Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr

Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b StGB liegt nur dann vor, wenn das Kraftfahrzeug in verkehrsfeindlicher Einstellung bewusst zweckwidrig eingesetzt wird.

Ob sich der Angeklagte bei seiner Fluchtfahrt vor der Polizei des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nach § 315b StGB strafbar gemacht hat, musste der Bundesgerichtshof (4 StR 70/23) in einem Beschluss vom 6. Juni 2023 klären. Der Angeklagte fuhr vor der Polizei davon, begegnete aber auf einem Waldweg einem Polizeiauto, welches ihm entgegenfuhr. Der Polizeibeamte befürchtete eine Kollision zwischen den Fahrzeugen und flüchtete aus dem Auto. Da das Auto immer näher kam entschied er sich dafür, sich über das Einsatzfahrzeug in Sicherheit zu bringen. In diesem Moment kollidierte das Fahrzeug des Angeklagten mit der geöffneten Tür, wodurch der Oberschenkel des Polizeibeamten eingeklemmt wurde. Die Feststellungen reichen für eine Verurteilung des Angeklagten wegen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht aus. Demnach kann den Urteilgründen nicht entnommen werden, dass der Angeklagte das Fahrzeug in verkehrsfeindlicher Einstellung bewusst zweckwidrig eingesetzt hat. Schon dass er die offene Tür angefahren hat, zeigt, dass er das Einsatzfahrzeug umfahren wollte und somit ein kollisionsfreies Passieren des Autos für möglich hielt und erzielen wollte.

Anwalt für Strafrecht: Mord

Ein heimtückisches Vorgehen kann auch in der Vorbereitung der Tat liegen.

In seinem Beschluss vom 24. Mai 2023 musste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 320/22) erneut mit der Heimtücke, einem der Mordmerkmale, beschäftigen. Der Angeklagte im vorliegenden Fall führte eine außereheliche Beziehung zur später Getöteten. Als diese die Beziehung mit ihm beenden wollte, holte er eine Schusswaffe aus dem Keller seiner Ehefrau und fuhr mit der Geschädigten an einen abgelegenen Ort. Dort schoss er ihr zwei Mal in den Kopf, wodurch sie an Ort und Stelle noch verstarb. Das Landgericht Köln stellte im hiesigen Fall eine Strafbarkeit wegen Totschlags fest. Der Bundesgerichtshof wies in seinem Beschluss aber darauf hin, dass die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Heimtücke abgelehnt hat, rechtsfehlerhaft sind. Dabei führt er aus, dass ein heimtückisches Vorgehen auch in der Vorbereitung liegen kann und der Täter die Tat hier vorher geplant hat. Außerdem hätte sich das Landgericht damit auseinandersetzen müssen, ob die Geschädigte bei einer Bedrohung vor der Tötung überhaupt eine Möglichkeit zur Flucht oder Verteidigung hatte.

Anwalt für Strafrecht: Entziehung der Fahrerlaubnis

Das Fahren von E-Scootern im alkoholischen Zustand kann zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen.

E-Scooter gehören mittlerweile zum Stadtbild. Die Rechtslage bezüglich der Roller ist jedoch oftmals noch unklar. Ob durch das Fahren von E-Scootern im alkoholischen Zustand die Fahrerlaubnis entzogen werden darf, hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (1 Ss 276/22) in seinem Urteil vom 8. Mai 2023 entschieden. Der Angeklagte wurde zuvor vom Amtsgericht Frankfurt am Main wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr verurteilt, da er betrunken auf einem E-Scooter fuhr. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB lehnte es jedoch ab, wogegen sich die Amtsanwaltschaft in ihrer Revision wendete. Das Oberlandesgericht stellte daraufhin fest, dass eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB auch dann in der Regel erforderlich ist, wenn der Fahrer betrunken einen E-Scooter bedient hat und sich dabei der Trunkenheit im Verkehr strafbar gemacht hat. Zwar gibt es dafür Ausnahmen, jedoch ist es nach Auffassung des Oberlandesgerichtes keine solche Ausnahme, dass es sich lediglich um einen E-Scooter handelte, da Elektrokleinstfahrzeuge als Kraftfahrzeuge gelten. Weiterhin führt das Gericht aus, dass auch die Benutzung eines E-Scooters im betrunkenen Zustand andere Menschen gefährdet und sich somit nicht erschließt, wie dadurch die Regelvermutung des § 69 StGB widerlegt werden könnte.

Anwalt für Strafrecht: Schwere Brandstiftung

Eine Gefängniszelle ist der Lebensmittelpunkt des Inhaftierten und ist daher ein Wohnraum im Sinne des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB.

