Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung

Flashbacks des Betroffenen einer strafbaren Handlung sind nicht selbstredend Gesundheitsbeschädigungen im Sinne einer Körperverletzung.

Eine psychische Beeinträchtigung kann einen krankhaften Zustand hervorrufen, welcher für eine Gesundheitsbeschädigung im Sinne der Körperverletzungstatbestände erforderlich ist. Jedoch müssen die psychischen Folgen den Körper im weitesten Sinne in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand versetzen. Dem Bundesgerichthof stellte sich in seinem Beschluss vom 12. März 2019 (4 StR 63/19) die Frage, ob das Verursachen von „Flashbacks“ eine psychische Beeinträchtigung im Sinne einer Körperverletzung darstellt. Der Beschuldigte attackierte die Betroffene mit einem Dolch. Einer Verletzung konnte die Betroffene nur entgehen, indem sie sich nach hinten bewegte, bis ihr Ehemann zur Hilfe kam. Anschließend hatte die Betroffene immer wieder Flashbacks in Bezug auf den Angriff. Nach Auffassung des Landgerichts belegten die Flashbacks eine „krankhafte Traumatisierung“ der Betroffenen im Sinne einer Körperverletzung. Dem schloss sich der Bundesgerichthof nicht an. Nach Auffassung des BGHs hatte das Landgericht nicht hinreichend dargetan, dass die Flashbacks der Betroffenen deren Körper in einen pathologisch, somatisch objektivierbaren Zustand versetzen.

Anwalt für Strafrecht: Bildung krimineller Vereinigungen

Der Zusammenschluss mehrerer Personen zum Zwecke der Begehung von Sachbeschädigungen durch Sprüh-, Plakat- und Aufkleberaktionen, stellt keine Bildung einer kriminellen Vereinigung dar.  

In seinem Beschluss vom 31. Mai 2016 (86/16) befasste sich der Bundesgerichthof nun mit der Frage, ob die Vereinbarung der gemeinsamen Begehung von Sachbeschädigungen zur Bildung einer kriminellen Vereinigung genügt. Nicht bereits die Ausrichtung einer Vereinigung auf die Begehung jeglicher Straftaten begründet deren Einstufung als kriminell. Eine Strafbarkeit wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung liegt nur dann vor, wenn die begangenen und/oder geplanten Straftaten der Mitglieder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten. Die Beschuldigten in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, schlossen sich zusammen, um gemeinsam Sachbeschädigungen zu begehen. Diese erfolgten durch Sprüh-, Plakat- und Aufkleberaktionen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machten sich die Beschuldigten nicht wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung strafbar. Die durch die Beschuldigten begangen Sachbeschädigungen stellten nur geringe Substanzverletzungen dar und reichen nicht aus, um den Zusammenschluss der Beschuldigten als kriminelle Vereinigung zu bewerten.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes

Das Einführen eines Fingers in den Mund eines Kindes ist nicht geeignet, den sexuellen Missbrauch eines Kindes als schweren sexuellen Missbrauch zu qualifizieren.

Wegen schweren sexuellen Missbrauchs macht sich strafbar, wer über achtzehn Jahre alt ist und mit einem Kind den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Eindringen in den Körper umschreibt besonders nachhaltige Begehungsweisen der Tat. Es ist nicht auf Vaginal-, Anal- oder Oralverkehr beschränkt. Die Handlung muss jedoch dem Beischlaf ähnlich sein. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 14. November 2018 (2 StR 419/18) damit auseinander zu setzten, ob das Einführen eines Fingers in den Mund eines Kindes dem Beischlaf ähnlich ist. Der Beschuldigte verband der betroffenen Minderjährigen die Augen um sie im Rahmen eines „Probier-Spiels“ verschiedene Lebensmittel probieren zu lassen. Der Beschuldigte strich sich Marmelade auf ein Körperteil und steckte es der Betroffenen in den Mund. Das Gericht nahm zu Gunsten des Beschuldigten an, bei dem Körperteil handele es sich um einen Finger. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist das Einführen eines Fingers in den Mund eines Kindes nicht dem Beischlaf ähnlich. Eine solche Handlung besitzt kein mit dem Beischlaf vergleichbares Belastungsgewicht für das geschützte Rechtsgut und es ist kein primäres Geschlechtsorgan an den Handlungen beteiligt.

Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung im Amt

Bei einem Schuh handelt es sich um ein gefährliches Werkzeug im Sinne einer schweren Körperverletzung, wenn dem Betroffenen mit dem Schuh zumindest heftig in eine besonders empfindliche Körperstelle getreten wird. Hierfür genügen mehrfache und heftige Tritte in die Bauchgegend.

Der Beschuldigte Polizeikommissar trat den stark alkoholisierten Betroffenen mehrfach heftig in die Bauchgegend. Der Betroffene wurde von einer Polizistin zur Durchsetzung eines Platzverweises festgehalten. Im Anschluss hieran hatte sich der Bundesgerichthof in seinem Urteil vom 24. September 2009 (4 StR 347/09) damit auseinanderzusetzen, unter welchen Umständen bei einer Körperverletzung durch Tritte ein Schuh ein gefährliches Werkzeug darstellt. „Gefährlich“ im Sinne einer gefährlichen Körperverletzung ist ein Werkzeug, wenn es nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im konkreten Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen. Die potentielle Gefährlichkeit des Gegenstandes im Einzelfall reicht aus. Nach Auffassung des BGHs machte sich der Beschuldigte wegen schwerer Körperverletzung im Amt strafbar. Ob ein Schuh ein gefährliches Werkzeug ist, ist den Umständen des Einzelfalls zu entnehmen. Erforderlich ist regelmäßig, dass es sich entweder um einen festen und schweren Schuh handelt oder dass mit einem regulären Schuh mit Wucht oder zumindest heftig dem Betroffenen in das Gesicht oder eine andere besonders empfindliche Körperstelle getreten wird. Hierfür genügten die mehrfachen und heftigen Bauchtritte in die Bauchgegend des Betroffenen.

Anwalt für Strafrecht: Störung der Totenruhe.

Das Zerstückeln einer Leiche zur Verschleierung einer Vortat ist keine Störung der Totenruhe. In seinem Beschluss vom 30. August 2018 (5 StR 411/18) hatte sich der Bundesgerichthof mit der Frage zu befassen, inwiefern das Zerteilen einer Leiche zur Tatverdeckung eine Störung der Totenruhe darstellen kann.

Wegen Störung der Totenruhe durch die Verübung beschimpfenden Unfugs an einer Leiche macht sich strafbar, wer hierdurch grob ungehörige, rohe Kundgabe von Missachtung ausdrücken will. Weiterhin muss der Beschuldigte dem betroffenen Toten seine Verachtung zeigen wollen und dem Beschuldigten muss der beschimpfende Charakter seiner Handlung bewusst sein. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichthofs zugrunde liegenden Sachverhalt, zerstückelte die Leiche der Betroffenen um deren Tötung zu verdecken und den Körper der Betroffenen besser aus der Wohnung bringen zu können. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte nicht wegen Störung der Totenruhe strafbar. Zwar kann das Zerteilen einer Leiche eine grob ungehörige, rohe Kundgabe von Missachtung im Sinne der Störung der Totenruhe sein, jedoch hat die Handlung des Beschuldigten keinen beschimpfenden Charakter, wenn er mit dem Zerstückeln eine Vortat verschleiern will.

Anwalt für Strafrecht: Urkundenfälschung

Brief- und Postpaketmarken der Deutschen Post AG sind Urkunden im Sinne einer Urkundenfälschung.

Eine Urkunde, im Sinne einer Urkundenfälschung, ist eine durch Augenschein wahrnehmbare und für eine gewisse Dauer verkörperte Erklärung, die ihren Aussteller als Garanten erkennen lässt und zum Beweis im Rechtverkehr geeignet und bestimmt ist. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 30. Januar 2019 (4 StR 385/18) mit der Frage auseinanderzusetzten, ob es sich bei Briefmarken um Urkunden handelt. Der Beschuldigte versandte gefälschte Frankaturware und half einem Dritten dabei, diese zu versenden. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte im Rahmen dessen wegen Urkundenfälschung strafbar. Brief- und Postpaketmarken der Deutschen Post AG sind Urkunden im Sinne einer Urkundenfälschung. Sie verkörpern als Inhaberpapiere einen Anspruch auf Beförderung der Postsendung um Umfang des aufgedruckten Werts und perpetuieren insoweit zu Beweiszwecken einen entsprechende Gedankenerklärung des Ausstellers.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Besitz kinderpornographischer Schriften

Bei vollständig gelöschten kinderpornographischen Dateien gem. § 184b StGB entfällt der Besitz an diesen. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Beschuldigte in der Lage ist, die gelöschten Dateien wiederherzustellen.

