Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung Einwilligung

Die Einwilligung in eine Körperverletzung verstößt nicht allein deshalb gegen die guten Sitten, weil sie der Vornahme sadomasochistischer Praktiken dient. Die Grenze der Sittenwidrigkeit wird überschritten, wenn der Eiwilligende durch die Körperverletzungshandlung in konkrete Lebensgefahr gebracht wird.

Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 26. Mai 2004 (2 StR 505/03) damit zu befassen, ob eine Einwilligung in eine Körperverletzung allein deshalb gegen die guten Sitten verstößt, weil diese zum Zweck sadomasochistischer Praktiken erfolgte. Ein Beschuldigter handelt bezüglich einer Körperverletzung nicht rechtswidrig, wenn der Betroffene in die Verletzung eingewilligt hat. Die Einwilligung eines Betroffenen wirkt jedoch nicht rechtfertigend, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt. Maßgeblich für die Frage, ob eine Körperverletzung gegen die guten Sitten verstößt ist vorrangig das Gewicht des jeweiligen tatbestandlichen Rechtsgutsangriffs. Hierbei sind in erster Linie der Umfang der vom Betroffenen hingenommenen körperlichen Misshandlung oder Gesundheitsschädigung und der Grad der damit verbundenen Leibes- oder Lebensgefahr maßgeblich. Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, würgte die Betroffene auf deren Wunsch hin mit einem Metallrohr. Dies erfolgte in intervallartigen, gegen den Hals der Betroffenen gerichteten mehrfachen und mindestens drei Minuten währenden Aktionen. Dies hatte eine massive, durch den Einsatz des Metallrohrs hervorgerufene knöcherne Verletzung des Kehlskeletts der Betroffenen und Kompressionen von deren Halsgefäßen zur Folge. Die Betroffene verstarb an Kompressionen der Halsgefäße. Das Landgericht nahm infolgedessen an, der Beschuldigte habe sich angesichts einer wirksamen Einwilligung der Betroffenen nicht wegen Körperverletzung strafbar gemacht. Dem schloss sich der Bundesgerichtshof nicht an. Die Einwilligung der Betroffenen war sittenwidrig. Zwar ist das maßgebliche Kriterium für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit das Gewicht des jeweiligen tatbestandlichen Rechtsgutsangriffs und somit ein objektives Kriterium. Das Handeln des Beschuldigten kann danach nicht allein wegen der speziellen sexuellen Motivation als sadomasochistischen Praktik, als gegen die guten Sitten verstoßend angesehen werden. Die Grenze der Sittenwidrigkeit ist jedoch dann überschritten, wenn der Eiwilligende durch die Körperverletzungshandlung in konkrete Lebensgefahr gebracht wird.

Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung

Hat sich ein Täter zunächst durch List Zutritt zu einer Wohnung verschafft und greift er das Opfer dann später offen an, so stellt dies keinen hinterlistigen Überfall gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB dar.

Nach § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB wird wegen gefährlicher Körperverletzung mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer die Körperverletzung mittels eines hinterlistigen Überfalls begeht. In seiner Entscheidung vom 18. September 2019 (2 StR 156/19) musste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage beschäftigten, wann ein solcher hinterlistiger Überfall gegeben ist. In dem vorliegenden Fall hatten mehrere Angeklagte geplant, den Geschädigten in dessen Wohnung zu überfallen und ihn durch Drohung oder Einsatz körperlicher Gewalt zur Herausgabe eines dort vermuteten Casino-Gewinns von 300.000 € zu veranlassen. Am Tattag hielt sich einer der Angeklagten, ein Freund des Geschädigten, in dessen Wohnung auf und als die weiteren Angeklagten klingelten, öffnete er diesen die Tür. Im weiteren Verlauf schlug einer der Angeklagten dem Geschädigten dann mit seiner Faust ins Gesicht. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt dies keine gefährliche Körperverletzung mittels eines hinterlistigen Überfalls dar. Ein solcher setzt die Ausnutzung eines Überraschungsmoments durch planmäßiges Verbergen der Verletzungsabsicht voraus, um dadurch dem Gegner die Abwehr des nicht erwarteten Angriffs zu erschweren und die Vorbereitung auf seine Verteidigung nach Möglichkeit auszuschließen. Da der besondere Unrechtsgehalt der Tatbestandsvariante daraus resultiert, dass der Angriff für das Opfer völlig unvorhergesehen kommt, ist der Tatbestand nicht erfüllt, wenn der Täter, der sich durch List Zutritt zur Wohnung verschafft hat, das Opfer erst später offen angreift.

