Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Gefährdung des Straßenverkehrs
Anders als bei Alkohol kann der Nachweis einer rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit, im Sinne einer Gefährdung des Straßenverkehrs, nicht alleine durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden. Es bedarf neben dem Blutwirkstoffbefund noch weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass der Beschuldigte nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei schwieriger Verkehrslage, sicher zu steuern. Der Bundesgerichtshof sah sich in seinem Beschluss vom 31. Januar 2017 (4 StR 597/16) mit der Frage konfrontiert, welche aussagekräftigen Beweiszeichen nach Rauschmittelkonsum Fahrunsicherheit belegen können. Der Beschuldigte befand sich nach dem Konsum von Amphetaminen und Cannabis auf der Flucht vor der Polizei. Er fuhr mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit durch eine Stadt, fuhr in falscher Richtung durch einen Einbahnstraße und stieß bei einem Einparkversuch frontal gegen ein anderes Auto. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kann auch aus der Fahrweise auf eine relative Fahruntüchtigkeit geschlossen werden. Befand sich der Beschuldigte auf der Flucht muss dies in die Beurteilung des Indizwertes seines Fahrverhaltens einbezogen werden. Hierbei darf jedoch in einer deutlich unsicheren, waghalsigen und fehlerhaften Fahrweise ein Beweisanzeichen für eine rauschmittebedingte Fahruntüchtigkeit gesehen werden.
Fachanwalt für Strafrecht: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
Eine Unfallflucht begeht, wer sich nach der Beteiligung an einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, ohne seiner Vorstellungs- oder Wartepflicht nachzukommen. Zum öffentlichen Straßenverkehr im Sinne des § 142 StGB gehören alle öffentlichen Straßen und alle sonstigen Verkehrsflächen, die der Benutzung durch jedermann oder einen bestimmten Personenkreis offen stehen.
Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat mit seinem Urteil vom 4. Juni 2018 – 1 Ss 83/18 entschieden, dass auch der befahrene Bereich innerhalb einer Waschstraße zum öffentlichen Straßenverkehr gehört. Zur Begründung führte das OLG aus, dass grundsätzlich auch private Zufahrtswege, wie etwa Zu- und Ausfahrten eines Tankstellengeländes, zu dem öffentlichen Straßenverkehr gehören. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfalle nur dann, wenn entweder durch die eindeutige Gestaltung der Anlage oder durch eine Einzelkontrolle der Zugang von vorneherein beschränkt sei. Die Benutzung einer Waschanlage stehe aber jedermann frei, sofern er nur das Entgelt hierfür entrichtet habe.
Der Angeklagten dürfte die Auslegung des Merkmals durch das OLG nicht gefallen. Sie war auf der falschen Seite im Bereich der Ausfahrt in die Waschanlage eingefahren und hatte dabei einen Schaden von 1.600,00 € versucht. Obwohl sie wusste, mit der Waschanlage kollidiert und möglicherweise einen erheblichen Schaden verursacht zu haben, fuhr die Angeklagte davon, ohne Angaben zu ihrer Person zu machen.
Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Trunkenheit im Verkehr bei Rauschmittelkonsum
Für den Nachweis einer Trunkenheit im Verkehr nach dem Konsum von Rauschmitteln, bei welchen es sich nicht um Alkohol handelt, bedarf es neben dem Nachweis der Rauschmittelkonzentration im Blut des Beschuldigten, noch weiterer aussagekräftiger Beweiszeichen. Diese aussagekräftigen Beweiszeichen müssen im Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des fahrenden Beschuldigten soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen. In seinem Beschluss vom 21. Dezember 2011 (4 StR 477/11) befasste sich der Bundesgerichtshof damit, welche Indizien für Trunkenheit im Verkehr nach dem Konsum von Rauschmitteln sprechen. Der Beschuldigte geriet nach dem Konsum von Kokain mit seinem PKW in einen Verkehrsunfall. Eine nach dem Unfall entnommene Blutprobe ergab eine hohe Konzentration von Rauschmitteln im Blut des Beschuldigten. Bei der Blutentnahme schien der Beschuldigte „leicht beeinflusst“ zu sein. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs genügen diese Angaben noch nicht zum Nachweis der Trunkenheit im Verkehr. Neben der gemessenen Rauschmittelkonzentration reicht lediglich eine phänomengebundene Schilderung des Erscheinungsbilds des Beschuldigten als leicht beeinflusst nicht zum Nachweis der Fahruntüchtigkeit des Beschuldigten
Anwalt für Verkehrsrecht: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr
Für einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, muss der Beschuldigte eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeiführen. Diese abstrakte Gefahrenlage muss sich zu einer konkreten Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen oder einer Sache von bedeutendem Wert verdichtet haben. Es muss ein sogenannter „Beinahe Unfall“ vorgelegen haben. Hierfür muss die Tathandlung, über die dieser innewohnenden Gefährlichkeit hinaus, zu einer kritischen Situation geführt haben, in welcher die Sicherheit einer Person oder Sache derart beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob die Person verletzt oder die Sache beschädigt wird. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 30. Juni 2015 (4 StR 188/15) damit, welche Sachverhaltsangaben das Gericht zum Belegen eines Beinahe-Unfalls ermitteln muss. Der Beschuldigte floh vor einer Polizeistreife. Diese alarmierte eine weitere Streife, welche sich, um den fliehenden Beschuldigten an der Flucht zu hindern, an einer Autobahnauffahrt quer zur Fahrbahn stellte. Hierdurch wurde die Fahrbahn so blockiert, dass ein Durchfahren nicht möglich war. Der Beschuldigte beschleunigte, als er den quer stehenden Streifenwagen erblickte und machte keine Anstalten zu bremsen. Als der Beschuldigte weniger als 50 Meter von der Streife entfernt war setzte diese zurück und ließ ihn mit hoher Geschwindigkeit passieren. Das Landgericht sah hierin einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte dessen jedoch nicht des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr strafbar. Die Angabe, die Streife hätte in weniger als 50 Metern Abstand zurückgesetzt, genügt nicht, um einen Beinahe-Unfall anzunehmen. Vielmehr hätte es noch Angaben zu den Abständen, in welchen der Beschuldigte die Streife mit überhöhter Geschwindigkeit passierte, bedurft. Auch die Angabe des Landgerichts, es bestand die Möglichkeit, dass der Polizeibeamte einen Fahrfehler macht, genügt zur Begründung eines Beinahe-Unfalls nicht. Die Möglichkeit eines Fahrfehlers muss genauer belegt werden, besonders wenn der fahrende Polizeibeamte durch die verfolgende Streife vorgewarnt war.
Anwalt Verkehrsstrafrecht: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr durch Schüsse auf Fahrzeuge
Für die Strafbarkeit wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr muss der Beschuldigte vorsätzlich handeln. Ein entsprechender Vorsatz liegt vor, wenn nach der Vorstellung des Beschuldigten die konkrete Gefahr für die Schutzgüter, beim gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, auch auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte zurückzuführen ist. In seinem Urteil vom 4. Dezember 2014 (4 StR 213/14) befasste sich der Bundesgerichtshof mit den Voraussetzungen an den Vorsatz beim gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr durch Schüsse auf Fahrzeuge. Der Beschuldigte schoss im entsprechenden Sachverhalt in mehreren Fällen auf LKWs und Wohnanhänger. Nach der Vorstellung des Angeklagten kam es hierbei nie zu kritischen Verkehrssituationen. Der Bundesgerichthof sieht hierin keinen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Die entsprechende Vorstellung des Beschuldigten über die Schutzgütergefährdung durch die im Straßenverkehr typischen Fortbewegungskräfte fehlt, wenn der entstandene Schaden alleine auf die auftreffenden Projektile zurückzuführen ist. Der Beschuldigte hätte sich zumindest vorstellen und billigen müssen, durch die Schüsse einen beinahe Unfall zu verursachen.
Anwalt Verkehrsstrafrecht: Vorsatzausschluss bei Trunkenheitsfahrt mit hoher Blutalkoholkonzentration
Für die Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Verkehr muss der Beschuldigte Vorsatz bezüglich der Fahruntüchtigkeit gehabt haben. Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn der Beschuldigte seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit kannte oder zumindest damit rechnete und sich damit abfand. Entscheidend ist, dass der Beschuldigte eine maßgebliche Beeinträchtigung seiner Leistungsfähigkeit zumindest für möglich hält und sich mit ihr abfindet oder billigend in Kauf nimmt, dass er den im Verkehr erwarteten Anforderungen nicht mehr genügt. In seinem Urteil vom 9. April 2015 – 4 StR 401/14 hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob weit über den Grenzwerten zur absoluten Fahruntüchtigkeit liegende Blutalkoholkonzentrationen den Vorsatz ausschließen können. Dem liegt die Trunkenheitsfahrt des Beschuldigten zugrunde, welcher einen PKW im öffentlichen Straßenverkehr bewegte. Im Anschluss an die Fahrt wurde dem Beschuldigten Blut abgenommen. Herbei konnte dem Beschuldigten eine BAK von 1,24 Promille nachgewiesen werden. Hiermit lag die BAK des Beschuldigten über dem Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille. Nach Ansicht des Bundesgerichthofs ist diese Tatsache jedoch nicht geeignet den bedingten Vorsatz des Beschuldigten auszuschließen. Es wird angeführt, dass bei weit über den Grenzwerten zur absoluten Fahruntüchtigkeit liegenden Blutalkoholwerten, die Erkenntnis und Kritikfähigkeit des Beschuldigten eingeschränkt ist und somit Vorsatz ausschließender Glaube an die Fahrtüchtigkeit eintritt. Hiergegen wendet der Bundesgerichtshof ein, bei steigender BAK möglicherweise eintretende Selbstüberschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit mindert nicht die Kenntnis von der konsumierten Alkoholmenge und somit die Kenntnis nach geltenden Regeln nicht mehr fahren zu dürfen. Die bei einer hohen BAK erheblich herabgesetzte Steuerungsfähigkeit ändert regelmäßig nichts an der für den Vorsatz allein maßgeblichen Einsicht, dass Fahren in einem entsprechenden Zustand im öffentlichen Verkehr verboten ist.
