Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Kapitalstraftaten

Mord wegen Verdeckungsabsichts kann auch vorliegen, wenn man glaubt, durch die Tötung eine günstigere Beweisposition aufrechterhalten zu können

Die vorsätzliche Tötung eines anderen Menschen stellt zunächst einen Totschlag dar. Wenn besondere Merkmals hinzutreten, wird aus dem Totschlag Mord. Mord wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. Nach § 211 StGB ist z. B. Mörder, wer, um eine Straftat zu verdecken, einen Menschen tötet. In seiner Entscheidung vom 17.05.2011 - 1 StR 50/11 - stellt der BGH klar, dass es nicht nur darum geht, die Aufdeckung einer Straftat zu verhindern. Vielmehr genügt es, wenn durch die Tötung Spuren verdeckt werden sollen. Für die Vereckungsabsicht bei Mord ist ausreichend, dass der Täter glaubt, mit der Tötung eine günstigere Beweisposition aufrecht erhalten zu können. Solange der Täter davon ausgeht, dass die Tat noch nicht voll erkannt bzw. überführungsfähig ist, kommt Verdeckungsabsicht in Betracht.

Anwalt für Strafrecht: Drogen

Keine vollendete Einfuhr von Btm auf dem Postweg, wenn Btm bei Zollkontrolle im Ausland entdeckt und überwacht nach Deutschland transportiert werden

In seiner Entscheidung vom 15.02.11 - 1 StR 676/10 - hat der BGH entschieden, dass eine vollendete Einfuhr von Betäubungsmitteln in die Bundesrepublik Deutschland nicht vorliegt, wenn die Drogen bereits durch einen ausländischen Zoll entdeckt und aufgrund einer Absprache der auslänsichen und deutschen Zollbehörden im Wege eines überwachten Weitertransports nach Deutschland verbracht werden.

Häufig kommt es vor, dass Drogen per Post nach Deutschland eingeführt werden sollen. Diese Übersendung stellt regelmäßig in dem Moment, in welchem die Drogen die Grenze passieren, eine vollendete Einfuhr von Drogen dar.

Sobald aber die Drogen nach Entdeckung durch einen ausländischen Zoll nach Absprache mit den deutschen Behörden nach Deutschland eingeführt werden, liegt eine wesentliche, den Vorsatz ausschließende Abweichung des vorgestellten Kausalverlaufs vor.

"''Der Weitertransport des Kokains nach Deutschland nach dessen Entdeckung beruhte nicht mehr auf dem Tatplan der Angeklagten, sondern auf einer einvernehmlichen Entscheidung der deutschen und brittischen Zollbehörden, die allein aus ermittlungstaktischen Gründen zur Überführung der Angeklagten getroffen wurde.''"

Der überwachte Weitertransport hat eine neue, vom ursprünglichen Tatentschluss unabhängige Kausalkette in Gang gesetzt, die sich nicht mehr in den Grenzen der allgemeinen Lebenserfahrung befunden hat.

Deshalb scheidet eine vollendete Einfuhr von Betäubungsmitteln aus.

Die vollständige Entscheidung finden Sie hier:

Anwalt für Strafrecht: Strafbefehl

Verwerfung Einspruch gegen Strafbefehl und nicht Haftbefehl wenn Beschuldigter nicht anwesend

Ein Angeklagter ist grundsätzlich verpflichtet, zur Hauptverhandlung zu erscheinen. Wenn er nicht anwesend und nicht entschuldigt ist, wird ein Gericht in der Regel einen ''Haftbefehl'' gem. § 230 StPO erlassen. Eine Besonderheit gilt im sogenannten Strafbefehlsverfahren. Hat ein Gericht einen ''Strafbefehl'' erlassen, kann der Beschuldigte gegen den Strafbefehl Einspruch einlegen. Das Gericht muss dann eine Hauptverhandlung anberaumen. Wenn der Beschuldigte zur Hauptverhandlung nicht erscheint, ist das Gericht nicht verpflichtet, einen Haftbefehl zu erlassen. Vielmehr kann nach dem Oberlandesgericht Brandenburg in seiner Entscheidung vom 24.08.2011 (1 Ws 133/11) der Einspruch ohne Verhandlung verworfen werden. Das Gericht ist nicht verpflichtet, einen Haftbefehl zu erlassen, um dem Beschuldigten die Möglichkeit zu geben, sich gegen die erhobenen Tatvorwürfe zu verteidigen. Der Einspruch gegen den Strafbefehl darf aber nur verworfen werden, wenn kein Verteidiger zu Beginn der angesetzten Hauptverhandlung anwesend ist. Ein mit schriftlicher Vollmacht versehender Rechtsanwalt darf auch ohne Anwesenheit des Beschuldigten die Hauptverhandlung durchführen. Die Verwerfung des Einspruchs gegen den Strafbefehl ist in dieser Situation nicht möglich.

