalt für Strafrecht: Missbräuchliche Rechtsbehelfe

Missbräuchliche Rechtsbehelfe fallen nicht unter die Rechtsschutzgarantie des Art. 2 Abs. 1 i.V. mit Art. 20 Abs. 3 GG und müssen somit auch nicht förmlich entschieden werden.

Im Mittelpunkt der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (2 Ars 166/21) vom 10. Oktober 2023 standen missbräuchliche Rechtsbehelfe. Der Beschwerdeführer wendete sich mit mehreren Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen verschiedener Gerichte. Diese lagen von ihm erstatten Strafanzeigen, vor allem gegen ihn behandelnde Ärzte, zugrunde. Ein Anfangsverdacht wurde in keinem der Fälle bejaht. Alle Beschwerden wurden als unzulässig befunden. Zudem wurde der Beschwerdeführer durch den Beschluss darauf hingewiesen, dass weitere vergleichbare offensichtlich aussichtslose Anträge in Zukunft nicht mehr förmlich entschieden werden, da es sich dabei um missbräuchliche Rechtsbehelfe handele. Derartige Rechtsbehelfe werden nicht durch die Rechtsschutzgarantie des Art. 2 Abs. 1 i.V. Art. 20 Abs. 3 GG gedeckt.

Anwalt für Strafrecht: Sich-Bereit-Erklären zu einem Verbrechen

Für die Erfüllung des Tatbestandes des § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB muss der Täter sein Erbieten kundgegeben und ernst gemeint haben.

Mit dem § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB, der das Sich-Bereit-Erklären zu einem Verbrechen regelt, musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 282/21) in seinem Beschluss vom 17. Februar 2022 beschäftigen. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt bot der an  „multiplen Störungen der Sexualpräferenz“ leidende Angeklagte einer Mutter an, ihr Kind grausam zu töten. Als diese nach ein paar Tagen nicht mehr antwortete, fragte er die Mutter dann, ob sie selber Experimente mit ihrer Tochter durchführen möchte und bot ihr dafür Geld an. Das Landgericht Detmold verurteilte den Angeklagten wegen „Sichbereiterklärens zu einem Verbrechen“. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist das Angebot des Angeklagten, die Tochter zu töten, nicht eindeutig ernst gemeint. Bezüglich des Angebotes an die Mutter, dass diese Experimente an der Tochter durchführen soll, kam ein Sachverständiger zu dem Ergebnis, dass die Äußerungen Ausdruck von „Allmachtsfantasien“ seien und somit nicht ernst gemeint waren. Aus dem Urteil erschließt sich jedoch nicht, weshalb vor diesem Hintergrund das vorherige Angebot des Angeklagten, die Tochter selbst zu töten, nach Auffassung des Landgerichts ernst gemeint war.

Anwalt für Strafrecht: Berufsrechtliche Folgen der Bestrafung

Im Urteil müssen naheliegende berufsrechtliche Folgen der Verurteilung eines approbierten Apothekers ausführlich erörtert werden.

In seinem Beschluss vom 15. März 2022 musste sich der Bundesgerichtshof (5 StR 497/21) mit den berufsrechtlichen Folgen einer Bestrafung auseinandersetzen. Im hiesigen Fall wurde der Angeklagte, der approbierter Apotheker war, unter anderem wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges und Handeltreiben mit Arzneimitteln verurteilt. Nach Feststellungen des Bundesgerichtshofes müssen mögliche berufsrechtliche Konsequenzen jedoch ausdrücklich erörtert werden, da nach § 46 Abs. 1 S. 2 StGB die Wirkungen zu berücksichtigen sind, die von der Strafe für das zukünftige Leben zu erwarten sind. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei Berücksichtigung der berufsrechtlichen Folgen zu einer milderen Strafe gekommen wäre.

Anwalt für Strafrecht: Strafrahmenverschiebung

Eine Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 I StGB kann versagt werden, wenn die Verminderung der Schuldunfähigkeit auf eine vom Täter selbst zu verantwortende Berauschung zurückzuführen ist. Diese muss ihm jedoch auch zum Vorwurf gemacht werden können.

