Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Schwarzfahren

Um sich wegen der Erschleichung von Beförderungsleistungen (Schwarzfahren) strafbar zu machen, ist es nicht erforderlich, dass der Beschuldigte eine Schutzvorrichtung oder Kontrolle umgeht, bevor er ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt.

Eine Beförderungsleistung wird dann erschlichen, wenn der Beschuldigte ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen. Dem Bundesgerichtshof stellte sich in seinem Beschluss vom 8. Januar 2009 (4 StR 117/08) die Frage, ob eine Beförderungsleistung dann nicht erschlichen wird, wenn der Beschuldigte keine Kontroll- oder Zugangssperren überwinden musste. Der Beschuldigte fuhr in mehreren Fällen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, ohne im Besitz eines gültigen Fahrscheins zu sein und wurde beim Schwarzfahren erwischt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs bedarf es für die Erschleichung von Beförderungsleistungen weder des Umgehens noch des Ausschaltens vorhandener Sicherheitsvorkehrungen oder regelmäßiger Kontrollen. Eine Erschleichung beinhaltet lediglich die Herbeiführung eines Erfolges auf unrechtmäßigem, unlauterem oder unmoralischem Wege. Es genügt ein „täuschungsähnliches“ Moment dergestalt, dass die erstrebte Leistung durch unauffälliges Vorgehen erlangt wird. Nicht erforderlich ist, dass der Täter eine konkrete Schutzvorrichtung überwinden oder eine Kontrolle umgehen muss.

Anwalt für Strafrecht: Besonders schwerer Fall des Diebstahls

Eine Sache wird auch dann aus einem verschlossenen Behältnis, im Sinne eines besonders schweren Falls des Diebstahls entwendet, wenn das Behältnis mit einem Schlüssel geöffnet wird, der besonders gesichert war.

Einen besonders schweren Fall des Diebstahls begeht ein Beschuldigter, der eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder einen andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 5. August 2012 (2 Str 385/10) mit der Frage, ob einen Sache gegen Wegnahme besonders gesichert ist, wenn der Beschuldigte das Sicherungsbehältnis auf dem vorgesehenen Weg aufschließen kann. Die Beschuldigte entwendete den Tresorschlüssel einer Postfiliale und benutze diesen, um damit den Haupttresor der Filiale zu öffnen. Aus diesem entwendete die Beschuldigte 113.000,00 €. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hat die Beschuldigte eine Sache entwendet, welche durch ein verschlossenes Behältnis gegen eine Wegnahme besonders gesichert war. Der Beschuldigte muss alleine die Sicherung überwinden. Wie der Beschuldigte das bewerkstelligt ist nicht erheblich. Einer weiteren Sicherung, wie zum Beispiel ein Wegschließen des Schlüssels, bedarf es nicht. Es genügt bereites, dass das Behältnis mit dem dafür vorgesehenen Schlüssel geöffnet wird.

Anwalt für Strafrecht: Urkundenfälschung und Wahlbetrug

Zwei Delikte bilden eine Tateinheit, wenn eine Bewertungseinheit zwischen diesen vorliegt. Ein Wahlbetrug und diesem vorangegangene Urkundenfälschung bilden eine solche Bewertungseinheit nicht.

Zwischen zwei Delikten besteht Tateinheit, wenn eine Bewertungseinheit zwischen diesen besteht. Eine Bewertungseinheit liegt vor, wenn ein Tatbestand, der typischerweise im Gesetz in pauschalisierender, weit gefasster und verschiedene natürliche Handlungen umfassender Weise beschrieben ist und der dementsprechend trotz mehrerer derartiger Handlungen als nur einmal erfüllt angesehen wird. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 17. März 2011 (1 StR 407/10) damit zu befassen, ob Tateinheit zwischen Urkundenfälschung und Wahlfälschung besteht, wenn Briefwahlunterlagen manipuliert werden. Der Beschuldigte verschaffte sich die Wahlbenachrichtigungskarte des Betroffenen. Diese unterschrieb er mit dessen Namen und lies sich so die Briefwahlunterlagen des Betroffenen zukommen. Auch die entsprechenden Briefwahlunterlagen füllte der Beschuldigte selbst aus und sandte sie an die zuständige Wahlbehörde. Beim Ausfüllen der Briefwahlunterlagen hatte der Beschuldigte auch eine eidesstattliche Versicherung auszufüllen, dass der Wähler den Stimmzettel persönlich gekennzeichnet hat. Das Landgericht verurteilte den Beschuldigten im Anschluss daran wegen Wahlfälschung in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Der Bundesgerichtshof ist jedoch der Auffassung, dass zwischen Urkundenfälschung und Wahlfälschung keine Tateinheit, sondern Tatmehrheit besteht. Wahlfälschung wird nicht notwendiger- oder auch nur typischerweise mittels einer vorangegangenen Urkundenfälschung begangen, noch weniger erstrebt der Täter einer Urkundenfälschung notwendiger- oder typischerweise eine Wahlfälschung. Wahlfälschung einerseits und Urkundenfälschung andererseits sind Delikte mit unterschiedlicher Schutzrichtung.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexuelle Belästigung