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Anwalt für Strafrecht: Stalking

Voraussetzungen eines beharrlichen Handels bei Nachstellen (Stalking)

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 19.11.2009 -3 StR 244/09- ausgeführt, dass ein beharrliches Handeln im Sinne von § 238 StGB ein wiederholtes Tätigwerden voraussetzt. Weiterhin ist notwendig, dass der Beschuldigte aus Missachtung des entgegenstehenden Willens oder aus Gleichgültigkeit gegenüber den Wünschen des Betroffenen in der Absicht handelt, sich auch in Zukunft so zu verhalten. Letztlich muss die Lebensgestaltung des Betroffenen schwerwiegend beeinträchtigt sein. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Betroffene zu einem Verhalten veranlasst wird, das er ohne Zutun des Beschuldigten nicht gezeigt hätte und das zu gravierenden Folgen führt, die über durchschnittliche, regelmäßig hinzunehmende Beeinträchtigungen der Lebensgestaltung erheblich und objektivierbar hinausgehen.

Die Entscheidung finden Sie hier:

Anwalt für Strafrecht: Anwalt für Strafrecht

Rechtswidrige Hausdurchsuchung kann zu Beweisverwertungsverbot führen

Für eine Hausdurchsuchung ist grundsätzlich erforderlich, dass ein Richter einen Durchsuchsbeschluss erlässt. Ohne einen derartigen Durchsuchungsbeschluss ist eine Hausdurchsuchung nur bei Gefahr im Verzuge oder mit Einwilligung des Berechtigten rechtmäßig.Es kommt regelmäßig vor, dass Polizeibeamte keinen Durchsuchungsbeschluss haben und eine Gefahr im Verzuge nicht vorliegt. Gefahr im Verzuge liegt nur vor, wenn ein Zuwarten den Durchsuchungszweck gefährden würde. Wollen Polizeibeamte trotzdem den Wohnraum betreten, dürfen sie dies nur mit Einwilligung des Berechtigten tun. Das Landgericht Hamburg hat in seiner Entscheidung vom 30.06.10 - 706 Ns 17\/10 - ausgeführt, dass in einem derartigen Fall der Betroffene ausdrücklich durch die Polizei darüber aufgeklärt werden muss, dass die Durchsuchung nur mit seiner freiwilligen Einwilligung erfolgen kann und im Falle seiner Ablehnung die Durchsung unterbleiben wird. Nutzt die Polzei die Unkenntnis des Betroffenen über die Aufklärungspflicht bewusst aus, besteht in Bezug auf die aufgefundenen Beweismittel ein sogenanntes Beweisverwertungsverbot. Die Beweise dürfen dann in einem Strafverfahren nicht verwertet werden.

Anwalt für Strafrecht: Pflichtverteidiger bei U-Haft

Befindet sich ein Beschuldigter in einem Verfahren in Untersuchungshaft, ist ihm auch in anderen Verfahren, in denen er sich nicht in Untersuchungshaft befindet, ein Pflichtverteidiger zu bestellen.

Nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO ist in seiner neuen Fassung einem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger zu bestellen, sobald er in Untersuchungshaft genommen wird. Es ist bisher nicht abschließend geklärt, ob sich diese Vorschrift auch auf weitere Verfahren erstreckt, in welchem kein Haftbefehl vollstreckt wird. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt - 3 Ws 351/10 - muss dem Beschuldigten auch in dem Verfahren ein Pflichtverteidiger bestellt werden, in welchem er sich nicht in Untersuchungshaft befindet. Das Oberlandesgericht nimmt in seiner Entscheidung Bezug auf eine ähnliche Vorschrift im Jugendstrafrecht. Im Rahmen des Jugendstrafrecht ist es weitgehend anerkannt, dass auch in weiteren Verfahren die Bestellung eines Pflichtverteidigers zu erfolgen hat. Da dem Gesetzgeber die Auslegung im Jugendstrafrecht bei der Schaffung des neuen § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO bekannt gewesen ist, kann deshalb die Auslegung im Jugendstrafrecht auf die Auslegung im Erwachsenenstrafrecht übertragen werden.