In seinem Urteil vom 28. März 2018 (2 StR 311/17) befasste sich der Bundesgerichtshof damit, ob ein Beschuldigter noch Besitz an gelöschten kinderpornographischen Dateien gem. § 184b StGB hat, wenn er in der Lage ist, diese wiederherzustellen. Besitz im Sinne des Besitzes kinderpornographischer Schriften ist das Aufrechterhalten des tatsächlichen Herrschaftsverhältnis aufgrund Besitzwillens. Dementsprechend entfällt der Besitz bei vollständig gelöschten Dateien. Dem Beschuldigten wurde durch das Landgericht der Besitz von 115 kinderpornographischen Bildern und einer kinderpornographischen Videodatei zur Last gelegt. Eine nicht näher bestimmbare Anzahl dieser Dateien hatte der Beschuldigte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt gelöscht. Der Beschuldigte war in der Lage, die gelöschten Dateien wiederherzustellen. Im Zuge dessen nahm das Landgericht den Besitz kinderpornographischer Schriften in allen 116 Fällen an. Dem schloss sich der Bundesgerichthof nicht an. Alleine die Feststellung, dass der Beschuldigte über die Kenntnis und Fähigkeit verfügt, die gelöschten Dateien wieder herzustellen, genügt nicht, um den Schuldumfang zu erhöhen. Ein Fortbestehen von Dateien an Speicherorten, die dem durchschnittlichen Computerbesitzer nicht mehr ohne weiteres zugänglich sind, begründen keinen Besitz.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexueller Missbrauch von Kindern

Die Vergewaltigung der Mutter des betroffenen Minderjährigen vor diesem ist noch kein sexueller Missbrauch eines Kindes.

Um sich wegen sexuellem Missbrauch eines Kindes strafbar zu machen, reicht es nicht aus, dass das Kind die sexuelle Handlung wahrnimmt und der Beschuldigte dies erkennt. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Beschuldigte das Kind in einer Weise in das sexuelle Geschehen einbezieht und dass für ihn gerade die Wahrnehmung der sexuellen Handlung durch das Kind von Bedeutung ist. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2018 (3 StR 427/18) mit der Fragestellung zu befassen, inwiefern die Vergewaltigung der Mutter in Anwesenheit des Kindes ein sexueller Missbrauch des Kindes darstellt. Der Beschuldigte drang in das Haus seiner ehemaligen Ehefrau ein, um diese mit Gewalt zu Geschlechtsverkehr zu zwingen. Als der 11-jährige betroffene Sohn der Ehefrau darauf aufmerksam wurde und die Polizei informieren wollte, zwang der Beschuldigte die beide in den Keller zu gehen. Hier zwang er die Betroffene zum Geschlechtsverkehr mit ihm und hielt gleichzeitig den Betroffenen davon ab, den Raum zu verlassen. Der Beschuldigte wollte verhindern, dass der Betroffene die Polizei verständigt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte nicht wegen sexuellem Missbrauch des Betroffenen strafbar. Für den Beschuldigten war nicht die Wahrnehmung der sexuellen Handlungen durch den Betroffenen von Bedeutung.

Anwalt für Strafrecht: Strafvereitelung

Macht ein Beschuldigter Strafverteidiger falsche Angaben zu seinem Besitz an zu beschlagnahmenden Geschäftsunterlagen, so kann er sich wegen Strafvereitelung strafbar machen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Beschlagnahme unter Aussetzung der Hauptverhandlung erfolgt und es dem Beschuldigten bewusst ist, dass durch sein Verhalten das Strafverfahren erheblich verzögert wird.