Dem Beschuldigten muss für Strafbarkeit wegen sexueller Belästigung die belästigende Natur seiner Handlungen bewusst gewesen sein. Entsprechendes Bewusstsein ist dann nicht anzunehmen, wenn der Betroffene seine Abneigung gegenüber dem belästigenden Verhalten nicht zum Ausdruck gebracht hat.

Für eine Strafbarkeit wegen sexueller Belästigung muss der Beschuldigte von dem die belästigende Natur seiner Handlungen bewusst gewesen sein. Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Beschluss vom 15. November 2017 (5 StR 518/17) mit der Frage auseinander, welche Indizien für ein entsprechendes Bewusstsein des Beschuldigten sprechen. Der Beschuldigte traf sich mit der Betroffenen um mit ihr Geschlechtsverkehr zu haben. Dies hatten der Beschuldigte und die Betroffene im Voraus abgesprochen. Während des Treffens verlor die Betroffene das Interesse am Verkehr mit dem Beschuldigten. Der Beschuldigte schob der Betroffenen jedoch seine Hand in die Hose. Hierdurch fühlte sich die Betroffene belästigt. Im Anschluss zog die Betroffene seine Hand aus ihrer Hose und der Beschuldigte stellte sexuelle Handlungen ein. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs macht sich der Beschuldigte hier nicht der sexuellen Belästigung strafbar. Mangels Äußerungen der Betroffenen über ihren zwischenzeitlich eingetretenen Unwillen erschließt sich nicht, wieso dem Beschuldigten bewusst gewesen sein könnte, dass sein Verhalten als belästigend zu empfinden ist. Der Beschuldigte beendete die sexuellen Handlungen, als die Beschuldigte durch das Entfernen der Hand erstmalig ihre Abneigung gegenüber dem Verhalten des Beschuldigten zum Ausdruck gebracht hat.

Anwalt für Strafrecht: Diebstahl an einem Behältniss

Der Beschuldigte handelt ohne Zueignungsabsicht bezüglich einer Sache, wenn er sich lediglich deren Inhalt aneignen will. Ist der erwartete Inhalt nicht in der Sache, so ist keine Strafbarkeit wegen Diebstahl des Behältnisses gegeben.

Für die Verwirklichung eines Diebstahls muss der Beschuldigte Zueignungsabsicht gehabt haben. Zueignungsabsicht ist die Absicht eine Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Diese Absicht muss der Beschuldigte im Zeitpunkt der Wegnahme gehabt haben. In seinem Beschluss vom 10. April 2018 (4 StR 538/17) stellte sich dem Bundesgerichtshof die Frage, inwiefern Zueignungsabsicht vorliegt, wenn der sich nicht ein Behältnis, sondern nur dessen nicht vorhandenen Inhalt zueignen will. Der Beschuldigt drang in einen Supermarkt ein und entwendete die Geldbörse der Betroffenen. Diese entwendete der Beschuldigt in der Erwartung eines hohen Geldbetrags. Die Geldbörse war jedoch leer. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs fehlt es in einem solchen Fall, in dem sich der Beschuldigte nicht das Behältnis selbst, sondern nur dessen vermuteten Inhalt aneignen will, hinsichtlich des Behältnisses am Zueignungswillen des Beschuldigten im Zeitpunkt der Wegnahme.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Öffentliches Zugänglichmachen kinderpornographischer Schriften

Ein öffentliches Zugänglichmachen kinderpornographischer Schriften gem. § 184b StGB kann entfallen, wenn der Beschuldigte den Zugang zu kinderpornographischem Schriften durch Zugangshindernisse schützt. Das reine Erfordernis kinderpornographisches Material auf einem Internetportal zu posten, stellt kein hinreichendes Zugangshindernis dar.

