Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr
In seinem Beschluss vom 7. Mai 2024 setzte sich der Bundesgerichtshof (4 StR 82/24) mit dem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr auseinander. Der Angeklagte warf eine Gehwegplatte auf das fahrende Auto der Geschädigten, was zu einem Sachschaden von 10.000 € führte. Die Zeugin fuhr zurück zum Angeklagten, der ihr daraufhin mit dem Tod drohte. Das Landgericht Darmstadt würdigte dieses Verhalten unter anderem als gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB. Der BGH entgegnet dem jedoch, dass die Tathandlung beim gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr voraussetzt, dass die Tathandlung über die innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus zu einer kritischen Verkehrssituation geführt hat. Die Gefahrverursachung muss sich auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte zurückführen lassen. Im hiesigen Fall wurde durch den Wurf mit der Gehwegplatte zwar in die Sicherheit des Straßenverkehrs eingegriffen, die Zeugin konnte das Auto jedoch weiterhin sicher beherrschen. Daher kann den getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden, dass diese Beschädigung auch auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte zurückzuführen ist.
Anwalt für Strafrecht: Parkverstöße
Zu der Thematik des Falschparkens reagierte das Bundesverfassungsgericht (2 BvR 1457/23) in seinem Beschluss vom 17. Mai 2024 auf eine Verfassungsbeschwerde. Gegen den Beschwerdeführer wurde mit einem Bußgeldbescheid eine Geldbuße von 30,00 € festgesetzt, da er die Höchstparkdauer von einer Stunde überschritten haben soll. Nach einem Einspruch des Beschwerdeführers verurteilte ihn das Amtsgericht zu einer Geldbuße von 30,00 €. Später legte er eine Verfassungsbeschwerde ein, die das Bundesverfassungsgericht als offensichtlich begründet befand. Demnach soll er durch das angegriffene Urteil in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitsgrundrecht und Willkürverbot) verletzt worden sein. Demnach sei die Täterschaft des Beschwerdeführers nicht feststellbar. Auch aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer Halter des Pkws ist, darf bei Fehlen jedes weiteren Beweiszeichens nicht auf dessen Täterschaft geschlossen werden.
Anwalt für Strafrecht: Straßenverkehrsgesetz
Wie damit umzugehen ist, wenn jemand aus medizinischen Gründen Cannabis vor dem Autofahren konsumiert hat, musste das Oberlandesgericht Zweibrücken (1 Orbs 2 SsBs 22/23) in seinem Beschluss vom 22. August 2023 entscheiden. Der Betroffene wurde in seinem Fahrzeug von der Polizei angehalten, nachdem er drei Stunden zuvor Cannabis konsumiert hatte. Dieses wurde ihm aufgrund verschiedenster psychischer Probleme verschrieben. Seinem Attest zufolge ist es ihm erlaubt, bis zu einem Gramm Cannabis pro Tag zu konsumieren. Laut des Attestes ist dadurch seine Fahrtüchtigkeit bei stabiler Dosierung nicht eingeschränkt. Gegen den Betroffenen wurde von der zentralen Bußgeldstelle in Speyer eine Geldbuße von 1000,00 € wegen vorsätzlichen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung berauschender Mittel festgesetzt. Vom Amtsgericht wurde er daraufhin jedoch freigesprochen. Dem Freispruch und auch der hier nicht gegebenen fahrlässigen Tatbegehung stimmt auch das Oberlandesgericht zu. Demnach ist es dem Betroffenen nach § 24a Abs. 1 S. 3 StVG gestattet, ein Fahrzeug zu führen, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt. Der Angeklagte darf laut des Attests Auto fahren, wenn zwischen der Einnahme und der Fahrt 3 Stunden liegen. Die vorliegenden Umstände schließen darüber hinaus eine fahrlässige Begehungsweise aus.