In seinem Beschluss vom 8. August 2018 (2 ARs 121/18) befasste sich der Bundesgerichthof damit, ob sich ein Strafverteidiger wegen Strafvereitelung strafbar macht, indem er die Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen, für die kein Beschlagnahmeverbot besteht, durch falsche Angaben zu seinem Besitz an diesen verhindert. Strafvereitelung begeht, wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, dass ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft oder einer Maßnahme unterworfen wird. Zur Vollendung einer Strafvereitelung genügt es, wenn die Ahndung des begünstigten Beschuldigten wegen der Handlung des Beschuldigten der Strafvereitelung für geraume Zeit unterbleibt. Strafvereitelung kann durch einen Strafverteidiger begangen werden, indem dieser den staatlichen Beschlagnahmezugriff auf Beweisgegenstände vereitelt. Der Beschuldigte war Verteidiger eines wegen Steuerhinterziehung Angeklagten. In der Hauptverhandlung beantragte das Gericht die Beschlagnahme von Buchführungsunterlagen der Firma des Angeklagten, bei dem Beschuldigten und bei dem Angeklagten selbst. Dies erfolgte unter Aussetzung der Hauptverhandlung. Nach einer ersten Beschlagnahme gab der Beschuldigte unzutreffend an, nicht mehr im Besitz von Buchführungsunterlagen zu sein. Diese Angabe war unzutreffend. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs bestand ein dringender Verdacht der Strafvereitelung durch den Beschuldigten. Ein wahrheitswidriges Bestreiten des Besitzes gesuchter Beweisurkunden zur Vereitelung eines bevorstehenden Beschlagnahmezugriffs geht über die Grenzen zulässiger Strafverteidigung hinaus. Ein solches Verhalten stellt eine Strafvereitelung dar, wenn der Beschuldigte vorsätzlich handelt und das Strafverfahren hierdurch erheblich verzögert wird. Angesichts der Aussetzung der Hauptverhandlung war es für den Beschuldigten ersichtlich, dass sich das Strafverfahren für geraume Zeit verzögern würde.

Anwalt für Strafrecht: Anstiftung zur Falschaussage Prozessbetrug

Will ein Beschuldigter mittels eines falsch aussagenden Zeugen ein Gericht dazu bewegen, zu seinen Gunsten eine Verfügung vorzunehmen, so besteht Tateinheit zwischen der Anstiftung zur Falschaussage und dem versuchten Prozessbetrug.

Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichthofs vom 12. Juli 2018 zugrunde liegenden Sachverhalt, erwarb einen Dritten, welcher anschließend zugunsten des Beschuldigten vor dem Landgericht aussagte. Ziel des Beschuldigten war es, ein für ihn günstiges Urteil in einem Versicherungsfall zu erwirken. Die Versicherungsleistung ließ der Beschuldigte geltend machen, nachdem er den Diebstahl der Bestuhlung aus seinem PKW vorgetäuscht hatte. Zwischen zwei oder mehreren Straftatbeständen wird Tateinheit angenommen, wenn der Beschuldigte durch ein und dieselbe Handlung alle Straftatbestände verletzt hat. Wird zwischen mehreren Straftatbeständen Tatmehrheit angenommen, so wirkt sich dies zu Ungunsten des Beschuldigten aus. Dem BGH stellte sich nun die Frage, unter welchen Umständen zwischen einer Anstiftung zur Falschaussage und Prozessbetrug Tateinheit vorliegt. Das Landgericht nahm an, dass die Anstiftung des Zeugen zur Falschaussage zu dem versuchten gemeinschaftlichen Prozessbetrug zum Nachteil der Versicherung in Tatmehrheit steht. Dem schloss sich der Bundesgerichtshof nicht an. Nach Auffassung des Bundesgerichthof lag zwischen beiden Delikten Tateinheit vor. Es war Teil des Plans des Beschuldigten das Gericht durch die Falschaussage zur Verfügung über das Vermögen der Versicherungsgesellschaft zu veranlassen. In der Beweisführung mit der Falschaussage selbst liegt die Handlungseinheit begründende Überschneidung der Tathandlungen.