Der Bundesgerichtshof (3 StR 487/21) musste sich in seinem Beschluss vom 25. Januar 2022 mit der Strafrahmenverschiebung beschäftigen. Im hiesigen Fall wurde der alkohol- und drogenabhängige Angeklagte unter anderem wegen Körperverletzung verurteilt, wobei seine Steuerungsfähigkeit bei der Begehung durch Alkohol- und Drogenkonsum erheblich eingeschränkt war. Trotz dieses Umstandes wurde ihm eine Strafmilderung in Form einer Strafrahmenverschiebung versagt mit der Begründung, der Alkohol- und Drogenrausch des Angeklagten sei selbstverschuldet gewesen. Der Bundesgerichtshof stellt jedoch fest, dass eine Intoxikation dem Täter dann nicht uneingeschränkt zum Vorwurf gemacht werden kann, wenn dieser alkoholkrank, alkoholüberempfindlich oder drogenabhängig ist.

Anwalt für Strafrecht: Strafzumessung

Bei der Verurteilung eines Anwalts wegen eines Aussagedelikts muss sich das Gericht bei der Strafzumessung auch mit den beruflichen Nebenwirkungen der Strafe auseinandersetzen.

Im Rahmen der Strafzumessung hat das Gericht zu entscheiden, ob strafmildernde oder straferschwerende Gründe vorliegen. Dabei hat das Gericht die beruflichen Nebenwirkungen einer strafrechtlichen Verurteilung auf das Leben eines Angeklagten jedenfalls dann als bestimmenden Strafzumessungsgrund ausdrücklich anzuführen, wenn dieser durch sie seine berufliche oder wirtschaftliche Basis verliert.

Wird ein Anwalt wegen eines Aussagedelikts verurteilt, ist es wahrscheinlich, dass ihm eine Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft (§§ 113 I, 114 I Nr. 5 BRAO) - mithin also der Verlust seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Basis - droht, da Aussagedelikte einen besonders schweren Verstoß gegen die Kernpflicht anwaltlicher Tätigkeit darstellen.

Will das Gericht einen Anwalt also wegen eines Aussagedelikts verurteilen, muss es sich mit diesem Aspekt im Rahmen seiner Strafzumessung auseinandersetzen und gegebenenfalls strafmildernd berücksichtigen. Dies stellte der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 8. März 2022 (3 StR 398/21) klar. Der Angeklagte, ein Anwalt, war hier wegen Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage in Tateinheit mit Strafvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden, wobei die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Bei der Strafzumessung hatte sich das Landgericht lediglich mit der Frage eines Berufsverbots nach § 70 StGB befasst und dessen Verhängung abgelehnt.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hätte die Vorinstanz aber vor dem Hintergrund des drohenden Ausschlusses aus der Anwaltschaft, auch die erheblichen Auswirkungen einer Verurteilung auf den Berufsweg des Anwalts berücksichtigen müssen.

Anwalt für Strafrecht: Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus

Erheblich im Sinne des § 63 StGB sind insbesondere Taten, die Zufallsopfer in der Öffentlichkeit treffen können und schwerwiegende Folgen haben.

In seinem Beschluss vom 17. Februar 2022 hat sich der Bundesgerichtshof (4 StR 380/21) mit der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) beschäftigt. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt zündete der an einer chronifizierten paranoiden Schizophrenie leidende Angeklagte sein Sofa an, weil er es für magisch hielt. Die Erwägungen, mit denen eine Gefährlichkeitsprognose und damit die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt wurden, halten der Prüfung vor dem Bundesgerichtshof nicht stand. Die Brandlegung in einem Mehrfamilienhaus ist eine mit einem gemeingefährlichen Mittel begangene Tat und kann somit als grundsätzlich erhebliche rechtswidrige Tat gewertet werden. Diese sind nämlich insbesondere dann erheblich, wenn sie Zufallsopfer im öffentlichen Raum treffen.