Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Gewerbsmäßiger Betrug
Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 29. Oktober 2020 (1 StR 344/20) damit zu befassen, ob ein Beschuldigter einen Betrug auch dann gewerbsmäßig begeht, wenn er Gegenstände verschenkt. Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will. Gewerbsmäßigkeit setzt daher stets eigennütziges Handeln und damit tätereigene Einnahmen voraus. Es ist nicht unbedingt das Erstreben von Geldmitteln erforderlich. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, übertrug mehrere erschlichene Onlinetickets ohne Gegenleistung an andere. Nach Auffassung des BGHs war im Zuge dessen die Gewerbsmäßigkeit nicht belegt. Es ist für die Annahme einer gewerbsmäßigen Begehungsweise erforderlich, dass der Beschuldigte die Nutzungsvorteile erzielt. Handelte der Beschuldigte in den Schenkungsfällen allein fremdnützig, würde dies das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit ausschießen. Hierzu fehlten Feststellungen des Landgerichts.
Anwalt für Strafrecht: Wohnungseinbruchsdiebstahl
Wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls macht sich ein Beschuldigter strafbar, welcher einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat mit einem falschen Schlüssel in eine Wohnung eindringt. Falsch ist ein Schlüssel, wenn er zum Zeitpunkt der Tat vom Berechtigten nicht oder nicht mehr zur Öffnung bestimmt ist. Falsch ist ein Schlüssel nur dann, wenn ihm die Widmung des Berechtigten fehlt, dass er zur Öffnung des Schlosses dienen soll. Im Zuge dessen hatte sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 18. November 2020 (4 StR 35/20) damit zu befassen, ob ein Schlüssel seine Widmung zur Öffnung eines Schlosses dann verliert, wenn er vergessen wird. Der Beschuldigte entnahm aus dem Schlüsselkasten seiner Lebensgefährtin einen Schlüssel für die Wohnung der Eltern des früheren Ehemanns der Lebensgefährtin. Die ehemaligen Schwiegereltern hatten vergessen, dass die ehemalige Schwiegertochter den Schlüssel noch besaß. Mit diesem Schlüssel fuhr der Beschuldigte zur Wohnung der früheren Schwiegereltern. Er öffnete mit dem gefundenen Schlüssel die Haustür und die Wohnungstür. Aus der Wohnung entwendete er Gegenstände und Bargeld. Nach Auffassung des BGHs macht sich der Beschuldigte nicht wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls strafbar. Ein bloßes Vergessen vermag die Annahme der Entwidmung eines Schlüssels zur Öffnung eines Schlosses nicht zu begründen. Ein vergessener Schlüssel kann erst dann die rechtlichen Anforderungen an einen falschen Schlüssel erfüllen, wenn er wieder in das Bewusstsein des Berechtigten rückt und von diesem sodann ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten zumindest subjektiv als endgültig verloren betrachtet und so seiner Bestimmung zur ordnungsgemäßen Öffnung der Haus- bzw. Wohnungstür entzogen wird.
