Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Betrug

Der Annahme einer Bandenmitgliedschaft steht nicht entgegen, dass ein Beteiligter nur einen Vordermann in der Organisation kennt. Ferner ist auch eine Kenntnis der Einzelheiten der durchzuführenden Straftaten und der konkreten Aktivitäten anderer Beteiligter nicht zwingende Voraussetzung für eine Bandenmitgliedschaft

In seinem Urteil vom 09. Juni 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 355/20) mit der Abgrenzung zwischen Beihilfe zum Betrug und mittäterschaftlich begangenem gewerbs- und bandenmäßigem Betrug auseinandersetzen. In dem hiesigen Sachverhalt verfassten und verwendeten die Angeklagten in mehr als eintausend Fällen Schreiben an Unternehmen, welche zuvor eine Handelsregistereintragung vorgenommen hatten. Diese Schreiben waren wie Rechnungen des Handelsregisters gestaltet. Hiermit versprachen sich die Angeklagten, Zahlungen der Unternehmen zu erhalten, denen jedoch keine Leistung der Angeklagten gegenüberstand. Einer der Angeklagten hatte hauptsächlich zu einem anderen Angeklagten Kontakt und ferner keine konkrete Kenntnis bezüglich der einzelnen Handlungen jedes weiteren Angeklagten. Das Landgericht verurteilte diesen Angeklagten nur wegen Beihilfe zum Betrug. Gleichwohl führte der Bundesgerichtshof an, dass diese Entscheidung nicht tragfähig ist. Abgesehen davon, dass es der Annahme einer Bandenmitgliedschaft nicht entgegensteht, dass ein Beteiligter nur einen Vordermann in der Organisation kennt, hatte der Angeklagte tatsächlich zu mehreren anderen Angeklagten Kontakt. Zudem ist die Kenntnis der Einzelheiten der durchzuführenden Straftaten und der konkreten Aktivitäten anderer Beteiligter nicht zwingende Voraussetzung für eine Bandenmitgliedschaft. 

Anwalt für Strafrecht: Untreue

Eine Pflichtverletzung für die Annahme einer Untreue durch den Verkauf einer Immobilie kann auf einer fehlenden Transparenz und auf verfolgten eigenwirtschaftlichen Zielen beruhen

Der Bundesgerichtshof musste in seinem Beschluss vom 16. Juni 2021 (6 StR 334/20) beurteilen, unter welchen Bedingungen eine Untreue angenommen werden kann. Im vorliegenden Fall war der Hauptangeklagte Inhaber und Geschäftsführer, die übrigen Angeklagten Mitarbeiter einer Verwertungsgesellschaft. Ihre Aufgabe war es als Geschäftsbesorgerin für das Land Brandenburg landeseigene Grundstücke zu verwalten, zu vermarkten und zu verwerten. Die Verwertungsgesellschaft verkaufte ein Ost-Militärgelände entgegen den Verpflichtungen aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zum Preis von 205.000 Euro, obwohl hierfür ein Kaufpreis von mindestens 800.000 Euro erzielbar gewesen wäre. Die übrigen Angeklagten unterstützten dies, indem sie die für die Zustimmung des brandenburgischen Ministeriums der Finanzen notwendige Wertermittlung zur Preisfindung beeinflussten. Die Käuferin war eine Projektgesellschaft, an der der Hauptangeklagte wirtschaftlich maßgeblich beteiligt war. Ferner verkaufte die Erwerberin die Liegenschaft gewinnbringend weiter. Die Angeklagten wurden wegen Untreue und Beihilfe verurteilt. Die Veräußerung von Grundflächen hatte nach den Bestimmungen des hiesigen Geschäftsbesorgungsvertrags grundsätzlich zum Verkehrswert zu erfolgen, der entweder durch Ausschreibung oder durch Einholung eines Verkehrswertgutachtens zu ermitteln war. Nebstdem zeigt sich die Pflichtverletzung für die Annahme einer Untreue in der fehlenden Transparenz und der Verfolgung eigenwirtschaftlicher Ziele.

Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung, Eventualvorsatz

Alkoholisierung kann auch bei gefährlichen Taten wie der Körperverletzung dem Eventualvorsatz entgegenstehen, wenn das Risiko der Erfolgsherbeiführung nicht erkannt wird.

In dem Beschluss vom 11. August 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 222/21) mit der Frage beschäftigen, wann von einem bedingten Vorsatz auszugehen ist. Im vorliegenden Sachverhalt hat der stark alkoholisierte Angeklagte einen Glassplitter von einer von ihm zuvor zerschlagenen Glasflasche in der Hand. Während einer Auseinandersetzung packte er, mit der Hand in der er das Glas hält, den Geschädigten an den Kragen ohne eine Stichbewegung auszuführen und verursachte bei diesem Schnitte am Hals und Unterarm. Dafür wurde er vom Landgericht Landshut wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Nach einer Revision des Angeklagten wird der Schuldspruch vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Dazu führt er an, dass die Folgen der Alkoholisierung zu wenig erörtert wurden und sich damit beschäftigt werden muss, ob dem Angeklagten in Folge der Alkoholisierung überhaupt klar war, dass seine Handlung zu Verletzungen beim Geschädigten führt. Die ausgeführte Bewegung wird normalerweise ohne eine Messer oder ein ähnliches Werkzeug durchgeführt, sodass nicht klar festzustellen ist, ob der Angeklagte wusste, dass er die Glasscherbe in der Hand hält.

Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung

Handeln auf Grund eines Ehrenkodex zwischen Freunden begründet einen niedrigen Beweggrund.

Mit Beschluss vom 20. Mai 2021 hat der Bundesgerichtshof (6 StR 142/20) festgestellt, dass es einen niedrigen Beweggrund zum Mord i.S.d § 211 Abs. 2 StGB darstellt, wenn der Täter aufgrund eines Ehrenkodex handelt. In dem vorliegenden, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt schlug der Angeklagte den Nebenkläger, woraufhin seine Freunde ihn dabei unterstützten und das mit einem bestehenden Ehrenkodex zwischen ihnen begründeten. Bei der Auseinandersetzung kam es zu Messerstichen und der Nebenkläger überlebte nur knapp. In Folge des Urteils des Landgericht Verden kam es zu keiner Verurteilung wegen niedrigen Beweggründen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hingegen, handelt es sich bei der billigend in Kauf genommenen Tötung eines Menschen jedoch um einen niedrigen Beweggrund, wenn die Täter auf Grund eines Ehrenkodex handeln. Es ist keine verständliche Reaktion und spiegelt die Geringschätzung gegenüber dem Leben des Opfers wider.

Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung

Das Veranlassen zum Konsum einer Kokain Line ist nicht zwingend eine Körperverletzung.

Mit dem Beschluss vom 8. September 2021 hat der Bundesgerichtshof (1 StR 286/21) sich damit auseinandergesetzt, ob es sich um eine Körperverletzung handelt, wenn der Angeklagte den Geschädigten dazu veranlasst, Kokain zu konsumieren. Der Angeklagte wurde vom Landgericht Kempten unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung durch Beibringung eines gesundheitlichen Stoffes gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StGB verurteilt, nachdem er eine andere Person dazu gebracht hat, eine Line Kokain zu ziehen. Der Bundesgerichtshof änderte den Schuldspruch und begründete seine Entscheidung damit, dass keine Gesundheitsschädigung beim Geschädigten festgestellt wurde und Kokain zwar keine weiche Droge ist, gelegentlicher Konsum das körperliche Wohlbefinden  jedoch nicht unbedingt beeinträchtigt. Eine Körperverletzung liegt in diesem Fall somit nicht vor.

Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung

Auch schon ruckartige Bewegungen können bei Säuglingen als Körperverletzung angesehen werden. Zudem ist bei Schäden die bei einem Säugling durch das Schütteln des Babys entstehen, der Vorsatz nicht generell abzulehnen, weil das Elternteil nicht ausreichend Kenntnis über die Folgen des Schüttelns hatte.

In seinem Beschluss vom 16. Dezember 2020 musste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 209/20) damit auseinandersetzen, wann der Vorsatz zur Körperverletzung vorliegt, wenn ein Elternteil sein Baby geschüttelt und diese Handlung zu einem Schütteltrauma geführt hat. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundliegenden Sachverhalt packte der Vater seinem schreienden Säugling an sein Becken und riss ihn nach oben, um ihn an seine Schulter zu legen. In Folge dieser Bewegung fiel der Kopf des Babys nach hinten und knallte dann auf die Schulter des Angeklagten. Das Landgericht Mühlhausen hat ihn dann von dem Vorwurf der Körperverletzung durch fehlenden Vorsatz freigesprochen. In der Revision sah der Bundesgerichtshof diesen als vorliegend an. Zum einen stellt bereits das Hochreißen des Säuglings eine Körperverletzung dar. Außerdem wurde der Vater darüber unterrichtet, den Säugling am Kopf zu stützen. Es ist allgemein bekannt, dass ruckartige Bewegungen von Babys ohne den Kopf zu stützen, schwere Beeinträchtigungen zur Folge haben können, sodass lediglich die Abgrenzung von bedingtem zu direktem Vorsatz relevant ist, nicht jedoch die zu Fahrlässigkeit.

Anwalt für Strafrecht: Schuldfähigkeit

Die Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit ist regelmäßig neben anderen ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine mögliche erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit. Eine Blutalkoholkonzentration von mehr als 3 ‰ legt die Annahme einer erheblichen Herabsetzung des Hemmungsvermögens zur Tatzeit nahe.

In seinem Beschluss vom 10. Juni 2021 musste der Bundesgerichtshof (2 StR 104/21) die Schuldfähigkeit bei einer Alkoholtat beurteilen. Im vorliegenden Fall hatte das Landgericht den Angeklagten, der bei Tatbegehung alkoholisiert gewesen war, wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Nebstdem hat es ihn in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten hat das Landgericht verneint. Es begründete seine Entscheidung damit, dass der Angeklagte trotz hoher Blutalkoholkonzentration (maximal ca. 2,8 ‰) ausreichend entscheidungs- und steuerungsfähig gewesen sei. Gleichwohl tragen diese Erwägungen nach Auffassung des Bundesgerichtshofes den Ausschluss einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht. Zum einen führte der Bundesgerichtshof aus, dass die rückgerechnete Blutalkoholkonzentration tatsächlich bei 3,12 ‰ läge. Zudem belegen die vom Landgericht angeführten Umstände nur, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht vollständig aufgehoben war. Indessen ist aus ihnen nicht mit genügender Sicherheit abzuleiten, dass eine Steuerungsfähigkeit nicht erheblich vermindert gewesen ist. Schließlich habe das Landgericht verkannt, dass bei hoher Alkoholgewöhnung das äußere Leistungsverhalten und die innere Steuerungsfähigkeit weit auseinanderfallen können. So können selbst bei hochgradiger Alkoholisierung grobmotorische Fähigkeiten erhalten geblieben sein. Eine alkoholische Beeinflussung mit der Folge erheblich verminderter Schuldfähigkeit ist weder zwingend noch regelmäßig von schweren, ins Auge fallenden Ausfallerscheinungen begleitet. Mithin wurde die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung mittels ausgebauter Einwegrasierklinge

Die Verletzung einer Person mit einer Rasierklinge führt nicht zwingend zu einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung.

