Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: räuberischer Diebstahl

Allein die Flucht mit gestohlener Beute belegt nicht ohne weiteres eine Besitzerhaltungsabsicht im Sinne des § 252 StGB

Allein die Flucht mit gestohlener Beute belegt nicht ohne weiteres eine Besitzerhaltungsabsicht im Sinne des § 252 StGB.
Wegen eines räuberischen Diebstahls nach § 252 StGB macht sich strafbar, wer bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen wird und seinem Verfolger Gewalt zufügt oder ihm mit Leibes- oder Lebensgefahr droht, um sich im Besitz des Diebesguts zu erhalten.

Diese erforderliche Besitzerhaltungsabsicht ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht ohne weiteres anzunehmen, wenn der Betroffene mit der Beute flieht. In seinem Beschluss vom 4.9.2014 - 1 StR 389/14 führte der BGH aus, dass die Besitzerhaltungsabsicht zwar nicht der einzige Beweggrund für die Gewaltanwendung oder den Einsatz des Nötigungsmittels sein muss. Eine bloße Fluchtabsicht genüge jedoch nicht. Das Tatgericht muss daher genau belegen, ob es dem Betroffenen gerade auch auf die Erhaltung der Beute ankommt oder ob er nur fliehen will und die Beute hierbei schlichtweg mitnimmt.

Damit hob der BGH eine Verurteilung des Angeklagten wegen räuberischen Diebstahls auf, da das Landgericht die Beutesicherungsabsicht nicht hinreichend belegt, sondern lediglich formelhafte Ausführungen zur subjektiven Tatseite gemacht hatte.

www.räuberischer-diebstahl.berlin/

 

Anwalt für Strafrecht: Urkundenfälschung

Ein gefälschter Personenausweis, der eine tatsächlich nicht existierende Behörde als Aussteller erkennen lässt, stellt eine Urkunde im Sinne des § 267 StGB dar, solange es sich bei dem Namen der Behörde nicht um einen erkennbaren Phantasienamen handelt.

In seinem Urteil vom 14.05.2014, 3 Ss 50/14 hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg entschieden, dass die tatsächliche Existenz des Ausstellers eines Ausweises weder für die Frage der Ausstellererkennbarkeit noch für die Frage der Täuschung über die Ausstelleridentität eine Voraussetzung des Urkundenbegriffs nach § 267 StGB ist.

Etwas anderes gilt nach Ansicht des OLG nur, wenn die scheinbare Ausstellerin überhaupt nicht existiert und es sich folglich um einen als solchen ohne weiteres erkennbaren Phantasienamen handelt. Bei diesem müsse es für den Adressaten auf der Hand liegen, dass es eine natürliche oder juristische Person dieses Namens nicht gibt oder sie zumindest nicht Urheberin der Erklärung sein kann.

Damit hob das OLG Bamberg ein Urteil des Landgerichts auf, durch das der Angeklagte vom Vorwurf der Urkundenfälschung freigesprochen wurde. Er hatte sich einen Personenausweis bestellt, auf dem als Ausstellerin die Freie Stadt Danzig zu erkennen war. Da eine solche Behörde real nicht existierte und der Ausweis sich für das Landgericht als plumpe Fälschung darstellte, verneinte es die Urkundenqualität des Ausweises und zugleich eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen § 267 StGB.

Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht / Beschuldigtenvernehmung

Ein im Rahmen einer polizeilich durchgeführten Vernehmung abgelegtes Geständnis darf gemäß § 136a StPO im Verfahren nicht verwertet werden, wenn der Betroffene vorher ca. 38 Stunden nicht geschlafen hat und sich körperlich und psychisch im Zustand der Übermüdung befindet.

In seinem Beschluss vom 21.10.2014 - 5 StR 296/14 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) sich mit der Verwertbarkeit eines im Zustand der Übermüdung abgelegten Geständnisses des Beschuldigten zu befassen. § 136a StPO ordnet dazu an, dass die Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung des Beschuldigten bei seiner Vernehmung nicht durch Ermüdung beeinträchtigt werden darf.

Eine solche Beeinträchtigung ist nach Ansicht des BGH jedoch nicht von der Hand zu weisen, wenn der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Vernehmung schon ungefähr 38 Stunden nicht mehr geschlafen hat und sowohl körperlich als auch seelisch tiefgreifend entkräftet ist.

Dem steht nach Ausführungen des BGH auch der subjektive Eindruck des vernehmenden Polizeibeamten, der Beschuldigte habe weder betäubt noch übermüdet gewirkt, nicht entgegen. Ebenso sei nicht erforderlich, dass sich der Beschuldigte ausdrücklich auf die Müdigkeit beruft. Ein Geständnis, das in einem solchen Zustand der Übermüdung gemacht werde, dürfe gemäß § 136a Abs. 3 S. 2 StPO nicht verwertet werden.

