Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Raub durch konkludente Drohung
Eine Drohung im Zuge eines Raubes kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Für eine konkludente Drohung muss der Beschuldigte dem Betroffenen durch schlüssiges Verhalten oder in verdeckter Weise vermitteln, dass eine Gefahr für Leib und Leben besteht. Es genügt nicht alleine die Erwartung des Betroffenen der Beschuldigte werde ihm ein empfindliches Übel zufügen. Die konkludente Drohung mit Fortführung von Gewalt setzt somit voraus, dass sich aus den Gesamtumständen einschließlich der zuvor verübten Gewalt die aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung entnehmen lässt. Nutzt der Beschuldigte nur die Einschüchterung des Betroffenen durch vorangegangen Gewaltanwendung aus, so entfällt eine konkludente Drohung. In seinem Urteil vom 12. Februar 2015 (1 StR 444/14) hatte sich der Bundesgerichtshof damit auseinander zu setzen, inwiefern die Vorstellung des Beschuldigten von bevorstehender Gewaltanwendung zur Begründung einer Drohung geeignet ist. Der Beschuldigte wendete mittels eines Elektroschockers gegenüber dem Betroffenen Gewalt an. Der Einsatz des Elektroschockers erfolgte nicht mit der Absicht dem Betroffenen etwas wegzunehmen. Im Anschluss an die Gewaltanwendung entschloss sich der Beschuldigte dem Betroffenen Elektrogeräte zu entwenden, um „Anwaltskosten zu bezahlen“. Der Betroffene befürchtete den Einsatz weiterer Gewalt und war eingeschüchtert, weshalb er die gewünschten Gegenstände an den Beschuldigten aushändigte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt trotz der Befürchtungen des Betroffenen keine konkludente Drohung vor. Es lag keine Äußerung oder sonstige Handlung des Beschuldigten vor, welche nach dem Fassen des Entschlusses zur Wegnahme eine weitere Gewaltanwendung nahe legt. Alleine, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmeentschlusses eingesetzten Nötigungsmittels noch anhielten und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme einer Drohung nicht. Somit machte der Beschuldigte sich nicht wegen Raubes strafbar.
Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexueller Missbrauch eines behördlich Verwahrten, § 174a StGB
Des sexuellen Missbrauchs eines behördlich Verwahrten gem. § 174a StGB macht man sich strafbar, wenn man an einer auf behördliche Anordnung verwahrten Person sexuelle Handlungen vornimmt oder durch diese vornehmen lässt. Dies muss unter Missbrauch der Stellung des Beschuldigten erfolgen. Auf behördliche Anordnung verwahrt ist, wer sich aufgrund hoheitlicher Gewalt in staatlichem Gewahrsam befindet. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 16. Juli 2015 damit zu befassen, ob in Jugendheimen untergebrachte Jugendliche auf behördliche Anordnung verwahrt sind. Der Beschuldigte war in Jugendhilfeeinrichtungen (Heimen) als Erzieher tätig. Hier kam es in mehreren Fällen zu sexuellen Handlungen mit Jugendlichen, welche in entsprechenden Heimen untergebracht waren. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs handelte es sich bei den Betroffenen nicht um auf behördliche Anordnung Verwahrte. Grundlage für eine Heimunterbringung ist, bis auf wenige Ausnahmekonstellationen, die Entscheidung des Sorgeberechtigten. Sind die Eltern sorgeberechtigt, so entscheidet keine Behörde. Auch ein gerichtlich bestellter Vormund ist weder dem Familiengericht noch Jugendamt weisungsunterworfen. Somit stellt seine Entscheidung eine Heimerziehung in Anspruch zu nehmen ebenfalls keine behördliche Anordnung einer Unterbringung dar.