Der Wille eine Ordnungswidrigkeit zu verdecken reicht nicht aus, um eine Verdeckungsabsicht im Sinne eines Mordes zu begründen.

Ein Beschuldigter kann sich wegen Mordes strafbar machen, wenn er mit Verdeckungsabsicht handelt. Mit Verdeckungsabsicht handelte ein Beschuldigter insbesondere dann, wenn die Tötung vom Beschuldigten vorgenommen oder eine gebotene Handlung von ihm unterlassen wird, um eine vorangegangene Straftat zu verdecken. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 29. Januar 2020 (4 StR 564/19) damit, ob ein Beschuldigter, welcher eine Ordnungswidrigkeit verdecken möchte mit Verdeckungsabsicht handelt. Der Beschuldigte stieß den angetrunken auf der Fahrbahn liegenden Betroffenen mit seinem Fahrzeug an. Der Beschuldigte erkannte dies und schob den Betroffenen anschließend mit seinem Fahrzeug an den Fahrbahnrand, wodurch der Betroffene schwerste Verletzungen erlitt. Um sein Handeln zu verschleiern entfernte sich der Beschuldigte vom Unfallort, wobei er den Tod des Betroffenen als möglich voraussah. Der Beschuldigte war angetrunken. Es ließ sich jedoch nicht feststellen, ob dessen Trunkenheit bereits den strafrechtlich relevanten Bereich erreicht hatte. Im Anschluss hieran nahm das Landgericht ein Handeln des Beschuldigten mit Verdeckungsabsicht an und verurteilte diesen wegen versuchten Mordes. Dem schloss sich der Bundesgerichtshof nicht an. Mangels nachweisbar strafrechtlich relevanter Alkoholisierung des Beschuldigten ist eine von dem Beschuldigten zu verdeckende Straftat nicht hinreichend ersichtlich. Der Wille zur Verdeckung einer Ordnungswidrigkeit reicht nicht um eine Verdeckungsabsicht zu begründen.

Anwalt für Strafrecht: Mord aus Heimtücke

Für das Vorliegen eines Ausnutzungsbewusstseins ist es nicht ausreichend, dass der Täter die die Heimtücke begründenden Umstände nur in einer äußerlichen Weise wahrgenommen hat. Vielmehr muss er diese so in ihrer Bedeutung für die Tatbegehung erfasst haben, dass ihm bewusst geworden ist, einen durch seine Arglosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen.

Eine heimtückische Tötung nach § 211 Abs. 2 StGB setzt voraus, dass der Täter die auf der Arglosigkeit beruhende Wehrlosigkeit einer anderen Person bewusst zur Ausführung der Tat ausnutzt. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seiner Entscheidung vom 04. Juli 2018 (5 StR 580/17) mit der Frage, wann ein solches Ausnutzungsbewusstsein bei einem Täter vorliegt. Vorliegend wartete der Angeklagte vor dem Dienstzimmer der Betroffenen auf eine Gelegenheit, die Betroffene mit einem Messer töten zu können. Als die Betroffene dann ihre Zimmertür öffnete, führte er mit dem Messer einen Hieb in Richtung ihres Halses aus. Jedoch verfehlte er sein Ziel und versetzte der Betroffenen lediglich einen Stoß gegen die Schulter. Dies lag möglicherweise daran, dass er nicht so schnell mit einer Gelegenheit zum Angriff gerechnet, und sich somit noch nicht vollständig auf die Tatausführung eingestellt hatte. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass es für das Vorliegen eines Ausnutzungsbewusstseins nicht genüge, wenn der Täter die die Heimtücke begründenden Umstände nur äußerlich wahrgenommen hat. Es müsse ihm vielmehr bewusst geworden sein, dass er einen Menschen überrascht, der nicht mit einem Angriff rechnet und daher schutzlos ist. Das Ausnutzungsbewusstsein könne aber bereits dem objektiven Bild des Geschehens entnommen werden, wenn dessen gedankliche Erfassung durch den Täter auf der Hand liegt. Hier lauerte der Angeklagte der Betroffenen vor ihrem Dienstzimmer auf und wartete auf eine sich bietende Gelegenheit, um sie töten zu können. Es kam ihm mithin geradezu darauf an, die Betroffene zu überraschen, damit diese sich gegen den unerwarteten Messerangriff nicht effektiv würde wehren können. 

