Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Schwerer Bandendiebstahl
Der Bandendiebstahl stand im Mittelpunkt des Beschlusses des Bundesgerichtshofes (2 StR 447/23) vom 21. November 2023. Der Angeklagte war Teil einer Bande, die zuvor schon mehrere Diebstahlstaten verübte. Bei der hiesigen Tat fuhr einer der Täter jedoch zurück, bevor sie den Diebstahl begangen hatten, da er eine Entdeckung befürchtete. Der Angeklagte und ein weiterer Täter führten die Tat sodann alleine aus. Das Landgericht Köln sah auch in dieser Tat einen schweren Bandendiebstahl als verwirklicht. Der BGH stellt in seinem Beschluss jedoch klar, dass zwar nach vorheriger Bandenabrede auch eine von nur zwei Mitgliedern verübte Tat als Bandentat zu qualifizieren sei, jedoch muss die Tat auch im eigenen Interesse der unmittelbar Beteiligten ausgeführt werden. Vorliegend führten die zwei verbleibenden Täter die Tat jedoch im eigenen Interesse aus. Die Feststellungen reichen demnach nicht für die Annahme eines Bandendiebstahls aus.
Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung
Mit dem Körperverletzungsvorsatz musste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 531/23) in seinem Beschluss vom 27. März 2024 befassen. Die Angeklagte, die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung und einer Drogen- und Alkoholabhängigkeit leidet, trank mit dem Geschädigten an einem Tag im August 2022 zwei Liter Wodka. Daraufhin kamen sie auf die Idee, in den Rhein zu springen. Vorher sendete sie noch eine Sprachnachricht an eine Freundin, in der sie ihr sagte: „Wenn was, irgendwas passieren sollte - ich mag dich übertrieben, ja.“ Als der Geschädigte dann auf die Brüstung kletterte, aber zunächst nicht springen wollte, gab die Angeklagte ihm einen kräftigen Stoß, sodass er ins Wasser fiel. Als er zehn Minuten später von Rettungskräften von Rettungskräften aus dem Fluss gezogen wurde, hatte er nur noch eine Körpertemperatur von 29 Grad Celsius. Das Landgericht Köln verurteilte die Angeklagte daraufhin wegen gefährlicher Körperverletzung. Der Bundesgerichtshof wendet jedoch ein, dass die Ausführungen des Landgerichts nicht genügen, um einen bedingten Körperverletzungsvorsatz zu belegen. Dazu führt es zunächst aus, dass sich bedingter Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit darin unterscheiden, dass der bewusst fahrlässig Handelnde mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden ist und daher auf den Nichteintritt vertraut. Der bedingt vorsätzlich Handelnde ist dagegen mit der schädlichen Folge in sofern einverstanden, dass er ihn selbst billigend in Kauf nimmt oder sich zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet. Die Angeklagte hatte den Geschädigten aber vorgeschubst, um danach selber hinterherzuspringen. Sie hat dabei zwar ein Risiko in Betracht gezogen, ist aber davon ausgegangen, dass nichts passiert. Auch war sie mit dem Geschädigten gut befreundet und begann direkt mit Rettungsmaßnahmen. Diese Umstände wurden vom Landgericht nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht genügend erörtert und könnten zu einem anderen Ergebnis führen.
Anwalt für Strafrecht: Fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs
In seinem Beschluss vom 24. April 2024 hat sich der Bundesgerichtshof (4 StR 90/24) mit der rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit beschäftigt. Der Angeklagte, der keinen Führerschein besaß, fuhr dem Geschädigten an einer roten Ampel in sein Auto rein. Davor hatte er Marihuana und Amphetamine konsumiert. Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Beschluss daraufhin klar, wie eine rauschmittelbedingte Fahrunsicherheit nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB in solch einem Fall zu bestimmen ist. Demnach kann bei der Einnahme derartiger Rauchmittel der Nachweis anders als bei Alkohol nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden. Vielmehr sind weitere aussagekräftige Beweisanzeichen nötig, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des betreffenden Kraftfahrzeugführers so weit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr sicher zu steuern. Diese sichere Steuerung des Fahrzeugs muss auch bei längeren Strecken und schwierigen Verkehrslagen möglich sein. Das muss vom Gericht anhand einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände beurteilt werden.