Anwalt für Strafrecht: Sozialleistungsbetrug
Das Bayerische Oberste Landesgericht musste sich in seiner Entscheidung vom 3. Juli 2020 (201 StRR 68/20) damit befassen, ob ein Tatgericht in Fällen des sog. Sozialleistungsbetrugs selbstständig prüfen muss, ob und inwieweit tatsächlich kein Anspruch auf die beantragten Leistungen besteht. Vorliegend hatten die Angeklagten vom Jobcenter Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende bezogen. Dabei waren die für ein aufgenommenes Wohnbaudarlehen monatlich anfallenden Zinszahlungen bei der Bewilligung der beantragten Grundsicherung als Kosten der Unterkunft berücksichtigt worden. Entgegen der ihnen bekannten Verpflichtungen hatten die Angeklagten dem Jobcenter nicht mitgeteilt, dass sie keine Zahlungen mehr leisteten und ihnen das Darlehen von der Bank gekündigt worden war, was zur Folge hatte, dass die Zinszahlungen als Kosten der Unterkunft ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu berücksichtigen waren. Die Angeklagten waren deshalb wegen Betrugs verurteilt worden. Diese Verurteilung könne nach Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts jedoch nicht bestehen. Das Bayerische Oberste Landgericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass bei Darlehen, die bereits weitestgehend getilgt sind, sogar die Anerkennung von (anteiligen) Tilgungsleistungen als Kosten der Unterkunft bis zur Höhe der abstrakt angemessenen Kosten einer Mietwohnung in Betracht kommen, wenn der Hilfsbedürftige andernfalls gezwungen wäre, seine Wohnung aufzugeben. Da die Bank vorliegend das Zwangsversteigerungsverfahren betrieb, hätte das Tatgericht prüfen müssen, ob die Angeklagten aus seiner Sicht trotz Einstellung der Zahlungen für die Kreditverbindlichkeiten gegenüber der Bank einen Anspruch darauf hatten, dass das Jobcenter die an die Bank zu leistenden Zahlungen und damit unter Umständen auch Tilgungsleistungen zumindest darlehensweise übernimmt. Da vorliegend nicht auszuschließen war, dass die Angeklagten einen Anspruch auf die tatsächlich geleisteten Zahlungen hatten, wurde die Verurteilung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Anwalt für Strafrecht: Computerbetrug
Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Urteil vom 20. August 2020 (3 StR 94/20) damit, ob eine Bestellung über ein Internetportal unter unbefugter Verwendung von Konto- oder Kreditkartendaten den Tatbestand des Computerbetrugs verwirklichen kann. Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, bestellte in einem Onlineportal Waren im Gesamtwert von 8.981,79 € in der Absicht, diese nicht selbst zu bezahlen. Er verwendete deshalb bei der Bestellung die zuvor im Darknet erworbenen Kreditkartendaten eines Dritten sowie die Anmeldedaten und das Passwort für das Onlineportal einer weiteren Person, ohne hierzu berechtigt zu sein. Die Waren wurden ausgeliefert. Dem Betreiber des Onlineportals entstand dabei im Wege des „Charge-Back“ ein Schaden in Höhe von 7.844,25 €. Der Tatbestand des Computerbetrugs setzt die Beeinflussung eines Datenverarbeitungsvorganges voraus. Das so manipulierte Ergebnis muss vermögensrelevant sein und unmittelbar zu einer Vermögensminderung führen. Im Zuge dessen führte der BGH aus, dass Bestellvorgänge im Internet unter unbefugter Verwendung von Konto- bzw. Kreditkartendaten grundsätzlich den Tatbestand des Computerbetrugs erfüllen können. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass auf einen vermögensrelevanten Datenverarbeitungsvorgang Einfluss genommen wird, mithin keine natürliche Person, über die Werthaltigkeit der synallagmatischen Forderung getäuscht wird, welche über die Versendung der Ware bzw. der Erbringung der Dienstleistung entscheidet.
Anwalt für Strafrecht: Schwere Brandstiftung
Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 9. November 2020 (4 StR 626/19) damit, ob ein zu Wohnzwecken genutztes Gebäude bei erheblicher Verrußung im Sinne einer schweren Brandstiftung durch die Brandlegung teilweise zerstört ist. Wegen schwerer Brandstiftung macht sich ein Beschuldigter strafbar, welcher ein Gebäude, welches der Wohnung von Menschen dient, durch Brandlegung teilweise zerstört. Teilweisen Zerstören liegt bei einem gemischt genutzten Gebäude vor, wenn ein zum selbstständigen Gebrauch bestimmter, dem Wohnen dienender Teil des Gebäudes nach den allgemeinen an die teilweise Zerstörung zu stellenden Anforderungen durch die Brandlegung zum Wohnen unbrauchbar geworden ist. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, legte einen Brand im gewerblich genutzten Erdgeschoss eines Gebäudes. Der Rauch zog in das Obergeschoss, in dem sich eine vermietete und eine mietfrei überlassene Wohnung befanden. Durch den Rauch wurden die Wände beider Wohnungen stark verrußt. Die Bewohner konnten nicht mehr in ihre Wohnräume zurückkehren. Diese Räume waren wegen der starken Verschmutzungen renovierungsbedürftig. Nach Auffassung des BGHs waren die Wohnungen infolge der Verrußungen teilweise durch die Brandlegung zerstört. Unbrauchbarkeit zu Wohnzwecken ist auch dann gegeben, wenn die Unbrauchbarkeit mittelbar auf die Brandlegung zurückzuführen ist, etwa auf eine erhebliche Verrußung. Der Beschuldigte hatte sich somit wegen schwerer Brandstiftung strafbar gemacht.