Anwalt für Strafrecht: Störung der Totenruhe
Wegen Störung der Totenruhe macht sich strafbar, wer unberechtigt Teile eines verstorbenen Menschen oder dessen Asche wegnimmt. Bei Asche handelt es sich um alle nach der Einäscherung verbleibenden Rückstände, auch die vormals mit einem Körper fest verbundenen festen Bestandteile. In seinem Beschluss vom 30. Juni 2015 (5 StR 71/15) sah sich der Bundesgerichtshof mit dem Entwenden von Zahngold nach der Einäscherung eines Verstorbenen konfrontiert. Im Zuge dessen stellte sich die Frage, ob Zahngold Bestandteil der Asche im Sinne einer Störung der Totenruhe ist. Der Beschuldigte war Hilfsbediensteter in einem Krematorium. Im Rahmen seiner Tätigkeit entwendete er, nach der Verbrennung von Toten, Zahngoldreste aus dem Verbrennungskasten. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs ist Zahngold Bestandteil der Asche und somit machte sich der Beschuldigte der Störung der Totenruhe strafbar. Die Störung der Totenruhe schützt die sterbliche Hülle des Toten und deren Überreste in ihrer Gesamtheit. Zum Körper des Menschen gehören auch künstliche Körperteile, die Körperfunktionen des Trägers übernehmen und nicht ohne Verletzung der körperlichen Integrität entfernt werden können. Hierzu zählt auch Zahngold.
Anwalt für Strafrecht: Computerbetrug bei Vertretungsmacht
Der Tatbestand des Computerbetrugs erfasst nur solche Handlungen, die, würden nicht lediglich maschinell gesteuerte Geschehensabläufe ausgelöst, als Betrug durch täuschungsbedingte Veranlassung der Vermögensverfügung eines anderen als dem Beschuldigten zu bewerten sind. In seinem Beschluss vom 23.Juli 2013 (3 StR 96/13) hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinanderzusetzen, inwiefern ein Beschuldigter im Rahmen eines Computerbetrugs täuschen kann, wenn er im Namen des Vermögensinhabers handelt. Der Beschuldigte war Angestellter einer Bank und berechtigt, in deren Namen nach Identitäts- und Bonitätsprüfung, selbstständig Konten zu eröffnen. Der Beschuldigte ließ sich von Dritten dazu veranlassen, mehrere Konten zu eröffnen, welche diese zum eigenen Vorteil belasteten. Hierfür erhielt der Beschuldigte eine Provision von 10% des jeweiligen Kredits. Die Konten wurden nach Eingabe der Prüfungsergebnisse durch ein EDV System automatisch erstellt und nicht durch einen weiteren Mitarbeiter überprüft. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs macht sich der Beschuldigte keines Computerbetrugs strafbar. Der Beschuldigte war berechtig selbstständig Entscheidungen über die Konteneröffnung zu treffen. Eröffnete er ein Konto so verfügte er im Namen der Bank und mit Wirkung für diese. Nimmt man an, der Bearbeitungsvorgang wäre nicht durch ein EDV System sondern manuell durch Mitarbeiter der Bank durchgeführt worden, so scheidet auch bei diesen eine Täuschung aus.
Anwalt für Strafrecht: Betrug
Bei einem Betrug muss der Beschuldigte den Betroffenen täuschen. Eine Täuschung ist jede Einwirkung des Beschuldigten auf die Vorstellung des Getäuschten, die geeignet und dazu bestimmt ist, beim Adressaten der Erklärung eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen. Sie besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Welchen Erklärungswert eine konkludent abgegebene Äußerung besitzt, beurteilt sich nach dem Empfängerhorizont und der Verkehrsanschauung. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 12. Februar 2015 (2 StR 109/14) mit der Frage, welchen Erklärungsgehalt die Abgabe von Rezepten durch einen Apotheker an eine Krankenkasse, zur Kostenerstattung, zukommt. Der Beschuldigte Apotheker ließ sich von einer Krankenkasse im Rahmen einer Sammelabrechnung Geld für Arzneimittelverkäufe auszahlen, welche nie getätigt wurden. Dies erreichte der Beschuldigte, indem er gefälschte Rezepte bei der Krankenkasse einreichte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt hierin eine Täuschung durch den Beschuldigten. Bei Abgabe der Abrechnungen erklärte der Beschuldigte stillschweigend, dass er bestehende sozialrechtliche Erstattungsansprüche nur für tatsächlich durchgeführte Verkäufe geltend macht. Die entsprechende Erklärung war insofern falsch, als die eingereichten Rezepte gefälscht waren und ohne Arzneimittelabgabe zur Abrechnung eingereicht wurden.
