Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Mord
Ein Beschuldigter macht sich wegen Mordes strafbar, wenn er einen anderen Menschen heimtückisch tötet. Heimtückisch i.S.d. § 211 Abs. 2 StGB handelt, wer die auf der Arglosigkeit beruhende Wehrlosigkeit einer anderen Person in feindseliger Willensrichtung bewusst zur Begehung der Tat ausnutzt. Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 19. Juni 2019 (5 StR 128/19) mit der Frage auseinandergesetzt, ob bei einer heimtückischen Tötung die feindselige Willensrichtung auch dann gegeben ist, wenn der Täter sein Opfer aus Mitleid tötet. In dem vorliegenden Fall stand der Angeklagte finanziell vor dem Ruin. Seine Ehefrau, die physisch sowie psychisch krank war, hatte von dem Ausmaß der finanziellen Schwierigkeiten keine Kenntnis. Der Angeklagte wollte seine Ehefrau einer Existenzbedrohung nicht aussetzen. Nachdem seine Ehefrau schlafen gegangen war, erschlug er sie deshalb mit einem Hammer. Der Bundesgerichtshof bejahte das Mordmerkmal der Heimtücke. An der erforderlichen feindseligen Willensrichtung könne es bei einem heimtückischen Mord grundsätzlich nur dann mangeln, wenn die Tötung dem ausdrücklichen Wunsch des Getöteten entspricht oder – aufgrund einer objektiv nachvollziehbaren Wertung – mit dem mutmaßlichen Willen des zu einer autonomen Entscheidung nicht fähigen Opfers geschieht.
Anwalt für Strafrecht: Urkundenfälschung / Urkundenunterdrückung
Zwischen zwei verwirklichten Taten ist Tateinheit in der Regel dann anzunehmen, wenn durch dieselbe Handlung mehrere Gesetze verletz werden. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn eine verwirklichte Tat im Wege der Konsumtion zugunsten des Beschuldigten hinter die andere zurücktritt. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein Verhalten zwar mehrere Strafvorschriften erfüllt, jedoch zur Erfassung des Unrechtsgehalts der Tat bereits die Anwendung eines Tatbestands ausreicht. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 21. August 2019 (3 StR 7/19) damit zu befassen, unter welchen Umständen eine Urkundenunterdrückung im Wege der Konsumtion hinter eine Urkundenfälschung zurücktritt. Der Beschuldigte beschloss mit der Unterstützung Dritter Gutachten über der Fahreignung Dritter so abzuändern, dass das Ergebnis positiv ausfiel. Der Beschuldigte warb dritte Kunden an und half bei der Erstellung entsprechender Gutachten, unter der missbräuchlichen Verwendung von durch DEKRA und TÜV für die Erstellung entsprechender Gutachten verwendeter Papiere. Mittels der Papiere wurden bestehende Originalgutachten überarbeitet. Im Anschluss hieran verurteilte das Landgericht den Beschuldigten wegen Urkundenfälschung in Form des Verfälschens einer echten Urkunde in Tateinheit mit Urkundenunterdrückung in Form des Beschädigens einer Urkunde. Dem schloss sich der Bundesgerichthof nicht an. Die Urkundenunterdrückung trat hinter der Urkundenfälschung im Wege der Konsumtion zurück. Entscheiden hierfür ist, dass das Beschädigen der Urkunde eine typische Begleitform von deren Verfälschen darstellt.
Anwalt für Strafrecht: Eingehungsbetrug
Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Beschluss vom 22. Oktober 2019 (4 StR 37/19) damit auseinander, inwiefern ein Zurückbehaltungsrecht das Vorliegen eines Vermögensschadens in Folge eines Eingehungsbetruges ausschließt. Um sich wegen Betruges strafbar zu machen, muss der Betroffene einen Vermögensschaden erleiden. Im Zuge eines Eingehungsbetruges kann ein Vermögensschaden schon in der Eingehung einer Verbindlichkeit zu sehen sein. Der Beschuldigte sagte dem Betroffenen die Lieferung von 25.000 Solarmodulen zu einem Preis vom 14.756.000 € zu. Hierbei täuschte der Beschuldigte den Betroffenen über seine Lieferwilligkeit und -fähigkeit. Die vereinbarte Lieferung sollte sechs Wochen nach einer Vorauszahlung durch den Betroffenen erfolgen. Nach Auffassung des Landgerichts schädigte der Beschuldigte den Betroffenen in folge dessen bereits bei Eingehung des Vertrages. Dem schloss sich der BGH nicht an. Der Liefertermin ab Anzahlung legt nahe, dass dem Betroffenen im Fall ausbleibender Lieferung ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich der weiteren Zahlung zugestanden hätte. Die Voraussetzungen eines Eingehungsbetrugs liegen aber nicht vor, soweit eine Verpflichtung nur zur Zug-um-Zug-Leistung besteht.
