Anwalt für Strafrecht: Einwilligung in Körperverletzungen

Die Einwilligung in Körperverletzungshandlungen verstößt nicht nur dann gegen die guten Sitten, wenn diese den Betroffenen in eine konkrete Lebensgefahr bringen. Es sind bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit auch weitere Umstände wie die Eskalationsgefahr von Auseinandersetzungen, die zwischen rivalisierenden Gruppen begangen werden, zu berücksichtigen.

Eine Einwilligung in eine Körperverletzungshandlung ist unwirksam, wenn die resultierende Körperverletzung gegen die guten Sitten verstößt. Der Verstoß gegen die guten Sitten wird vorrangig anhand der Art und des Gewichts der eingetretenen Körperverletzung, sowie des damit einhergehenden Gefahrengrades für Leib und Leben des Betroffenen beurteilt. In seinem Beschluss vom 20. Februar 2013 (1 StR 585/12) hatte sich der Bundesgerichtshof damit auseinanderzusetzen, ob eine Körperverletzungshandlung erst dann gegen die guten Sitten verstößt, wenn der Betroffene in eine konkrete Lebensgefahr gebracht wird. Die Betroffenen waren Mitglieder einer Jugendgruppe. Im Zuge sich immer weiter aufheizender Stimmung einigten sie sich mit den beschuldigten Mitgliedern einer anderen Jugendgruppe, die Streitigkeiten durch Faustschläge und Fußtritte auszutragen. Hierbei billigten die Betroffenen auch den Eintritt erheblicher Verletzungen. Im Rahmen der Streitigkeiten wurden einem Betroffenen mehrere Zähne ausgeschlagen und eine Verschiebung der Nasenscheidewand verursacht. Ein weiterer Betroffener stürzte, nachdem auf ihn eingeschlagen worden war. Im Anschluss erhielt er einen Fußtritt und erlitt eine Schädelprellung. Eine konkrete Gefährdung des Lebens der Betroffenen trat jedoch nicht ein. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs verstieß die Behandlung der Betroffenen gegen die guten Sitten, weshalb deren Einwilligung keine rechtfertigende Wirkung entfaltete. Die Sittenwidrigkeit kann nicht alleine danach beurteilt werden, ob bei jeweils isolierter Betrachtung des Gefährlichkeitsgrades der Körperverletzung im Ergebnis eine Lebens- bzw. Todesgefahr eingetreten ist. Die Grenze der Sittenwidrigkeit kann auch aus anderen, für die Bewertung der Rechtsgutsgefährlichkeit relevanten tatsächlichen Umstände der Tatbegehung abzuleiten sein. Hierbei ist die Eskalationsgefahr bei Körperverletzungen, die im Rahmen von tätlichen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Gruppen begangen werden, mit zu berücksichtigen. 

Zurück

Alle weiteren Urteile und Entscheidungen finden Sie unter diesem Link.

Mit Hilfe der Suchfunktion können Sie die Urteile und Entscheidungen einschränken.