Anwalt für Strafrecht: Raub
In seinem Beschluss vom 27. August 2024 hat sich der Bundesgerichtshof (5 StR 403/24) mit dem Raub befasst. Der Angeklagte war der Auffassung, dass sein Nachbar Gegenstände aus seinem Kellerabteil geklaut hatte. Daher ging er zu jenem Nachbarn und schlug ihm mehrmals ins Gesicht. Als er aus dem Bad Toilettenpapier holen wollte, entdeckte der Angeklagte ein Fahrrad, welches er mitnahm und verkaufen wollte. Das Landgericht Leipzig würdigte das Verhalten als Raub in Tateinheit mit Körperverletzung. Die Verurteilung wegen Raubes hat jedoch keinen Bestand. Zwar kann eine Drohung auch dann bejaht werden, wenn die vorher mit anderer Zielrichtung vorgenommene Gewalt zum Zeitpunkt der Wegnahme noch andauert. Jedoch ist erforderlich, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt und die Drohung durch ein mindestens konkludentes Verhalten genügend erkennbar macht. Im hiesigen Fall wurden jedoch keine ausreichenden Feststellungen getätigt, die belegen, dass der Angeklagte zum Zwecke der Wegnahme auf den Willen des Geschädigten einwirkte, indem er weitere Gewalttätigkeiten deutlich in Aussicht stellte.
Anwalt für Strafrecht: Computerbetrug
Nachdem das Landgericht Kiel den Angeklagten wegen Computerbetrugs verurteilte, musste der Bundesgerichtshof (5 StR 80/24) in seinem Beschluss vom 14. März 2024 feststellen, ob diese Entscheidung rechtsfehlerhaft ist. Der Angeklagte war Teil einer Bande, die, indem sie sich als falsche Polizeibeamten ausgaben, Senioren um ihr Erspartes brachten. Dafür wurden die Geschädigten dazu veranlasst, ihre Bankkarte sowie Geheimnummer herauszugeben, womit der Angeklagte dann anschließend an Geldautomaten Geldauszahlungen tätigte. Das Landgericht sah darin unter anderem einen Computerbetrug. Dem stimmt der Bundesgerichtshof jedoch nicht zu. Demnach handelt nicht schon derjenige unbefugt im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB, der die Daten entgegen dem Willen des Berechtigten verwendet oder diese Daten rechtswidrig erlangt hat. Vielmehr handelt es sich bei einer derartigen Abhebung am Bankautomaten nur um einen Computerbetrug, wenn auch die Abhebung an einem Bankschalter rechtlich als Betrug gewertet werden würde. Der Angeklagte hat die Karten und Geheimnummern aber hier von den berechtigten Karteninhabern erhalten. Dass die Geschädigten über die Art der Verwendung der Karte getäuscht wurden, macht das Verwenden der Karte nicht zu einem unbefugten Verwenden im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB.
Anwalt für Strafrecht: Mord
Die niedrigen Beweggründe sind eines der im § 211 Abs. 2 StGB genannten Mordmerkmale. Mit diesen hat sich der Bundesgerichtshof (1 StR 92/24) in seinem Beschluss vom 17. April 2024 genauer beschäftigt. Der Angeklagte, dessen Frau sich zuvor von ihm getrennt hatte, war wütend und verletzt, dass diese mit ihrem neuen Freund und dem gemeinsamen Sohn in ihrem zusammen aufgebauten Eigenheim wohnte. Auch darüber, dass sie das größere Auto behielt und er nur den Smart abbekam, war er zunehmend verärgert. Daher entschloss er sich, zuerst die Garage mit dem Auto und anschließend das Haus anzuzünden, wobei ihm der Tod seiner Frau, ihres Partners und seines Sohnes gleichgültig war. Nachdem das Auto ausgebrannt war und er sich schließlich dem Haus widmen wollte, konnte seine Ex-Frau ihn davon abhalten, bis schließlich die Polizei eintraf. Er versuchte sich anschließend zu suizidieren, konnte jedoch von einem Polizisten aufgehalten werden. Das Landgericht Ulm verurteilte den Angeklagten wegen Brandstiftung sowie wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge und mit Körperverletzung sowie wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Bezüglich des versuchten Mordes hat der Bundesgerichtshof jedoch rechtliche Bedenken. Beweggründe sind niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind. Das Gericht hat jedoch die zugrunde gelegten Motive der Wut, Rache und der Vermögensaufteilung nicht hinreichend beweiswürdigend unterlegt. Es wird demnach nicht ersichtlich, weshalb die Motive des Ärgers und der Wut hier auf einer niedrigen Gesinnung beruhen. Insbesondere im Hinblick auf die erörterte Überforderung des Angeklagten und des Suizidversuchs hätte das weiter ausgeführt werden müssen. Nur wenn das zugrundeliegende Motiv seinerseits als niedrig zu bewerten ist, sind niedrige Beweggründe gegeben, führt der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss aus.
Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht
Wann kann eine Hauptverhandlung eröffnet werden? Diese Frage beantwortete der Bundesgerichtshof (StB 29/24) in seinem Beschluss vom 10. Juli 2024. Dem Angeklagten wird von der Generalstaatsanwaltschaft vorgeworfen, sich mitgliedschaftlich an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Arbeiterpartei Kurdistans“ beteiligt zu haben. Das OLG hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Der BGH erwidert, dass für die Eröffnung des Hauptverfahrens keine richterliche Überzeugung vonnöten ist, wie es für die Verurteilung der Fall ist. Vielmehr reicht ein hinreichender Tatverdacht aus. Dieser ist zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist.
Anwalt für Strafrecht: Verfassungsbeschwerde
Wie mit der Strafanzeige gegen zwei Verfassungsrichter umzugehen ist, hat das Bundesverfassungsgericht (2 BvR 475/24) in seinem Beschluss vom 22. Mai 2024 entschieden. Der Beschwerdeführer erstattet Anzeige gegen zwei Verfassungsrichter, da diese an einem Verfahren mitgewirkt haben, bei dem eine frühere Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers abgelehnt wurde. Nachdem kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, verfasste der Beschwerdeführer eine erneute Verfassungsbeschwerde. Bei jenem Verfahren wirkten die Verfassungsrichter, die der Beschwerdeführer angezeigt hatte, mit. Die beiden Richter sind in diesem Verfahren nicht kraft Gesetzes von der Ausübung ihres Richteramts ausgeschlossen, entscheidet das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss. Zwar ist ein Richter nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG grundsätzlich wegen Beteiligung an der Sache von der Ausübung seines Richteramts ausgeschlossen, wenn er von einer Entscheidung in dem Verfahren unmittelbar rechtlich betroffen ist. Das gilt jedoch nicht, wenn der Ausschlussgrund auf ein offensichtlich rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beschwerdeführers zurückgeht. Das schlussfolgert das Gericht aus einer teleologischen Reduktion des § 18 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG.
Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht
Wie zu verfahren ist, wenn der Strafverteidiger selber möglicherweise in die vorgeworfene Straftat involviert ist, musste der Bundesgerichtshof (2 ARs 85/24, 2 AR 231/23) in seinem Beschluss vom 6. Juni 2024 entscheiden. Gegen die Angeklagte wird vor dem Landgericht Dresden ein Strafverfahren unter anderem wegen des Vorwurfs des Ausstellers unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach § 278 Abs. 1 StGB in mehreren Fällen geführt. In einigen der Fälle soll die Angeklagte auch ihrem Strafverteidiger negative Antigen-Schnelltests ärztlich bescheinigt haben, obwohl die Tests nie durchgeführt wurden. Der Rechtsanwalt wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom OLG Dresden als Verteidiger ausgeschlossen, da dieser der Beteiligung an Straftaten der Angeklagten hinreichend verdächtig ist (§ 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO). Auch der Bundesgerichtshof bestätigt dies in seinem Beschluss. Nach § 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO ist ein Verteidiger von der Mitwirkung in einem Verfahren auszuschließen, wenn er dringend oder in einem die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigenden Grade verdächtig ist, dass er an der Tat, die den Gegenstand der Untersuchung bildet, beteiligt ist. Ausreichend ist dafür auch ein hinreichender Tatverdacht.
Anwalt für Strafrecht: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr
In seinem Beschluss vom 7. Mai 2024 setzte sich der Bundesgerichtshof (4 StR 82/24) mit dem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr auseinander. Der Angeklagte warf eine Gehwegplatte auf das fahrende Auto der Geschädigten, was zu einem Sachschaden von 10.000 € führte. Die Zeugin fuhr zurück zum Angeklagten, der ihr daraufhin mit dem Tod drohte. Das Landgericht Darmstadt würdigte dieses Verhalten unter anderem als gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB. Der BGH entgegnet dem jedoch, dass die Tathandlung beim gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr voraussetzt, dass die Tathandlung über die innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus zu einer kritischen Verkehrssituation geführt hat. Die Gefahrverursachung muss sich auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte zurückführen lassen. Im hiesigen Fall wurde durch den Wurf mit der Gehwegplatte zwar in die Sicherheit des Straßenverkehrs eingegriffen, die Zeugin konnte das Auto jedoch weiterhin sicher beherrschen. Daher kann den getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden, dass diese Beschädigung auch auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte zurückzuführen ist.