Anwalt für Strafrecht: Geiselnahme
Für eine Geiselnahme muss der Beschuldigte den Betroffenen in eine Bemächtigungssituation versetzten. Der Bemächtigungssituation muss hierbei eine eigenständige Bedeutung zukommen. Eine solche eigenständige Bedeutung hat diese nicht, wenn der Beschuldigte sich des Betroffenen mittels einer Drohung ermächtigt, um ihn in unmittelbarem Zusammenhang zu weitergehenden Handlungen zu nötigen. In diesem Fall werden die ernötigten Handlungen alleine durch die Drohung durchgesetzt. Der Beschuldigte in dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27. Mai 2014 (2 StR 606/13) drohte der Betroffenen um sie zu sexuellen Handlungen zu zwingen. Als diese fliehen wollte klebte er ihr den Mund mit Klebeband zu, würgte sie und sprach Todesdrohungen aus. Die Drohungen verband der Beschuldigte mit der Aufforderung sexuelle Handlungen vorzunehmen. Dem Bundesgerichtshof stellte sich die Frage, ob hier die für eine Geiselnahme erforderliche Bemächtigungssituation vorlag. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs diente das Würgen und die Drohung dazu, sich der Betroffenen zu bemächtigen um sie in unmittelbarem Anschluss daran zu weitergehenden Handlungen zu nötigen. Somit kam der Bemächtigungssituation keine eigenständige Bedeutung zu und der Beschuldigte machte sich keiner Geiselnahme strafbar.
Anwalt für Strafrecht: Entfall des Ausnutzungsbewusstsein beim heimtückischen Mord
Einen Mord begeht ein Beschuldigter heimtückisch, wenn er die Arg- und Wehrlosigkeit des Betroffenen bewusst zur Ausführung des tödlichen Angriffs ausnutzt. Hierbei muss der Beschuldigte die Arglosigkeit des Betroffenen wahrgenommen haben und ihm muss bewusst gewesen sein, den durch Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Betroffenen zu überraschen. In seinem Urteil vom 20. August 2014 (1 StR 605/13) befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, wann ein psychischer Ausnahmezustand beim Beschuldigten das Ausnutzungsbewusstsein entfallen lassen kann. Der Beschuldigte und der Betroffene verabredeten sich zu einem Faustkampf ohne Waffen. Nachdem er niedergeschlagen wurde griff der Beschuldigte den arglosen Betroffenen mit Tötungsvorsatz mit einer Waffe an. Hierbei fasste der Beschuldigte den Tatentschluss, von starken Wut- und Rachegefühlen getrieben, spontan. Weiterhin wies der Beschuldigte eine Persönlichkeitsstörung von einem emotional-instabilen Typ auf und seine Anspannung wurde durch enthemmende Alkoholisierung verstärkt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs sind diese Faktoren geeignet das Ausnutzungsbewusstsein des Beschuldigten entfallen zu lassen. Die Persönlichkeitsstörung, die Alkoholisierung und der spontane Tatentschluss aufgrund starker Wut- und Rachegefühle sind für sich genommen nicht geeignet das Ausnutzungsbewusstsein entfallen zu lassen. In ihrem Zusammenwirken ist dies jedoch möglich.