Anwalt für Strafrecht: Anwalt für Strafrecht

Verfahrenseinstellung wegen Verfahrensdauer

Ein Beschuldigter findet in der Regel ein Strafverfahren als sehr belastend. Deshalb ist anerkannt, dass die Verfahrensdauer als quasi Sanktion bei der Bemessung der Strafe zu berücksichtigen ist. In einer Entscheidung vom 21. November 2010 hat das LG Bremen - 5 (22) Kls 30 Js 41576/94 entschieden, dass bei überlanger Verfahrensdauer ein Strafverfahren auch eingestellt werden muss. Dem Verfahren, in welchem das Landgericht zu entscheiden hatte, lag eine schwere räuberische Erpressung zu Grunde. Das Strafverfahren zog sich bereits seit 16 Jahren, wovon 10 Jahre durch die Justiz verschuldet waren. Aufgrund dieser zeitlichen Dauer wäre es nicht mehr gerechtfertigt gewesen, trotz des erheblichen Tatvorwurfs das Verfahren mit einer Verurteilung enden zu lassen. Deshalb wurde das Verfahren eingestellt.

Anwalt für Strafrecht: Verkehrstrafrecht

Trunkenheit im Straßenverkehr liegt bei einem motorisierten Krankenfahrstuhlfahrer spätestens ab einer Promillegrenze von 1,1 Promille vor.

Wegen ''Trunkenheit im Verkehr'' gem. § 316 StGB macht sich strafbar, wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Bei der Bestimmung der ''Fahruntüchtigkeit'' unterscheidet man die relative und die absolute Fahruntüchtigkeit. Die relative Fahruntüchtigkeit liegt ab 0,3 Promille und einem alkoholbedingten Fahrfehler vor. Bei der absoluten Fahruntüchtigkeit reicht eine bestimmte Promillezahl, ohne dass es auf einen alkoholbedingten Fahrfehler ankommt. Die Fahruntüchtigkeit wird also unwiderlegbar vermutet. Bei Autofahrern liegt die Promillegrenze bei 1,1 Promille. Nach einer Entscheidung des OLG Nürnberg vom 13.12.10 - 2 St OLG Ss 230/10 - gilt dieser Wert auch bei motorisierten Krankenfahrstühlen gem. § 4 Abs. 1 FeV, so dass spätestens ab 1,1 Promille auch die Benutzung eines Krankenfahrstuhls strafbar ist.

Anwalt für Strafrecht: Untersuchungshaft

Haftgrund Fluchtgefahr und Flucht bei EU-Bürger

Ein Beschuldigter kann in Untersuchungshaft genommen werden, wenn die Gefahr besteht, dass er sich dem Verfahren entziehen wird. Regelmäßig wird bei ausländischen Beschuldigten ohne festen Wohnsitz in Deutschland die Untersuchungshaft angeordnet. In der Entscheidung des Landgerichts Aurich vom 10.03.2010 - 12 Qs 51/10 - wurde der Erlass eines Haftbefehls bei einem polnischen Staatsbürger abgelehnt. Nach der Entscheidung des Landgerichts liegt keine Flucht vor, wenn ein Ausländer sich in sein Heimatland zurückbegibt, ohne das dies im Zusammenhang mit der Straftat steht. Auch hält man sich nur verborgen, wenn man unangemeldet, unter falschen Namen oder an einem unbekannten Ort lebt, um sich dem Verfahren zu entziehen. Da der Beschuldigte in Polen einen festen Wohnsitz und damit eine ladungsfähige Anschrift hat, hält er sich nicht verborgen.

Anwalt für Strafrecht: Untersuchungshaft

Haftgrund Fluchtgefahr bei versuchtem Mord

Ein Beschuldigter kann in Untersuchungshaft genommen werden, wenn die Gefahr besteht, dass er sich dem Verfahren entziehen wird. Für die Beurteilung greifen Gerichte häufig auf die Straferwartung zurück. Um so höher die zu erwartende Strafe ist, um so höher ist die Fluchtgefahr. Bei Kapitalverbrechen wie z.B. Mord und Totschlag wird deshalb regelmäßig ein Haftbefehl wegen Fluchtgefahr erlassen. Das LG Koblenz - 2090 Js 24962/08 - 3 Ks - hat in seiner Entscheidung vom 07.02.2011 entschieden, dass auch beim Vorwurf eines versuchten Mordes an sechs Personen nicht zwingend ein Haftbefehl zu erlassen ist. Der dortige Beschuldigte wusste bereits geraume Zeit von den gegen ihn geführten Ermittlungen, ohne dass er geflüchtet sei. In einer solchen Situation kann man nicht mehr von einer Fluchtgefahr ausgehen. Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Haftbefehls war deshalb mangels Haftgrund abzulehnen.