Ein Zugänglichmachen, im Sinne eines öffentlichen Zugänglichmachen kinderpornographischer Schriften, liegt im Zurverfügungstellen einer Plattform, die dem Einstellen von Dateien im Internet dient, wobei die Möglichkeit des Lesezugriffs genügt. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Urteil vom 18. Januar 2012 (2 StR 151/11) damit, inwiefern Zugangsbeschränkungen auf einem Internetportal öffentliches Zugänglichmachen ausschließen können. Der Beschuldigte war Betreiber eines Internetportals für den Austausch kinderpornographischer Schriften gem. § 184b StGB. Es wurde Mitgliedern ermöglicht, kinderpornographisches Material einzusehen und selbst zu posten. Einem Nutzer, welcher kinderpornographisches Material postet, wurden Zugangsberechtigungen zu weiteren Bereichen des Portals mit kinderpornographischen Inhalten eingeräumt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt ein öffentliches Zugänglichmachen dann nicht vor, wenn dieses nur in einer geschlossenen Benutzergruppe mit bestimmten Zugangssicherungen bei zwei oder wenig mehr Personen erfolgt. Eine entsprechende Zugangssicherung liegt nicht vor, wenn das einzige Zugangshindernis das eigene Posten von kinderpornographischen Dateien ist. Hier kann das Zugänglichmachen von kinderpornographischem Material nicht auf einen dem Anbieter des Portals überschaubaren kleinen Personenkreis beschränkt werden. Es handelt sich vielmehr um einen anonymen nicht überschaubaren Benutzerkreis.

Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung

Massive Stresssituationen und Panik auslösende Ereignisse können bei älteren Personen zu schweren gesundheitlichen Schäden führen und so den objektiven Tatbestand der Körperverletzung erfüllen. Dies kommt insbesondere zur Nachtzeit vor.

Der objektive Tatbestand einer Körperverletzung kann erfüllt werden, indem der Beschuldigt den Betroffenen psychisch beeinträchtigt. Hierfür muss der Betroffene in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand versetzt worden sein. In seinem Beschluss vom 16. April 2015 (2 StR 48/15) hatte sich der Bundesgerichthof damit auseinanderzusetzen, ob es den objektiven Tatbestand der Körperverletzung erfüllen kann ältere Personen massivem Stress auszusetzen. Der Beschuldigte drang mit Mitbeschuldigten um zwei Uhr Nachts bei der betroffenen 65 Jährigen ein. Der Beschuldigte fesselte die Betroffene, verklebte ihr den Mund und zerrte sie ins Wohnzimmer. Die Betroffene redete auf den Beschuldigten ein und fragte nach ärztlicher Hilfe. Im Anschluss bedrohte ein Mitbeschuldigter die Betroffene mit einer Schere, was der Beschuldigte aktiv unterband. In Folge weiterer Misshandlungen erfuhr die Betroffene ein stressbedingtes und Herzinfarkt ähnliches Leiden. Dieses war potentiell Lebensgefährlich. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs können massive Stresssituationen und Panik auslösende Ereignisse  gerade bei älteren Personen, gerade zur Nachtzeit, zu schweren gesundheitlichen Schäden führen. In Folge dessen verwirklichte der Beschuldigte den objektiven Tatbestand einer Körperverletzung.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Kinderpornografie gem. § 184b StGB

Ein Foto, welches den natürlichen Bewegungsablauf eines Kindes dafür ausnutzt, dessen Geschlechtsteile aufzunehmen, ist keine kinderpornographische Aufnahme im Sinne von § 184 b a.F. StGB