Anwalt für Strafrecht: Körperverletzungsvorsatz
Für eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung muss der Beschuldigte Vorsatz bezüglich der Körperverletzung gehabt haben. Dieser ist bereits gegeben, wenn der Beschuldigte den Eintritt des tatbestandlichen Verletzungserfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt. Das für den Vorsatz erforderliche Wissen muss im Zeitpunkt der Tathandlung in aktuell wirksamer Weise vorhanden sein, nicht erlangtes oder potentielles Wissen reicht hierfür nicht aus. In seinem Beschluss vom 14. Januar 2015 (5 StR 494/14) befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, inwiefern verminderte kognitive Leistungsfähigkeit geeignet ist, einen Körperverletzungsvorsatz entfallen zu lassen. Der Beschuldigte schüttelte einen zwei Monate alten Säugling, was dessen Tod zur Folge hatte. Deshalb wurde gegen ihn ein Verfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge geführt. Dem Beschuldigten wurde vor dem Schütteln nicht erläutert, welche Folgen dieses für einen Säugling im entsprechenden Alter haben kann. Weiterhin befand er sich während der Verletzungshandlung in einer Stresssituation, weshalb ihm aus den ersten Bewegungen des Kindes nicht die Gefahr eines Körperverletzungserfolges bewusst wurde. Der Beschuldigte verfügt über eine stark verlangsamte und in ihrer Qualität geringe kognitive Leistungsfähigkeit, jedoch war seine Fähigkeit zur Reflektion nicht soweit eingeschränkt, dass er die schweren Folgen nicht vorhersehen konnte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs handelte der Beschuldigte nicht vorsätzlich bezüglich der Körperverletzung. Eine Stresssituation und fehlende Kenntnis über die Folgen eines Schüttelns sind allgemein nicht geeignet den Vorsatz entfallen zu lassen. Angesichts der verminderten Denkfähigkeit des Beschuldigten und der gegeben Stresssituation ist es jedoch möglich und hinzunehmen, dass dem Beschuldigten die Gefährlichkeit seines Handelns in der konkreten Situation nicht bewusst wurde. Die potentielle Reflektionsfähigkeit des Beschuldigten schließt dies nicht aus, denn aus dieser ist nicht zwingend auf ein sofortiges Reflektieren in der Überforderungssituation zu schließen.
Anwalt für Strafrecht: Holzlatte als gefährliches Werkzeug
Ein Gefährliches Werkzeug im Zuge eines Raubes ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Dies ist dann gegeben, wenn der Beschuldigte ein generell gefährliches Tatmittel einsetzt oder wenn sich die objektive Gefährlichkeit des eingesetzten Gegenstandes erst aus der konkreten Art seiner Verwendung ergibt, welche geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Der Beschuldigte schlug in dem, dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. März 2015 (4 StR 538/14) zugrunde liegenden Sachverhalt den Betroffenen mit einer Holzlatte. Im Zuge dessen stellte sich dem Bundesgerichtshof die Frage, ob die Verwendung der Holzlatte potentiell gefährlich genug ist, um als gefährliches Werkzeug angesehen zu werden. Der Beschuldigte fügte dem Betroffenen durch den Schlag in dessen Knieregion eine Platzwunde zu. Die Holzlatte war zum Transport von Küchenmöbeln gedacht und zeichnete sich durch eine entsprechende Stabilität aus. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hat der Beschuldigte hier die Latte als ein gefährliches Werkzeug verwendet. Entscheidend ist die potentielle Gefährlichkeit der konkreten Benutzung des Werkzeugs. Aufgrund ihrer Beschaffenheit und Stabilität war die Holzlatte dazu geeignet, erhebliche Verletzungen zu verursachen. Bei Schlägen in die Knieregion kann es zu erheblichen Verletzungen kommen. Weiterhin lag es nahe, dass aufgrund der Einsatzweise der Holzlatte durch den Beschuldigten weitere empfindliche Körperregionen des Betroffenen verletzt werden.
Anwalt für Strafrecht: Herbeiführen einer Brandgefahr durch offene Feuerstellen
Für Strafbarkeit wegen des Herbeiführens einer Brandgefahr durch eine Feuerstelle in einem Wald muss eine konkrete Gefährdung des Waldes vorgelegen haben. Eine konkrete Gefährdung liegt vor, wenn es alleine vom Zufall abhängt, ob am Wald ein Schaden eintritt. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Urteil vom 24. Juni 2014 (3 StR 223/14) damit, zu welchen Umständen das Gericht zum Beleg einer konkreten Gefährdung Feststellungen treffen muss. Der Beschuldigte hinterließ eine noch glimmende und qualmende Feuerstelle. Diese hatte er mit einer Blechplatte bedeckt. Das Landgericht verurteilte den Beschuldigten im Zuge dessen wegen Herbeiführen einer Brandgefahr mit der Begründung, es sei letztlich dem Zufall geschuldet, ob das Feuer auf den Wald übergreift. Der Bundesgerichtshof schloss sich dem nicht an. Vielmehr hätte es weiterer Ausführungen insbesondere zur Höhe des Feuers, einem tatsächlichen Funkenflug und sonstigen für ein Entzünden eines Waldes wesentlichen Umständen bedurft. Zu solchen Umständen zählt die Trockenheit des Bodens und Unterholz in welches Funken fallen können.