Anwalt für Strafrecht: Besonders schwerer Raub
Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. November 2018 (5 StR 241/18) zugrunde liegenden Sachverhalt, schlug wuchtig ins Gesicht der Geschädigten und trat dieser anschließend gegen den Kopf und Oberkörper, woraufhin die Betroffene ohnmächtig wurde. Im Anschluss hieran wies der Beschuldigte Dritte an, die Wohnung der Betroffenen nach Wertgegenständen zu durchsuchen. Daraufhin versetzte der Beschuldigte der wieder erwachten Betroffenen drei Schläge ins Gesicht, aufgrund derer diese erneut das Bewusstsein verlor. Dem Bundesgerichtshof stelle sich im Anschluss hieran die Frage, ob es für eine schwere körperliche Misshandlung im Sinne eines besonders schweren Raubes, erforderlich ist, festzustellen, ob die Betroffene erhebliche Schmerzen verspürte. Wegen eines besonders schweren Raubes macht sich ein Beschuldigter strafbar, welcher den Betroffenen bei der Begehung körperlich schwer misshandelt. Von einer schweren Misshandlung ist bei einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Betroffenen mit erheblichen Folgen für die Gesundheit oder erheblichen Schmerzen auszugehen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs misshandelte der Beschuldigte die Betroffene schwer. Kopf und Gesicht der Betroffenen waren durch die vorangegangenen Tritte und Schläge bereits beträchtlich vorgeschädigt, unter anderem mit einem Bruch des Stirnbeins. Bei massiven Schlägen in ein solchermaßen malträtiertes Gesicht und dadurch verursachter Bewusstlosigkeit steht eine körperlich schwere Misshandlung außer Zweifel. Es war nicht mehr erforderlich festzustellen, ob die Betroffene auch erhebliche Schmerzen verspürte.
Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung
Um sich wegen räuberischer Erpressung strafbar zu machen, muss der Beschuldigte den Betroffenen qualifiziert zu einem Handeln, Dulden oder Unterlassen nötigen. Ein erforderliches qualifiziertes Nötigungsmittel stellt eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben dar. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 20. August 2013 (3 StR 192/13) mit der Frage ob, eine Drohung den Hund des Betroffenen zu töten eine Drohung im Sinne einer räuberischen Erpressung darstellt. Der Beschuldigte legte ein Messer und eine Pistole auf den Tisch des Betroffenen und verknüpfte seine unberechtigte Geldforderung mit den Aussagen der Hund des Betroffenen „müsse dran glauben“ und „Sonst erschieße ich deinen Hund“. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs drohte der Beschuldigte in Folge dessen nicht im Sinne einer räuberischen Erpressung. Drohungen mit Gewalt, die sich nicht gegen Personen richten, genügen als solche nicht, mögen sie auch noch so willensbeugend sein.
Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Gefährdung des Straßenverkehrs
In seinem Urteil vom 12. September 2019 (4 StR 146/19) setzte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinander, ob eine Panikattacke ein geistiger oder körperlicher Mangel im Sinne einer Gefährdung des Straßenverkehrs sein kann. Der Begriff des geistigen oder körperlichen Mangels erfasst sämtliche psychopathologischen und körperlichen Defektzustände, die die Gefahr einer Aufhebung der Fahrsicherheit mit sich bringen. Unerheblich ist dabei, ob der Mangel dauerhafter oder nur vorübergehender Natur ist. Auch Anfallsleiden, die zwar außerhalb akuter Phasen keine beeinträchtigenden Wirkungen entfalten, aber die erhebliche Gefahr jederzeit auftretender Anfälle und damit einer plötzlich eintretenden Fahrunsicherheit begründen, werden erfasst. Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, geriet mit seinem PKW in eine Polizeikontrolle. Im Zuge dieser geriet der Beschuldigte, welcher unter einer im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen auftretenden Panikstörung leidet, eine Panikattacke. Der Beschuldigte lief zurück zum Fahrzeug, startete dieses und flüchtete mit überhöhter Geschwindigkeit vor den verfolgenden Polizeibeamten. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs lag es nahe, dass der Beschuldigte im Zuge der Panikattacke unter einem körperlichen oder geistigen Mangel litt. Es lag nahe, dass infolge der festgestellten Panikattacke des Beschuldigten bei seiner Flucht vor der Polizei zumindest seine Risikoeinschätzung im Hinblick auf sein Fahrverhalten erheblich beeinträchtigt und damit seine Gesamtleistungsfähigkeit soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig war, sein Fahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen.
Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung
Wegen gefährlicher Körperverletzung macht sich ein Beschuldigter strafbar, wenn er diese mittels eines gefährlichen Werkzeugs begeht. Ein Gegenstand ist nur dann ein gefährliches Werkzeug, wenn er sowohl nach seiner Beschaffenheit als auch nach der Art seiner Benutzung geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 3. Dezember 2019 (2 StR 490/19) damit, ob ein Gürtel ein gefährliches Werkzeug darstellt. Der Beschuldigte nutzte einen Hosengürtel als Schlagwerkzeug. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs genügt es nicht, dass ein Hosengürtel grundsätzlich geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen. Je nach den Umständen, etwa bei Schlägen gegen besonders verletzliche oder empfindliche Körperteile, kann ein Gürtel ein gefährliches Werkzeug sein.
Anwalt für Strafrecht: Gefährliche Körperverletzung
In seinem Beschluss vom 18. September 2019 (2 StR 156/19) hatte sich der Bundesgerichtshof damit zu befassen, inwiefern das Eindringen in eine Wohnung mittels List einen hinterlistigen Überfall begründen kann. Wegen gefährlicher Körperverletzung macht sich ein Beschuldigter strafbar, welcher diese mittels eines hinterlistigen Überfalls begeht. Erforderlich ist die Ausnutzung eines Überraschungsmoments durch planmäßiges Verbergen der Verletzungsabsicht, um dadurch dem Betroffenen die Abwehr des nicht erwarteten Angriffs zu erschweren und die Vorbereitung auf seine Verteidigung nach Möglichkeit auszuschließen. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt, befand sich in der Wohnung des Betroffenen. Als weitere Beschuldigte klingelten öffnete der Beschuldigte die Tür. Als der Betroffene nach Hause kam überwältigten die Beschuldigten den Betroffenen und einer der Beschuldigten versetzte dem Betroffenen einen Schlag ins Gesicht. Der Bundesgerichtshof merke in Folge dessen an, dass ein hinterlistiger Überfall dann nicht vorliegt, wenn der Beschuldigte, der sich durch List Zutritt zur Wohnung verschafft hat, den Betroffenen später offen angreift.
Anwalt für Strafrecht: Versuchte unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige
Um sich wegen versuchter unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige strafbar zu machen, muss der Beschuldigte zur Abgabe der Betäubungsmittel unmittelbar ansetzten. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 24. Oktober 2019 (1 StR 441/19) damit zu befassen, inwiefern das Feilbieten von Betäubungsmitteln ein unmittelbares Ansetzten darstellt. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt, bot Minderjährigen wiederholt den Erwerb von Marihuana an. Der 14-jährige Betroffene lehnte den Ankauf des Rauschgifts jedoch nachdrücklich ab. Im Zuge dessen verurteile das Landgericht den Beschuldigten wegen versuchter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige. Der Bundesgerichtshofs schloss sich der Auffassung des Landgerichts nicht an. Der Beschuldigte setzte nicht unmittelbar zur Abgabe des Betäubungsmittels an. Erforderlich ist das Ansetzten zur Verschaffung der tatsächlichen Verfügungsmacht an den Betäubungsmitteln. Daher stellt das bloße Feilbieten von Betäubungsmitteln an Minderjährige noch kein unmittelbares Ansetzen zur gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln dar.
Anwalt für Strafrecht: Schwere Körperverletzung
In seinem Urteil vom 23. Oktober 2019 (5 StR 677/18) stellte sich dem Bundesgerichtshof die Frage, unter welchen Umständen eine geistige Krankheit im Sinne einer schweren Körperverletzung von längerer Dauer ist. Wegen schwerer Körperverletzung macht sich ein Beschuldigter strafbar, dessen Verletzung des Betroffenen zur Folge hat, dass dieser einer geistigen Krankheit verfällt. Die durch die Körperverletzung verursachte schwere Krankheit muss von längerer Dauer sein. Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, schlug den Betroffenen zu Boden und trat ihm im Anschluss „von oben stampfend auf den Hinterkopf“. In Folge dessen erlitt der Betroffene ein schweres hirnorganisches Psychosyndrom. Der Beschuldigte leidet unter anderem unter Orientierungsstörungen, einer Störung der Aufmerksamkeit, Konzentrations- und Merkfähigkeit, einer Sprachverarbeitungsstörung und einem auffälligen, etwas schwankenden Gangbild. Die Genesung des Betroffenen zeigt jedoch Fortschritte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte nicht wegen schwerer Körperverletzung strafbar. „Längere Dauer“ ist nicht mit Unheilbarkeit gleichzusetzen. Es genügt, wenn die Behebung bzw. nachhaltige Verbesserung des - länger währenden - Krankheitszustands nicht abgesehen werden kann. Es kommt dem Beschuldigten jedoch zugute, dass zumindest die teilweise Wiederherstellung des geistigen Ausgangszustands des Betroffenen konkret wahrscheinlich ist.