Anwalt für Strafrecht: Diebstahl
Eine Strafbarkeit wegen Diebstahls setzte die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache voraus. Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen nicht notwendigerweise tätereigenen Gewahrsams. Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Beschluss vom 29. September 2020 (5 StR 322/20) mit der Frage auseinander, ob eine sogenannte „Diebesfalle“ einer Wegnahme entgegensteht. In dem, dem Beschluss zugrunde liegenden Fall, versah die Polizei einen Kinderwagen nach Art einer sogenannten Diebesfalle mit einem Ortungsgerät, stellte diesen ab und schloss ihn an. Er sollte von den beschuldigten Mitgliedern einer Band weggenommen werden. Die Beschuldigten nahmen den Kinderwagen an sich. Nach Auffassung des BGHs machten sich die Beschuldigte jedoch nicht wegen vollendeten Diebstahls strafbar. Zwar konnte die Polizei mangels punktgenauer Ortung nicht jederzeit auf den Kinderwagen zugreifen, weshalb Gewahrsamsaufhebung durch die Beschuldigten infrage kam. Die Polizei hatte aber in die Gewahrsamsaufhebung eingewilligt, so dass es an dem für einen vollendeten Diebstahl erforderlichen Gewahrsamsbruch letztlich fehlte.
Anwalt für Strafrecht: Urkundenfälschung
In seinem Beschluss vom 19. Mai 2020 (2 StR 398/19) setzte sich der Bundesgerichtshof mit der Fragestellung auseinander, wann ein Kunstwerk eine Urkunde im Sinne einer Urkundenfälschung darstellt. Urkunden sind verkörperte menschliche Gedankenerklärungen, die zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt sind und ihren Aussteller erkennen lassen. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, ließ ein gefälschtes Gemälde als Original zum Zweck des Verkaufs in eine Ausstellung einliefern. Das Landgericht stellte lediglich fest, das Werk werde dem Künstler El Lissitzkiy „zugeschrieben“, ohne Feststellungen dazu zu treffen, ob dieses signiert war. Im Zuge dessen verurteilte das Landgericht den Beschuldigten wegen Urkundenfälschung. Dem stellte sich der BGH entgegen. Fehlt es an einer Signierung eines Werkes, hat dieses nicht die Qualität einer strafrechtlichen Urkunde. Diese erlangt das Kunstwerk erst mit seiner Signierung.
Anwalt für Strafrecht: Raub/Freiheitsberaubung
Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 10. September 2020 (4 StR 14/20) mit der Frage auseinander zu setzten, wann eine Freiheitsberaubung im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter einem Raub zurücktritt. Es wirkt sich zugunsten des Beschuldigten aus, wenn eine verwirklichte Straftat als mitverwirklicht im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter einer anderen Straftat zurücktritt. Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, drang gemeinsam mit einem Dritten in das Haus des Betroffenen ein, um einen Einbruch zu begehen. Als sie den Betroffenen im Wohnzimmer antrafen brachten sie ihn durch einen Schlag auf den Rücken zu Boden. Der Dritte bewachte und fesselte ihn, während dem der Beschuldigte das Haus nach Wertgegenständen durchsuchte. Anschließend ließen sie den gefesselten Betroffenen im Wohnzimmer zurück und verriegelten die Tür zwischen Wohnzimmer und Diele. Im Zuge dessen führte der BGH aus, dass durch das Zurücklassen des Beschuldigten und das Verriegeln der Tür zwischen Diele und Wohnzimmer eine Strafbarkeit wegen Freiheitsberaubung infrage kommt. Eine Freiheitsberaubung tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter einem Raub nur insoweit zurück, als sie das tatbestandsmäßige Mittel zu dessen Begehung ist.