In seinem Beschluss vom 10. Februar 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 478/20) damit auseinandersetzen, ob Verletzungshandlungen mit einer Rasierklinge als eine das Leben gefährdende Behandlung gemäß § 224 Nr. 5 StGB gesehen werden können. Im Sachverhalt der Entscheidung des Bundesgerichtshofes hat der Angeklagte im Verlaufe eines Streits einer anderen Person mit einer Einwegrasierklinge in den Gesichts– und Halsbereich geschnitten, wodurch eine oberflächliche Verletzung entstand. Das Landgericht verurteilte ihn dann anschließend wegen gefährlicher Körperverletzung, wogegen er in Revision ging und das Urteil aufgehoben wurde. Das begründete der Bundesgerichtshof damit, dass nicht nur auf die abstrakte Gefährlichkeit, sondern auch auf die konkrete Gefährlichkeit im Einzelfall eingegangen werden muss. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Klinge eines Einwegrasierers nur wenige Millimeter breit ist und es schwer ist, mit dieser in den Fingern haltend, ein Leben zu gefährden. Es kann somit nicht von einer gefährlichen Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung gesprochen werden.

Anwalt für Strafrecht: Diebstahl

Voraussetzung für einen Diebstahl ist der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams. Gewahrsam bleibt bestehen, bis die Einwirkungsmöglichkeit verloren geht. Ein Diebstahl liegt nicht vor, wenn der ursprüngliche Besitzer der Sachen verloren und somit kein Gewahrsam an diesen hat.

In einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28. Juli 2020 (2 StR 229/20) hat dieser darüber entschieden, wie die Gewahrsamslage beim Diebstahl aussieht, wenn man die Sachen vorher verloren hat. In diesem Fall hat der Angeklagte eine andere Person mehrmals geschlagen. Diese verlor bei den Schlägen Wertgegenstände und lag verletzt am Boden. Der Angeklagte nahm diese Gegenstände mit, nachdem der Geschädigte den Tatort verlassen hatte. Der Angeklagte wurde dann wegen Diebstahls verurteilt. Dagegen ging er mit Erfolg in Revision. Der Bundesgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass der Geschädigte die Sachen verloren hat und somit nicht ausreichend Gewahrsam an diesen begründete. Zwar bleibt Gewahrsam bestehen, wenn man verletzt ist und diesen gerade nicht verteidigen kann, nicht jedoch, wenn man diesen gänzlich verloren hat. Somit wurde das Urteil wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB vom Bundesgerichtshof aufgehoben.

Anwalt für Strafrecht: Tankbetrug

Ein Tankbetrug ist nur anzunehmen, wenn das Personal diesen auch bemerkt hat, andernfalls ist von einem versuchten Tankbetrug auszugehen.

In seinem Beschluss vom 09. März 2021 beschäftigte sich der Bundesgerichtshof (6 StR 74/21) mit der Frage, wann von einem Tankbetrug und wann von einem versuchten Tankbetrug gesprochen wird. Im vorliegenden Sachverhalt hat der Angeklagte ein Auto betankt und ist anschließend weggefahren, ohne den Preis für die Tankung  zu bezahlen. Dieses Geschehen wurde von keinem der Mitarbeiter bemerkt. Das Landgericht verurteilte ihn anschließend wegen Betrugs, wogegen dieser sich vor dem Bundesgerichtshof wehrte und Erfolg hatte. Der Bundesgerichtshof führte in seiner Entscheidung an, dass der Täter durch Vortäuschen einen Irrtum beim Mitarbeiter der Tankstelle hervorrufen muss, welcher dann zu der schädigenden Vermögenverfügung führt. Die Täuschung des Täters muss folglich zu einem Einverständnis des Beschäftigten führen, den Tankvorgang durchzuführen. Im vorliegenden Fall konnte es jedoch zu keinem Irrtum kommen, da kein Mitarbeiter auf den Tankvorgang aufmerksam wurde. Somit wurde das Urteil vom Bundesgerichtshof zu versuchtem Betrug abgeändert.