Nicht jede Aufnahme des nackten Körpers oder des Geschlechtsteils eines Kindes ist Kinderpornografie im Sinne von § 184b a.F. StGB. Tatobjekt sind nur pornographische Schriften, die sexuelle Handlungen von oder an Kindern zum Gegenstand haben. Hierzu gehört auch das Posieren eines Kindes in sexualbetonter Körperhaltung, sofern die von dem Kind eingenommene Körperposition einen eindeutigen Sexualbezug aufweist. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 3. Dezember 2014 (4 StR 342/14), mit der Frage, inwiefern natürliche Bewegungsabläufe eines Kindes geeignet sind, ein Posieren in sexualbetonter Körperhaltung darzustellen. Der Beschuldigte fotografierte zwei Kinder dabei, wie sie in einem Planschbecken badeten. Hierbei kamen zwei Fotografien zustande, in welchen das Geschlechtsteil des weiblichen Kindes sichtbar ist. Nach Auffassung Bundesgerichtshofs handelt es sich hierbei nicht um kinderpornographische Aufnahmen, wenn der Beschuldigte für seine Zwecke lediglich den natürlichen Bewegungsablauf des badenden Kindes dafür ausgenutzt hat, um dessen Geschlechtsteil aufzunehmen. Hier mangelt es am eindeutigen Sexualbezug der Handlung der Betroffenen.

Anwalt für Strafrecht: Sexueller Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person

Für die Annahme der Einwilligung einer widerstandsunfähigen Person, zur Vornahme von sexuellen Handlungen, kann es sprechen, dass sich der Betroffene wiederholt in eine riskante Tatausgangssituation begibt. Dies ist selbst dann gegeben, wenn der Betroffene wiederholt Unterlassensaufforderungen von sich gegeben hat.

An der vorsätzlichen Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit einer schlafenden Person fehlt es, wenn der Beschuldigte eine Einwilligung des schlafenden Sexualpartners angenommen hat. In seinem Beschluss vom 19. Februar 2013 (5 StR 613/12) befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, welche Indizien für eine anzunehmende Einwilligung sprechen. Der Beschuldigte lebte mit seiner betroffenen Verlobten zusammen. Während die Betroffene schlief, kam es mehrfach zur Vornahme sexueller Handlungen des Beschuldigten an der Betroffenen. Obwohl die Betroffene eine eigene Wohnung hatte, führte sie das mit intensiven Sexualkontakten einhergehende Liebesverhältnis weiter fort. Hierbei begab sie sich durch das gemeinsame Zubettgehen wiederholt in eine ungewünschte riskante Tatausgangssituation. Die Betroffene äußerte wiederholt Unterlassensaufforderungen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs sprechend die Tatumstände gegen einen Missbrauchsvorsatz des Beschuldigten. Die Beschuldigte hätte aufgrund der Tatumstände mit erneutem sexuellen Missbrauch des Beschuldigten rechnen müssen. Auch wenn das Einverständnis der Beschuldigten nicht vorlag, so genügen die wiederholt geäußerten Unterlassensaufforderungen, bei der entsprechenden Tatfrequenz nicht um einen Vorsatz des Beschuldigten hinsichtlich eines fehlenden Einverständnisses anzunehmen.

Anwalt für Strafrecht: Mittäterschaftliche Urkundenfälschung

Die Urkundenfälschung ist kein eigenhändiges Delikt. Deshalb kann es für die Strafbarkeit wegen mittäterschaftlicher Urkundenfälschung ausreichen, Daten zu übermitteln, welche für die Herstellung gefälschter Urkunden benötigt werden.

Die Urkundenfälschung ist kein eigenhändiges Delikt. Deshalb kommt auch eine Beteiligung des Auftraggebers als Mittäter an der Herstellung einer unechten Urkunde durch einen anderen in Betracht. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 30. Januar 2013 (5 StR 510/12) damit, inwiefern das zur Verfügung stellen von zur Fälschung benötigten Informationen mittäterschaftliches Handeln darstellen kann. Der Beschuldigte stellte in Absprache mit einem Dritten Kontoauszüge her. Die Kontoauszüge wiesen erhebliche Guthaben auf einem nicht existierenden Konto des Beschuldigten auf. Die für die Herstellung der Kontoauszüge erforderlichen Daten wurden dem Dritten durch den Beschuldigten übermittelt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte der mittäterschaftlichen Urkundenfälschung strafbar. Da die Urkundenfälschung kein eigenhändiges Delikt ist kommt auch die Beteiligung als Mittäter an der Herstellung von Urkunden durch einen anderen in Betracht. Durch die Übermittlung der Daten hat der Beschuldigte einen objektiven Beitrag zur Herstellung der Falsifikate gemacht.