Anwalt für Strafrecht: Tötungsdelikte

Die Garantenpflicht bei Tötungsdelikten ergibt sich nicht allein aufgrund des gemeinsamen Konsums von Rauschmitteln. Vielmehr ist die Übernahme einer Beistandspflicht, oder das bewusste Schaffen einer Gefahrenquelle nötig.

 

Der Bundesgerichtshof setzte sich in einem Urteil vom 11.09.2019 mit der Frage auseinander, wann bei dem gemeinschaftlichen Konsum von Rauschmitteln eine Garantenpflicht bei einem Unterlassungsdelikt gem. § 13 StGB anzunehmen ist.

Die Angeklagten trafen auf den bereits erheblich alkoholisierten Geschädigten. In der Folge teilten sich die Angeklagten einen Joint, der ein sehr wirksames synthetisches Cannabinoid 5F– ADB enthielt. Von diesem wollte auch der Geschädigte einen Zug nehmen, was die Angeklagten ihm nicht gestatteten. Die Angeklagten wussten, dass es sich um „starkes Zeug“ handelte, ohne Kenntnis der gesundheitlich negativen Folgen. In der Folge entriss der Geschädigte einem der Angeklagten den Joint eigenmächtig und zog daran. Daraufhin fiel der Geschädigte um und blieb regungslos liegen, später würgte und erbrach er sich. Die Angeklagten brachten ihn in eine Art stabile Seitenlage, weitere Rettungsmaßnahmen nahmen sie jedoch nicht vor. Schließlich verstarb der Geschädigte vor Ort.

Nach Auffassung des Gerichts stellt eine Gruppe von Konsumenten, die gemeinsam Rauschmittel zu sich nehmen, keine Gefahrengemeinschaft dar. Es fehlt an der nötigen Beistandspflicht. Auch ein pflichtwidriges Vorverhalten lässt sich nicht damit begründen, dass Betäubungsmittel abgegeben bzw. der Konsum von Rauschgift durch einen Dritten unterstützt wurde. Weiterhin scheidet eine Strafbarkeit wegen Schaffung einer Gefahrenquelle aus, wenn keiner der Angeklagten eine Gefahrenquelle geschaffen oder unterhalten hat. Zur Eröffnung der Gefahrenquelle zählt es, dass „die naheliegende Gefahr“, das Rechtsgut eines anderen zu verletzen, erfüllt wird. Die Annahme, eine Gefahrenquelle zu eröffnen, wird jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn sich das spätere Opfer den Zugang zum Rauschmittel selbst verschafft.

Der Geschädigte hat sich das Rauschgifts eigenmächtig verschafft. Damit scheidet eine Garantenpflicht und mithin die Strafbarkeit wegen eines Tötungsdeliktes aus. Es verbleibt die Strafbarkeit wegen Unterlassener Hilfeleistung gem. § 323 c StGB.

 

Einen Mord aufgrund der Verwendung gemeingefährlicher Mittel begeht ein Beschuldigter dann nicht, wenn er eine „schlichte“ Mehrfachtötung begeht. Eine solche liegt dann vor, wenn sich der Beschuldigte mit Tötungsabsicht gegen eine bestimmte Anzahl von ihm individualisierter Betroffener richtet.