Anwalt für Strafrecht: Rotlichtverstoß
Ob eine Verurteilung wegen eines Rotlichtverstoßes rechtmäßig ist, wenn die Ampelanlage dauerhaft rot zeigt, hat das Oberlandesgericht Hamburg (5 ORbs 25/23) in seinem Beschluss vom 11. September 2023 beantwortet. Der Betroffene hielt mit seinem Fahrrad an einer Kreuzung vor einer Ampel, die rot zeigte, da sie mit einer Kontaktschleife ausgestattet ist. Nach mehreren Minuten schaltete die Ampel immer noch nicht auf grün, sodass er die Kreuzung bei Rot überquerte. Das Amtsgericht Hamburg wertete den hiesigen Fall als vorsätzlichen, qualifizierten Rotlichtverstoß gemäß §§ 37 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 6, 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO in Verbindung mit § 24 StVG. Das Oberlandesgericht Hamburg sieht darin jedoch keinen Rotlichtverstoß. Demnach ist auch bei Ampeln, die mit einer Kontaktschleife versehen sind und von Radfahrenden nicht ausgelöst werden können, die im Rotlicht liegende Halteanordnung für Radfahrende nichtig.
Anwalt für Strafrecht: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr
Ob sich der Angeklagte bei seiner Fluchtfahrt vor der Polizei des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nach § 315b StGB strafbar gemacht hat, musste der Bundesgerichtshof (4 StR 70/23) in einem Beschluss vom 6. Juni 2023 klären. Der Angeklagte fuhr vor der Polizei davon, begegnete aber auf einem Waldweg einem Polizeiauto, welches ihm entgegenfuhr. Der Polizeibeamte befürchtete eine Kollision zwischen den Fahrzeugen und flüchtete aus dem Auto. Da das Auto immer näher kam entschied er sich dafür, sich über das Einsatzfahrzeug in Sicherheit zu bringen. In diesem Moment kollidierte das Fahrzeug des Angeklagten mit der geöffneten Tür, wodurch der Oberschenkel des Polizeibeamten eingeklemmt wurde. Die Feststellungen reichen für eine Verurteilung des Angeklagten wegen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht aus. Demnach kann den Urteilgründen nicht entnommen werden, dass der Angeklagte das Fahrzeug in verkehrsfeindlicher Einstellung bewusst zweckwidrig eingesetzt hat. Schon dass er die offene Tür angefahren hat, zeigt, dass er das Einsatzfahrzeug umfahren wollte und somit ein kollisionsfreies Passieren des Autos für möglich hielt und erzielen wollte.
Anwalt für Strafrecht: Entziehung der Fahrerlaubnis
E-Scooter gehören mittlerweile zum Stadtbild. Die Rechtslage bezüglich der Roller ist jedoch oftmals noch unklar. Ob durch das Fahren von E-Scootern im alkoholischen Zustand die Fahrerlaubnis entzogen werden darf, hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (1 Ss 276/22) in seinem Urteil vom 8. Mai 2023 entschieden. Der Angeklagte wurde zuvor vom Amtsgericht Frankfurt am Main wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt, da er betrunken auf einem E-Scooter fuhr. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB lehnte es jedoch ab, wogegen sich die Amtsanwaltschaft in ihrer Revision wendete. Das Oberlandesgericht stellte daraufhin fest, dass eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB auch dann in der Regel erforderlich ist, wenn der Fahrer betrunken einen E-Scooter bedient hat und sich dabei der Trunkenheit im Verkehr strafbar gemacht hat. Zwar gibt es dafür Ausnahmen, jedoch ist es nach Auffassung des Oberlandesgerichtes keine solche Ausnahme, dass es sich lediglich um einen E-Scooter handelte, da Elektrokleinstfahrzeuge als Kraftfahrzeuge gelten. Weiterhin führt das Gericht aus, dass auch die Benutzung eines E-Scooters im betrunkenen Zustand andere Menschen gefährdet und sich somit nicht erschließt, wie dadurch die Regelvermutung des § 69 StGB widerlegt werden könnte.