In seinem Urteil vom 13. Juni 2022 hat sich das Landgericht Ravensburg (5 Ns 53 Js 2250/21) mit der Brandstiftung beschäftigt. Dem vorliegenden Sachverhalt nach zündete der Angeklagte seine Einzelzelle an, nachdem er über Maßnahmen der JVA verärgert war. Die Matratze entzündete sich jedoch nicht, da diese aus unbrennbaren Material bestand. Auch die Wände und der Boden gerieten nicht in Brand. Das entstandene Feuer konnte von den Mitarbeitern der JVA schnell gelöscht werden. Trotzdem konnte die Zelle anschließend für 1-2 Monate nicht genutzt werden. Der Angeklagte wurde anschließend unter anderem wegen versuchter schwerer Brandstiftung verurteilt und auch das Landgericht Ravensburg bestätigte dieses Urteil nach der Revision des Angeklagten. Insbesondere führte das Landgericht in seinem Urteil aus, dass es sich bei der Haftzelle um einen Wohnraum im Sinne des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB handelt, da sie den Lebensmittelpunkt des Inhaftierten darstellt und der Raum der privaten Lebensführung dient. Der Raum wurde durch die Brandsetzung des Angeklagten zwar nicht mindestens teilweise zerstört, jedoch hatte der Angeklagte zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar angesetzt, sodass vorliegend ein Versuch der schweren Brandstiftung vorliegt.

Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung

Direkter Vorsatz kann als strafschärfend berücksichtigt werden.

Ob Absicht als straferhöhend gewertet werden kann, hat der Bundesgerichtshof (3 StR 73/23) in seinem Beschluss vom 4. April 2023 entschieden. Nach einer Prügelei wurde dem Angeklagten  vom Landgericht Duisburg strafschärfend zur Last gelegt, dass er mit Absicht handelte. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Annahme, dass der dolus directus 1. Grades in der Strafzumessung  (§ 46 StGB) strafschärfend bewertet werden kann, da die kriminelle Intensität des Täterwillens bei der Absicht grundsätzlich am stärksten ausgeprägt ist.

Anwalt für Strafrecht: Betäubungsmittelgesetz

Es steht einer Verurteilung nach dem Betäubungsmittelgesetz nicht entgegen, dass die entsprechenden Drogen ohne Wissen der Beteiligten bereits sichergestellt wurden. Die Bemühungen zur Erlangung der Betäubungsmittel begründen trotzdem eine Strafbarkeit.

Macht sich jemand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar, obwohl die entsprechenden Drogen bereits sichergestellt wurden und die Bemühungen damit ins Leere führen? Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof (5 StR 390/22) in seinem Beschluss vom 4. Januar 2023 auseinandergesetzt. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt versteckten unbekannte Hinterleute 412 Kilogramm Kokain auf Containern, um sie über den Seeweg nach Deutschland zu bringen. Die Drogen wurden jedoch bei ihrer Ankunft sichergestellt, ohne dass die Verantwortlichen davon erfuhren. Der Angeklagte wurde von den Hinterleuten nun dazu beauftragt, den Standort der Container herauszufinden, damit das Kokain in den Verkehr gebracht werden kann. Der Bundesgerichtshof widerspricht daraufhin der Revision des Angeklagten und stellt fest, dass die Sicherstellung der Drogen einer Förderung und Bemühung der Erlangung von den Betäubungsmitteln nicht entgegensteht. Beim Handeltreiben im Sinne des § 29 BtMG komme es demnach nicht auf den Erfolg durch den erzielten Umsatz an, vielmehr sei entscheidend, dass sich der Angeklagte hier weiterhin darum bemühte, das Kokain aufzufinden

Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung

Wenn ein Zahnarzt ohne ausreichend medizinischen Grund Zähne von Patienten entnimmt, begeht er eine gefährliche Körperverletzung mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs.

Wann ein Arzt eine gefährliche Körperverletzung am Patienten begeht, hat das Oberlandesgericht  Karlsruhe (1 Ws 47/22) in seinem Beschluss vom 16. März 2022 beantwortet. Dem Angeklagten im vorliegenden Fall wurde zur Last gelegt, Patienten in 33 Fällen Zähne entnommen zu haben, obwohl es andere hinreichend aussichtsreiche Behandlungsalternativen gab. Das Landgericht eröffnete die Hauptverhandlung lediglich wegen der einfachen Körperverletzung nach § 223 StGB. Das Oberlandesgericht stellt jedoch fest, dass auch eine gefährliche Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB vorliegt. Im Beschluss führt der Senat aus, dass es nicht darauf ankommt, ob es wie eine Waffe zu Angriffs- oder Verteidigungszwecken eingesetzt wird. Stattdessen ist entscheidend, ob der Gegenstand aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und der Verwendung im konkreten Fall dazu geeignet ist, dem Opfer erhebliche Verletzungen beizubringen. Nach einer zahnärztlichen Behandlung kommt es nach der Narkose regelmäßig zu erheblichen Schmerzen, Problemen bei der Nahrungsaufnahme und der Gefahr von Entzündungen, sodass die ärztlichen Instrumente vorliegend ein gefährliches Werkzeug darstellen.

Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung

Für die gefährliche Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB muss der Täter die Umstände erkennen, aus denen sich die allgemeine Gefährlichkeit des Tuns in der konkreten Situation für das Leben des Opfers ergibt.

Die Voraussetzungen der gefährlichen Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB standen am 15. Februar 2023 im Mittelpunkt des Beschlusses vom Bundesgerichtshof (4 StR 300/22). Der Angeklagte wurde zuvor vom Landgericht Landau wegen gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung und wegen Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung verurteilt. In mehreren Punkten zeigten sich Rechtsfehler auf. So auch bezüglich der gefährlichen Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung. Rechtsfehlerfrei wurde festgestellt, dass der Angeklagte den Geschädigten teilweise mittels eines Stuhls und eines Tisches schlug und die Schläge dazu geeignet waren, dessen Leben zu gefährden. Der Bundesgerichtshof führt in seinem Beschluss anschließend aus, dass es neben dem bedingten Verletzungsvorsatz erforderlich ist, dass der Täter die Umstände erkennt, aus denen sich die allgemeine Gefährlichkeit des Tuns in der konkreten Situation für das Leben des Opfers ergibt. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ergibt sich demnach vorliegend nicht, zumal auch der bedingte Tötungsvorsatz abgelehnt wurde, da nicht zu erkennen war, dass der Angeklagte die besondere Gefährlichkeit seiner Handlung im vollem Umfang erkannte.

Anwalt für Strafrecht: Raub

Für einen Raub muss zwischen des Einsatzes von Gewalt und der Wegnahme eine finale Verknüpfung bestehen.

Ob im vorliegenden Fall ein Raub vorlag, hat der Bundesgerichtshof (4 StR 351/22) in seinem Beschluss vom 9. November 2022 entschieden. Der Angeklagte begab sich mit einer Mitangeklagten zu deren Mutter. Dort verlangten die beiden in einem Streit ein Sparbuch heraus, in dessen Verlauf die Mitangeklagte ihre Mutter mehrere Male schlug und der Angeklagte ihr mit einer täuschend echt aussehenden Pistole drohte und mit dieser auf sie einschlug. Die Geschädigte verneinte weiterhin die Existenz des Sparbuchs, woraufhin sich der Angeklagte dazu entschied, sämtliche andere Gegenstände sowie Geld zu entwenden. Das Landgericht Dortmund verurteilte den Angeklagten dafür wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Das Bundesgerichtshof stellt jedoch fest, dass die Feststellungen eine Verurteilung wegen besonders schweren Raubes nicht tragen, da eine finale Verknüpfung zwischen dem eingesetzten Nötigungsmitteln und der Wegnahme nicht vorliegt. Demnach entschloss sich der Angeklagte erst dazu die anderen Gegenstände zu stehlen, nachdem er bereits aufgehört hatte, auf die Geschädigte mit der Pistole einzuschlagen. Auch eine konkludente Drohung konnte vorliegend nicht festgestellt werden, sodass die Revision des Angeklagten Erfolg hatte.

Anwalt für Strafrecht: Schwerer Raub

Wer einen Raub mit einer Luftpumpe begeht und anderen Personen mit dieser droht, kann sich des schweren Raubes schuldig machen.

Ob die Begehung eines Raubes mittels einer Luftpumpe einen Raub zu einem schweren Raub nach § 250 StGB macht, beantwortete der Bundesgerichtshof (4 StR 61/23) in seinem Beschluss vom 28. März 2023. Nach dem vorliegenden Sachverhalt wollte der Angeklagte der Geschädigten ihre Handtasche wegnehmen, um an das sich darin befindliche Bargeld zu kommen. Um seinen Plan zu verwirklichen, hielt er ihr eine Luftpumpe wie ein Gewähr vor, damit sie es für eine Schusswaffe hält. Sein Vorhaben hatte schließlich Erfolg. Das Landgericht Essen verurteilte ihn dafür wegen schweren Raubes und auch der Bundesgerichtshof hält diesen hier für gegeben. Der Angeklagte hat durch das Vorhalten der Luftpumpe den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB verwirklicht, unter welchen auch Scheinwaffen fallen. Da die Luftpumpe nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht offensichtlich ungefährlich ist, kann ein schwerer Raub ohne rechtliche Bedenken angenommen werden.