Damit hob der BGH die Verurteilung der Angeklagten wegen Totschlags auf. Sie hatte ihr Baby direkt nach der Geburt erstickt und wurde 38 Stunden nach der Tat von der Polizei vernommen, obwohl sie in der Zwischenzeit nicht geschlafen und mehrere körperliche Zusammenbrüche erlitten hatte, die auch stationär behandelt werden mussten. Nach mehreren, sich in dieser Zeitspanne abspielenden, polizeilichen Vernehmungen hatte die Beschuldigte schließlich das Geständnis abgelegt.

Anwalt für Strafrecht: unbefugte Ingebrauchnahme eines Fahrzeugs

Die unbefugte Ingebrauchnahme eines Fahrzeugs ist regelmäßig nicht nach § 248b StGB strafbar, wenn das Fahrzeug nur benutzt wird, um es dem Berechtigten zurückzubringen.

In seinem Beschluss vom 24.6.2014 - 2 StR 73/14 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass die unberechtigte Ingebrauchnahme eines Fahrzeugs in der Regel dann nicht gemäß § 248b StGB strafbar ist, wenn sie allein zum Zwecke der Rückführung an den Berechtigten vorgenommen wird.

Zwar liegt keine ausdrückliche Gestattung in Form eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses vor. Nach Ansicht des BGH erfolgt die Rückführung des Fahrzeugs aber dennoch nicht gegen den Willen des Berechtigten, sondern ist regelmäßig von dessen mutmaßlichen Willen gedeckt. Denn die Nutzung des Fahrzeugs als Fortbewegungsmittel sei in diesen Fällen gerade nicht auf die Verletzung der uneingeschränkten Verfügungsmöglichkeiten des Berechtigten, sondern vielmehr auf die Wiedereinräumung gerichtet.
Damit hob der BGH die Verurteilung eines Angeklagten auf, der sich bei einer Mietwagenfirma ein Auto gemietet und dies erst nach Ablauf der Mietzeit zurückgebracht hatte. Da der Angeklagte das Auto tatsächlich nur für die Rückführung in Gebrauch genommen hatte, nahm der BGH ein tatbestandsausschließendes Einverständnis der Mietwagenfirma an.

Anwalt für Strafrecht: Straßenverkehrsrecht / Telefonieren am Steuer

Ein Mobiltelefon darf im Fahrzeug benutzt werden, wenn das Fahrzeug steht und der Motor dabei infolge einer automatischen Start-Stopp-Funktion ausgeschaltet ist.

In seinem Beschluss vom 9.9.2014 - 1 RBs 1/14 hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden, dass das ''Telefonieren'' auch bei einem automatisch abgeschalteten Motor zulässig ist, der durch das Gaspedal wieder in Gang gesetzt werden kann. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass das Fahrzeug tatsächlich steht und der Motor aus ist, damit dem Fahrzeugführer beide Hände für die eigentlichen Fahraufgaben zur Verfügung stehen.

Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, macht es für das OLG Hamm keinen Unterschied, ob der Motor zuvor durch den Fahrer mittels Betätigen der Zündung manuell oder durch Abbremsen bzw. dem Stillstand des Fahrzeugs automatisch abgeschaltet wurde.

Mit diesem Beschluss gab das OLG Hamm der Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen ein Urteil des Amtsgerichts statt, durch das der Betroffene zu Unrecht wegen verbotenen ''Telefonierens mit einem Handy'' zu einer Geldbuße von 40 Euro verurteilt wurde.

Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht / faires Verfahren

Ein Beschuldigter, der der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist, hat das Recht auf die Übersendung einer Übersetzung der Anklageschrift, welche ihm in der Regel schon vor der Hauptverhandlung zugehen sollte.

Dazu gehöre insbesondere die Übersendung einer Übersetzung der Anklageschrift in einer für ihn verständlichen Sprache. Diese soll dem Beschuldigten nach Ausführungen des BGH in der Regel schon vor der Hauptverhandlung zugehen. Eine mündliche Übersetzung könne dagegen nur in Ausnahmefällen genügen, namentlich wenn der Verfahrensgegenstand tatsächlich und rechtlich einfach zu überschauen sei.

Grundsätzlich sprach sich der BGH jedoch dafür aus, dass nur durch die Mitteilung der übersetzten Anklageschrift die durch Art. 6 Abs. 3 Buchst. a) EMRK gewährleistete Information des Beschuldigten über den Tatvorwurf in allen Einzelheiten bewirkt werden kann. Zudem warnte er vor einer eventuellen Beschneidung der Erklärungsrechte des Angeschuldigten nach § 201 StPO, wenn dieser nicht umfassend und zeitnah über den Anklagevorwurf unterrichtet werde.

Anwalt für Strafrecht: Unterschlagung

Wird der Tatbestand der Unterschlagung zugleich mit einem anderen Delikt verwirklicht, das eine abstrakte Strafandrohung von mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe vorsieht, so darf keine Verurteilung wegen Unterschlagung ergehen.