Anwalt für Strafrecht: Trunkenheitsfahrt und Fahren ohne Fahrerlaubnis
Strafbar macht man sich, wenn man ohne Fahrerlaubnis oder alkoholbedingt fahruntüchtig (Trunkenheitsfahrt) ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum führt. Zum öffentlichen Verkehrsraum können auch private Flächen zählen. Ein Verkehrsraum ist auch öffentlich, wenn er ohne Rücksicht auf eine Widmung und ungeachtet der Eigentumsverhältnisse entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch tatsächlich so genutzt wird. Der Bundegerichthofs hat in seinem Beschluss vom 30. Januar 2013 – 4 StR 527/12, entschieden, dass ein Verfügungsberechtigter die öffentliche Nutzung durch äußerlich erkennbare Handlungen wieder aufheben kann, so dass eine Fläche danach keinen öffentlichen Verkehrsraum mehr darstellt. Die Zugehörigkeit einer Fläche zum öffentlichen Verkehrsraum endet mit einer eindeutigen, äußerlich manifestierten Handlung des Verfügungsberechtigten, die unmissverständlich erkennbar macht, dass ein öffentlicher Verkehr nicht (mehr) geduldet wird. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes lag zugrunde, dass der Angeklagte alkoholbedingt und ohne im Besitz eines Führerscheins zu sein, ein auf einem zunächst öffentlich zugänglichen privaten Parkplatz mit einem PKW gefahren zu sein. Noch vor dem Starten des PKW hatte der Berechtigte die Zugangsschranken zum Parkplatz geschlossen. Der Bundesgerichtshof entschied, dass durch das Schließen der Schranken der Parkplatz seine Zuordnung zum öffentlichen Verkehrsraum verloren hat. Da der Angeklagte erst nach dem Schließen das Fahrzeug gestartet hat, lag zu diesem Zeitpunkt keine Strafbarkeit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen Alkohol am Steuer (Trunkenheitsfahrt) vor. Durch das Schließen der Schranken war der Parkplatz nach Außen klar ersichtlich dem öffentlichen Verkehr nicht mehr zugänglich. Der Parkplatz war kein Teil des öffentlichen Verkehrsraums mehr. Somit lag für die Fahrt des Beschuldigten auf dem geschlossenen Parkplatz keine Trunkenheitsfahrt oder Fahren ohne Fahrerlaubnis vor.
Anwalt für Strafrecht: Fahrerflucht / Trunkenheitsfahrt / Gefährdung des Straßenverkehrs
Das Kammergericht Berlin hat mit Beschluss vom 30.08.2016 (Aktenzeichen:(3) 161 Ss 146/16 (82/16)) das Verfahren gegen den Angeklagten wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort aufgrund eines Verfahrenshindernisses, dem Verbot der Doppelbestrafung, eingestellt. Dem Beschluss liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Der Angeklagte wurde zunächst durch das Amtsgericht Tiergarten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs, unerlaubten Entfernens vom Unfallort und Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt. Der Angeklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Im Berufungsverfahren wurde das Verfahren in Bezug auf die Gefährdung des Straßenverkehrs und wegen der Trunkenheitsfahrt gem. § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Der Angeklagte wurde allerdings wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Gegen das Urteil des Landgerichts Berlin legte der Angeklagte Revision ein und erhob eine Verfahrensrüge, welche er mit dem Doppelbestrafungsverbot begründete. Das Doppelbestrafungsverbot verbietet es, dass jemand wegen derselben Tat zweimal bestraft wird. Das Kammergericht in Berlin bestätigte die Ausführungen des Angeklagten und führte diesbezüglich aus, dass durch die Erfüllung der Zahlungsauflage ein Strafklageverbrauch in Bezug auf die gesamte prozessuale Tat gem. § 153a Abs. 1 Satz 5 StPO eingetreten ist.