In seinem Beschluss vom 12. November 2019 (2 StR 415/19) setzte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinander, ob die Tötung mehrerer Personen mittels eines Tatmittels bereits eine Tatbegehung mittels eines gemeingefährlichen Mittels, im Sinne eines Mordes, begründet. Wegen Mordes machts sich ein Beschuldigter strafbar, welcher die Tat mittels gemeingefährlicher Mittel begeht. Gemeingefährlich ist ein Tatmittel, wenn der Beschuldigte ein Tötungsmittel einsetzt, das in der konkreten Tatsituation eine unbestimmte Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil er die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Dabei ist nicht allein auf die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels abzustellen, sondern auf seine Eignung und Wirkung in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Beschuldigten. Der Beschuldigte zündete eine Scheune in der Kenntnis an, dass hierdurch die Betroffene und deren zwei Kinder gefährdet werden. Hierbei nahm der Beschuldigte den Tod der Betroffenen und von deren Kindern billigend in Kauf. Im Anschluss hieran verurteilte das Landgericht den Beschuldigten wegen versuchten Mordes mit einem gemeingefährlichen Mittel. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs beging der Beschuldigt jedoch keine Tötung mittels eines gemeingefährlichen Mittels. Von der Tatbegehung mittels eines gemeingefährlichen Mittels wird eine „schlichte“ Mehrfachtötung nicht erfasst; eine solche liegt jedenfalls dann vor, wenn sich der Beschuldigte mit Tötungsabsicht gegen eine bestimmte Anzahl von ihm individualisierter Betroffener richtet. Vorliegend nahm der Beschuldigte mit dem Tod der Betroffenen und ihrer Kinder eine versuchte Mehrfachtötung billigend in Kauf.

Anwalt für Strafrecht: Fahrlässige Tötung

Justizvollzugsbeamte, die einem Strafgefangenen ohne Sorgfaltspflichtverletzung einen Freigang gewähren, machen sich nicht wegen fahrlässiger Tötung strafbar, wenn der Gefangene beim Freigang einen Mord begeht

Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, § 222 StGB. Fahrlässig handelt dabei, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Erforderlich ist mithin, dass eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung vorliegt und dass diese für den Täter auch erkennbar war. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seiner aktuellen Entscheidung vom 26. November 2019 (2 StR 557/18) mit der Frage, ob sich Justizvollzugsbeamte wegen fahrlässiger Tötung strafbar machen, wenn sie einem Häftling Freigang gewähren, der daraufhin eine andere Person tötet. In dem vorliegenden Fall tötete ein Häftling eine junge Frau, als er während dem von den zuständigen Justizvollzugsbeamten genehmigten Freigang vor der Polizei flüchtete und mit rasanter Geschwindigkeit als „Geisterfahrer“ auf die Gegenfahrbahn fuhr. Der überlebende Häftling wurde wegen dieser Tat unter anderem wegen Mordes verurteilt. Der Bundesgerichtshof verneinte jedoch eine Strafbarkeit der Justizvollzugsbeamten wegen fahrlässiger Tötung. Die Entscheidung, dem Häftling Lockerungen in Form von Freigängen zu gewähren, sei nicht sorgfaltspflichtwidrig gewesen. Den Justizvollzugsbeamten komme bei jeder Entscheidung über vollzugsöffnende Maßnahmen bei der Abwägung zwischen der Sicherheit der Allgemeinheit einerseits und dem grundrechtlich geschützten Resozialisierungsinteresse eines Strafgefangenen andererseits ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Dieser sei vorliegend nicht überschritten worden, da die Angeklagten aus der maßgeblichen Sicht zum damaligen Zeitpunkt alle relevanten Aspekte berücksichtigt hatten. Zudem sei auch eine objektive Vorhersehbarkeit des konkreten Taterfolgs nicht gegeben. Ein Fluchtverlauf, bei dem ein Häftling einen vorsätzlichen Mord unter Verwirklichung des Mordmerkmals der Gemeingefährlichkeit begeht, liege so außerhalb der gewöhnlichen Erfahrung, dass mit ihm nicht gerechnet werden müsse.

Anwalt für Strafrecht: Mord/politisches Tatmotiv

Eine politische Tatmotivation jenseits des Widerstandsrechts aus Art. 20 Abs. 4 GG ist ein niedriger Beweggrund im Sinne eines Mordes.

Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 22. August 2019 (StB 21/19) damit, ob ein politisches Tatmotiv ein niedriger Beweggrund im Sinne eines Mordes darstellt. Wegen Mordes macht sich strafbar, wer einen anderen Menschen aus niedrigen Beweggründen tötet. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, tötete den Betroffenen nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand wegen dessen politischer Überzeugung und Betätigung als Regierungspräsident und gleichsam für die von ihm vertretene liberale Linie in der Flüchtlingspolitik. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs handelte der Beschuldigte vermutlich aus niedrigen Beweggründen. Eine politische Tatmotivation ist jenseits des Widerstandsrechts aus Art. 20 Abs. 4 GG nach allgemeiner sittlicher Anschauung grundsätzlich verachtenswert und steht auf tiefster Stufe, da die bewusste Missachtung des Prinzips der Gewaltfreiheit der politischen Auseinandersetzung durch physische Vernichtung politischer Gegner mit der Rechtsordnung schlichtweg unvereinbar ist.

Anwalt für Strafrecht: Minder schwerer Fall des Totschlags

Eine Tat kann auch dann auf der Stelle im Sinne eines minder schweren Falls des Totschlags erfolgen, wenn zwischen der Auseinandersetzung und dem eigentlichen Tatgeschehen ein gewisser zeitlicher Abstand liegt. Dies ist der Fall, wenn der durch die Provokation und die Misshandlung hervorgerufene Zorn des Beschuldigten im Zeitpunkt der Tatbegehung noch angehalten und als nicht durch rationale Abwägung unterbrochene Gefühlsaufwallung fortgewirkt hat.

Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 19. November 2019 (2 StR 378/19) damit zu befassen, inwiefern der Beschuldigte bei einer zeitlich nach einer Misshandlung erfolgten Tötung noch auf der Stelle zur Tat hingerissen ist. Ein für den Beschuldigten günstiger minder schwerer Fall des Totschlags liegt dann vor, wenn der Beschuldigte durch eine ihm zugefügte Behandlung des Betroffenen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen wurde. Der Betroffene in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, provozierte den Beschuldigten woraufhin sich eine körperliche Auseinandersetzung zwischen dem Beschuldigten und dem Betroffenen entwickelte. Im Zuge dieser versetzte der Betroffene dem Beschuldigten einen Schlag gegen die Oberlippe, welche diese zum Aufplatzen brachte. Im Anschluss hieran zog die Ehefrau des Betroffenen diesen Weg. Der Beschuldigte war wütend und wollte die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Er suchte eine Glasflasche, brach diese ab und ging wutentbrannt auf den Betroffenen los. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs war der Beschuldigte zum Zorn gereizt und auf der Stelle zur Tat hingerissen worden. Es bestand zwar ein gewisser zeitlicher Abstand zwischen der Auseinandersetzung und dem eigentlichen Tatgeschehen, dies unterbricht aber nicht den erforderlichen Zusammenhang, der insoweit bestehen muss, als der durch die Provokation und die Misshandlung hervorgerufene Zorn im Zeitpunkt der Tatbegehung noch angehalten und als nicht durch rationale Abwägung unterbrochene Gefühlsaufwallung fortgewirkt hat.

Anwalt für Strafrecht: Schwere Körperverletzung

Bei besonders großen oder markanten Narben oder auch einer Vielzahl von Narben in derselben Körperregion kann eine in erheblicher Weise dauernde Entstellung vorliegen.

In seiner Entscheidung vom 20. April 2011 (2 StR 29/11) beschäftigte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, ob eine verletzte Person durch Operationsnarben im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB in erheblicher Weise dauernd entstellt wird. Eine dauernde Entstellung in erheblicher Weise ist eine Verunstaltung der Gesamterscheinung des Verletzten, die dem Gewicht der geringsten Fälle nach § 226 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB gleichkommt. In dem vorliegenden Fall hatte der Angeklagte den Betroffenen mit einem Springmesser zweimal in den linken Arm und siebenmal auf der linken Seite in den Oberarm gestochen. Der Zeuge musste daraufhin intensivmedizinisch behandelt werden, wodurch eine Vielzahl markant bleibender Narben und überdauernde große Narben im Oberkörperbereich entstande. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs können grundsätzlich auch besonders große oder markante Narben oder eine Vielzahl von Narben in derselben Körperregion das Merkmal der in erheblicher Weise dauernden Entstellung im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklichen. Ob die Qualifikation der Tat auf das äußere Verletzungsbild des Betroffenen mitsamt den Operationsnarben tatsächlich zutrifft, sei stets im Einzelfall nachzuprüfen.