In seinem Beschluss vom 24. Juli 2014 - 3 StR 188/14 hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass die Subsidiaritätsklausel des § 246 Abs. 1 StGB nicht nur im Verhältnis zu Zueignungsdelikten gilt.

Gemäß § 246 Abs. 1 darf man nur wegen Unterschlagung bestraft werden, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Da die Unterschlagung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren sanktioniert wird, muss das andere in Betracht kommende Strafgesetz eine Strafandrohung von mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe vorsehen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist es aber egal, ob es sich bei der anderen Tat auch um ein Zueignungsdelikt handelt. Vielmehr kommt jede Norm mit einer Strafandrohung von mehr als drei Jahren in Betracht.

Damit verwarf der BGH ein Urteil des Kammergerichts Berlin, durch das der Angeklagte wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in Tateinheit mit Unterschlagung zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten zur Bewährung verurteilt wurde. Da das Kammergericht bei der Zumessung der Strafe ausdrücklich zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hatte, dass er zwei Straftatbestände verwirklicht hat, konnte der BGH eine niedrigere Freiheitsstrafe bei ordnungsgemäßer Anwendung der Konkurrenzen nicht ausschließen.

Anwalt für Strafrecht: Strafvollzug / Unterbringung

Nichtrauchende Strafgefangene haben einen Anspruch in Gemeinschaftszellen mit Nichtrauchern untergebracht zu werden, es sei denn, sie stimmen der gemeinschaftlichen Unterbringung mit Rauchern ausdrücklich zu.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in seinem Beschluss vom 03.07.2014 1 Vollz (Ws) 135/14 entschieden, dass Strafgefangene, die nicht rauchen, einen Anspruch darauf haben, in
einer Gemeinschaftszelle mit anderen Nichtrauchern untergebracht zu werden. Etwas anderes
gilt nur, wenn vorher eine ausdrückliche Erklärung des Nichtrauchers eingeholt wird.

Damit gab das OLG Hamm einem Betroffenen Recht, der in der Justizvollzugsanstalt in Essen vier
Tage in einer Gemeinschaftszelle untergebracht wurde, in der sich auch rauchende Mitgefangene
aufhielten. Das OLG Hamm gab ihm nun Recht.

Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht

Eine Revisionshauptverhandlung darf nicht ohne die Anwesenheit des vom Angeklagten gewählten Verteidigers durchgeführt werden.

Mit seiner Verfügung vom 25.9.2014 - 2 StR 163/14 gab der Bundesgerichtshof (BGH) bekannt, dass Revisionshauptverhandlungen nicht mehr in Abwesenheit der Angeklagten und ihrer gewählten Verteidiger durchgeführt werden dürfen. Zukünftig soll der Wahlverteidiger, wenn er mitteilt, dass er nicht zur Hauptverhandlung erscheinen wird, in der Regel zum Pflichtverteidiger bestellt werden, um die Durchführung des Verfahrens zu sichern. Eine Verhandlung ohne den Verteidiger sei insbesondere in Anbetracht des Umstands, dass die Revision zum BGH das einzige Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Urteile der Landgerichte und Oberlandesgerichte ist, nicht mit Art. 6 Abs. 3 Buchstabe c) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar. Der Angeklagte könne nicht ohne jegliche Vertretung an einer womöglich folgenschweren Revisionshauptverhandlung teilnehmen, da er sein Recht auf rechtliches Gehör sonst jedenfalls faktisch nicht wahrnehmen könne.

Anwalt für Strafrecht: Strafverteidigung

Ein Strafverteidiger hat keinen grundsätzlichen Anspruch auf den Ausdruck einer kompletten e-Akte zum Zweck der sachgerechten Verteidigung, wenn ihm die komplette Akte auch dauerhaft in digitalisierter Form als Arbeitsgrundlage zur Verfügung steht.

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat in einer kürzlich veröffentlichen Pressemitteilung darauf hingewiesen, dass für einen Strafverteidiger zum Zweck der sachgerechten Verteidigung kein grundsätzlicher Anspruch auf den Ausdruck einer e-Akte besteht. Vielmehr sei es dem Verteidiger zuzumuten, sich zunächst mit Hilfe der e-Akte in den Sachverhalt einzuarbeiten und erst auf dieser Grundlage zu entscheiden, welche Aktenbestandteile auch in Papierform für die weitere Verteidigung benötigt werden. Die Dokumentenpauschale, über die Druckkosten ersetzt werden können, berechtige den Verteidiger nicht zum wahllosen Ausdruck aller überreichten Datenträger, sondern sei auf diejenigen digitalisierten Aktenteile beschränkt, die das Verfahren betreffen. Das OLG Düsseldorf verwies in seiner Pressemitteilung auf zwei Entscheidungen, in denen es sich mit unverhältnismäßigen Auslagen zu beschäftigen hatte. In einem Fall hatte es den geltend gemachten Vorschuss auf voraussichtlich entstehende Auslagen in Höhe von 67.262 ? auf 14.044 ? gekürzt.