Strafklageverbrauch bedeutet, dass die Verfolgung des Täters wegen derselben Tat ausgeschlossen ist. Problematisch war in diesem Fall der Tatbegriff. Denn im Strafrecht existieren unterschiedliche Tatbegriffe, welche wegen ihrer praktischen Auswirkungen auseinandergehalten werden müssen. Im prozessualen Sinne ist die "Tat" immer ein vollständiger Lebenssachverhalt. Hingegen ist die "Tat" im materiell-rechtlichen Sinne als "Handlung" zu verstehen, welche einen abtrennbaren Teil aus einem Lebenssachverhalt darstellt. Im Fall des Angeklagten hatte der Alkohol- und Drogenkonsum sowohl Einfluss auf das Unfall- als auch auf das nachfolgende Tatgeschehen (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort), sodass eine prozessuale Tat vorliegt. Da die Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO die gesamte prozessuale Tat erfasst, ist zugleich für die begangene Straftat des unerlaubten Entfernens vom Unfallort Strafklageverbrauch eingetreten, welcher ein Verfahrenshindernis darstellt. Somit war eine Verurteilung des Angeklagten wegen derselben "Tat" unmöglich.
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Anwalt für Strafrecht: Unfallflucht
Das Landgericht (LG) Arnsberg hat mit Beschluss vom 25. Oktober 2016 - 2 Qs 71/16 entschieden, dass kein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Unfallflucht) vorliegt, wenn ein Rolltor auf dem hinteren Teil eines Betriebsgeländes, das der An- und Ablieferung von Waren dient, beschädigt wird.
Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, ein solches Rolltor mit seinem Kraftfahrzeug beschädigt und dadurch einen Sachschaden von 2.800 ? verursacht zu haben. Ihm wurde sodann vom Amtsgericht vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen, was er mit der Beschwerde beim LG Arnsberg zu Recht rügte. Denn das LG Arnsberg sah den Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nicht als erfüllt an, da sich der Unfall nicht im öffentlichen Verkehrsraum zugetragen habe. Ein Verkehrsraum ist nach ständiger Rechtsprechung öffentlich, wenn er entweder für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmbare größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist. Dies war hier nach Ansicht des LG Arnsberg nicht der Fall, da der Teil des Betriebsgeländes mit einer Zugangsschranke versehen war und ausschließlich der An- und Ablieferung von Waren dienen sollte. Eine Benutzung für jedermann oder allgemein bestimmbaren größeren Personenkreis lag demnach nicht vor, sodass dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis nicht hätte entzogen werden dürfen.
Anwalt für Strafrecht: Urkundenfälschung und Kennzeichenmissbrauch
In seinem Beschluss vom 19.05.2016 - 2 OLG 4 Ss 158/15 hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz entschieden, dass sich jemand, der ein Kleinkraftfahrzeug mit einem abgelaufenen Versicherungskennzeichen führt, nicht wegen Urkundenfälschung oder Kennzeichenmissbrauch strafbar macht. Der Angeklagte wurde von den Vorinstanzen wegen Urkundenfälschung verurteilt, weil er an seinem Roller ein Versicherungskennzeichen aus dem Jahre 2009 anbrachte und damit 2014 bei einem Unfall erwischt wurde.
Zwar stellt das Versicherungskennzeichen, das an dem Roller angebracht ist, eine zusammengesetzte Urkunde im Sinne des § 267 StGB dar. Strafbares Verhalten liegt nach Ansicht des OLG Koblenz jedoch nur dann vor, wenn das Versicherungskennzeichen an einem anderen Fahrzeug als demjenigen angebracht wird, für das es ausgegeben wurde. Denn durch das Anbringen an einem anderen Fahrzeug wird eine unechte Urkunde hergestellt. Auch wer Manipulationen am Versicherungskennzeichen vornimmt, um darüber zu täuschen, dass ein gültiges Versicherungsverhältnis besteht, begeht eine Urkundenfälschung in Form des Verfälschens einer echten Urkunde nach § 267 Abs. 1 Alt. 2 StGB. Dies kann etwa durch das ändern der Farbe des Versicherungskennzeichens geschehen. Wer allerdings, so wie der Angeklagte, lediglich mit einem abgelaufenen Kennzeichen fährt, begeht keine Urkundenfälschung. Auch eine Strafbarkeit wegen Kennzeichenmissbrauchs nach § 22 StVG scheidet aus, da es sich bei Versicherungskennzeichen nicht um amtliche Kennzeichen im Sinne dieser Vorschrift handelt.
Ganz straflos dürfte das Fahren mit einem abgelaufenen Kennzeichen jedoch nicht sein. Denn zumindest ein Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz kommt in Betracht, wenn man ohne gültige Haftpflichtversicherung unterwegs ist.