Anwalt für Strafrecht: Gefährdung des Straßenverkehrs
Mit der Frage, wann von einer vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs auszugehen ist, musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 377/22) in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2022 beschäftigen. Im hiesigen Fall führte der Angeklagte Kokain über die niederländisch-deutsche Grenze. An einer Ampel dachte er irrig, dass die Polizisten ihn kontrollieren wollen, beschleunigte daraufhin sein Fahrzeug und überfuhr die noch „rot“ zeigende Ampel über die Linksabbiegerspur. Dabei musste ein anderer Verkehrsteilnehmer eine Notbremsung vornehmen, um einen Zusammenstoß zu verhindern. Dafür wurde er vom Landgericht Aachen unter anderem wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt. In seinem Beschluss führt der Bundesgerichtshof aus, dass es für die Verurteilung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs zu einem sogenannten „Beinahe-Unfall“ kommen muss. Vorliegend wurden jedoch keine Feststellungen getroffen, die einen solchen belegen. So fehlt es an Darlegungen zu den gefahrenen Geschwindigkeiten, den Abständen zwischen den Fahrzeugen und der Intensität der Bremsung. Aufgrund dessen hält die Verurteilung revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
Anwalt für Strafrecht: Trunkenheit im Verkehr
In seinem Beschluss vom 2. August 2022 hat der Bundesgerichtshof (4 StR 231/22) ausgeführt, wann eine drogenbedingte Fahrunsicherheit im Sinne des § 316 StGB vorliegt. Der Angeklagte im hiesigen Fall fuhr mit Cannabis sowie Amphetaminen im Blut, was durch einen Bluttest festgestellt werden konnte. Das Landgericht Gießen verurteilte ihn wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr. Der Bundesgerichtshof wendet jedoch ein, dass der Nachweis einer drogenbedingten Fahrunsicherheit gem. des § 316 StGB nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden kann. Stattdessen bedarf es weiterer aussagekräftiger Beweiszeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Kraftfahrzeugführers soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern.
Anwalt für Strafrecht: Beteiligung an einem Kraftfahrzeugrennen
In seinem Beschluss vom 11. November 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (4 StR 511/20) mit der Beteiligung an einem Kraftfahrzeugrennen beschäftigen. Im vorliegenden Sachverhalt entschlossen sich der Angeklagte und ein weiterer Angeklagter konkludent darauf, ein spontanes Kraftfahrzeugrennen durchzuführen. Bei einer undurchsichtigen Stelle kollidierte der weitere Angeklagte mit einem anderen Fahrzeug, wodurch einer der Insassen zu Tode kam. Bevor der Unfall geschah, erkannte der Angeklagte, dass der weitere Angeklagte ihn überholen wollte, beschleunigte sein Fahrzeug aber weiter. Vom Landgericht Arnsberg wurde er daraufhin wegen vorsätzlichen schweren verbotenen Kraftfahrzeugrennens verurteilt. Seine Revision erwies sich als unbegründet. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass es keiner ausdrücklichen Absprache für ein Rennen bedarf, sondern eine konkludente Einigung ausreicht. Außerdem kam es vorliegend zu einem Kräftemessen durch die Motivation der Fahrer, sich übertreffen zu wollen, wodurch der Verlust von Kontrolle in Kauf genommen wird. Zuletzt hat der Angeklagte die konkrete Gefährdung durch sein Fahrverhalten eigenhändig mitverursacht, weshalb auch die Qualifikation des § 315d Abs. 2 StGB vorliegt.
Anwalt für Strafrecht: Gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr
In seinem Beschluss vom 3. Dezember 2020 hat sich der Bundesgerichtshof (4 StR 371/20) mit der Frage auseinandergesetzt, wann ein gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr nach § 315 Abs. 1 Nr. 2 StGB vorliegt. Im vorliegenden Sachverhalt setzte sich der Beschuldigte auf eine Bahnsteigkante, wodurch seine Beine in das Gleisbett ragten. Als eine Bahn herannahte, musste der Stadtbahnführer eine Gefahrenbremsung durchführen. Durch eine Warnung seinerseits wurde niemand der Fahrgäste verletzt. Daraufhin ordnete das Landgericht Hannover eine Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Die Revision des Beschuldigten führte zur Aufhebung des Urteils. Die Gefahrenbremsung genügt nicht den Anforderungen zur Darlegung einer konkreten Gefahr für die körperliche Integrität der Insassen im Sinne des § 315 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Es ist somit zu keinem Beinahe-Unfall gekommen.