Anwalt für Strafrecht: Urkundenfälschung
Der Bundesgerichtshof setzte in seinem Urteil vom 27. Mai 2020 (5 StR 433/19) damit auseinander, ob eine unechte Urkunde bereits dann im Sinne einer Urkundenfälschung gebraucht wird, wenn lediglich Fotokopien von dieser vorgelegt werden. Wegen Urkundenfälschung macht sich ein Beschuldigter strafbar, welcher zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht. Ein entsprechendes Gebrauchen ist dann gegeben, wenn die Urkunden den zu täuschenden Betroffenen derart zugänglich gemacht werden, dass diese die Möglichkeit der Kenntnisnahme haben. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, ließ durch einen Komplizen die Kontoauszüge und Gehaltsabrechnungen Dritter verfälschen, um mittels dieser Kredite für die Dritten bewilligt zu bekommen. Die Kontoauszüge und Gehaltsabrechnungen wurden mittels eines Computers verfälscht und anschließend den betroffenen Kreditinstituten vorgelegt. Es ließ sich jedoch nicht ermitteln, ob die gefälschten Unterlagen als Original oder als Kopien vorgelegt wurden. Nach Auffassung des BGHs war dies jedoch ohne Bedeutung. Die die mittels eines Computers verfälschten der Gehaltsrechnungen und Kontoauszüge waren unechte Urkunden. Für das Gebrauchen unechter Urkunden ist es indes ohne Belang, ob der Beschuldigte dem zuständigen Mitarbeiter des betreffenden Kreditinstituts die Urkunden selbst oder von ihnen gefertigte Kopien derselben vorgelegt hat.
Anwalt für Strafrecht: Erpresserischer Menschenraub
Wegen erpresserischem Menschenraub macht sich gemäß § 239a Abs. 1 StGB strafbar, wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt. Die Strafe kann dabei gemildert werden, wenn der Täter tätige Reue zeigt, § 239a Abs. 4 StGB. In seinem Beschluss vom 24. März 2020 (6 StR 18/20) musste sich der Bundesgerichtshof mit dem Begriff der tätigen Reue näher auseinandersetzen. In dem Fall hatten die zwei Angeklagten einen Geschädigten unter einem Vorwand auf die Rückbank eines Autos gelockt. Dann forderten beide den Geschädigten unter der Drohung, ihn anderenfalls umzubringen, dazu auf, noch ausstehende Drogenschulden zu begleichen. Hierfür nahmen sie ihm sein Handy weg, schlugen ihm mehrfach ins Gesicht und drohten ihm zusätzliche Verletzungen mittels eines erhitzen Radkreuzes an. Der Geschädigte schlug daher vor, zu seinen Eltern zu fahren und diese um Geld zu bitten. Nachdem die Angeklagten von den Eltern vergeblich die Zahlung von 2.000 € forderten, verließen sie die Wohnung ohne den Geschädigten und nahmen von der erhobenen Forderung Abstand. Dem Bundesgerichtshof zufolge, liegen die Voraussetzungen der tätigen Reue gemäß § 239a Abs. 4 StGB hier vor. Tätige Reue liege vor, wenn der Täter das Opfer in seinen Lebensbereich zurückgelangen lässt und zudem auf die erstrebte Leistung verzichtet, wobei er hierfür von der erhobenen Forderung vollständig Abstand nehmen muss. Dies haben die Angeklagten vorliegend getan. Da die Freiwilligkeit für die tätige Reue keine Voraussetzung sei, stehe der Annahme tätiger Reue vorliegend auch nicht entgegen, dass die Angeklagten lediglich in Anbetracht der Erkenntnis fehlender Erfolgsaussicht von dem Geschädigten abgelassen hatten.